Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.Zweiter Abschnitt. die richterlichen Beamten sind in Ausübung ihrer richter-lichen Thätigkeit von jeder höheren Weisung unabhängig. Das amtliche Handeln, zu welchem der Monarch den Staatsdiener durch die Anstellung mit dem Anspruche auf öffentliches Vertrauen und auf Anerkennung als staatliche Autorität7 ermächtigt hat, soll der Verfassung und den Gesetzen gemäss sein, weshalb in den von ihm zu leistenden Diensteid zugleich das Versprechen der Beobachtung der Verfassung aufgenommen wird. Auf die Fortdauer seiner amtlichen Dienste überhaupt, oder dieser bestimmten Dienste hat er jedoch kein Recht; seine Bestellung zur Vertretung eines Amts kann vom Monarchen jederzeit widerrufen8 und nicht minder sein zeugt. Bleibt seine Vorstellung fruchtlos, so ist er nicht bloss von der Verantwortung befreit, wenn er den wiederholten Befehl nun- mehr ausführt, sondern er ist dienstlich hierzu auch verpflichtet. Ob er aber nicht in Fällen absoluter Rechtswidrigkeit des Be- fehls hoffen darf, einen fortgesetzten Ungehorsam doch noch schliesslich auch mit Festhaltung seines Dienstes durchzuführen und zu rechtfertigen, liegt ausserhalb der regelmässigen Er- wägung. Es ist hier übrigens bloss von der dienstlichen Ver- antwortlichkeit gegenüber dem Dienstherrn die Rede; die Frage, ob ein Staatsdiener sich durch Berufung auf den Befehl seines Vorgesetzten auch von der straf- und civilrechtlichen Verantwort- lichkeit befreien könne, ist eine ganz selbständige, welche zum Theil nach anderen Grundsätzen zu beurtheilen ist. -- In den par- ticulären Bestimmungen besteht über alle diese Punkte eine sehr erhebliche Verschiedenheit, indem manche den Beamten selbstän- diger, andere ihn unselbständiger stellen. Siehe die Zusammen- stellung bei Zachariä, Staatsrecht II., §. 137. Note 14. 7 Eine Folge davon ist der besondere strafrechtliche Schutz gegen Amtsehrenbeleidigung. 8 Diess wird allgemein anerkannt, und wenn die Particular-
gesetze Beschränkungen aussprechen, so geschieht diess nicht, um dem Staatsdiener ein unangreifbares Recht auf das Amt zu geben, sondern um einer Ueberlastung des Pensionsfiscus vorzubeugen. Zweiter Abschnitt. die richterlichen Beamten sind in Ausübung ihrer richter-lichen Thätigkeit von jeder höheren Weisung unabhängig. Das amtliche Handeln, zu welchem der Monarch den Staatsdiener durch die Anstellung mit dem Anspruche auf öffentliches Vertrauen und auf Anerkennung als staatliche Autorität7 ermächtigt hat, soll der Verfassung und den Gesetzen gemäss sein, weshalb in den von ihm zu leistenden Diensteid zugleich das Versprechen der Beobachtung der Verfassung aufgenommen wird. Auf die Fortdauer seiner amtlichen Dienste überhaupt, oder dieser bestimmten Dienste hat er jedoch kein Recht; seine Bestellung zur Vertretung eines Amts kann vom Monarchen jederzeit widerrufen8 und nicht minder sein zeugt. Bleibt seine Vorstellung fruchtlos, so ist er nicht bloss von der Verantwortung befreit, wenn er den wiederholten Befehl nun- mehr ausführt, sondern er ist dienstlich hierzu auch verpflichtet. Ob er aber nicht in Fällen absoluter Rechtswidrigkeit des Be- fehls hoffen darf, einen fortgesetzten Ungehorsam doch noch schliesslich auch mit Festhaltung seines Dienstes durchzuführen und zu rechtfertigen, liegt ausserhalb der regelmässigen Er- wägung. Es ist hier übrigens bloss von der dienstlichen Ver- antwortlichkeit gegenüber dem Dienstherrn die Rede; die Frage, ob ein Staatsdiener sich durch Berufung auf den Befehl seines Vorgesetzten auch von der straf- und civilrechtlichen Verantwort- lichkeit befreien könne, ist eine ganz selbständige, welche zum Theil nach anderen Grundsätzen zu beurtheilen ist. — In den par- ticulären Bestimmungen besteht über alle diese Punkte eine sehr erhebliche Verschiedenheit, indem manche den Beamten selbstän- diger, andere ihn unselbständiger stellen. Siehe die Zusammen- stellung bei Zachariä, Staatsrecht II., §. 137. Note 14. 7 Eine Folge davon ist der besondere strafrechtliche Schutz gegen Amtsehrenbeleidigung. 8 Diess wird allgemein anerkannt, und wenn die Particular-
