Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen. §. 30. Fraget jemand/ woher es komme/ daß aus so vielen Beich-Buß und Be- §. 31. Derowegen Priester und Capellan insonderheit anzumah-Priester und §. 32. Auff daß nun das gemeine Volck/ Gesinde und Dienst-Beicht-Kin- §. 33. Damit auch das Zudringen des Volcks an die Beichtstüh-Gedränge zu gehen/ U 3
Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen. §. 30. Fraget jemand/ woher es komme/ daß aus ſo vielen Beich-Buß und Be- §. 31. Derowegen Prieſter und Capellan inſonderheit anzumah-Prieſter und §. 32. Auff daß nun das gemeine Volck/ Geſinde und Dienſt-Beicht-Kin- §. 33. Damit auch das Zudringen des Volcks an die Beichtſtuͤh-Gedraͤnge zu gehen/ U 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0164" n="157"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen.</hi> </fw><lb/> <p>§. 30. Fraget jemand/ woher es komme/ daß aus ſo vielen Beich-<note place="right">Buß und Be-<lb/> kehrungs<lb/> Mangel wor-<lb/> inn beſtehet.</note><lb/> ten keine Buſſe und Beſſerung entſtehe? der ſoll wiſſen/ weilen im<lb/> Beichtſtuhl alles geloͤſet und nichts gebunden wird/ ſo findet man we-<lb/> nig derer/ die in JEſu Chriſti Lehr- und Lebens-Schrancken einherge-<lb/> hen wollen/ macht alſo das viele loͤſen viele loſe Leute/ und uͤberall ein<lb/> wildes loſes Leben. Rechte Buſſe aber ſoll man durch friedfertiges<note place="right">Vielen abſol-<lb/> virens Frucht-<lb/> loſigkeit.</note><lb/> GOtt wohlgefaͤlliges Leben und Wandel beweiſen/ von aller Ruch-<lb/> loſigkeit und ſichern Gewohnheit zu ſuͤndigen abſtehen/ und eines wah-<lb/> ren Chriſtenthums rechten Ernſt verſpuͤren laſſen/ wofern der Bann<note place="right">Wegen Bañs<lb/> Straffe Suͤn-<lb/> de zu meiden.</note><lb/> nicht vorgenommen ſeyn ſoll; darum zu derer Unterrichtung/ wann es<lb/> noͤthig/ auch Vor- und Nachmittages ein und andere Stunden moͤgen<lb/> angewandt werden.</p><lb/> <p>§. 31. Derowegen Prieſter und Capellan inſonderheit anzumah-<note place="right">Prieſter und<lb/> Beicht-Kin-<lb/> der Pflicht we-<lb/> gen Abſoluti-<lb/> on und heil.<lb/> Nachtmahls.</note><lb/> nen/ ihre Beicht-Kinder ohn Unterſchied im Beichtſtuhle/ wann ſie<lb/> nicht vorhero wiſſen/ daß ſie wohl unterrichtet/ zu erforſchen/ ob ſie ſo<lb/> viel von Chriſtlicher Lehre verſtehen/ daß ſie ſich im Glauben/ Buß<lb/> und gutem Vorſatz recht pruͤfen koͤnnen; wiedrigen Falls ſoll die Abſo-<lb/> lution und das heil. Abendmahl mit ſolchen Unwiſſenden daſſelbige<lb/> mahl auffgeſchoben und ſie erſt zu Hauſe fleißig von Beicht-Vaͤtern<lb/> unterwieſen werden/ biß ſie/ was einem Einfaͤltigen zur Seligkeit noͤ-<lb/> thig iſt/ verſtehen/ damit ſie nicht unwuͤrdig und zu ihrem Gerichte wiſ-<lb/> ſentlich dazu verſtattet werden/ vielmehr ſollen ſie folgends dieſen<lb/> Unterricht offt wiederholen/ und allen Beicht-Kindern treulich vor-<lb/> halten/ zu was Ende ſie zu dieſem heil. Brauch begehren/ wie hochnoͤ-<lb/> thig die wahre Buſſe ſey/ und wie ſie dazu gelangen moͤchten.</p><lb/> <p>§. 32. Auff daß nun das gemeine Volck/ Geſinde und Dienſt-<note place="right">Beicht-Kin-<lb/> der Examen<lb/> Gerechtigkeit.</note><lb/> boten/ Handwercks-Jungen/ Arbeiter und Tageloͤhner vor dem<lb/> Beichtſtuhl nicht ſo ſehr uͤbel beſtehen/ und ſo gar nichts von denen<lb/> Haupt-Stuͤcken der heiligen Chriſtlichen Lehre gefaßt/ moͤgen unwiſ-<lb/> ſend erſcheinen/ ſo ſollen ſie vorhero wohl <hi rendition="#aq">examinir</hi>et werden/ damit<lb/> ihnen die Prieſter nicht mit betruͤbtem Hertzen die Haͤnde aufflegen muͤſ-<lb/> ſen/ und etwa Beyſorge tragen/ es wuͤrden ſolche Leute gar ſchlechten<lb/> Nutzen von der Nieſſung des heil. Abendmahls haben/ wann ſie<lb/> ſo gar wenig davon wiſſen/ und ſich keines weges recht pruͤfen koͤn-<lb/> nen/ wie Paulus von allen denen/ ſo das heil. Nachtmahl zu ihrer Se-<lb/> ligkeit/ und nicht zum Gericht empfangen wollen/ erfordert.</p><lb/> <p>§. 33. Damit auch das Zudringen des Volcks an die Beichtſtuͤh-<note place="right">Gedraͤnge zu<lb/> Beichtſtuͤhlen<lb/> verboten.</note><lb/> le nicht ſo ſehr geſchehe/ ſoll deßwegen von der Cantzel Ermahnung er-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">U 3</fw><fw place="bottom" type="catch">gehen/</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [157/0164]
Von den Pflichten eines Predigers in der Kirchen.
