Stoff seyn kan: auch folgt noch nicht, daß die Basis der Lebensluft, die sich mit dem Phosphor verbunden hat, die alleinige Ursache der entstandenen Säure sey. Inzwischen nimmt das antiphlogistische System diese beyden Sätze an, setzt die Quelle der Hitze und des Lichts sowohl, als die Ursache der Säure, ganz allein in die Bestandtheile der Luft, und betrachtet daher den Phosphor selbst als einen einfachen Stoff, welcher bey der Verbrennung nichts weiter thue, als daß er sich mit der Basis der Lebensluft, dem Sauerstoff, verbinde, und dadurch gesäuert, oder in Phosphorsäure verwandelt werde.
Nach den Lehren des Systems findet man den einfachen Phosphor in allen thierischen Substanzen, z. B. im Harn und Knochen, und in einigen Pflanzen. Die Art, ihn aus den Knochen zu bereiten, wird folgendergestalt erklärt. Calcinirte Knochen erwachsener Thiere werden gestoßen und durch ein feines Sieb geschlagen. Auf dieses Pulver gießt man mit Wasser vermischte Schwefelsäure, doch nicht so viel, als nöthig ist, die Knochen ganz aufzulösen. Der Schwefel verbindet sich mit der Knochenerde zu einer geschwefelten Kalkerde oder sogenannten Schwefelleber; der Sauerstoff hingegen tritt mit dem Phosphor der Knochen zur Phosphorsäure zusammen, die sich mit dem Wasser vermischt. Nunmehr gießt man das Flüßige ab, und läßt dasselbe über dem Feuer abrauchen, um die geschwefelte Kalkerde abzusondern. Man erhält dadurch die Phosphorsäure in Gestalt eines weißen und durchsichtigen Glases, welches zerstoßen, und welchem dann der dritte Theil seines Gewichts Kohlenstaub zugesetzt wird. Der Kohlenstaub raubt der Phosphorsäure den Sauerstoff, und es entsteht kohlengesäuertes Gas und Phosphor.
Den Phosphor auf eine weit leichtere Weise aus dem Harne zu bereiten, lehrt Giobert(Annales de Chimie. To. XII. 1792. p. 15 sqq. übers. in Grens Journal der Phys. B. VII. S. 451 u. f.). Man gießt zu einer Quantität frischem Urin nach und nach eine Auflösung von Bley in Salpetersäure, bis kein beträchtlicher Niederschlag weiter erfolgt. Man verdünnt dann alles mit vielem Wasser, um
Stoff ſeyn kan: auch folgt noch nicht, daß die Baſis der Lebensluft, die ſich mit dem Phosphor verbunden hat, die alleinige Urſache der entſtandenen Saͤure ſey. Inzwiſchen nimmt das antiphlogiſtiſche Syſtem dieſe beyden Saͤtze an, ſetzt die Quelle der Hitze und des Lichts ſowohl, als die Urſache der Saͤure, ganz allein in die Beſtandtheile der Luft, und betrachtet daher den Phosphor ſelbſt als einen einfachen Stoff, welcher bey der Verbrennung nichts weiter thue, als daß er ſich mit der Baſis der Lebensluft, dem Sauerſtoff, verbinde, und dadurch geſaͤuert, oder in Phosphorſaͤure verwandelt werde.
Nach den Lehren des Syſtems findet man den einfachen Phosphor in allen thieriſchen Subſtanzen, z. B. im Harn und Knochen, und in einigen Pflanzen. Die Art, ihn aus den Knochen zu bereiten, wird folgendergeſtalt erklaͤrt. Calcinirte Knochen erwachſener Thiere werden geſtoßen und durch ein feines Sieb geſchlagen. Auf dieſes Pulver gießt man mit Waſſer vermiſchte Schwefelſaͤure, doch nicht ſo viel, als noͤthig iſt, die Knochen ganz aufzuloͤſen. Der Schwefel verbindet ſich mit der Knochenerde zu einer geſchwefelten Kalkerde oder ſogenannten Schwefelleber; der Sauerſtoff hingegen tritt mit dem Phosphor der Knochen zur Phosphorſaͤure zuſammen, die ſich mit dem Waſſer vermiſcht. Nunmehr gießt man das Fluͤßige ab, und laͤßt daſſelbe uͤber dem Feuer abrauchen, um die geſchwefelte Kalkerde abzuſondern. Man erhaͤlt dadurch die Phosphorſaͤure in Geſtalt eines weißen und durchſichtigen Glaſes, welches zerſtoßen, und welchem dann der dritte Theil ſeines Gewichts Kohlenſtaub zugeſetzt wird. Der Kohlenſtaub raubt der Phosphorſaͤure den Sauerſtoff, und es entſteht kohlengeſaͤuertes Gas und Phosphor.
Den Phosphor auf eine weit leichtere Weiſe aus dem Harne zu bereiten, lehrt Giobert(Annales de Chimie. To. XII. 1792. p. 15 ſqq. uͤberſ. in Grens Journal der Phyſ. B. VII. S. 451 u. f.). Man gießt zu einer Quantitaͤt friſchem Urin nach und nach eine Aufloͤſung von Bley in Salpeterſaͤure, bis kein betraͤchtlicher Niederſchlag weiter erfolgt. Man verduͤnnt dann alles mit vielem Waſſer, um
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Stoff ſeyn kan: auch folgt noch nicht, daß die Baſis der Lebensluft, die ſich mit dem Phosphor verbunden hat, die alleinige Urſache der entſtandenen Saͤure ſey. Inzwiſchen nimmt das antiphlogiſtiſche Syſtem dieſe beyden Saͤtze an, ſetzt die Quelle der Hitze und des Lichts ſowohl, als die Urſache der Saͤure, ganz allein in die Beſtandtheile der Luft, und betrachtet daher den Phosphor ſelbſt als einen <hirendition="#b">einfachen Stoff,</hi> welcher bey der Verbrennung nichts weiter thue, als daß er ſich mit der Baſis der Lebensluft, dem Sauerſtoff, verbinde, und dadurch <hirendition="#b">geſaͤuert,</hi> oder in Phosphorſaͤure verwandelt werde.</p><p>Nach den Lehren des Syſtems findet man den einfachen Phosphor in allen thieriſchen Subſtanzen, z. B. im Harn und Knochen, und in einigen Pflanzen. Die Art, ihn aus den Knochen zu bereiten, wird folgendergeſtalt erklaͤrt. Calcinirte Knochen erwachſener Thiere werden geſtoßen und durch ein feines Sieb geſchlagen. Auf dieſes Pulver gießt man mit Waſſer vermiſchte Schwefelſaͤure, doch nicht ſo viel, als noͤthig iſt, die Knochen ganz aufzuloͤſen. Der Schwefel verbindet ſich mit der Knochenerde zu einer geſchwefelten Kalkerde oder ſogenannten Schwefelleber; der Sauerſtoff hingegen tritt mit dem Phosphor der Knochen zur Phosphorſaͤure zuſammen, die ſich mit dem Waſſer vermiſcht. Nunmehr gießt man das Fluͤßige ab, und laͤßt daſſelbe uͤber dem Feuer abrauchen, um die geſchwefelte Kalkerde abzuſondern. Man erhaͤlt dadurch die Phosphorſaͤure in Geſtalt eines weißen und durchſichtigen Glaſes, welches zerſtoßen, und welchem dann der dritte Theil ſeines Gewichts Kohlenſtaub zugeſetzt wird. Der Kohlenſtaub raubt der Phosphorſaͤure den Sauerſtoff, und es entſteht kohlengeſaͤuertes Gas und Phosphor.</p><p>Den Phosphor auf eine weit leichtere Weiſe aus dem Harne zu bereiten, lehrt <hirendition="#b">Giobert</hi><hirendition="#aq">(Annales de Chimie. To. XII. 1792. p. 15 ſqq.</hi> uͤberſ. in <hirendition="#b">Grens</hi> Journal der Phyſ. B. <hirendition="#aq">VII.</hi> S. 451 u. f.). Man gießt zu einer Quantitaͤt friſchem Urin nach und nach eine Aufloͤſung von Bley in Salpeterſaͤure, bis kein betraͤchtlicher Niederſchlag weiter erfolgt. Man verduͤnnt dann alles mit vielem Waſſer, um<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
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Stoff ſeyn kan: auch folgt noch nicht, daß die Baſis der Lebensluft, die ſich mit dem Phosphor verbunden hat, die alleinige Urſache der entſtandenen Saͤure ſey. Inzwiſchen nimmt das antiphlogiſtiſche Syſtem dieſe beyden Saͤtze an, ſetzt die Quelle der Hitze und des Lichts ſowohl, als die Urſache der Saͤure, ganz allein in die Beſtandtheile der Luft, und betrachtet daher den Phosphor ſelbſt als einen einfachen Stoff, welcher bey der Verbrennung nichts weiter thue, als daß er ſich mit der Baſis der Lebensluft, dem Sauerſtoff, verbinde, und dadurch geſaͤuert, oder in Phosphorſaͤure verwandelt werde.
Nach den Lehren des Syſtems findet man den einfachen Phosphor in allen thieriſchen Subſtanzen, z. B. im Harn und Knochen, und in einigen Pflanzen. Die Art, ihn aus den Knochen zu bereiten, wird folgendergeſtalt erklaͤrt. Calcinirte Knochen erwachſener Thiere werden geſtoßen und durch ein feines Sieb geſchlagen. Auf dieſes Pulver gießt man mit Waſſer vermiſchte Schwefelſaͤure, doch nicht ſo viel, als noͤthig iſt, die Knochen ganz aufzuloͤſen. Der Schwefel verbindet ſich mit der Knochenerde zu einer geſchwefelten Kalkerde oder ſogenannten Schwefelleber; der Sauerſtoff hingegen tritt mit dem Phosphor der Knochen zur Phosphorſaͤure zuſammen, die ſich mit dem Waſſer vermiſcht. Nunmehr gießt man das Fluͤßige ab, und laͤßt daſſelbe uͤber dem Feuer abrauchen, um die geſchwefelte Kalkerde abzuſondern. Man erhaͤlt dadurch die Phosphorſaͤure in Geſtalt eines weißen und durchſichtigen Glaſes, welches zerſtoßen, und welchem dann der dritte Theil ſeines Gewichts Kohlenſtaub zugeſetzt wird. Der Kohlenſtaub raubt der Phosphorſaͤure den Sauerſtoff, und es entſteht kohlengeſaͤuertes Gas und Phosphor.
Den Phosphor auf eine weit leichtere Weiſe aus dem Harne zu bereiten, lehrt Giobert (Annales de Chimie. To. XII. 1792. p. 15 ſqq. uͤberſ. in Grens Journal der Phyſ. B. VII. S. 451 u. f.). Man gießt zu einer Quantitaͤt friſchem Urin nach und nach eine Aufloͤſung von Bley in Salpeterſaͤure, bis kein betraͤchtlicher Niederſchlag weiter erfolgt. Man verduͤnnt dann alles mit vielem Waſſer, um
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 711. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/723>, abgerufen am 22.11.2024.
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