Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


Eine Reihe von Beobachtungen, fünf Jahr lang fortgesetzt, bewieß, daß die anziehende Kraft veränderlich sey. Die gewöhnlichste Ursache der Veränderungen ist die Wärme, bey deren Zunehmen der Magnetstab an Kraft verliert, beym Abnehmen hingegen gewinnt. Das Instrument macht diese Veränderungen so merklich, daß es die Wirkung eines halben Reaumurischen Grades im Steigen und Fallen der Wärme mit vollkommener Zuverläßigkeit angiebt.

Dieses Magnetometer gewährt durch die Art seiner Einrichtung den schätzbaren Vortheil, daß seine Veränderungen in einem weit stärkern Verhältnisse wachsen, als die Veränderungen der anziehenden Kraft selbst. Die Kraft des Magnets wird größer, wenn ihm das Eisen näher kömmt, und zwar in gewissen Abständen in einem weit stärkern Verhältnisse, als das umgekehrte der Quadrate der Entfernungen ist. Wird nun die Intensität der magnetischen Kraft aus irgend einer Ursache verstärkt, und die Kugel dadurch näher an den Magnet gebracht, so wirkt der Magnet auch dieser Annäherung halber stärker auf selbige, und sie wird ihm also noch mehr, als im einfachen Verhältnisse der Verstärkung, welche die magnetische Kraft erhalten hat, genähert. Umgekehrt, wenn sich die Kraft vermindert, so entfernt sich die Kugel desto weiter, weil selbst die Entfernung mit dazu beyträgt, des Magnets Wirkung auf sie zu vermindern.

Eben dadurch wird aber auch die Berechnung dieser Veränderungen sehr verwickelt, und man kan sie gar nicht anstellen, ohne das Gesetz zu kennen, nach welchem die magnetische Kraft bey verminderter Entfernung abnimmt. Dieses Gesetz ist zwar noch unbekannt; man kan aber das Magnetometer zu Untersuchung desselben gebrauchen, weil man den Magnet in jede beliebige Entfernung von der Kugel stellen, und die Wirkungen davon beobachten kan. Versuche dieser Art haben Hrn. de Saussure gelehrt, daß dieses Gesetz sich ändere, und durch keine Function der Entfernung ausgedrückt werden könne.

Mit diesem Instrumente machten |die Herren de Saussure und Trembley auf dem Cramont, einem ohngefähr


Eine Reihe von Beobachtungen, fuͤnf Jahr lang fortgeſetzt, bewieß, daß die anziehende Kraft veraͤnderlich ſey. Die gewoͤhnlichſte Urſache der Veraͤnderungen iſt die Waͤrme, bey deren Zunehmen der Magnetſtab an Kraft verliert, beym Abnehmen hingegen gewinnt. Das Inſtrument macht dieſe Veraͤnderungen ſo merklich, daß es die Wirkung eines halben Reaumuriſchen Grades im Steigen und Fallen der Waͤrme mit vollkommener Zuverlaͤßigkeit angiebt.

Dieſes Magnetometer gewaͤhrt durch die Art ſeiner Einrichtung den ſchaͤtzbaren Vortheil, daß ſeine Veraͤnderungen in einem weit ſtaͤrkern Verhaͤltniſſe wachſen, als die Veraͤnderungen der anziehenden Kraft ſelbſt. Die Kraft des Magnets wird groͤßer, wenn ihm das Eiſen naͤher koͤmmt, und zwar in gewiſſen Abſtaͤnden in einem weit ſtaͤrkern Verhaͤltniſſe, als das umgekehrte der Quadrate der Entfernungen iſt. Wird nun die Intenſitaͤt der magnetiſchen Kraft aus irgend einer Urſache verſtaͤrkt, und die Kugel dadurch naͤher an den Magnet gebracht, ſo wirkt der Magnet auch dieſer Annaͤherung halber ſtaͤrker auf ſelbige, und ſie wird ihm alſo noch mehr, als im einfachen Verhaͤltniſſe der Verſtaͤrkung, welche die magnetiſche Kraft erhalten hat, genaͤhert. Umgekehrt, wenn ſich die Kraft vermindert, ſo entfernt ſich die Kugel deſto weiter, weil ſelbſt die Entfernung mit dazu beytraͤgt, des Magnets Wirkung auf ſie zu vermindern.

Eben dadurch wird aber auch die Berechnung dieſer Veraͤnderungen ſehr verwickelt, und man kan ſie gar nicht anſtellen, ohne das Geſetz zu kennen, nach welchem die magnetiſche Kraft bey verminderter Entfernung abnimmt. Dieſes Geſetz iſt zwar noch unbekannt; man kan aber das Magnetometer zu Unterſuchung deſſelben gebrauchen, weil man den Magnet in jede beliebige Entfernung von der Kugel ſtellen, und die Wirkungen davon beobachten kan. Verſuche dieſer Art haben Hrn. de Sauſſure gelehrt, daß dieſes Geſetz ſich aͤndere, und durch keine Function der Entfernung ausgedruͤckt werden koͤnne.

Mit dieſem Inſtrumente machten |die Herren de Sauſſure und Trembley auf dem Cramont, einem ohngefaͤhr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p>
                <pb facs="#f0629" xml:id="P.5.617" n="617"/><lb/>
              </p>
              <p>Eine Reihe von Beobachtungen, fu&#x0364;nf Jahr lang fortge&#x017F;etzt, bewieß, daß die anziehende Kraft vera&#x0364;nderlich &#x017F;ey. Die gewo&#x0364;hnlich&#x017F;te Ur&#x017F;ache der Vera&#x0364;nderungen i&#x017F;t die Wa&#x0364;rme, bey deren Zunehmen der Magnet&#x017F;tab an Kraft verliert, beym Abnehmen hingegen gewinnt. Das In&#x017F;trument macht die&#x017F;e Vera&#x0364;nderungen &#x017F;o merklich, daß es die Wirkung eines halben Reaumuri&#x017F;chen Grades im Steigen und Fallen der Wa&#x0364;rme mit vollkommener Zuverla&#x0364;ßigkeit angiebt.</p>
              <p>Die&#x017F;es Magnetometer gewa&#x0364;hrt durch die Art &#x017F;einer Einrichtung den &#x017F;cha&#x0364;tzbaren Vortheil, daß &#x017F;eine Vera&#x0364;nderungen in einem weit &#x017F;ta&#x0364;rkern Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e wach&#x017F;en, als die Vera&#x0364;nderungen der anziehenden Kraft &#x017F;elb&#x017F;t. Die Kraft des Magnets wird gro&#x0364;ßer, wenn ihm das Ei&#x017F;en na&#x0364;her ko&#x0364;mmt, und zwar in gewi&#x017F;&#x017F;en Ab&#x017F;ta&#x0364;nden in einem weit &#x017F;ta&#x0364;rkern Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, als das umgekehrte der Quadrate der Entfernungen i&#x017F;t. Wird nun die Inten&#x017F;ita&#x0364;t der magneti&#x017F;chen Kraft aus irgend einer Ur&#x017F;ache ver&#x017F;ta&#x0364;rkt, und die Kugel dadurch na&#x0364;her an den Magnet gebracht, &#x017F;o wirkt der Magnet auch die&#x017F;er Anna&#x0364;herung halber &#x017F;ta&#x0364;rker auf &#x017F;elbige, und &#x017F;ie wird ihm al&#x017F;o noch mehr, als im einfachen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e der Ver&#x017F;ta&#x0364;rkung, welche die magneti&#x017F;che Kraft erhalten hat, gena&#x0364;hert. Umgekehrt, wenn &#x017F;ich die Kraft vermindert, &#x017F;o entfernt &#x017F;ich die Kugel de&#x017F;to weiter, weil &#x017F;elb&#x017F;t die Entfernung mit dazu beytra&#x0364;gt, des Magnets Wirkung auf &#x017F;ie zu vermindern.</p>
              <p>Eben dadurch wird aber auch die Berechnung die&#x017F;er Vera&#x0364;nderungen &#x017F;ehr verwickelt, und man kan &#x017F;ie gar nicht an&#x017F;tellen, ohne das Ge&#x017F;etz zu kennen, nach welchem die magneti&#x017F;che Kraft bey verminderter Entfernung abnimmt. Die&#x017F;es Ge&#x017F;etz i&#x017F;t zwar noch unbekannt; man kan aber das Magnetometer zu Unter&#x017F;uchung de&#x017F;&#x017F;elben gebrauchen, weil man den Magnet in jede beliebige Entfernung von der Kugel &#x017F;tellen, und die Wirkungen davon beobachten kan. Ver&#x017F;uche die&#x017F;er Art haben Hrn. <hi rendition="#b">de Sau&#x017F;&#x017F;ure</hi> gelehrt, daß die&#x017F;es Ge&#x017F;etz &#x017F;ich a&#x0364;ndere, und durch keine Function der Entfernung ausgedru&#x0364;ckt werden ko&#x0364;nne.</p>
              <p>Mit die&#x017F;em In&#x017F;trumente machten |die Herren <hi rendition="#b">de Sau&#x017F;&#x017F;ure</hi> und <hi rendition="#b">Trembley</hi> auf dem Cramont, einem ohngefa&#x0364;hr<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[617/0629] Eine Reihe von Beobachtungen, fuͤnf Jahr lang fortgeſetzt, bewieß, daß die anziehende Kraft veraͤnderlich ſey. Die gewoͤhnlichſte Urſache der Veraͤnderungen iſt die Waͤrme, bey deren Zunehmen der Magnetſtab an Kraft verliert, beym Abnehmen hingegen gewinnt. Das Inſtrument macht dieſe Veraͤnderungen ſo merklich, daß es die Wirkung eines halben Reaumuriſchen Grades im Steigen und Fallen der Waͤrme mit vollkommener Zuverlaͤßigkeit angiebt. Dieſes Magnetometer gewaͤhrt durch die Art ſeiner Einrichtung den ſchaͤtzbaren Vortheil, daß ſeine Veraͤnderungen in einem weit ſtaͤrkern Verhaͤltniſſe wachſen, als die Veraͤnderungen der anziehenden Kraft ſelbſt. Die Kraft des Magnets wird groͤßer, wenn ihm das Eiſen naͤher koͤmmt, und zwar in gewiſſen Abſtaͤnden in einem weit ſtaͤrkern Verhaͤltniſſe, als das umgekehrte der Quadrate der Entfernungen iſt. Wird nun die Intenſitaͤt der magnetiſchen Kraft aus irgend einer Urſache verſtaͤrkt, und die Kugel dadurch naͤher an den Magnet gebracht, ſo wirkt der Magnet auch dieſer Annaͤherung halber ſtaͤrker auf ſelbige, und ſie wird ihm alſo noch mehr, als im einfachen Verhaͤltniſſe der Verſtaͤrkung, welche die magnetiſche Kraft erhalten hat, genaͤhert. Umgekehrt, wenn ſich die Kraft vermindert, ſo entfernt ſich die Kugel deſto weiter, weil ſelbſt die Entfernung mit dazu beytraͤgt, des Magnets Wirkung auf ſie zu vermindern. Eben dadurch wird aber auch die Berechnung dieſer Veraͤnderungen ſehr verwickelt, und man kan ſie gar nicht anſtellen, ohne das Geſetz zu kennen, nach welchem die magnetiſche Kraft bey verminderter Entfernung abnimmt. Dieſes Geſetz iſt zwar noch unbekannt; man kan aber das Magnetometer zu Unterſuchung deſſelben gebrauchen, weil man den Magnet in jede beliebige Entfernung von der Kugel ſtellen, und die Wirkungen davon beobachten kan. Verſuche dieſer Art haben Hrn. de Sauſſure gelehrt, daß dieſes Geſetz ſich aͤndere, und durch keine Function der Entfernung ausgedruͤckt werden koͤnne. Mit dieſem Inſtrumente machten |die Herren de Sauſſure und Trembley auf dem Cramont, einem ohngefaͤhr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/629
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/629>, abgerufen am 18.06.2024.