gesetze Beschränkungen aussprechen, so geschieht diess nicht, um dem Staatsdiener ein unangreifbares Recht auf das Amt zu geben, sondern um einer Ueberlastung des Pensionsfiscus vorzubeugen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0130" n="112"/><fw place="top" type="header">Zweiter Abschnitt.</fw><lb/> die richterlichen Beamten sind in Ausübung ihrer richter-<lb/> lichen Thätigkeit von jeder höheren Weisung unabhängig.<lb/> Das amtliche Handeln, zu welchem der Monarch den<lb/> Staatsdiener durch die Anstellung mit dem Anspruche<lb/> auf öffentliches Vertrauen und auf Anerkennung als<lb/> staatliche Autorität<note place="foot" n="7">Eine Folge davon ist der besondere strafrechtliche Schutz<lb/> gegen Amtsehrenbeleidigung.</note> ermächtigt hat, soll der Verfassung<lb/> und den Gesetzen gemäss sein, weshalb in den von ihm<lb/> zu leistenden Diensteid zugleich das Versprechen der<lb/> Beobachtung der Verfassung aufgenommen wird. Auf<lb/> die Fortdauer seiner amtlichen Dienste überhaupt, oder<lb/> dieser bestimmten Dienste hat er jedoch kein Recht;<lb/> seine Bestellung zur Vertretung eines Amts kann vom<lb/> Monarchen jederzeit widerrufen<note place="foot" n="8">Diess wird allgemein anerkannt, und <hi rendition="#g">wenn</hi> die Particular-<lb/> gesetze Beschränkungen aussprechen, so geschieht diess nicht, um<lb/> dem Staatsdiener ein unangreifbares Recht auf das Amt zu geben,<lb/> sondern um einer Ueberlastung des Pensionsfiscus vorzubeugen.</note> und nicht minder sein<lb/><note xml:id="note-0130" prev="#note-0129a" place="foot" n="6">zeugt. Bleibt seine Vorstellung fruchtlos, so ist er nicht bloss von<lb/> der Verantwortung befreit, wenn er den wiederholten Befehl nun-<lb/> mehr ausführt, sondern er ist dienstlich hierzu auch verpflichtet.<lb/> Ob er aber nicht in Fällen <hi rendition="#g">absoluter</hi> Rechtswidrigkeit des Be-<lb/> fehls hoffen darf, einen fortgesetzten Ungehorsam doch noch<lb/> schliesslich auch mit Festhaltung seines Dienstes durchzuführen<lb/> und zu rechtfertigen, liegt ausserhalb der regelmässigen Er-<lb/> wägung. Es ist hier übrigens bloss von der <hi rendition="#g">dienstlichen</hi> Ver-<lb/> antwortlichkeit gegenüber dem Dienstherrn die Rede; die Frage,<lb/> ob ein Staatsdiener sich durch Berufung auf den Befehl seines<lb/> Vorgesetzten auch von der straf- und civilrechtlichen Verantwort-<lb/> lichkeit befreien könne, ist eine ganz selbständige, welche zum<lb/> Theil nach anderen Grundsätzen zu beurtheilen ist. — In den par-<lb/> ticulären Bestimmungen besteht über alle diese Punkte eine sehr<lb/> erhebliche Verschiedenheit, indem manche den Beamten selbstän-<lb/> diger, andere ihn unselbständiger stellen. Siehe die Zusammen-<lb/> stellung bei <hi rendition="#g">Zachariä</hi>, Staatsrecht II., §. 137. Note 14.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0130]
Zweiter Abschnitt.
die richterlichen Beamten sind in Ausübung ihrer richter-
lichen Thätigkeit von jeder höheren Weisung unabhängig.
Das amtliche Handeln, zu welchem der Monarch den
Staatsdiener durch die Anstellung mit dem Anspruche
auf öffentliches Vertrauen und auf Anerkennung als
staatliche Autorität 7 ermächtigt hat, soll der Verfassung
und den Gesetzen gemäss sein, weshalb in den von ihm
zu leistenden Diensteid zugleich das Versprechen der
Beobachtung der Verfassung aufgenommen wird. Auf
die Fortdauer seiner amtlichen Dienste überhaupt, oder
dieser bestimmten Dienste hat er jedoch kein Recht;
seine Bestellung zur Vertretung eines Amts kann vom
Monarchen jederzeit widerrufen 8 und nicht minder sein
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7 Eine Folge davon ist der besondere strafrechtliche Schutz
gegen Amtsehrenbeleidigung.
8 Diess wird allgemein anerkannt, und wenn die Particular-
gesetze Beschränkungen aussprechen, so geschieht diess nicht, um
dem Staatsdiener ein unangreifbares Recht auf das Amt zu geben,
sondern um einer Ueberlastung des Pensionsfiscus vorzubeugen.
6 zeugt. Bleibt seine Vorstellung fruchtlos, so ist er nicht bloss von
der Verantwortung befreit, wenn er den wiederholten Befehl nun-
mehr ausführt, sondern er ist dienstlich hierzu auch verpflichtet.
Ob er aber nicht in Fällen absoluter Rechtswidrigkeit des Be-
fehls hoffen darf, einen fortgesetzten Ungehorsam doch noch
schliesslich auch mit Festhaltung seines Dienstes durchzuführen
und zu rechtfertigen, liegt ausserhalb der regelmässigen Er-
wägung. Es ist hier übrigens bloss von der dienstlichen Ver-
antwortlichkeit gegenüber dem Dienstherrn die Rede; die Frage,
ob ein Staatsdiener sich durch Berufung auf den Befehl seines
Vorgesetzten auch von der straf- und civilrechtlichen Verantwort-
lichkeit befreien könne, ist eine ganz selbständige, welche zum
Theil nach anderen Grundsätzen zu beurtheilen ist. — In den par-
ticulären Bestimmungen besteht über alle diese Punkte eine sehr
erhebliche Verschiedenheit, indem manche den Beamten selbstän-
diger, andere ihn unselbständiger stellen. Siehe die Zusammen-
stellung bei Zachariä, Staatsrecht II., §. 137. Note 14.
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