§. 30. Fraget jemand/ woher es komme/ daß aus ſo vielen Beich-
ten keine Buſſe und Beſſerung entſtehe? der ſoll wiſſen/ weilen im
Beichtſtuhl alles geloͤſet und nichts gebunden wird/ ſo findet man we-
nig derer/ die in JEſu Chriſti Lehr- und Lebens-Schrancken einherge-
hen wollen/ macht alſo das viele loͤſen viele loſe Leute/ und uͤberall ein
wildes loſes Leben. Rechte Buſſe aber ſoll man durch friedfertiges
GOtt wohlgefaͤlliges Leben und Wandel beweiſen/ von aller Ruch-
loſigkeit und ſichern Gewohnheit zu ſuͤndigen abſtehen/ und eines wah-
ren Chriſtenthums rechten Ernſt verſpuͤren laſſen/ wofern der Bann
nicht vorgenommen ſeyn ſoll; darum zu derer Unterrichtung/ wann es
noͤthig/ auch Vor- und Nachmittages ein und andere Stunden moͤgen
angewandt werden.
Buß und Be-
kehrungs
Mangel wor-
inn beſtehet.
Vielen abſol-
virens Frucht-
loſigkeit.
Wegen Bañs
Straffe Suͤn-
de zu meiden.
§. 31. Derowegen Prieſter und Capellan inſonderheit anzumah-
nen/ ihre Beicht-Kinder ohn Unterſchied im Beichtſtuhle/ wann ſie
nicht vorhero wiſſen/ daß ſie wohl unterrichtet/ zu erforſchen/ ob ſie ſo
viel von Chriſtlicher Lehre verſtehen/ daß ſie ſich im Glauben/ Buß
und gutem Vorſatz recht pruͤfen koͤnnen; wiedrigen Falls ſoll die Abſo-
lution und das heil. Abendmahl mit ſolchen Unwiſſenden daſſelbige
mahl auffgeſchoben und ſie erſt zu Hauſe fleißig von Beicht-Vaͤtern
unterwieſen werden/ biß ſie/ was einem Einfaͤltigen zur Seligkeit noͤ-
thig iſt/ verſtehen/ damit ſie nicht unwuͤrdig und zu ihrem Gerichte wiſ-
ſentlich dazu verſtattet werden/ vielmehr ſollen ſie folgends dieſen
Unterricht offt wiederholen/ und allen Beicht-Kindern treulich vor-
halten/ zu was Ende ſie zu dieſem heil. Brauch begehren/ wie hochnoͤ-
thig die wahre Buſſe ſey/ und wie ſie dazu gelangen moͤchten.
Prieſter und
Beicht-Kin-
der Pflicht we-
gen Abſoluti-
on und heil.
Nachtmahls.
§. 32. Auff daß nun das gemeine Volck/ Geſinde und Dienſt-
boten/ Handwercks-Jungen/ Arbeiter und Tageloͤhner vor dem
Beichtſtuhl nicht ſo ſehr uͤbel beſtehen/ und ſo gar nichts von denen
Haupt-Stuͤcken der heiligen Chriſtlichen Lehre gefaßt/ moͤgen unwiſ-
ſend erſcheinen/ ſo ſollen ſie vorhero wohl examiniret werden/ damit
ihnen die Prieſter nicht mit betruͤbtem Hertzen die Haͤnde aufflegen muͤſ-
ſen/ und etwa Beyſorge tragen/ es wuͤrden ſolche Leute gar ſchlechten
Nutzen von der Nieſſung des heil. Abendmahls haben/ wann ſie
ſo gar wenig davon wiſſen/ und ſich keines weges recht pruͤfen koͤn-
nen/ wie Paulus von allen denen/ ſo das heil. Nachtmahl zu ihrer Se-
ligkeit/ und nicht zum Gericht empfangen wollen/ erfordert.
Beicht-Kin-
der Examen
Gerechtigkeit.
§. 33. Damit auch das Zudringen des Volcks an die Beichtſtuͤh-
le nicht ſo ſehr geſchehe/ ſoll deßwegen von der Cantzel Ermahnung er-
gehen/
Gedraͤnge zu
Beichtſtuͤhlen
verboten.
U 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |