Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Es hat aber Herr Gren seitdem das vormalige System ganz verlassen, und in seinem Handbuche der Chemie (1794) die antiphlogistische Theorie mit einer neuen Idee vom Brennstoff zu verbinden gesucht, nach welcher die ebengedachte Einwendung gänzlich hinwegfällt. Sein nunmehriger Brennstoff ist die Basis des Lichts selbst, und bildet stralendes Licht, wenn er sich mit dem Wärmestoffe vereiniget. Nach dieser Vorstellungsart wird das stralende Licht von den Körpern, die es einsaugen, zersetzt, der Wärmestoff, als sein Fluidum deferens, frey gemacht, und die Basis, als Brennstoff, in die Zusammensetzung der Körper aufgenommen. Bey der Verbrennung und Erhitzung verbindet sich diese Basis wieder mit Wärmestoff zu stralendem Lichte. Unverbrennliche Körper enthalten vielleicht auch einen Antheil von der Lichtbasis, nur nicht einen so großen, daß er eine beträchtliche Menge Lebensluft zu zersetzen im Stande ist, oder sie enthalten ihn so fest gebunden, daß er sich zwar mit freyem von außen mitgetheilten Wärmestoff zu Licht vereinigen, nicht aber der Lebensluft den Wärmestoff, den sie fest hält, entreißen und sie dadurch zersetzen kan; vielleicht hat auch ihr erdiger Grundstoff zur Basis der Lebensluft nicht die starke Affinität, die zu Zersetzung der letztern erforderlich ist. So würden sich nach Hrn. Grens neuem System alle Erscheinungen der Phosphorescenz ohne Schwierigkeit erklären lassen. Die Quelle des Lichts würde dabey immer in dem leuchtenden Körper bleiben; und zwischen Verbrennen und bloßem Leuchten würde der Unterschied dieser seyn, daß jenes mit Zersetzung der Lebensluft begleitet wäre, und also nothwendig die Gegenwart dieser Luftart erforderte, dieses hingegen blos Mittheilung des freyen Wärmestoffs von außen voraussetzte, mithin in jeder Luftart, und selbst unter dem Wasser, statt finden könnte. Nach dieser Theorie würden aber nicht alle Phosphorescenzen als schwache Verbrennungen anzusehen seyn, sondern es würde dieses nur bey solchen statt finden, die
Es hat aber Herr Gren ſeitdem das vormalige Syſtem ganz verlaſſen, und in ſeinem Handbuche der Chemie (1794) die antiphlogiſtiſche Theorie mit einer neuen Idee vom Brennſtoff zu verbinden geſucht, nach welcher die ebengedachte Einwendung gaͤnzlich hinwegfaͤllt. Sein nunmehriger Brennſtoff iſt die Baſis des Lichts ſelbſt, und bildet ſtralendes Licht, wenn er ſich mit dem Waͤrmeſtoffe vereiniget. Nach dieſer Vorſtellungsart wird das ſtralende Licht von den Koͤrpern, die es einſaugen, zerſetzt, der Waͤrmeſtoff, als ſein Fluidum deferens, frey gemacht, und die Baſis, als Brennſtoff, in die Zuſammenſetzung der Koͤrper aufgenommen. Bey der Verbrennung und Erhitzung verbindet ſich dieſe Baſis wieder mit Waͤrmeſtoff zu ſtralendem Lichte. Unverbrennliche Koͤrper enthalten vielleicht auch einen Antheil von der Lichtbaſis, nur nicht einen ſo großen, daß er eine betraͤchtliche Menge Lebensluft zu zerſetzen im Stande iſt, oder ſie enthalten ihn ſo feſt gebunden, daß er ſich zwar mit freyem von außen mitgetheilten Waͤrmeſtoff zu Licht vereinigen, nicht aber der Lebensluft den Waͤrmeſtoff, den ſie feſt haͤlt, entreißen und ſie dadurch zerſetzen kan; vielleicht hat auch ihr erdiger Grundſtoff zur Baſis der Lebensluft nicht die ſtarke Affinitaͤt, die zu Zerſetzung der letztern erforderlich iſt. So wuͤrden ſich nach Hrn. Grens neuem Syſtem alle Erſcheinungen der Phosphoreſcenz ohne Schwierigkeit erklaͤren laſſen. Die Quelle des Lichts wuͤrde dabey immer in dem leuchtenden Koͤrper bleiben; und zwiſchen Verbrennen und bloßem Leuchten wuͤrde der Unterſchied dieſer ſeyn, daß jenes mit Zerſetzung der Lebensluft begleitet waͤre, und alſo nothwendig die Gegenwart dieſer Luftart erforderte, dieſes hingegen blos Mittheilung des freyen Waͤrmeſtoffs von außen vorausſetzte, mithin in jeder Luftart, und ſelbſt unter dem Waſſer, ſtatt finden koͤnnte. Nach dieſer Theorie wuͤrden aber nicht alle Phosphoreſcenzen als ſchwache Verbrennungen anzuſehen ſeyn, ſondern es wuͤrde dieſes nur bey ſolchen ſtatt finden, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0726" xml:id="P.5.714" n="714"/><lb/> verwandelt werden ſollte, daher er nicht conſequent annehmen konnte, es werde durch eben dieſe Affinitaͤt wieder frey und ſtralend gemacht.</p> <p>Es hat aber Herr <hi rendition="#b">Gren</hi> ſeitdem das vormalige Syſtem ganz verlaſſen, und in ſeinem Handbuche der Chemie (1794) die antiphlogiſtiſche Theorie mit einer neuen Idee vom Brennſtoff zu verbinden geſucht, nach welcher die ebengedachte Einwendung gaͤnzlich hinwegfaͤllt. Sein nunmehriger Brennſtoff iſt die Baſis des Lichts ſelbſt, und bildet ſtralendes Licht, wenn er ſich mit dem Waͤrmeſtoffe vereiniget. Nach dieſer Vorſtellungsart wird das ſtralende Licht von den Koͤrpern, die es einſaugen, zerſetzt, der Waͤrmeſtoff, als ſein <hi rendition="#aq">Fluidum deferens,</hi> frey gemacht, und die Baſis, als Brennſtoff, in die Zuſammenſetzung der Koͤrper aufgenommen. Bey der Verbrennung und Erhitzung verbindet ſich dieſe Baſis wieder mit Waͤrmeſtoff zu ſtralendem Lichte. Unverbrennliche Koͤrper enthalten vielleicht auch einen Antheil von der Lichtbaſis, nur nicht einen ſo großen, daß er eine betraͤchtliche Menge Lebensluft zu zerſetzen im Stande iſt, oder ſie enthalten ihn ſo feſt gebunden, daß er ſich zwar mit freyem von außen mitgetheilten Waͤrmeſtoff zu Licht vereinigen, nicht aber der Lebensluft den Waͤrmeſtoff, den ſie feſt haͤlt, entreißen und ſie dadurch zerſetzen kan; vielleicht hat auch ihr erdiger Grundſtoff zur Baſis der Lebensluft nicht die ſtarke Affinitaͤt, die zu Zerſetzung der letztern erforderlich iſt. So wuͤrden ſich nach Hrn. <hi rendition="#b">Grens</hi> neuem Syſtem alle Erſcheinungen der Phosphoreſcenz ohne Schwierigkeit erklaͤren laſſen. Die Quelle des Lichts wuͤrde dabey immer in dem leuchtenden Koͤrper bleiben; und zwiſchen Verbrennen und bloßem Leuchten wuͤrde der Unterſchied dieſer ſeyn, daß jenes mit Zerſetzung der Lebensluft begleitet waͤre, und alſo nothwendig die Gegenwart dieſer Luftart erforderte, dieſes hingegen blos Mittheilung des freyen Waͤrmeſtoffs von außen vorausſetzte, mithin in jeder Luftart, und ſelbſt unter dem Waſſer, ſtatt finden koͤnnte. Nach dieſer Theorie wuͤrden aber nicht alle Phosphoreſcenzen als ſchwache Verbrennungen anzuſehen ſeyn, ſondern es wuͤrde dieſes nur bey ſolchen ſtatt finden, die<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [714/0726]
verwandelt werden ſollte, daher er nicht conſequent annehmen konnte, es werde durch eben dieſe Affinitaͤt wieder frey und ſtralend gemacht.
Es hat aber Herr Gren ſeitdem das vormalige Syſtem ganz verlaſſen, und in ſeinem Handbuche der Chemie (1794) die antiphlogiſtiſche Theorie mit einer neuen Idee vom Brennſtoff zu verbinden geſucht, nach welcher die ebengedachte Einwendung gaͤnzlich hinwegfaͤllt. Sein nunmehriger Brennſtoff iſt die Baſis des Lichts ſelbſt, und bildet ſtralendes Licht, wenn er ſich mit dem Waͤrmeſtoffe vereiniget. Nach dieſer Vorſtellungsart wird das ſtralende Licht von den Koͤrpern, die es einſaugen, zerſetzt, der Waͤrmeſtoff, als ſein Fluidum deferens, frey gemacht, und die Baſis, als Brennſtoff, in die Zuſammenſetzung der Koͤrper aufgenommen. Bey der Verbrennung und Erhitzung verbindet ſich dieſe Baſis wieder mit Waͤrmeſtoff zu ſtralendem Lichte. Unverbrennliche Koͤrper enthalten vielleicht auch einen Antheil von der Lichtbaſis, nur nicht einen ſo großen, daß er eine betraͤchtliche Menge Lebensluft zu zerſetzen im Stande iſt, oder ſie enthalten ihn ſo feſt gebunden, daß er ſich zwar mit freyem von außen mitgetheilten Waͤrmeſtoff zu Licht vereinigen, nicht aber der Lebensluft den Waͤrmeſtoff, den ſie feſt haͤlt, entreißen und ſie dadurch zerſetzen kan; vielleicht hat auch ihr erdiger Grundſtoff zur Baſis der Lebensluft nicht die ſtarke Affinitaͤt, die zu Zerſetzung der letztern erforderlich iſt. So wuͤrden ſich nach Hrn. Grens neuem Syſtem alle Erſcheinungen der Phosphoreſcenz ohne Schwierigkeit erklaͤren laſſen. Die Quelle des Lichts wuͤrde dabey immer in dem leuchtenden Koͤrper bleiben; und zwiſchen Verbrennen und bloßem Leuchten wuͤrde der Unterſchied dieſer ſeyn, daß jenes mit Zerſetzung der Lebensluft begleitet waͤre, und alſo nothwendig die Gegenwart dieſer Luftart erforderte, dieſes hingegen blos Mittheilung des freyen Waͤrmeſtoffs von außen vorausſetzte, mithin in jeder Luftart, und ſelbſt unter dem Waſſer, ſtatt finden koͤnnte. Nach dieſer Theorie wuͤrden aber nicht alle Phosphoreſcenzen als ſchwache Verbrennungen anzuſehen ſeyn, ſondern es wuͤrde dieſes nur bey ſolchen ſtatt finden, die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |