Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite

Von Pasquillen und Retorsion auch peinlichen Frage.
Hals-Gerichts Ubelthat/ wofern aber geringere Straffe zu vermu-
then/ mag man Beklagten auch mit Peinigung nicht erschrecken.

P. H. O. Art. 20. 23. 28. & 30.

§. 20. Derowegen in allen peinlichen Fällen niemand wederVerthädi-
gungs Proceß
Recht.

peinlich gefragt noch dazu verurtheilet werden mag/ es habe denn zu-
vor der Richter seine Verthädigungs Ursachen gehöret/ welche er zu
jederzeit in jedern Gerichts-Handel/ auch nach Beschluß und Urtheil
einer Sache/ vornehmen kan/ so fern es etwan vorher gar nicht oder un-
rechtmäßig geschehen/ allermeist aber ist es nöthig/ gewöhnlicher mas-
sen in Proceß Ansehung/ nachdem die Zeugen abgehöret sind/ zu ver-
richten/ ehe denn der Angeklagte der peinlichen Frage mag unterworf-
fen seyn; welcher Richter nun verkehrt darinn handelt/ und eher pei-
nigen läst/ als Entschuldigung gestattet/ der ist Beklagtem verbunden und
wird billig vom Ober-Richter zu gebührender Straffe hingezogen/ ja
wann Beklagter vor der Peinigung gebeten/ ihn zur Verantwortung
zu lassen/ und dennoch erst peinlich gefragt wäre/ ist der gantze Pro-
ceß null und nichtig/ hat auch dabey geschehene Bekäntniß zu Beklag-
tens Nachtheil gar keine Würckung.

L. 18. §. 9. ff. de quaest. L. 1. §. 27. ff. Eod. Clem. Pastor. de sent. & re judic. P. H. O.
Art. 61.

§. 21. Wann nun die verdächtige Person die Anzeigen nicht ab-Marter Dräu-
ungs Zurede
Recht.

gelehnet/ noch sich vom Argwohn befreyet/ soll ihm die Folter durch
Beyurtheil zuerkant werden/ darinn dann alle Muthmassungs Ursa-
chen anzuführen/ und wofern man hernach von Amtswegen oder auff
Klägers Ansuchen den Gefangenen peinlich fragen will/ soll zuvor
demselben in Gegenwart des Richters zweyer Schöppen und Gericht-
schreibers mit nachdrücklichen Worten fleißige Zurede geschehen/ die
nach Gelegenheit der Personen und Sachen zu weitern Erfahrung der
Ubelthat allerbest dienen mögen/ ja mit Marter Dräuung besprachet
werden/ ob er die beschuldigte Missethat bekennen will oder nicht?
und was ihm solcher wegen bewust sey? auch alles/ so er bekennet
oder läugnet/ muß genau auffgeschrieben werden/ und wann Beklag-
ter unnützlich appelliret/ kan es der Richter abschlagen.

P. H. O. Art. 29. 37. & 46. L. 2. ff. de appell. recip.

§. 22. Wann dann etwa peinliche Frage zu thun wäre/ soll keinTortur Grad
und Folter
Stuffen Recht

Richter davon abgehen/ und den Ubelthäter unter Scharffrichters

oder
P p p p

Von Pasquillen und Retorſion auch peinlichen Frage.
Hals-Gerichts Ubelthat/ wofern aber geringere Straffe zu vermu-
then/ mag man Beklagten auch mit Peinigung nicht erſchrecken.

P. H. O. Art. 20. 23. 28. & 30.

§. 20. Derowegen in allen peinlichen Faͤllen niemand wederVerthaͤdi-
gungs Proceß
Recht.

peinlich gefragt noch dazu verurtheilet werden mag/ es habe denn zu-
vor der Richter ſeine Verthaͤdigungs Urſachen gehoͤret/ welche er zu
jederzeit in jedern Gerichts-Handel/ auch nach Beſchluß und Urtheil
einer Sache/ vornehmen kan/ ſo fern es etwan vorher gar nicht oder un-
rechtmaͤßig geſchehen/ allermeiſt aber iſt es noͤthig/ gewoͤhnlicher maſ-
ſen in Proceß Anſehung/ nachdem die Zeugen abgehoͤret ſind/ zu ver-
richten/ ehe denn der Angeklagte der peinlichen Frage mag unterworf-
fen ſeyn; welcher Richter nun verkehrt darinn handelt/ und eher pei-
nigen laͤſt/ als Entſchuldigung geſtattet/ der iſt Beklagtem verbundẽ und
wird billig vom Ober-Richter zu gebuͤhrender Straffe hingezogen/ ja
wann Beklagter vor der Peinigung gebeten/ ihn zur Verantwortung
zu laſſen/ und dennoch erſt peinlich gefragt waͤre/ iſt der gantze Pro-
ceß null und nichtig/ hat auch dabey geſchehene Bekaͤntniß zu Beklag-
tens Nachtheil gar keine Wuͤrckung.

L. 18. §. 9. ff. de quæſt. L. 1. §. 27. ff. Eod. Clem. Paſtor. de ſent. & re judic. P. H. O.
Art. 61.

§. 21. Wann nun die verdaͤchtige Perſon die Anzeigen nicht ab-Marter Draͤu-
ungs Zurede
Recht.

gelehnet/ noch ſich vom Argwohn befreyet/ ſoll ihm die Folter durch
Beyurtheil zuerkant werden/ darinn dann alle Muthmaſſungs Urſa-
chen anzufuͤhren/ und wofern man hernach von Amtswegen oder auff
Klaͤgers Anſuchen den Gefangenen peinlich fragen will/ ſoll zuvor
demſelben in Gegenwart des Richters zweyer Schoͤppen und Gericht-
ſchreibers mit nachdruͤcklichen Worten fleißige Zurede geſchehen/ die
nach Gelegenheit der Perſonen und Sachen zu weitern Erfahrung der
Ubelthat allerbeſt dienen moͤgen/ ja mit Marter Draͤuung beſprachet
werden/ ob er die beſchuldigte Miſſethat bekennen will oder nicht?
und was ihm ſolcher wegen bewuſt ſey? auch alles/ ſo er bekennet
oder laͤugnet/ muß genau auffgeſchrieben werden/ und wann Beklag-
ter unnuͤtzlich appelliret/ kan es der Richter abſchlagen.

P. H. O. Art. 29. 37. & 46. L. 2. ff. de appell. recip.

§. 22. Wann dann etwa peinliche Frage zu thun waͤre/ ſoll keinTortur Grad
und Folter
Stuffen Recht

Richter davon abgehen/ und den Ubelthaͤter unter Scharffrichters

oder
P p p p
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0672" n="665"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von <hi rendition="#aq">Pasquill</hi>en und <hi rendition="#aq">Retor&#x017F;ion</hi> auch peinlichen Frage.</hi></fw><lb/>
Hals-Gerichts Ubelthat/ wofern aber geringere Straffe zu vermu-<lb/>
then/ mag man Beklagten auch mit Peinigung nicht er&#x017F;chrecken.</p><lb/>
          <list>
            <item>P. H. O. <hi rendition="#aq">Art.</hi> 20. 23. 28. &amp; 30.</item>
          </list><lb/>
          <p>§. 20. Derowegen in allen peinlichen Fa&#x0364;llen niemand weder<note place="right">Vertha&#x0364;di-<lb/>
gungs Proceß<lb/>
Recht.</note><lb/>
peinlich gefragt noch dazu verurtheilet werden mag/ es habe denn zu-<lb/>
vor der Richter &#x017F;eine Vertha&#x0364;digungs Ur&#x017F;achen geho&#x0364;ret/ welche er zu<lb/>
jederzeit in jedern Gerichts-Handel/ auch nach Be&#x017F;chluß und Urtheil<lb/>
einer Sache/ vornehmen kan/ &#x017F;o fern es etwan vorher gar nicht oder un-<lb/>
rechtma&#x0364;ßig ge&#x017F;chehen/ allermei&#x017F;t aber i&#x017F;t es no&#x0364;thig/ gewo&#x0364;hnlicher ma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en in Proceß An&#x017F;ehung/ nachdem die Zeugen abgeho&#x0364;ret &#x017F;ind/ zu ver-<lb/>
richten/ ehe denn der Angeklagte der peinlichen Frage mag unterworf-<lb/>
fen &#x017F;eyn; welcher Richter nun verkehrt darinn handelt/ und eher pei-<lb/>
nigen la&#x0364;&#x017F;t/ als Ent&#x017F;chuldigung ge&#x017F;tattet/ der i&#x017F;t Beklagtem verbunde&#x0303; und<lb/>
wird billig vom Ober-Richter zu gebu&#x0364;hrender Straffe hingezogen/ ja<lb/>
wann Beklagter vor der Peinigung gebeten/ ihn zur Verantwortung<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en/ und dennoch er&#x017F;t peinlich gefragt wa&#x0364;re/ i&#x017F;t der gantze Pro-<lb/>
ceß null und nichtig/ hat auch dabey ge&#x017F;chehene Beka&#x0364;ntniß zu Beklag-<lb/>
tens Nachtheil gar keine Wu&#x0364;rckung.</p><lb/>
          <list>
            <item><hi rendition="#aq">L. 18. §. 9. ff. de quæ&#x017F;t. L. 1. §. 27. ff. Eod. Clem. Pa&#x017F;tor. de &#x017F;ent. &amp; re judic.</hi> P. H. O.<lb/><hi rendition="#aq">Art.</hi> 61.</item>
          </list><lb/>
          <p>§. 21. Wann nun die verda&#x0364;chtige Per&#x017F;on die Anzeigen nicht ab-<note place="right">Marter Dra&#x0364;u-<lb/>
ungs Zurede<lb/>
Recht.</note><lb/>
gelehnet/ noch &#x017F;ich vom Argwohn befreyet/ &#x017F;oll ihm die Folter durch<lb/>
Beyurtheil zuerkant werden/ darinn dann alle Muthma&#x017F;&#x017F;ungs Ur&#x017F;a-<lb/>
chen anzufu&#x0364;hren/ und wofern man hernach von Amtswegen oder auff<lb/>
Kla&#x0364;gers An&#x017F;uchen den Gefangenen peinlich fragen will/ &#x017F;oll zuvor<lb/>
dem&#x017F;elben in Gegenwart des Richters zweyer Scho&#x0364;ppen und Gericht-<lb/>
&#x017F;chreibers mit nachdru&#x0364;cklichen Worten fleißige Zurede ge&#x017F;chehen/ die<lb/>
nach Gelegenheit der Per&#x017F;onen und Sachen zu weitern Erfahrung der<lb/>
Ubelthat allerbe&#x017F;t dienen mo&#x0364;gen/ ja mit Marter Dra&#x0364;uung be&#x017F;prachet<lb/>
werden/ ob er die be&#x017F;chuldigte Mi&#x017F;&#x017F;ethat bekennen will oder nicht?<lb/>
und was ihm &#x017F;olcher wegen bewu&#x017F;t &#x017F;ey? auch alles/ &#x017F;o er bekennet<lb/>
oder la&#x0364;ugnet/ muß genau auffge&#x017F;chrieben werden/ und wann Beklag-<lb/>
ter unnu&#x0364;tzlich <hi rendition="#aq">appellir</hi>et/ kan es der Richter ab&#x017F;chlagen.</p><lb/>
          <list>
            <item>P. H. O. <hi rendition="#aq">Art. 29. 37. &amp; 46. L. 2. ff. de appell. recip.</hi></item>
          </list><lb/>
          <p>§. 22. Wann dann etwa peinliche Frage zu thun wa&#x0364;re/ &#x017F;oll kein<note place="right">Tortur Grad<lb/>
und Folter<lb/>
Stuffen Recht</note><lb/>
Richter davon abgehen/ und den Ubeltha&#x0364;ter unter Scharffrichters<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P p p p</fw><fw place="bottom" type="catch">oder</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[665/0672] Von Pasquillen und Retorſion auch peinlichen Frage. Hals-Gerichts Ubelthat/ wofern aber geringere Straffe zu vermu- then/ mag man Beklagten auch mit Peinigung nicht erſchrecken. P. H. O. Art. 20. 23. 28. & 30. §. 20. Derowegen in allen peinlichen Faͤllen niemand weder peinlich gefragt noch dazu verurtheilet werden mag/ es habe denn zu- vor der Richter ſeine Verthaͤdigungs Urſachen gehoͤret/ welche er zu jederzeit in jedern Gerichts-Handel/ auch nach Beſchluß und Urtheil einer Sache/ vornehmen kan/ ſo fern es etwan vorher gar nicht oder un- rechtmaͤßig geſchehen/ allermeiſt aber iſt es noͤthig/ gewoͤhnlicher maſ- ſen in Proceß Anſehung/ nachdem die Zeugen abgehoͤret ſind/ zu ver- richten/ ehe denn der Angeklagte der peinlichen Frage mag unterworf- fen ſeyn; welcher Richter nun verkehrt darinn handelt/ und eher pei- nigen laͤſt/ als Entſchuldigung geſtattet/ der iſt Beklagtem verbundẽ und wird billig vom Ober-Richter zu gebuͤhrender Straffe hingezogen/ ja wann Beklagter vor der Peinigung gebeten/ ihn zur Verantwortung zu laſſen/ und dennoch erſt peinlich gefragt waͤre/ iſt der gantze Pro- ceß null und nichtig/ hat auch dabey geſchehene Bekaͤntniß zu Beklag- tens Nachtheil gar keine Wuͤrckung. Verthaͤdi- gungs Proceß Recht. L. 18. §. 9. ff. de quæſt. L. 1. §. 27. ff. Eod. Clem. Paſtor. de ſent. & re judic. P. H. O. Art. 61. §. 21. Wann nun die verdaͤchtige Perſon die Anzeigen nicht ab- gelehnet/ noch ſich vom Argwohn befreyet/ ſoll ihm die Folter durch Beyurtheil zuerkant werden/ darinn dann alle Muthmaſſungs Urſa- chen anzufuͤhren/ und wofern man hernach von Amtswegen oder auff Klaͤgers Anſuchen den Gefangenen peinlich fragen will/ ſoll zuvor demſelben in Gegenwart des Richters zweyer Schoͤppen und Gericht- ſchreibers mit nachdruͤcklichen Worten fleißige Zurede geſchehen/ die nach Gelegenheit der Perſonen und Sachen zu weitern Erfahrung der Ubelthat allerbeſt dienen moͤgen/ ja mit Marter Draͤuung beſprachet werden/ ob er die beſchuldigte Miſſethat bekennen will oder nicht? und was ihm ſolcher wegen bewuſt ſey? auch alles/ ſo er bekennet oder laͤugnet/ muß genau auffgeſchrieben werden/ und wann Beklag- ter unnuͤtzlich appelliret/ kan es der Richter abſchlagen. Marter Draͤu- ungs Zurede Recht. P. H. O. Art. 29. 37. & 46. L. 2. ff. de appell. recip. §. 22. Wann dann etwa peinliche Frage zu thun waͤre/ ſoll kein Richter davon abgehen/ und den Ubelthaͤter unter Scharffrichters oder Tortur Grad und Folter Stuffen Recht P p p p

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/672
Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 665. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/672>, abgerufen am 18.07.2024.