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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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sich und mit der Erde in Verbindung stehen. Vielmehr ist die Erklärung diese. Wenn die Luft an dieser Stelle positiv war, also mehr elektrisches Fluidum zurückhielt, und nun in einiger Entfernung sich neues Fluidum erzeugte, so mußte durch den Wirkungskreis dieser neuen Masse eine plötzliche Vermehrung in der expansiven Kraft des Fluidums der umliegenden Stellen entstehen, und diese mußten von ihrem Fluidum etwas an den Boden abgeben. Sobald also der Blitz sich entfernt hatte, zeigte die Luft dieser Stellen ihren negativen Zustand in Vergleichung mit dem Boden des Orts, weil der Letztere sogleich mit der ganzen Erde ins Gleichgewicht kam. Endlich hörte der negative Zustand auf, sobald ein neuer Blitz elektrische Flüßigkeit gegen diesen Ort verbreitete. Wenn es häufig donnert, so muß es in der Luft abwechselnde positive und negative Streifen geben, obwohl immer durch eine positive Ursache, eben so, wie bey den elektrischen Figuren des Herrn Lichtenberg die auf dem Harzkuchen gebildeten positiven Streifen immer mit negativen eingefaßt sind; s. den Zusatz des Art. Elektrophor (oben S. 351.).

Man kan weder die erstaunliche Menge von elektrischer Flüßigkeit, die sich aus einigen Wolken entbindet, noch die übrigen Phänomene des Gewitters mit der Vorstellung von Wolken vereinigen, welche einen solchen Unterschied des elektrischen Zustandes, in Vergleichung mit der umgebenden Luft und dem Boden, eine gernume Zeit hindurch beybehalten sollen. Von dem erstaunlichen Vorrathe elektrischer Flüssigkeit, die sich oft bey starken Gewittern entwickelt, hat man auffalleude Beyspiele. Bey einem heftigen Gewitter in Erfurt am 28. May 1790 sahe man in Zeit von einer halben Stunde ununterbrochen blendende Blitze, und hörte über 80 Donnerschläge (s. Grens Journ. d. Phys. IV. B. 2. Heft. S. 163 u. f.) bey dem stärksten Platzregen. Was ist wohl die Feuchtigkeit, die in irgend einer Schicht durchsichtiger Luft bekannt ist, um die plötzliche Bildung solcher Wolken und solcher Ströme von Regen daraus zu erklären? Wo war vorher die eleltrische Flüßigkeit, die sich daraus entwickelt? Was für einen Condensator kan man sich denken,


ſich und mit der Erde in Verbindung ſtehen. Vielmehr iſt die Erklaͤrung dieſe. Wenn die Luft an dieſer Stelle poſitiv war, alſo mehr elektriſches Fluidum zuruͤckhielt, und nun in einiger Entfernung ſich neues Fluidum erzeugte, ſo mußte durch den Wirkungskreis dieſer neuen Maſſe eine ploͤtzliche Vermehrung in der expanſiven Kraft des Fluidums der umliegenden Stellen entſtehen, und dieſe mußten von ihrem Fluidum etwas an den Boden abgeben. Sobald alſo der Blitz ſich entfernt hatte, zeigte die Luft dieſer Stellen ihren negativen Zuſtand in Vergleichung mit dem Boden des Orts, weil der Letztere ſogleich mit der ganzen Erde ins Gleichgewicht kam. Endlich hoͤrte der negative Zuſtand auf, ſobald ein neuer Blitz elektriſche Fluͤßigkeit gegen dieſen Ort verbreitete. Wenn es haͤufig donnert, ſo muß es in der Luft abwechſelnde poſitive und negative Streifen geben, obwohl immer durch eine poſitive Urſache, eben ſo, wie bey den elektriſchen Figuren des Herrn Lichtenberg die auf dem Harzkuchen gebildeten poſitiven Streifen immer mit negativen eingefaßt ſind; ſ. den Zuſatz des Art. Elektrophor (oben S. 351.).

