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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

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Leben der Schwedischen
eine Creatur aus einer andern Welt, die
man nicht ohne Erstaunen betrachten kann.
Jhr Vornehmen, ihre Sprache, ihre Mi-
nen, alles wird zu einem Verräther ihres
Herzens, ie sorgfältiger sie es verbergen
will. Jch aß und trank viele Wochen
nicht, und ich blühete doch dabey. Jch
sage es im Ernste, daß ich glaube, die
Liebe kann uns einige Zeit erhalten. Jch
ward viel reizender, als ich zuvor gewe-
sen war.

Mein Vetter machte sich nunmehr mit
mir auf die Reise nach Schweden. Es
begleiteten mich verschiedene junge Herren
und Fräuleins einige Meilen, und der Ab-
schied von ihnen ward mir gar nicht sauer.
Unsere Reise gieng glücklich von statten;
Und es ist mir auf einem Wege von etlichen
vierzig Meilen nicht das geringste be-
gegnet. Meine Leser die viel Romane
und Heldenbücher gelesen haben, wer-
den mit dieser Nachricht gar nicht zufrie-

den

Leben der Schwediſchen
eine Creatur aus einer andern Welt, die
man nicht ohne Erſtaunen betrachten kann.
Jhr Vornehmen, ihre Sprache, ihre Mi-
nen, alles wird zu einem Verräther ihres
Herzens, ie ſorgfältiger ſie es verbergen
will. Jch aß und trank viele Wochen
nicht, und ich blühete doch dabey. Jch
ſage es im Ernſte, daß ich glaube, die
Liebe kann uns einige Zeit erhalten. Jch
ward viel reizender, als ich zuvor gewe-
ſen war.

Mein Vetter machte ſich nunmehr mit
mir auf die Reiſe nach Schweden. Es
begleiteten mich verſchiedene junge Herren
und Fräuleins einige Meilen, und der Ab-
ſchied von ihnen ward mir gar nicht ſauer.
Unſere Reiſe gieng glücklich von ſtatten;
Und es iſt mir auf einem Wege von etlichen
vierzig Meilen nicht das geringſte be-
gegnet. Meine Leſer die viel Romane
und Heldenbücher geleſen haben, wer-
den mit dieſer Nachricht gar nicht zufrie-

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[16/0016] Leben der Schwediſchen eine Creatur aus einer andern Welt, die man nicht ohne Erſtaunen betrachten kann. Jhr Vornehmen, ihre Sprache, ihre Mi- nen, alles wird zu einem Verräther ihres Herzens, ie ſorgfältiger ſie es verbergen will. Jch aß und trank viele Wochen nicht, und ich blühete doch dabey. Jch ſage es im Ernſte, daß ich glaube, die Liebe kann uns einige Zeit erhalten. Jch ward viel reizender, als ich zuvor gewe- ſen war. Mein Vetter machte ſich nunmehr mit mir auf die Reiſe nach Schweden. Es begleiteten mich verſchiedene junge Herren und Fräuleins einige Meilen, und der Ab- ſchied von ihnen ward mir gar nicht ſauer. Unſere Reiſe gieng glücklich von ſtatten; Und es iſt mir auf einem Wege von etlichen vierzig Meilen nicht das geringſte be- gegnet. Meine Leſer die viel Romane und Heldenbücher geleſen haben, wer- den mit dieſer Nachricht gar nicht zufrie- den

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/16>, abgerufen am 24.11.2024.