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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 58. Die Ministeranklage.
darauf, dass eine absichtliche Verfassungsverletzung vor-
liege; die Entfernung des Schuldigen von seinem Amte
und seine Unfähigkeit zur Wiederanstellung sind dann
die gesetzlichen Folgen eines solchen Urtheils.11 Als
Rechtsmittel wird höchstens der Antrag auf Revision
zugelassen. Der Monarch kann bezüglich einer die
Ministeranklage veranlassenden Handlung weder das
Recht der Abolition noch das der Begnadigung ausüben.
Ist die That des angeklagten Ministers von der Art,
dass sie zugleich in das Bereich der Strafgewalt der
gewöhnlichen Gerichte fällt, so wird dem Einschreiten
und Verfahren der Letzteren durch die Verhandlung
vor dem Staatsgerichtshofe und seine Urtheilsprechung
in keiner Weise präjudicirt.

In einzelnen deutschen Verfassungsurkunden hat je-
doch dieses Institut eine Ausbildung erhalten, welche
der eigentlichen Idee desselben nicht mehr durchaus
entspricht. Insbesondere hat man häufig die Compe-
tenz des Staatsgerichtshofs unter Verdunkelung seines
speciellen Zwecks dahin erweitert, dass er nicht mehr

11 Nach unserer Auffassung liegt die hauptsächliche Bedeu-
tung des Staatsgerichtshofs darin, dass er das Grundgesetz als
solches schützt und in seiner Integrität erhält. Der Natur der
Sache nach muss einem verurtheilenden Erkenntnisse eine äusser-
lich sichtbare Wirkung auf den Verurtheilten beigelegt werden,
aber diese Wirkung soll nicht eine gewöhnliche Strafe sein,
sondern nur die natürliche sittliche Folge einer solchen Verur-
theilung darstellen. Diese Auffassung ist die in Hannover, Braun-
schweig und der Hauptsache nach auch in Sachsen geltende. Sie
findet sich in der Nordamerikanischen Verfassung, während das
englische Recht in der Ministeranklage eine gewöhnliche Criminal-
klage erkennt. Siehe Zöpfl a. a. O. §. 403. und 409. Eine andere
Ansicht hat Mohl a. a. O. S. 567.

§. 58. Die Ministeranklage.
darauf, dass eine absichtliche Verfassungsverletzung vor-
liege; die Entfernung des Schuldigen von seinem Amte
und seine Unfähigkeit zur Wiederanstellung sind dann
die gesetzlichen Folgen eines solchen Urtheils.11 Als
Rechtsmittel wird höchstens der Antrag auf Revision
zugelassen. Der Monarch kann bezüglich einer die
Ministeranklage veranlassenden Handlung weder das
Recht der Abolition noch das der Begnadigung ausüben.
Ist die That des angeklagten Ministers von der Art,
dass sie zugleich in das Bereich der Strafgewalt der
gewöhnlichen Gerichte fällt, so wird dem Einschreiten
und Verfahren der Letzteren durch die Verhandlung
vor dem Staatsgerichtshofe und seine Urtheilsprechung
in keiner Weise präjudicirt.

In einzelnen deutschen Verfassungsurkunden hat je-
doch dieses Institut eine Ausbildung erhalten, welche
der eigentlichen Idee desselben nicht mehr durchaus
entspricht. Insbesondere hat man häufig die Compe-
tenz des Staatsgerichtshofs unter Verdunkelung seines
speciellen Zwecks dahin erweitert, dass er nicht mehr

11 Nach unserer Auffassung liegt die hauptsächliche Bedeu-
tung des Staatsgerichtshofs darin, dass er das Grundgesetz als
solches schützt und in seiner Integrität erhält. Der Natur der
Sache nach muss einem verurtheilenden Erkenntnisse eine äusser-
lich sichtbare Wirkung auf den Verurtheilten beigelegt werden,
aber diese Wirkung soll nicht eine gewöhnliche Strafe sein,
sondern nur die natürliche sittliche Folge einer solchen Verur-
theilung darstellen. Diese Auffassung ist die in Hannover, Braun-
schweig und der Hauptsache nach auch in Sachsen geltende. Sie
findet sich in der Nordamerikanischen Verfassung, während das
englische Recht in der Ministeranklage eine gewöhnliche Criminal-
klage erkennt. Siehe Zöpfl a. a. O. §. 403. und 409. Eine andere
Ansicht hat Mohl a. a. O. S. 567.
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[187/0205] §. 58. Die Ministeranklage. darauf, dass eine absichtliche Verfassungsverletzung vor- liege; die Entfernung des Schuldigen von seinem Amte und seine Unfähigkeit zur Wiederanstellung sind dann die gesetzlichen Folgen eines solchen Urtheils. 11 Als Rechtsmittel wird höchstens der Antrag auf Revision zugelassen. Der Monarch kann bezüglich einer die Ministeranklage veranlassenden Handlung weder das Recht der Abolition noch das der Begnadigung ausüben. Ist die That des angeklagten Ministers von der Art, dass sie zugleich in das Bereich der Strafgewalt der gewöhnlichen Gerichte fällt, so wird dem Einschreiten und Verfahren der Letzteren durch die Verhandlung vor dem Staatsgerichtshofe und seine Urtheilsprechung in keiner Weise präjudicirt. In einzelnen deutschen Verfassungsurkunden hat je- doch dieses Institut eine Ausbildung erhalten, welche der eigentlichen Idee desselben nicht mehr durchaus entspricht. Insbesondere hat man häufig die Compe- tenz des Staatsgerichtshofs unter Verdunkelung seines speciellen Zwecks dahin erweitert, dass er nicht mehr 11 Nach unserer Auffassung liegt die hauptsächliche Bedeu- tung des Staatsgerichtshofs darin, dass er das Grundgesetz als solches schützt und in seiner Integrität erhält. Der Natur der Sache nach muss einem verurtheilenden Erkenntnisse eine äusser- lich sichtbare Wirkung auf den Verurtheilten beigelegt werden, aber diese Wirkung soll nicht eine gewöhnliche Strafe sein, sondern nur die natürliche sittliche Folge einer solchen Verur- theilung darstellen. Diese Auffassung ist die in Hannover, Braun- schweig und der Hauptsache nach auch in Sachsen geltende. Sie findet sich in der Nordamerikanischen Verfassung, während das englische Recht in der Ministeranklage eine gewöhnliche Criminal- klage erkennt. Siehe Zöpfl a. a. O. §. 403. und 409. Eine andere Ansicht hat Mohl a. a. O. S. 567.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/205>, abgerufen am 24.11.2024.