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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 55. Die richterliche Thätigkeit.
Zuerkennung der rechtmässigen Strafe zu Theil werde
(strafrichterliche Thätigkeit), 2. die Fürsorge, dass
Demjenigen, welcher in seiner individuellen Rechts-
sphäre verletzt ist, die Anerkennung und Wiederher-
stellung seines Rechts gesichert werde (civilrichter-
liche
Thätigkeit).1

Der Staat erfüllt diese Aufgaben dadurch, dass er
nach Massgabe einer gesetzlichen Gerichtsordnung wohl
besetzte Gerichte2 aufstellt, welche innerhalb ihrer
Sprengel im Namen des Monarchen Recht sprechen.
Das Verfahren vor diesen Gerichten ist durch das Pro-
cessrecht geordnet. Zugleich ist durch die Einrichtung
höherer und höchster Gerichtshöfe die Möglichkeit der
processrechtlich zulässigen Berufungen gesichert.3 Die
Rechtssprechung selbst geschieht allein nach den Regeln,
welche die Rechtswissenschaft über die Findung des
Rechts aufstellt; der Richter hat nie ein ihm von aussen
gewiesenes, sondern immer nur das von ihm selbst er-
kannte Recht auszusprechen, und hat, sowie er keiner
von einer fremden Autorität ihm zukommenden Weisung
bei der Urtheilsfällung nachgeben darf, auch innerlich

1 Eine sehr ansprechende Darlegung des inneren Zusammen-
hangs der Criminal- und Civilgerichtsbarkeit giebt Regelsberger
in Pözl's kritischer Vierteljahrschrift 4. Bd. (1862) S. 67 flg. Doch
aber betont er für seinen Zweck zu sehr, dass auch die Straf-
rechtsverhältnisse sich nicht unmittelbar auf den Staat, sondern
vielmehr auf die allgemeinen Grundlagen der sittlichen Lebens-
ordnung beziehen.
2 Diese Gerichte können nach ihrer inneren und äusseren
Organisation sehr verschiedenartig sein. Eine Uebersicht siehe
bei Wetzell, System des Civilprocesses §. 36. und 37.
3 Diese Sicherung fordert insbesondere auch die Bundesacte
Art. 12.

§. 55. Die richterliche Thätigkeit.
Zuerkennung der rechtmässigen Strafe zu Theil werde
(strafrichterliche Thätigkeit), 2. die Fürsorge, dass
Demjenigen, welcher in seiner individuellen Rechts-
sphäre verletzt ist, die Anerkennung und Wiederher-
stellung seines Rechts gesichert werde (civilrichter-
liche
Thätigkeit).1

Der Staat erfüllt diese Aufgaben dadurch, dass er
nach Massgabe einer gesetzlichen Gerichtsordnung wohl
besetzte Gerichte2 aufstellt, welche innerhalb ihrer
Sprengel im Namen des Monarchen Recht sprechen.
Das Verfahren vor diesen Gerichten ist durch das Pro-
cessrecht geordnet. Zugleich ist durch die Einrichtung
höherer und höchster Gerichtshöfe die Möglichkeit der
processrechtlich zulässigen Berufungen gesichert.3 Die
Rechtssprechung selbst geschieht allein nach den Regeln,
welche die Rechtswissenschaft über die Findung des
Rechts aufstellt; der Richter hat nie ein ihm von aussen
gewiesenes, sondern immer nur das von ihm selbst er-
kannte Recht auszusprechen, und hat, sowie er keiner
von einer fremden Autorität ihm zukommenden Weisung
bei der Urtheilsfällung nachgeben darf, auch innerlich

1 Eine sehr ansprechende Darlegung des inneren Zusammen-
hangs der Criminal- und Civilgerichtsbarkeit giebt Regelsberger
in Pözl’s kritischer Vierteljahrschrift 4. Bd. (1862) S. 67 flg. Doch
aber betont er für seinen Zweck zu sehr, dass auch die Straf-
rechtsverhältnisse sich nicht unmittelbar auf den Staat, sondern
vielmehr auf die allgemeinen Grundlagen der sittlichen Lebens-
ordnung beziehen.
2 Diese Gerichte können nach ihrer inneren und äusseren
Organisation sehr verschiedenartig sein. Eine Uebersicht siehe
bei Wetzell, System des Civilprocesses §. 36. und 37.
3 Diese Sicherung fordert insbesondere auch die Bundesacte
Art. 12.
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[169/0187] §. 55. Die richterliche Thätigkeit. Zuerkennung der rechtmässigen Strafe zu Theil werde (strafrichterliche Thätigkeit), 2. die Fürsorge, dass Demjenigen, welcher in seiner individuellen Rechts- sphäre verletzt ist, die Anerkennung und Wiederher- stellung seines Rechts gesichert werde (civilrichter- liche Thätigkeit). 1 Der Staat erfüllt diese Aufgaben dadurch, dass er nach Massgabe einer gesetzlichen Gerichtsordnung wohl besetzte Gerichte 2 aufstellt, welche innerhalb ihrer Sprengel im Namen des Monarchen Recht sprechen. Das Verfahren vor diesen Gerichten ist durch das Pro- cessrecht geordnet. Zugleich ist durch die Einrichtung höherer und höchster Gerichtshöfe die Möglichkeit der processrechtlich zulässigen Berufungen gesichert. 3 Die Rechtssprechung selbst geschieht allein nach den Regeln, welche die Rechtswissenschaft über die Findung des Rechts aufstellt; der Richter hat nie ein ihm von aussen gewiesenes, sondern immer nur das von ihm selbst er- kannte Recht auszusprechen, und hat, sowie er keiner von einer fremden Autorität ihm zukommenden Weisung bei der Urtheilsfällung nachgeben darf, auch innerlich 1 Eine sehr ansprechende Darlegung des inneren Zusammen- hangs der Criminal- und Civilgerichtsbarkeit giebt Regelsberger in Pözl’s kritischer Vierteljahrschrift 4. Bd. (1862) S. 67 flg. Doch aber betont er für seinen Zweck zu sehr, dass auch die Straf- rechtsverhältnisse sich nicht unmittelbar auf den Staat, sondern vielmehr auf die allgemeinen Grundlagen der sittlichen Lebens- ordnung beziehen. 2 Diese Gerichte können nach ihrer inneren und äusseren Organisation sehr verschiedenartig sein. Eine Uebersicht siehe bei Wetzell, System des Civilprocesses §. 36. und 37. 3 Diese Sicherung fordert insbesondere auch die Bundesacte Art. 12.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/187>, abgerufen am 23.11.2024.