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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

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Gräfinn von G **
er schrie nur desto mehr. Mariane mußte es
erfahren, was er gethan hatte. Er wie-
derholte seinen Mord umständlich. Er be-
rufte sich auf den Regimentsfeldscheerer
und auf den Feldmedicum, die Carlsonen,
weil er es befohlen, nach seinem Tode ge-
öffnet, und das Gift gefunden, und geglaubt
hatten, daß er sich selbst damit vergeben.
Mariane gerieth in eine ordentliche Rase-
rey. Sie stieß die grausamsten Namen
wider ihn aus. Wir mußten sie endlich
mit Gewalt bey Seite bringen. Er schlief
zwey Tage und Nächte nach einander, oh-
ne sich zu ermuntern. Wir glaubten auch
gewiß, daß er nicht wieder aufwachen wür-
de; allein er erholte sich. Wir kamen zu
ihm. Wir mußten ihn als einen Mörder
hassen; doch die allgemeine Menschenliebe
verband uns auch zum Mitleiden. Er
war ruhiger, als zuvor, und bat uns mit
tausend Thränen um Vergebung. Er ver-
sicherte uns, wenn er leben bliebe, daß er
uns nicht zum Entsetzen vor den Augen

herum
H 5

Gräfinn von G **
er ſchrie nur deſto mehr. Mariane mußte es
erfahren, was er gethan hatte. Er wie-
derholte ſeinen Mord umſtändlich. Er be-
rufte ſich auf den Regimentsfeldſcheerer
und auf den Feldmedicum, die Carlſonen,
weil er es befohlen, nach ſeinem Tode ge-
öffnet, und das Gift gefunden, und geglaubt
hatten, daß er ſich ſelbſt damit vergeben.
Mariane gerieth in eine ordentliche Raſe-
rey. Sie ſtieß die grauſamſten Namen
wider ihn aus. Wir mußten ſie endlich
mit Gewalt bey Seite bringen. Er ſchlief
zwey Tage und Nächte nach einander, oh-
ne ſich zu ermuntern. Wir glaubten auch
gewiß, daß er nicht wieder aufwachen wür-
de; allein er erholte ſich. Wir kamen zu
ihm. Wir mußten ihn als einen Mörder
haſſen; doch die allgemeine Menſchenliebe
verband uns auch zum Mitleiden. Er
war ruhiger, als zuvor, und bat uns mit
tauſend Thränen um Vergebung. Er ver-
ſicherte uns, wenn er leben bliebe, daß er
uns nicht zum Entſetzen vor den Augen

herum
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[121/0121] Gräfinn von G ** er ſchrie nur deſto mehr. Mariane mußte es erfahren, was er gethan hatte. Er wie- derholte ſeinen Mord umſtändlich. Er be- rufte ſich auf den Regimentsfeldſcheerer und auf den Feldmedicum, die Carlſonen, weil er es befohlen, nach ſeinem Tode ge- öffnet, und das Gift gefunden, und geglaubt hatten, daß er ſich ſelbſt damit vergeben. Mariane gerieth in eine ordentliche Raſe- rey. Sie ſtieß die grauſamſten Namen wider ihn aus. Wir mußten ſie endlich mit Gewalt bey Seite bringen. Er ſchlief zwey Tage und Nächte nach einander, oh- ne ſich zu ermuntern. Wir glaubten auch gewiß, daß er nicht wieder aufwachen wür- de; allein er erholte ſich. Wir kamen zu ihm. Wir mußten ihn als einen Mörder haſſen; doch die allgemeine Menſchenliebe verband uns auch zum Mitleiden. Er war ruhiger, als zuvor, und bat uns mit tauſend Thränen um Vergebung. Er ver- ſicherte uns, wenn er leben bliebe, daß er uns nicht zum Entſetzen vor den Augen herum H 5

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/121>, abgerufen am 24.11.2024.