Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.
§. 4. Das Staatsrecht. staatlichen Individualrechte in ihrem Wesen als Wille despersönlich gedachten Staats nicht verändert, sondern es handelt sich nur um eine eigenthümliche Art ihrer con- creten Verwirklichung.2 Daher ist die Ausübung solcher Rechte nicht der individuellen Willkühr preis gegeben, sondern steht unter der höheren Fügung des organischen Zusammenhangs, in welchem und für welchen sie zur Lösung einer bestimmten Aufgabe berufen sind.3 §. 4. Das Staatsrecht, wie es so eben begränzt worden 2 Am meisten wird dieser Zusammenhang versteckt im mo- narchischen Staate, der in dem Monarchen ein Organ besitzt, welches den gesammten Inhalt der Staatsgewalt deckt. Vergl. aber §. 7. Note 1. 3 Gerber, über öffentliche Rechte, S. 31 flg. 1 Daher ist es auch grösstentheils absolutes Recht, das
keiner Privatdisposition unterworfen ist. §. 4. Das Staatsrecht. staatlichen Individualrechte in ihrem Wesen als Wille despersönlich gedachten Staats nicht verändert, sondern es handelt sich nur um eine eigenthümliche Art ihrer con- creten Verwirklichung.2 Daher ist die Ausübung solcher Rechte nicht der individuellen Willkühr preis gegeben, sondern steht unter der höheren Fügung des organischen Zusammenhangs, in welchem und für welchen sie zur Lösung einer bestimmten Aufgabe berufen sind.3 §. 4. Das Staatsrecht, wie es so eben begränzt worden 2 Am meisten wird dieser Zusammenhang versteckt im mo- narchischen Staate, der in dem Monarchen ein Organ besitzt, welches den gesammten Inhalt der Staatsgewalt deckt. Vergl. aber §. 7. Note 1. 3 Gerber, über öffentliche Rechte, S. 31 flg. 1 Daher ist es auch grösstentheils absolutes Recht, das
keiner Privatdisposition unterworfen ist. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0025" n="7"/><fw place="top" type="header">§. 4. Das Staatsrecht.</fw><lb/> staatlichen Individualrechte in ihrem Wesen als Wille des<lb/> persönlich gedachten Staats nicht verändert, sondern es<lb/> handelt sich nur um eine eigenthümliche Art ihrer con-<lb/> creten Verwirklichung.<note place="foot" n="2">Am meisten wird dieser Zusammenhang versteckt im mo-<lb/> narchischen Staate, der in dem Monarchen ein Organ besitzt,<lb/> welches den gesammten Inhalt der Staatsgewalt deckt. Vergl.<lb/> aber §. 7. Note 1.</note> Daher ist die Ausübung solcher<lb/> Rechte nicht der individuellen Willkühr preis gegeben,<lb/> sondern steht unter der höheren Fügung des organischen<lb/> Zusammenhangs, in welchem und für welchen sie zur<lb/> Lösung einer bestimmten Aufgabe berufen sind.<note place="foot" n="3"><hi rendition="#g">Gerber,</hi> über öffentliche Rechte, S. 31 flg.</note></p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 4.</head><lb/> <p>Das Staatsrecht, wie es so eben begränzt worden<lb/> ist, unterscheidet sich von allen anderen Rechtsordnungen,<lb/> welche im Staate bestehen und unter seinem Schutze<lb/> gehandhabt werden, durch eine wesentliche Character-<lb/> eigenthümlichkeit. Allen sonstigen Rechtsordnungen<lb/> gegenüber erscheint es als eine Ordnung <hi rendition="#g">höherer Art.</hi><lb/> In soweit sonst der Staat bei der Begründung und<lb/> Handhabung rechtlicher Einrichtungen betheiligt ist, tritt<lb/> er nur in seinen regelmässigen und feststehenden Func-<lb/> tionen in Wirksamkeit; das Recht aber, welches die<lb/> Regel dieser Functionen selbst, welches den Grundbau<lb/> des staatlichen Organismus als willensfähiger Macht fest-<lb/> stellt, ist überall die höhere Voraussetzung.<note place="foot" n="1">Daher ist es auch grösstentheils <hi rendition="#g">absolutes</hi> Recht, das<lb/> keiner Privatdisposition unterworfen ist.</note> Alles andere<lb/> Recht mag dem veränderlichen Bedürfnisse des Volks-<lb/> lebens preis gegeben, aber das Recht, nach welchem<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [7/0025]
§. 4. Das Staatsrecht.
staatlichen Individualrechte in ihrem Wesen als Wille des
persönlich gedachten Staats nicht verändert, sondern es
handelt sich nur um eine eigenthümliche Art ihrer con-
creten Verwirklichung. 2 Daher ist die Ausübung solcher
Rechte nicht der individuellen Willkühr preis gegeben,
sondern steht unter der höheren Fügung des organischen
Zusammenhangs, in welchem und für welchen sie zur
Lösung einer bestimmten Aufgabe berufen sind. 3
§. 4.
Das Staatsrecht, wie es so eben begränzt worden
ist, unterscheidet sich von allen anderen Rechtsordnungen,
welche im Staate bestehen und unter seinem Schutze
gehandhabt werden, durch eine wesentliche Character-
eigenthümlichkeit. Allen sonstigen Rechtsordnungen
gegenüber erscheint es als eine Ordnung höherer Art.
In soweit sonst der Staat bei der Begründung und
Handhabung rechtlicher Einrichtungen betheiligt ist, tritt
er nur in seinen regelmässigen und feststehenden Func-
tionen in Wirksamkeit; das Recht aber, welches die
Regel dieser Functionen selbst, welches den Grundbau
des staatlichen Organismus als willensfähiger Macht fest-
stellt, ist überall die höhere Voraussetzung. 1 Alles andere
Recht mag dem veränderlichen Bedürfnisse des Volks-
lebens preis gegeben, aber das Recht, nach welchem
2 Am meisten wird dieser Zusammenhang versteckt im mo-
narchischen Staate, der in dem Monarchen ein Organ besitzt,
welches den gesammten Inhalt der Staatsgewalt deckt. Vergl.
aber §. 7. Note 1.
3 Gerber, über öffentliche Rechte, S. 31 flg.
1 Daher ist es auch grösstentheils absolutes Recht, das
keiner Privatdisposition unterworfen ist.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/25 |
| Zitationshilfe: | Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/25>, abgerufen am 21.11.2024. |
