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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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Dritter Abschnitt.
träglichen Rechtfertigung vor den Ständen, aber die
Anerkennung derselben durch die Letztere ist, wenn
jene vollständig erbracht wird, nicht eine willkührliche,
sondern nothwendige.3

Der hauptsächlichste Unterschied des Finanzge-
setzes aber von sonstigen Gesetzen liegt darin, dass,
während sonst das Nichtzustandekommen eines Gesetzes
überhaupt oder doch zeitweilig ertragen werden kann,
das Nichtzustandekommen des Finanzgesetzes unerträg-
lich ist; es muss ins Leben treten, weil der Staat nicht
ohne dasselbe bestehen kann. Daraus ergiebt sich mit
Nothwendigkeit, dass die Regel des Zusammenwirkens
der beiden Organe hier eine andere als bei der Verab-
schiedung sonstiger Gesetze sein muss, dass insbeson-
dere das Bewilligungsrecht der Stände hier kein abso-
lutes und subjectiv freies sein kann.4 Diese Regel ist
folgende. Die Stände müssen alle diejenigen Ausgaben

3 Uebrigens kann als die Wirkung der Versagung nachträg-
licher Anerkennung weder ohne Weiteres und ganz allgemein die
civilrechtliche Nichtigkeit, respective Anfechtbarkeit der frag-
lichen Ausgabe, noch die persönliche Ersatzpflicht des bezüglichen
Ministers angenommen werden. Diese Wirkungen treten nur ein,
wenn zugleich ihre privatrechtlichen Voraussetzungen vor-
handen sind. Aber auch dann würden nicht die Stände zur Klage
legitimirt sein, sondern nur indirect auf die Klagerhebung durch
die Regierung wirken können. Ueber die sonstigen Wirkungen
jener Versagung lässt sich nur in Bezug auf concrete Fälle
sprechen. Siehe Zachariä, Staatsrecht II., S. 517 flg.
4 Die Verfassungen wollen diess in der Regel durch den Satz
ausdrücken, dass die Stände ihre Finanzbewilligungen nicht an
fremdartige Bedingungen anknüpfen dürfen, -- ein praktisch er-
folgloser Satz, da das Anknüpfen an Bedingungen stillschweigend
geschehen kann. Für die principielle Auffassung des ständi-
schen Rechts ist jener Satz jedoch immerhin wichtig.

Dritter Abschnitt.
träglichen Rechtfertigung vor den Ständen, aber die
Anerkennung derselben durch die Letztere ist, wenn
jene vollständig erbracht wird, nicht eine willkührliche,
sondern nothwendige.3

Der hauptsächlichste Unterschied des Finanzge-
setzes aber von sonstigen Gesetzen liegt darin, dass,
während sonst das Nichtzustandekommen eines Gesetzes
überhaupt oder doch zeitweilig ertragen werden kann,
das Nichtzustandekommen des Finanzgesetzes unerträg-
lich ist; es muss ins Leben treten, weil der Staat nicht
ohne dasselbe bestehen kann. Daraus ergiebt sich mit
Nothwendigkeit, dass die Regel des Zusammenwirkens
der beiden Organe hier eine andere als bei der Verab-
schiedung sonstiger Gesetze sein muss, dass insbeson-
dere das Bewilligungsrecht der Stände hier kein abso-
lutes und subjectiv freies sein kann.4 Diese Regel ist
folgende. Die Stände müssen alle diejenigen Ausgaben

3 Uebrigens kann als die Wirkung der Versagung nachträg-
licher Anerkennung weder ohne Weiteres und ganz allgemein die
civilrechtliche Nichtigkeit, respective Anfechtbarkeit der frag-
lichen Ausgabe, noch die persönliche Ersatzpflicht des bezüglichen
Ministers angenommen werden. Diese Wirkungen treten nur ein,
wenn zugleich ihre privatrechtlichen Voraussetzungen vor-
handen sind. Aber auch dann würden nicht die Stände zur Klage
legitimirt sein, sondern nur indirect auf die Klagerhebung durch
die Regierung wirken können. Ueber die sonstigen Wirkungen
jener Versagung lässt sich nur in Bezug auf concrete Fälle
sprechen. Siehe Zachariä, Staatsrecht II., S. 517 flg.
4 Die Verfassungen wollen diess in der Regel durch den Satz
ausdrücken, dass die Stände ihre Finanzbewilligungen nicht an
fremdartige Bedingungen anknüpfen dürfen, — ein praktisch er-
folgloser Satz, da das Anknüpfen an Bedingungen stillschweigend
geschehen kann. Für die principielle Auffassung des ständi-
schen Rechts ist jener Satz jedoch immerhin wichtig.
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[158/0176] Dritter Abschnitt. träglichen Rechtfertigung vor den Ständen, aber die Anerkennung derselben durch die Letztere ist, wenn jene vollständig erbracht wird, nicht eine willkührliche, sondern nothwendige. 3 Der hauptsächlichste Unterschied des Finanzge- setzes aber von sonstigen Gesetzen liegt darin, dass, während sonst das Nichtzustandekommen eines Gesetzes überhaupt oder doch zeitweilig ertragen werden kann, das Nichtzustandekommen des Finanzgesetzes unerträg- lich ist; es muss ins Leben treten, weil der Staat nicht ohne dasselbe bestehen kann. Daraus ergiebt sich mit Nothwendigkeit, dass die Regel des Zusammenwirkens der beiden Organe hier eine andere als bei der Verab- schiedung sonstiger Gesetze sein muss, dass insbeson- dere das Bewilligungsrecht der Stände hier kein abso- lutes und subjectiv freies sein kann. 4 Diese Regel ist folgende. Die Stände müssen alle diejenigen Ausgaben 3 Uebrigens kann als die Wirkung der Versagung nachträg- licher Anerkennung weder ohne Weiteres und ganz allgemein die civilrechtliche Nichtigkeit, respective Anfechtbarkeit der frag- lichen Ausgabe, noch die persönliche Ersatzpflicht des bezüglichen Ministers angenommen werden. Diese Wirkungen treten nur ein, wenn zugleich ihre privatrechtlichen Voraussetzungen vor- handen sind. Aber auch dann würden nicht die Stände zur Klage legitimirt sein, sondern nur indirect auf die Klagerhebung durch die Regierung wirken können. Ueber die sonstigen Wirkungen jener Versagung lässt sich nur in Bezug auf concrete Fälle sprechen. Siehe Zachariä, Staatsrecht II., S. 517 flg. 4 Die Verfassungen wollen diess in der Regel durch den Satz ausdrücken, dass die Stände ihre Finanzbewilligungen nicht an fremdartige Bedingungen anknüpfen dürfen, — ein praktisch er- folgloser Satz, da das Anknüpfen an Bedingungen stillschweigend geschehen kann. Für die principielle Auffassung des ständi- schen Rechts ist jener Satz jedoch immerhin wichtig.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/176>, abgerufen am 27.11.2024.