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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 59. Rechtsschutz des Staats.
Ebenso wird die Thätigkeit der Beamten in Ausübung
obrigkeitlicher Functionen gegen Widersetzlichkeiten
durch das Strafgesetz geschützt.

Eine wirksame Bestreitung des Rechts eines Organs
des Staats wird in der Regel nur dann stattfinden, wenn
die Ständeversammlung und die Regierung unter ein-
ander über die Gränzen ihrer Rechtskreise uneins sind.
Beide Organe stehen sich dann als streitende Parteien
gegenüber und benutzen wohl ihre allgemeine Macht-
stellung, um ihre Ansprüche zur Geltung zu bringen.
Ein solcher Streit ist das empfindlichste Leiden, welches
den Staat treffen kann, da die Harmonie der Organe
die Grundbedingung seines Gedeihens ist. Und doch
giebt es für die meisten Staaten keine richterliche In-
stanz, vor welcher solche Streitigkeiten durch Urtheil-
spruch ihre definitive Lösung fänden, da sich das Bun-
desschiedsgericht1 die ihm bei seiner Stiftung zugedachte
Bedeutung nicht zu erwerben vermocht hat. Wo das

1 Das durch den Bundesbeschluss vom 30. October 1834 ge-
schaffene Bundesschiedsgericht hatte recht eigentlich die Aufgabe,
zur Entscheidung solcher Streitigkeiten zu dienen. Hiernach
haben sich die Bundesglieder als solche gegen einander ver-
pflichtet, "für den Fall, dass in einem Bundesstaate zwischen der
Regierung und den Ständen über die Auslegung der Verfassung,
oder über die Gränzen der bei Ausübung bestimmter Rechte des
Regenten den Ständen eingeräumten Mitwirkung -- namentlich
durch Verweigerung der zur Führung einer den Bundespflichten
und der Landesverfassung entsprechenden Regierung erforder-
lichen Mittel -- Irrungen entstehen, und alle verfassungsmässigen
und mit den Gesetzen vereinbarlichen Wege zu deren genügender
Beseitigung ohne Erfolg eingeschlagen worden sind, -- ehe sie die
Dazwischenkunft des Bundes nachsuchen, die Entscheidung solcher
Streitigkeiten durch Schiedsrichter zu veranlassen."

§. 59. Rechtsschutz des Staats.
Ebenso wird die Thätigkeit der Beamten in Ausübung
obrigkeitlicher Functionen gegen Widersetzlichkeiten
durch das Strafgesetz geschützt.

Eine wirksame Bestreitung des Rechts eines Organs
des Staats wird in der Regel nur dann stattfinden, wenn
die Ständeversammlung und die Regierung unter ein-
ander über die Gränzen ihrer Rechtskreise uneins sind.
Beide Organe stehen sich dann als streitende Parteien
gegenüber und benutzen wohl ihre allgemeine Macht-
stellung, um ihre Ansprüche zur Geltung zu bringen.
Ein solcher Streit ist das empfindlichste Leiden, welches
den Staat treffen kann, da die Harmonie der Organe
die Grundbedingung seines Gedeihens ist. Und doch
giebt es für die meisten Staaten keine richterliche In-
stanz, vor welcher solche Streitigkeiten durch Urtheil-
spruch ihre definitive Lösung fänden, da sich das Bun-
desschiedsgericht1 die ihm bei seiner Stiftung zugedachte
Bedeutung nicht zu erwerben vermocht hat. Wo das

1 Das durch den Bundesbeschluss vom 30. October 1834 ge-
schaffene Bundesschiedsgericht hatte recht eigentlich die Aufgabe,
zur Entscheidung solcher Streitigkeiten zu dienen. Hiernach
haben sich die Bundesglieder als solche gegen einander ver-
pflichtet, „für den Fall, dass in einem Bundesstaate zwischen der
Regierung und den Ständen über die Auslegung der Verfassung,
oder über die Gränzen der bei Ausübung bestimmter Rechte des
Regenten den Ständen eingeräumten Mitwirkung — namentlich
durch Verweigerung der zur Führung einer den Bundespflichten
und der Landesverfassung entsprechenden Regierung erforder-
lichen Mittel — Irrungen entstehen, und alle verfassungsmässigen
und mit den Gesetzen vereinbarlichen Wege zu deren genügender
Beseitigung ohne Erfolg eingeschlagen worden sind, — ehe sie die
Dazwischenkunft des Bundes nachsuchen, die Entscheidung solcher
Streitigkeiten durch Schiedsrichter zu veranlassen.“
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[189/0207] §. 59. Rechtsschutz des Staats. Ebenso wird die Thätigkeit der Beamten in Ausübung obrigkeitlicher Functionen gegen Widersetzlichkeiten durch das Strafgesetz geschützt. Eine wirksame Bestreitung des Rechts eines Organs des Staats wird in der Regel nur dann stattfinden, wenn die Ständeversammlung und die Regierung unter ein- ander über die Gränzen ihrer Rechtskreise uneins sind. Beide Organe stehen sich dann als streitende Parteien gegenüber und benutzen wohl ihre allgemeine Macht- stellung, um ihre Ansprüche zur Geltung zu bringen. Ein solcher Streit ist das empfindlichste Leiden, welches den Staat treffen kann, da die Harmonie der Organe die Grundbedingung seines Gedeihens ist. Und doch giebt es für die meisten Staaten keine richterliche In- stanz, vor welcher solche Streitigkeiten durch Urtheil- spruch ihre definitive Lösung fänden, da sich das Bun- desschiedsgericht 1 die ihm bei seiner Stiftung zugedachte Bedeutung nicht zu erwerben vermocht hat. Wo das 1 Das durch den Bundesbeschluss vom 30. October 1834 ge- schaffene Bundesschiedsgericht hatte recht eigentlich die Aufgabe, zur Entscheidung solcher Streitigkeiten zu dienen. Hiernach haben sich die Bundesglieder als solche gegen einander ver- pflichtet, „für den Fall, dass in einem Bundesstaate zwischen der Regierung und den Ständen über die Auslegung der Verfassung, oder über die Gränzen der bei Ausübung bestimmter Rechte des Regenten den Ständen eingeräumten Mitwirkung — namentlich durch Verweigerung der zur Führung einer den Bundespflichten und der Landesverfassung entsprechenden Regierung erforder- lichen Mittel — Irrungen entstehen, und alle verfassungsmässigen und mit den Gesetzen vereinbarlichen Wege zu deren genügender Beseitigung ohne Erfolg eingeschlagen worden sind, — ehe sie die Dazwischenkunft des Bundes nachsuchen, die Entscheidung solcher Streitigkeiten durch Schiedsrichter zu veranlassen.“

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/207>, abgerufen am 16.05.2024.