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Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

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I. Buch/ Cap. VII.
nicht protestiret worden. Parthey Unwissenheit aber sagt keines Zeu-
gen Unfähigkeit ab; Jns gemein/ allen Falls/ wo Sünde zu vermeiden
und ohne Gewissens Verletzung dem Urtheil nicht mag Folge geleistet
werden/ soll man alle Zeugen annehmen/ wie auch der Zeugen Anzahl
Mangel zu erfüllen.

Arg. L. 3. §. 2. ff. de test.
Verdächtigen
Zeugen Recht.

§. 30. Wann bey Gerichts-Zeugniß Beschreibungen Zeugen sich
dadurch verdächtig machen/ daß sie entweder aus Haß des Beklagten
viel ohne Grund plaudern/ oder ihm zu Liebe viel zu seiner Entschuldi-
gung vorbringen/ oder auch vor Kriegs Befestigung zu Richters Un-
terweisung das Gegentheil daher sagen/ hernach aber alles wieder-
ruffen/ so muß ein Richter fleißig nachstreben/ ob er sie fangen und auf
Lügen betreten könne/ durch Erforschung der Zeit/ Orts/ Kleidung
und anderer Umstände/ wie zu sehen in heil. Schrifft-Historie von Su-
sanna; solche Zeugen sind ohne allen Zweiffel vom Beklagten oder
dessen Verwandten bestochen. Also wann Zeugen stammlen und un-
gleiche Dinge reden/ jetzt bejahen/ jetzt läugnen/ oder sagen dabey ge-
wesen zu seyn und doch nichts gesehen zu haben.

Zeugen Ver-
hör oder Exa-
men
auffs
neue/ wann
gilt oder nicht.

§. 31. Nach Zeugniß Eröffnung werden über selbige/ oder denen
widrigen Articuln keine neue Zeugen/ wegen Bestechungs Gefahr
examiniret/ auch nicht beym Appellations-Gericht; ja wann etwa für
Eröffnung Verdacht vorhanden/ daß Gegentheil anders woher von
Zeugniß Nachricht erhalten/ findet Eyd der Reinigung Statt/ ehe
dann er neue Articuln oder Zeugen anführen kan/ wann ein Theil
gegen die Zeugen sich Ausnahme vorbehalten/ mögen wohl einiger
massen wiederwärtige Zeugen/ Falschheit zu überweisen/ geführet wer-
den/ also auch allwo die augenscheinliche Besichtigung überwindet.

Proceß Wech-
sel Schrifften
Recht wegen
Zeugniß.
Nov. 90. c. 4. §. si vero producens. C. 19. X. de test.

§. 32. Und demnach mehrentheils bey Richters ermessen stehet/
was und wie viel derer gehörten Zeugen Sage zu glauben/ sollen hier-
über nicht viel überflüssige Wechsel-Schrifften zu Proceß Verlänge-
rung einkommen/ sondern eine jede Parthey in einer Schrifft beschlies-
sen auff die eröffnete Zeugniß/ also daß nemlich/ wann Beweisung ge-
richtlich eingebracht/ der Antworter dagegen auff angesetzte Zeit seine
Zeugen Zwang
Recht/ die sich
sperren.
Einrede und Auszüge/ hernach aber Kläger seine Gegen-Replic vorbrin-
gen/ und mit Vorbehalt richterlichen Erkäntniß schrifftlich und münd-
lich endigen sollen; ob sich auch etliche Zeugen sperren und wiedern/
in was Schein dasselbe geschehe/ mag man sie bey ziemlichen Rech-

tens

I. Buch/ Cap. VII.
nicht proteſtiret worden. Parthey Unwiſſenheit aber ſagt keines Zeu-
gen Unfaͤhigkeit ab; Jns gemein/ allen Falls/ wo Suͤnde zu vermeiden
und ohne Gewiſſens Verletzung dem Urtheil nicht mag Folge geleiſtet
werden/ ſoll man alle Zeugen annehmen/ wie auch der Zeugen Anzahl
Mangel zu erfuͤllen.

Arg. L. 3. §. 2. ff. de teſt.
Verdaͤchtigen
Zeugen Recht.

§. 30. Wann bey Gerichts-Zeugniß Beſchreibungen Zeugen ſich
dadurch verdaͤchtig machen/ daß ſie entweder aus Haß des Beklagten
viel ohne Grund plaudern/ oder ihm zu Liebe viel zu ſeiner Entſchuldi-
gung vorbringen/ oder auch vor Kriegs Befeſtigung zu Richters Un-
terweiſung das Gegentheil daher ſagen/ hernach aber alles wieder-
ruffen/ ſo muß ein Richter fleißig nachſtreben/ ob er ſie fangen und auf
Luͤgen betreten koͤnne/ durch Erforſchung der Zeit/ Orts/ Kleidung
und anderer Umſtaͤnde/ wie zu ſehen in heil. Schrifft-Hiſtorie von Su-
ſanna; ſolche Zeugen ſind ohne allen Zweiffel vom Beklagten oder
deſſen Verwandten beſtochen. Alſo wann Zeugen ſtammlen und un-
gleiche Dinge reden/ jetzt bejahen/ jetzt laͤugnen/ oder ſagen dabey ge-
weſen zu ſeyn und doch nichts geſehen zu haben.

Zeugen Ver-
hoͤr oder Exa-
men
auffs
neue/ wann
gilt oder nicht.