Man kan weder die erſtaunliche Menge von elektriſcher Fluͤßigkeit, die ſich aus einigen Wolken entbindet, noch die uͤbrigen Phaͤnomene des Gewitters mit der Vorſtellung von Wolken vereinigen, welche einen ſolchen Unterſchied des elektriſchen Zuſtandes, in Vergleichung mit der umgebenden Luft und dem Boden, eine gernume Zeit hindurch beybehalten ſollen. Von dem erſtaunlichen Vorrathe elektriſcher Fluͤſſigkeit, die ſich oft bey ſtarken Gewittern entwickelt, hat man auffalleude Beyſpiele. Bey einem heftigen Gewitter in Erfurt am 28. May 1790 ſahe man in Zeit von einer halben Stunde ununterbrochen blendende Blitze, und hoͤrte uͤber 80 Donnerſchlaͤge (ſ. Grens Journ. d. Phyſ. IV. B. 2. Heft. S. 163 u. f.) bey dem ſtaͤrkſten Platzregen. Was iſt wohl die Feuchtigkeit, die in irgend einer Schicht durchſichtiger Luft bekannt iſt, um die ploͤtzliche Bildung ſolcher Wolken und ſolcher Stroͤme von Regen daraus zu erklaͤren? Wo war vorher die eleltriſche Fluͤßigkeit, die ſich daraus entwickelt? Was fuͤr einen Condenſator kan man ſich denken,

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[569/0581] ſich und mit der Erde in Verbindung ſtehen. Vielmehr iſt die Erklaͤrung dieſe. Wenn die Luft an dieſer Stelle poſitiv war, alſo mehr elektriſches Fluidum zuruͤckhielt, und nun in einiger Entfernung ſich neues Fluidum erzeugte, ſo mußte durch den Wirkungskreis dieſer neuen Maſſe eine ploͤtzliche Vermehrung in der expanſiven Kraft des Fluidums der umliegenden Stellen entſtehen, und dieſe mußten von ihrem Fluidum etwas an den Boden abgeben. Sobald alſo der Blitz ſich entfernt hatte, zeigte die Luft dieſer Stellen ihren negativen Zuſtand in Vergleichung mit dem Boden des Orts, weil der Letztere ſogleich mit der ganzen Erde ins Gleichgewicht kam. Endlich hoͤrte der negative Zuſtand auf, ſobald ein neuer Blitz elektriſche Fluͤßigkeit gegen dieſen Ort verbreitete. Wenn es haͤufig donnert, ſo muß es in der Luft abwechſelnde poſitive und negative Streifen geben, obwohl immer durch eine poſitive Urſache, eben ſo, wie bey den elektriſchen Figuren des Herrn Lichtenberg die auf dem Harzkuchen gebildeten poſitiven Streifen immer mit negativen eingefaßt ſind; ſ. den Zuſatz des Art. Elektrophor (oben S. 351.). Man kan weder die erſtaunliche Menge von elektriſcher Fluͤßigkeit, die ſich aus einigen Wolken entbindet, noch die uͤbrigen Phaͤnomene des Gewitters mit der Vorſtellung von Wolken vereinigen, welche einen ſolchen Unterſchied des elektriſchen Zuſtandes, in Vergleichung mit der umgebenden Luft und dem Boden, eine gernume Zeit hindurch beybehalten ſollen. Von dem erſtaunlichen Vorrathe elektriſcher Fluͤſſigkeit, die ſich oft bey ſtarken Gewittern entwickelt, hat man auffalleude Beyſpiele. Bey einem heftigen Gewitter in Erfurt am 28. May 1790 ſahe man in Zeit von einer halben Stunde ununterbrochen blendende Blitze, und hoͤrte uͤber 80 Donnerſchlaͤge (ſ. Grens Journ. d. Phyſ. IV. B. 2. Heft. S. 163 u. f.) bey dem ſtaͤrkſten Platzregen. Was iſt wohl die Feuchtigkeit, die in irgend einer Schicht durchſichtiger Luft bekannt iſt, um die ploͤtzliche Bildung ſolcher Wolken und ſolcher Stroͤme von Regen daraus zu erklaͤren? Wo war vorher die eleltriſche Fluͤßigkeit, die ſich daraus entwickelt? Was fuͤr einen Condenſator kan man ſich denken,

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 569. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/581>, abgerufen am 22.11.2024.