Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Gräfinn von G **
Gerichten besetzt. Dieses war die Anstalt
zu meiner Vermählung. Sie wird man-
cher Braut lächerlich und armselig vor-
kommen. Gleichwohl war ich sehr wohl
damit zufrieden. Jch war ruhig, oder
besser zu reden, ich konnte recht zärtlich
unruhig seyn, weil mich nichts von dem
rauschenden Lärmen störte, der bey den
gewöhnlichen Hochzeitfesten zur Quaal
der Vermählten zu seyn pflegt. Nach
der Tafel fuhren wir spatzieren, und zwar
zu dem Herrn R -- der meinen Gemahl
auf seinen Reisen begleitet hatte, und itzt
auf einem kleinen Landgute etliche Meilen
von uns wohnte. Mein Gemahl liebte
diesen Mann ungemein. Hier bringe ich
ihnen, fieng er zu ihm an, meine liebe
Gemahlinn. Jch habe mich heute mit
ihr trauen lassen. Jst es nicht wahr, ich
habe vortrefflich gewählet? Sie sollen ein
Zeuge von meinem und ihrem Vergnügen
seyn; kommen sie, und begleiten sie uns
wieder zurück. Wir fuhren also in seiner

Gesell-
B 3

Gräfinn von G **
Gerichten beſetzt. Dieſes war die Anſtalt
zu meiner Vermählung. Sie wird man-
cher Braut lächerlich und armſelig vor-
kommen. Gleichwohl war ich ſehr wohl
damit zufrieden. Jch war ruhig, oder
beſſer zu reden, ich konnte recht zärtlich
unruhig ſeyn, weil mich nichts von dem
rauſchenden Lärmen ſtörte, der bey den
gewöhnlichen Hochzeitfeſten zur Quaal
der Vermählten zu ſeyn pflegt. Nach
der Tafel fuhren wir ſpatzieren, und zwar
zu dem Herrn R ‒‒ der meinen Gemahl
auf ſeinen Reiſen begleitet hatte, und itzt
auf einem kleinen Landgute etliche Meilen
von uns wohnte. Mein Gemahl liebte
dieſen Mann ungemein. Hier bringe ich
ihnen, fieng er zu ihm an, meine liebe
Gemahlinn. Jch habe mich heute mit
ihr trauen laſſen. Jſt es nicht wahr, ich
habe vortrefflich gewählet? Sie ſollen ein
Zeuge von meinem und ihrem Vergnügen
ſeyn; kommen ſie, und begleiten ſie uns
wieder zurück. Wir fuhren alſo in ſeiner

Geſell-
B 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021" n="21"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Gräfinn von G **</hi></fw><lb/>
Gerichten be&#x017F;etzt. Die&#x017F;es war die An&#x017F;talt<lb/>
zu meiner Vermählung. Sie wird man-<lb/>
cher Braut lächerlich und arm&#x017F;elig vor-<lb/>
kommen. Gleichwohl war ich &#x017F;ehr wohl<lb/>
damit zufrieden. Jch war ruhig, oder<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er zu reden, ich konnte recht zärtlich<lb/>
unruhig &#x017F;eyn, weil mich nichts von dem<lb/>
rau&#x017F;chenden Lärmen &#x017F;törte, der bey den<lb/>
gewöhnlichen Hochzeitfe&#x017F;ten zur Quaal<lb/>
der Vermählten zu &#x017F;eyn pflegt. Nach<lb/>
der Tafel fuhren wir &#x017F;patzieren, und zwar<lb/>
zu dem Herrn R &#x2012;&#x2012; der meinen Gemahl<lb/>
auf &#x017F;einen Rei&#x017F;en begleitet hatte, und itzt<lb/>
auf einem kleinen Landgute etliche Meilen<lb/>
von uns wohnte. Mein Gemahl liebte<lb/>
die&#x017F;en Mann ungemein. Hier bringe ich<lb/>
ihnen, fieng er zu ihm an, meine liebe<lb/>
Gemahlinn. Jch habe mich heute mit<lb/>
ihr trauen la&#x017F;&#x017F;en. J&#x017F;t es nicht wahr, ich<lb/>
habe vortrefflich gewählet? Sie &#x017F;ollen ein<lb/>
Zeuge von meinem und ihrem Vergnügen<lb/>
&#x017F;eyn; kommen &#x017F;ie, und begleiten &#x017F;ie uns<lb/>
wieder zurück. Wir fuhren al&#x017F;o in &#x017F;einer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Ge&#x017F;ell-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0021] Gräfinn von G ** Gerichten beſetzt. Dieſes war die Anſtalt zu meiner Vermählung. Sie wird man- cher Braut lächerlich und armſelig vor- kommen. Gleichwohl war ich ſehr wohl damit zufrieden. Jch war ruhig, oder beſſer zu reden, ich konnte recht zärtlich unruhig ſeyn, weil mich nichts von dem rauſchenden Lärmen ſtörte, der bey den gewöhnlichen Hochzeitfeſten zur Quaal der Vermählten zu ſeyn pflegt. Nach der Tafel fuhren wir ſpatzieren, und zwar zu dem Herrn R ‒‒ der meinen Gemahl auf ſeinen Reiſen begleitet hatte, und itzt auf einem kleinen Landgute etliche Meilen von uns wohnte. Mein Gemahl liebte dieſen Mann ungemein. Hier bringe ich ihnen, fieng er zu ihm an, meine liebe Gemahlinn. Jch habe mich heute mit ihr trauen laſſen. Jſt es nicht wahr, ich habe vortrefflich gewählet? Sie ſollen ein Zeuge von meinem und ihrem Vergnügen ſeyn; kommen ſie, und begleiten ſie uns wieder zurück. Wir fuhren alſo in ſeiner Geſell- B 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/21
Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/21>, abgerufen am 21.11.2024.