§. 31. Nach Zeugniß Eroͤffnung werden uͤber ſelbige/ oder denen
widrigen Articuln keine neue Zeugen/ wegen Beſtechungs Gefahr
examiniret/ auch nicht beym Appellations-Gericht; ja wann etwa fuͤr
Eroͤffnung Verdacht vorhanden/ daß Gegentheil anders woher von
Zeugniß Nachricht erhalten/ findet Eyd der Reinigung Statt/ ehe
dann er neue Articuln oder Zeugen anfuͤhren kan/ wann ein Theil
gegen die Zeugen ſich Ausnahme vorbehalten/ moͤgen wohl einiger
maſſen wiederwaͤrtige Zeugen/ Falſchheit zu uͤberweiſen/ gefuͤhret wer-
den/ alſo auch allwo die augenſcheinliche Beſichtigung uͤberwindet.

Proceß Wech-
ſel Schrifften
Recht wegen
Zeugniß.
Nov. 90. c. 4. §. ſi verò producens. C. 19. X. de teſt.

§. 32. Und demnach mehrentheils bey Richters ermeſſen ſtehet/
was und wie viel derer gehoͤrten Zeugen Sage zu glauben/ ſollen hier-
uͤber nicht viel uͤberfluͤſſige Wechſel-Schrifften zu Proceß Verlaͤnge-
rung einkommen/ ſondern eine jede Parthey in einer Schrifft beſchlieſ-
ſen auff die eroͤffnete Zeugniß/ alſo daß nemlich/ wann Beweiſung ge-
richtlich eingebracht/ der Antworter dagegen auff angeſetzte Zeit ſeine
Zeugen Zwang
Recht/ die ſich
ſperren.
Einrede und Auszuͤge/ hernach aber Klaͤger ſeine Gegen-Replic vorbrin-
gen/ und mit Vorbehalt richterlichen Erkaͤntniß ſchrifftlich und muͤnd-
lich endigen ſollen; ob ſich auch etliche Zeugen ſperren und wiedern/
in was Schein daſſelbe geſchehe/ mag man ſie bey ziemlichen Rech-

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[56/0063] I. Buch/ Cap. VII. nicht proteſtiret worden. Parthey Unwiſſenheit aber ſagt keines Zeu- gen Unfaͤhigkeit ab; Jns gemein/ allen Falls/ wo Suͤnde zu vermeiden und ohne Gewiſſens Verletzung dem Urtheil nicht mag Folge geleiſtet werden/ ſoll man alle Zeugen annehmen/ wie auch der Zeugen Anzahl Mangel zu erfuͤllen. Arg. L. 3. §. 2. ff. de teſt. §. 30. Wann bey Gerichts-Zeugniß Beſchreibungen Zeugen ſich dadurch verdaͤchtig machen/ daß ſie entweder aus Haß des Beklagten viel ohne Grund plaudern/ oder ihm zu Liebe viel zu ſeiner Entſchuldi- gung vorbringen/ oder auch vor Kriegs Befeſtigung zu Richters Un- terweiſung das Gegentheil daher ſagen/ hernach aber alles wieder- ruffen/ ſo muß ein Richter fleißig nachſtreben/ ob er ſie fangen und auf Luͤgen betreten koͤnne/ durch Erforſchung der Zeit/ Orts/ Kleidung und anderer Umſtaͤnde/ wie zu ſehen in heil. Schrifft-Hiſtorie von Su- ſanna; ſolche Zeugen ſind ohne allen Zweiffel vom Beklagten oder deſſen Verwandten beſtochen. Alſo wann Zeugen ſtammlen und un- gleiche Dinge reden/ jetzt bejahen/ jetzt laͤugnen/ oder ſagen dabey ge- weſen zu ſeyn und doch nichts geſehen zu haben. §. 31. Nach Zeugniß Eroͤffnung werden uͤber ſelbige/ oder denen widrigen Articuln keine neue Zeugen/ wegen Beſtechungs Gefahr examiniret/ auch nicht beym Appellations-Gericht; ja wann etwa fuͤr Eroͤffnung Verdacht vorhanden/ daß Gegentheil anders woher von Zeugniß Nachricht erhalten/ findet Eyd der Reinigung Statt/ ehe dann er neue Articuln oder Zeugen anfuͤhren kan/ wann ein Theil gegen die Zeugen ſich Ausnahme vorbehalten/ moͤgen wohl einiger maſſen wiederwaͤrtige Zeugen/ Falſchheit zu uͤberweiſen/ gefuͤhret wer- den/ alſo auch allwo die augenſcheinliche Beſichtigung uͤberwindet. Nov. 90. c. 4. §. ſi verò producens. C. 19. X. de teſt. §. 32. Und demnach mehrentheils bey Richters ermeſſen ſtehet/ was und wie viel derer gehoͤrten Zeugen Sage zu glauben/ ſollen hier- uͤber nicht viel uͤberfluͤſſige Wechſel-Schrifften zu Proceß Verlaͤnge- rung einkommen/ ſondern eine jede Parthey in einer Schrifft beſchlieſ- ſen auff die eroͤffnete Zeugniß/ alſo daß nemlich/ wann Beweiſung ge- richtlich eingebracht/ der Antworter dagegen auff angeſetzte Zeit ſeine Einrede und Auszuͤge/ hernach aber Klaͤger ſeine Gegen-Replic vorbrin- gen/ und mit Vorbehalt richterlichen Erkaͤntniß ſchrifftlich und muͤnd- lich endigen ſollen; ob ſich auch etliche Zeugen ſperren und wiedern/ in was Schein daſſelbe geſchehe/ mag man ſie bey ziemlichen Rech- tens Zeugen Zwang Recht/ die ſich ſperren.

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Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/63>, abgerufen am 26.11.2024.