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Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

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Von Schulden/ deren Wucher und Renten.

§. 29. Eltern und Kinder/ wiewohl sie in Armuth einander zu er-
nehren schuldig/ sind sie doch nicht allezeit für einander Schulden zu
bezahlen rechtlich gezwungen; Wann aber sonst zwischen Zweyen/
Schulden oder andern Rechenschafft halber/ einiger Jrrthum befun-
den/ soll man neue Liquidirungs Rechnung machen/ dann ob sie schon
wie gewöhnlich einander qvittiret/ mögen sie sich dennoch um dasjeni-
ge besprechen/ so etwa nicht fürkommen wäre/ wofern aber über solche
Schuld-Rechnungen allbereits gewisser Vertrag auffgerichtet/ oder
Entscheidungs Urtheil ergangen/ mag man keine neue Rechenschafft/
Zwiespalt auff solche zu erwecken/ anfangen.

L. si quis, §. parens, ff. de agnosc. & alend. lib. L. 1. & 2. C. Eod. L. Patris, C. ne
filius pro patre. L. un. in fin. C. de error. Calcul. §. item in judicio, inst. de
Except. tot. tit. ff. de Exec. rei judic. C. expositae, Extr. de arbitr. L. 18. & 19.
C. de transact. L. 10. C. locat. L. 13. C. de contrah. & comm. stipul. c. 1. vers.
aliquando, C. Debitores, Ext. de jurejur.

§. 30. Sonsten ist einer Schulden Obligation Verfälschung dar-
an zu vermuthen/ wann etwa an verdächtigen Orten bey denenVerfälschten
Obligation
Muthmas-
sungs Recht.

Hauptstücken/ an der Summa/ beym Dato etwas ausgekratzt oder
durchstrichen befunden wird/ es sey denn solcher Schrifft Verände-
rung förmlich am Rande oder Ende wohl gedacht; allwo aber einer
Handschrifft oder briefflichen Urkunden eines Theils an ungebühren-
den Orten etwas zugesetzt oder ausgelescht/ ist solche gantz nichtig und
fasch zu erachten/ es wäre dann an irgend einem unverdächtigen Ort
oder in mittelmäßigen ziemlichen geringen Schuld-Summa/ als dar-
inn nicht leicht auff jemanden/ Arglist und Betrug zu verüben/ verdacht/
und Argwohn fallen kan.

C. 2. pen. & fin. X. de crim. falsi. C. inter dilectos, & C. ex literis. X. de fide instrum.

§. 31. Ausflucht und Rechts Behelff wegen nicht ausgezahleten
Geldes gebühret dem/ der sagen kan/ er habe zwar für Schuld eine
Handschrifft ausgegeben/ dennoch aber keinen Pfennig darauff em-
pfangen/ welches innerhalb 2. Jahren und nicht ferner mag fürgewen-
det werden; wer nun dafür sicher seyn will/ muß den Schuldner dazu
halten/ daß er solchem Recht der Verschreibung verzeihe/ das dann
zum wenigsten so viel hilfft/ daß dadurch die Bürde der Beweisung
auff den Absagenden geschoben werde/ daß ihm würcklich keine Zah-
lung geschehen/ da sonst der andere hätte beweisen müssen/ daß von ihm
solches Geld in der That geliehen worden.

§. 32. Also hingegen/ wann der Gläubiger/ durch Vertröstung sein
Geld ihm zu bezahlen verleitet/ eine Qvittung von sich gegeben/ hernach

aber
B b b
Von Schulden/ deren Wucher und Renten.

§. 29. Eltern und Kinder/ wiewohl ſie in Armuth einander zu er-
nehren ſchuldig/ ſind ſie doch nicht allezeit fuͤr einander Schulden zu
bezahlen rechtlich gezwungen; Wann aber ſonſt zwiſchen Zweyen/
Schulden oder andern Rechenſchafft halber/ einiger Jrrthum befun-
den/ ſoll man neue Liquidirungs Rechnung machen/ dann ob ſie ſchon
wie gewoͤhnlich einander qvittiret/ moͤgen ſie ſich dennoch um dasjeni-
ge beſprechen/ ſo etwa nicht fuͤrkommen waͤre/ wofern aber uͤber ſolche
Schuld-Rechnungen allbereits gewiſſer Vertrag auffgerichtet/ oder
Entſcheidungs Urtheil ergangen/ mag man keine neue Rechenſchafft/
Zwieſpalt auff ſolche zu erwecken/ anfangen.

L. ſi quis, §. parens, ff. de agnoſc. & alend. lib. L. 1. & 2. C. Eod. L. Patris, C. ne
filius pro patre. L. un. in fin. C. de error. Calcul. §. item in judicio, inſt. de
Except. tot. tit. ff. de Exec. rei judic. C. expoſitæ, Extr. de arbitr. L. 18. & 19.
C. de transact. L. 10. C. locat. L. 13. C. de contrah. & comm. ſtipul. c. 1. verſ.
aliquando, C. Debitores, Ext. de jurejur.

§. 30. Sonſten iſt einer Schulden Obligation Verfaͤlſchung dar-
an zu vermuthen/ wann etwa an verdaͤchtigen Orten bey denenVerfaͤlſchten
Obligation
Muthmaſ-
ſungs Recht.

Hauptſtuͤcken/ an der Summa/ beym Dato etwas ausgekratzt oder
durchſtrichen befunden wird/ es ſey denn ſolcher Schrifft Veraͤnde-
rung foͤrmlich am Rande oder Ende wohl gedacht; allwo aber einer
Handſchrifft oder briefflichen Urkunden eines Theils an ungebuͤhren-
den Orten etwas zugeſetzt oder ausgeleſcht/ iſt ſolche gantz nichtig und
faſch zu erachten/ es waͤre dann an irgend einem unverdaͤchtigen Ort
oder in mittelmaͤßigen ziemlichen geringen Schuld-Summa/ als dar-
inn nicht leicht auff jemanden/ Argliſt und Betrug zu veruͤben/ verdacht/
und Argwohn fallen kan.

C. 2. pen. & fin. X. de crim. falſi. C. inter dilectos, & C. ex literis. X. de fide inſtrum.

§. 31. Ausflucht und Rechts Behelff wegen nicht ausgezahleten
Geldes gebuͤhret dem/ der ſagen kan/ er habe zwar fuͤr Schuld eine
Handſchrifft ausgegeben/ dennoch aber keinen Pfennig darauff em-
pfangen/ welches innerhalb 2. Jahren und nicht ferner mag fuͤrgewen-
det werden; wer nun dafuͤr ſicher ſeyn will/ muß den Schuldner dazu
halten/ daß er ſolchem Recht der Verſchreibung verzeihe/ das dann
zum wenigſten ſo viel hilfft/ daß dadurch die Buͤrde der Beweiſung
auff den Abſagenden geſchoben werde/ daß ihm wuͤrcklich keine Zah-
lung geſchehen/ da ſonſt der andere haͤtte beweiſen muͤſſen/ daß von ihm
ſolches Geld in der That geliehen worden.

§. 32. Alſo hingegen/ wann der Glaͤubiger/ durch Vertroͤſtung ſein
Geld ihm zu bezahlen verleitet/ eine Qvittung von ſich gegeben/ hernach

aber
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[377/0384] Von Schulden/ deren Wucher und Renten. §. 29. Eltern und Kinder/ wiewohl ſie in Armuth einander zu er- nehren ſchuldig/ ſind ſie doch nicht allezeit fuͤr einander Schulden zu bezahlen rechtlich gezwungen; Wann aber ſonſt zwiſchen Zweyen/ Schulden oder andern Rechenſchafft halber/ einiger Jrrthum befun- den/ ſoll man neue Liquidirungs Rechnung machen/ dann ob ſie ſchon wie gewoͤhnlich einander qvittiret/ moͤgen ſie ſich dennoch um dasjeni- ge beſprechen/ ſo etwa nicht fuͤrkommen waͤre/ wofern aber uͤber ſolche Schuld-Rechnungen allbereits gewiſſer Vertrag auffgerichtet/ oder Entſcheidungs Urtheil ergangen/ mag man keine neue Rechenſchafft/ Zwieſpalt auff ſolche zu erwecken/ anfangen. L. ſi quis, §. parens, ff. de agnoſc. & alend. lib. L. 1. & 2. C. Eod. L. Patris, C. ne filius pro patre. L. un. in fin. C. de error. Calcul. §. item in judicio, inſt. de Except. tot. tit. ff. de Exec. rei judic. C. expoſitæ, Extr. de arbitr. L. 18. & 19. C. de transact. L. 10. C. locat. L. 13. C. de contrah. & comm. ſtipul. c. 1. verſ. aliquando, C. Debitores, Ext. de jurejur. §. 30. Sonſten iſt einer Schulden Obligation Verfaͤlſchung dar- an zu vermuthen/ wann etwa an verdaͤchtigen Orten bey denen Hauptſtuͤcken/ an der Summa/ beym Dato etwas ausgekratzt oder durchſtrichen befunden wird/ es ſey denn ſolcher Schrifft Veraͤnde- rung foͤrmlich am Rande oder Ende wohl gedacht; allwo aber einer Handſchrifft oder briefflichen Urkunden eines Theils an ungebuͤhren- den Orten etwas zugeſetzt oder ausgeleſcht/ iſt ſolche gantz nichtig und faſch zu erachten/ es waͤre dann an irgend einem unverdaͤchtigen Ort oder in mittelmaͤßigen ziemlichen geringen Schuld-Summa/ als dar- inn nicht leicht auff jemanden/ Argliſt und Betrug zu veruͤben/ verdacht/ und Argwohn fallen kan. Verfaͤlſchten Obligation Muthmaſ- ſungs Recht. C. 2. pen. & fin. X. de crim. falſi. C. inter dilectos, & C. ex literis. X. de fide inſtrum. §. 31. Ausflucht und Rechts Behelff wegen nicht ausgezahleten Geldes gebuͤhret dem/ der ſagen kan/ er habe zwar fuͤr Schuld eine Handſchrifft ausgegeben/ dennoch aber keinen Pfennig darauff em- pfangen/ welches innerhalb 2. Jahren und nicht ferner mag fuͤrgewen- det werden; wer nun dafuͤr ſicher ſeyn will/ muß den Schuldner dazu halten/ daß er ſolchem Recht der Verſchreibung verzeihe/ das dann zum wenigſten ſo viel hilfft/ daß dadurch die Buͤrde der Beweiſung auff den Abſagenden geſchoben werde/ daß ihm wuͤrcklich keine Zah- lung geſchehen/ da ſonſt der andere haͤtte beweiſen muͤſſen/ daß von ihm ſolches Geld in der That geliehen worden. §. 32. Alſo hingegen/ wann der Glaͤubiger/ durch Vertroͤſtung ſein Geld ihm zu bezahlen verleitet/ eine Qvittung von ſich gegeben/ hernach aber B b b

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Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/384>, abgerufen am 20.05.2024.