Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Gänge nennt Herr W. plattenförmige besondere Lagerstätte der Fossilien, welche fast immer die Schichten des Gesteins durchschneiden, und in soferne eine von diesen abweichende Lage haben, auch mit einer von der Gebirgsart mehr oder weniger verschiedenen Masse angesüllt sind. Er erklärt sie für Spalten, die in den Gebirgen entstanden sind, und sich nachher mit mancherley von der Gebirgsart verschiedenen Fossilien angefüllt haben. Er unterscheidet sie von einzelnen Schichten des Gesteins, von Lagern des Gebirges, von Flötzen, Fällen und Stöcken, die, wenn sie in der Verflächung mit Gängen übereinkommen, von den Bergleuten unrichtig Gänge genannt werden. Stockwerke sind ganze mehr oder weniger weit erstreckte Stücken Gebirge, die mit einer fast unzählbaren Menge ganz schwacher kleiner Gänge meist nach allen Richtungen durchzogen sind. Auch die in manchen Flötzgebirgsgegenden sogenannten Rücken und Wechsel sind wahre Gänge. Alle Gänge von einer und der nemlichen Entstehung zusammen, sie mögen nahe in einer Gegend beysammen, oder weit entfernt von einander vorkommen, nennt Herr W. eine Gang-Formation, oder auch kurz eine Formation. Gänge von einer Formation, in einer gewissen Gegend beysammen vorkommend, nennt er eine Gang-Niederlage, und bezeichnet sie nach dem Orte und den vorzüglichen Erzarten, z. B. die Altenberger Zinn-Niederlage. Mehrere Erz-Niederlagen, die in einer Gegend unmittelbar zusammenkommen, und meist in einander greifen, machen endlich eine Erz-Refier aus, die nach dem Orte benannt wird, z. B. die Freyberger Erz-Refier. Herr W. erzählt die Geschichte der Meinungen von den Gängen sehr vollständig. Man findet schon Gänge beym Diodorus Siculus (Bibl. histor. per Laur. Rhodomannum. Hanov. 1604. fol. p. 150. 313.) und Plinius (Vagantur hi venarum canales per latera puteorum, et huc illuc. H. N. XXXIII. 21.) erwähnt. Agricola handelt schön und ausführlich davon, und schreibt ihre Entstehung dem Spalten bey
Gaͤnge nennt Herr W. plattenfoͤrmige beſondere Lagerſtaͤtte der Foſſilien, welche faſt immer die Schichten des Geſteins durchſchneiden, und in ſoferne eine von dieſen abweichende Lage haben, auch mit einer von der Gebirgsart mehr oder weniger verſchiedenen Maſſe angeſuͤllt ſind. Er erklaͤrt ſie fuͤr Spalten, die in den Gebirgen entſtanden ſind, und ſich nachher mit mancherley von der Gebirgsart verſchiedenen Foſſilien angefuͤllt haben. Er unterſcheidet ſie von einzelnen Schichten des Geſteins, von Lagern des Gebirges, von Floͤtzen, Faͤllen und Stoͤcken, die, wenn ſie in der Verflaͤchung mit Gaͤngen uͤbereinkommen, von den Bergleuten unrichtig Gaͤnge genannt werden. Stockwerke ſind ganze mehr oder weniger weit erſtreckte Stuͤcken Gebirge, die mit einer faſt unzaͤhlbaren Menge ganz ſchwacher kleiner Gaͤnge meiſt nach allen Richtungen durchzogen ſind. Auch die in manchen Floͤtzgebirgsgegenden ſogenannten Ruͤcken und Wechſel ſind wahre Gaͤnge. Alle Gaͤnge von einer und der nemlichen Entſtehung zuſammen, ſie moͤgen nahe in einer Gegend beyſammen, oder weit entfernt von einander vorkommen, nennt Herr W. eine Gang-Formation, oder auch kurz eine Formation. Gaͤnge von einer Formation, in einer gewiſſen Gegend beyſammen vorkommend, nennt er eine Gang-Niederlage, und bezeichnet ſie nach dem Orte und den vorzuͤglichen Erzarten, z. B. die Altenberger Zinn-Niederlage. Mehrere Erz-Niederlagen, die in einer Gegend unmittelbar zuſammenkommen, und meiſt in einander greifen, machen endlich eine Erz-Refier aus, die nach dem Orte benannt wird, z. B. die Freyberger Erz-Refier. Herr W. erzaͤhlt die Geſchichte der Meinungen von den Gaͤngen ſehr vollſtaͤndig. Man findet ſchon Gaͤnge beym Diodorus Siculus (Bibl. hiſtor. per Laur. Rhodomannum. Hanov. 1604. fol. p. 150. 313.) und Plinius (Vagantur hi venarum canales per latera puteorum, et huc illuc. H. N. XXXIII. 21.) erwaͤhnt. Agricola handelt ſchoͤn und ausfuͤhrlich davon, und ſchreibt ihre Entſtehung dem Spalten bey <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0430" xml:id="P.5.418" n="418"/><lb/> den Bergbau, beſonders den freybergiſchen, von <hi rendition="#b">A. G. Werner.</hi> Freyberg, 1791. 8.) ganz neu bearbeitet worden.</p> </div> <div n="2"> <head>Gaͤnge</head><lb/> <p>nennt Herr W. plattenfoͤrmige beſondere Lagerſtaͤtte der Foſſilien, welche faſt immer die Schichten des Geſteins durchſchneiden, und in ſoferne eine von dieſen abweichende Lage haben, auch mit einer von der Gebirgsart mehr oder weniger verſchiedenen Maſſe angeſuͤllt ſind. Er erklaͤrt ſie fuͤr Spalten, die in den Gebirgen entſtanden ſind, und ſich nachher mit mancherley von der Gebirgsart verſchiedenen Foſſilien angefuͤllt haben. Er unterſcheidet ſie von einzelnen Schichten des Geſteins, von Lagern des Gebirges, von Floͤtzen, Faͤllen und Stoͤcken, die, wenn ſie in der Verflaͤchung mit Gaͤngen uͤbereinkommen, von den Bergleuten unrichtig Gaͤnge genannt werden. <hi rendition="#b">Stockwerke</hi> ſind ganze mehr oder weniger weit erſtreckte Stuͤcken Gebirge, die mit einer faſt unzaͤhlbaren Menge ganz ſchwacher kleiner Gaͤnge meiſt nach allen Richtungen durchzogen ſind. Auch die in manchen Floͤtzgebirgsgegenden ſogenannten <hi rendition="#b">Ruͤcken</hi> und <hi rendition="#b">Wechſel</hi> ſind wahre Gaͤnge.</p> <p>Alle Gaͤnge von einer und der nemlichen Entſtehung zuſammen, ſie moͤgen nahe in einer Gegend beyſammen, oder weit entfernt von einander vorkommen, nennt Herr W. eine <hi rendition="#b">Gang-Formation,</hi> oder auch kurz eine <hi rendition="#b">Formation.</hi> Gaͤnge von einer Formation, in einer gewiſſen Gegend beyſammen vorkommend, nennt er eine <hi rendition="#b">Gang-Niederlage,</hi> und bezeichnet ſie nach dem Orte und den vorzuͤglichen Erzarten, z. B. die Altenberger Zinn-Niederlage. Mehrere Erz-Niederlagen, die in einer Gegend unmittelbar zuſammenkommen, und meiſt in einander greifen, machen endlich eine <hi rendition="#b">Erz-Refier</hi> aus, die nach dem Orte benannt wird, z. B. die Freyberger Erz-Refier.</p> <p>Herr W. erzaͤhlt die Geſchichte der Meinungen von den Gaͤngen ſehr vollſtaͤndig. Man findet ſchon Gaͤnge beym <hi rendition="#b">Diodorus Siculus</hi> <hi rendition="#aq">(Bibl. hiſtor. per <hi rendition="#i">Laur. Rhodomannum.</hi> Hanov. 1604. fol. p. 150. 313.)</hi> und <hi rendition="#b">Plinius</hi> <hi rendition="#aq">(Vagantur hi <hi rendition="#i">venarum canales</hi> per latera puteorum, et huc illuc. H. N. XXXIII. 21.)</hi> erwaͤhnt. <hi rendition="#b">Agricola</hi> handelt ſchoͤn und ausfuͤhrlich davon, und ſchreibt ihre Entſtehung dem Spalten bey<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [418/0430]
den Bergbau, beſonders den freybergiſchen, von A. G. Werner. Freyberg, 1791. 8.) ganz neu bearbeitet worden.
Gaͤnge
nennt Herr W. plattenfoͤrmige beſondere Lagerſtaͤtte der Foſſilien, welche faſt immer die Schichten des Geſteins durchſchneiden, und in ſoferne eine von dieſen abweichende Lage haben, auch mit einer von der Gebirgsart mehr oder weniger verſchiedenen Maſſe angeſuͤllt ſind. Er erklaͤrt ſie fuͤr Spalten, die in den Gebirgen entſtanden ſind, und ſich nachher mit mancherley von der Gebirgsart verſchiedenen Foſſilien angefuͤllt haben. Er unterſcheidet ſie von einzelnen Schichten des Geſteins, von Lagern des Gebirges, von Floͤtzen, Faͤllen und Stoͤcken, die, wenn ſie in der Verflaͤchung mit Gaͤngen uͤbereinkommen, von den Bergleuten unrichtig Gaͤnge genannt werden. Stockwerke ſind ganze mehr oder weniger weit erſtreckte Stuͤcken Gebirge, die mit einer faſt unzaͤhlbaren Menge ganz ſchwacher kleiner Gaͤnge meiſt nach allen Richtungen durchzogen ſind. Auch die in manchen Floͤtzgebirgsgegenden ſogenannten Ruͤcken und Wechſel ſind wahre Gaͤnge.
Alle Gaͤnge von einer und der nemlichen Entſtehung zuſammen, ſie moͤgen nahe in einer Gegend beyſammen, oder weit entfernt von einander vorkommen, nennt Herr W. eine Gang-Formation, oder auch kurz eine Formation. Gaͤnge von einer Formation, in einer gewiſſen Gegend beyſammen vorkommend, nennt er eine Gang-Niederlage, und bezeichnet ſie nach dem Orte und den vorzuͤglichen Erzarten, z. B. die Altenberger Zinn-Niederlage. Mehrere Erz-Niederlagen, die in einer Gegend unmittelbar zuſammenkommen, und meiſt in einander greifen, machen endlich eine Erz-Refier aus, die nach dem Orte benannt wird, z. B. die Freyberger Erz-Refier.
Herr W. erzaͤhlt die Geſchichte der Meinungen von den Gaͤngen ſehr vollſtaͤndig. Man findet ſchon Gaͤnge beym Diodorus Siculus (Bibl. hiſtor. per Laur. Rhodomannum. Hanov. 1604. fol. p. 150. 313.) und Plinius (Vagantur hi venarum canales per latera puteorum, et huc illuc. H. N. XXXIII. 21.) erwaͤhnt. Agricola handelt ſchoͤn und ausfuͤhrlich davon, und ſchreibt ihre Entſtehung dem Spalten bey
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |