[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.Leben der Schwedischen sen lassen sollte. Aber umsonst. Waskonnte ich ihm sagen, wenn ich nicht sagen wollte, daß ich verheyrathet wäre? Jch schwleg, ich seufzete; doch dieses war genug gesagt. Sind sie nicht mehr meine Gemahlinn? fieng er an. Das wolle Gott nicht! Lieber meinen Tod, als diese Nachricht. Jn eben dem Augenblicke trat meine kleine Tochter, ein Kind von fünf Jahren, in das Zimmer, und vermehrte meine Bestürzung, und entdeckte zu gleicher Zeit das Geheimniß, vor welchem ich zit- terte. Sie sah mich weinen; sie trat zu mir. Was fehlt ihnen denn liebe Mama, fieng sie an, daß sie weinen? Jch komme von dem Papa, der weint auch, und will gar nicht mit mir reden. Jch habe ihnen doch nichts gethan. Mein Gott, sprach der Graf zu mir, sie sind verheyrathet! Jch unglückseliger Mann! Habe ich sie darum wieder finden müssen, damit meinem Her- zen keine Art von Marter unbekannt blie- be? Wer ist denn ihr Gemahl? Sagen sie
Leben der Schwediſchen ſen laſſen ſollte. Aber umſonſt. Waskonnte ich ihm ſagen, wenn ich nicht ſagen wollte, daß ich verheyrathet wäre? Jch ſchwleg, ich ſeufzete; doch dieſes war genug geſagt. Sind ſie nicht mehr meine Gemahlinn? fieng er an. Das wolle Gott nicht! Lieber meinen Tod, als dieſe Nachricht. Jn eben dem Augenblicke trat meine kleine Tochter, ein Kind von fünf Jahren, in das Zimmer, und vermehrte meine Beſtürzung, und entdeckte zu gleicher Zeit das Geheimniß, vor welchem ich zit- terte. Sie ſah mich weinen; ſie trat zu mir. Was fehlt ihnen denn liebe Mama, fieng ſie an, daß ſie weinen? Jch komme von dem Papa, der weint auch, und will gar nicht mit mir reden. Jch habe ihnen doch nichts gethan. Mein Gott, ſprach der Graf zu mir, ſie ſind verheyrathet! Jch unglückſeliger Mann! Habe ich ſie darum wieder finden müſſen, damit meinem Her- zen keine Art von Marter unbekannt blie- be? Wer iſt denn ihr Gemahl? Sagen ſie
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Leben der Schwediſchen
ſen laſſen ſollte. Aber umſonſt. Was
konnte ich ihm ſagen, wenn ich nicht
ſagen wollte, daß ich verheyrathet wäre?
Jch ſchwleg, ich ſeufzete; doch dieſes war
genug geſagt. Sind ſie nicht mehr meine
Gemahlinn? fieng er an. Das wolle
Gott nicht! Lieber meinen Tod, als dieſe
Nachricht. Jn eben dem Augenblicke trat
meine kleine Tochter, ein Kind von fünf
Jahren, in das Zimmer, und vermehrte
meine Beſtürzung, und entdeckte zu gleicher
Zeit das Geheimniß, vor welchem ich zit-
terte. Sie ſah mich weinen; ſie trat zu
mir. Was fehlt ihnen denn liebe Mama,
fieng ſie an, daß ſie weinen? Jch komme
von dem Papa, der weint auch, und will
gar nicht mit mir reden. Jch habe ihnen
doch nichts gethan. Mein Gott, ſprach
der Graf zu mir, ſie ſind verheyrathet! Jch
unglückſeliger Mann! Habe ich ſie darum
wieder finden müſſen, damit meinem Her-
zen keine Art von Marter unbekannt blie-
be? Wer iſt denn ihr Gemahl? Sagen
ſie
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