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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 19. Die Staatsbürger.
wenn die Eltern (bei Unehelichen wenn die Mutter) zur
Zeit der Geburt das Staatsbürgerrecht hatten. 2. Durch
Aufnahme (Naturalisation), welche bei der Staatsregie-
rung nachgesucht werden muss, und in der Regel an
die Voraussetzung geknüpft ist, dass der Aufzuneh-
mende aus seinem bisherigen staatsbürgerlichen Verhält-
nisse entlassen ist und die Zusicherung der Aufnahme
in eine diesseitige Gemeinde erlangt hat.2 3. Durch
Verheirathung einer Ausländerin mit einem Inländer.
4. Durch Uebertragung eines Staatsamtes an einen Aus-
länder.3 5. Durch Zuweisung eines Heimathlosen.4 Be-
endigt wird das Gewaltrecht des Staats durch Ausschei-
den des ihm Unterworfenen aus dem staatsbürgerlichen
Verbande, was insbesondere eintritt bei der Auswan-
derung,5 der Uebernahme eines fremden Staatsdienstes

halten, gewährt unser Staat seinen Rechtsschutz. Eigenthümliche
Behandlung der Forensen in manchen Staaten, wo sie als theil-
weise Unterthanen angesehen werden. Pözl, Bayerisches Ver-
fassungsrecht §. 24. -- Der in den meisten Staaten sowohl für die
neu aufgenommenen als für die gebornen Staatsbürger vorge-
schriebene Huldigungseid ist nur eine Gewissensbestärkung des
schon an und für sich rechtlich Bestehenden.
2 Diese kann aber unter Umständen von der Gemeinde nicht
versagt werden.
3 In der Verleihung des Staatsamts an einen Ausländer liegt
zugleich die Aufnahme in das Staatsbürgerrecht (in Württemberg
nur auf die Dauer des Dienstverhältnisses); anders in Bayern, wo
das Indigenat noch besonders erworben werden muss.
4 Gothaer Uebereinkunft deutscher Regierungen vom 15. Juli
1851. -- Eine Ersitzung des Staatsbürgerrechts ist nur sehr ver-
einzelt anerkannt worden (Zöpfl, Staatsrecht, §. 295. Note 7).
5 Bald wird das Ueberschreiten der Landesgränze, bald die
erhaltene Entlassung, bald schon die der Staatsregierung abge-
gebene Erklärung der Auswanderungsabsicht als der Moment des

§. 19. Die Staatsbürger.
wenn die Eltern (bei Unehelichen wenn die Mutter) zur
Zeit der Geburt das Staatsbürgerrecht hatten. 2. Durch
Aufnahme (Naturalisation), welche bei der Staatsregie-
rung nachgesucht werden muss, und in der Regel an
die Voraussetzung geknüpft ist, dass der Aufzuneh-
mende aus seinem bisherigen staatsbürgerlichen Verhält-
nisse entlassen ist und die Zusicherung der Aufnahme
in eine diesseitige Gemeinde erlangt hat.2 3. Durch
Verheirathung einer Ausländerin mit einem Inländer.
4. Durch Uebertragung eines Staatsamtes an einen Aus-
länder.3 5. Durch Zuweisung eines Heimathlosen.4 Be-
endigt wird das Gewaltrecht des Staats durch Ausschei-
den des ihm Unterworfenen aus dem staatsbürgerlichen
Verbande, was insbesondere eintritt bei der Auswan-
derung,5 der Uebernahme eines fremden Staatsdienstes

halten, gewährt unser Staat seinen Rechtsschutz. Eigenthümliche
Behandlung der Forensen in manchen Staaten, wo sie als theil-
weise Unterthanen angesehen werden. Pözl, Bayerisches Ver-
fassungsrecht §. 24. — Der in den meisten Staaten sowohl für die
neu aufgenommenen als für die gebornen Staatsbürger vorge-
schriebene Huldigungseid ist nur eine Gewissensbestärkung des
schon an und für sich rechtlich Bestehenden.
2 Diese kann aber unter Umständen von der Gemeinde nicht
versagt werden.
3 In der Verleihung des Staatsamts an einen Ausländer liegt
zugleich die Aufnahme in das Staatsbürgerrecht (in Württemberg
nur auf die Dauer des Dienstverhältnisses); anders in Bayern, wo
das Indigenat noch besonders erworben werden muss.
4 Gothaer Uebereinkunft deutscher Regierungen vom 15. Juli
1851. — Eine Ersitzung des Staatsbürgerrechts ist nur sehr ver-
einzelt anerkannt worden (Zöpfl, Staatsrecht, §. 295. Note 7).
5 Bald wird das Ueberschreiten der Landesgränze, bald die
erhaltene Entlassung, bald schon die der Staatsregierung abge-
gebene Erklärung der Auswanderungsabsicht als der Moment des
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[53/0071] §. 19. Die Staatsbürger. wenn die Eltern (bei Unehelichen wenn die Mutter) zur Zeit der Geburt das Staatsbürgerrecht hatten. 2. Durch Aufnahme (Naturalisation), welche bei der Staatsregie- rung nachgesucht werden muss, und in der Regel an die Voraussetzung geknüpft ist, dass der Aufzuneh- mende aus seinem bisherigen staatsbürgerlichen Verhält- nisse entlassen ist und die Zusicherung der Aufnahme in eine diesseitige Gemeinde erlangt hat. 2 3. Durch Verheirathung einer Ausländerin mit einem Inländer. 4. Durch Uebertragung eines Staatsamtes an einen Aus- länder. 3 5. Durch Zuweisung eines Heimathlosen. 4 Be- endigt wird das Gewaltrecht des Staats durch Ausschei- den des ihm Unterworfenen aus dem staatsbürgerlichen Verbande, was insbesondere eintritt bei der Auswan- derung, 5 der Uebernahme eines fremden Staatsdienstes 1 2 Diese kann aber unter Umständen von der Gemeinde nicht versagt werden. 3 In der Verleihung des Staatsamts an einen Ausländer liegt zugleich die Aufnahme in das Staatsbürgerrecht (in Württemberg nur auf die Dauer des Dienstverhältnisses); anders in Bayern, wo das Indigenat noch besonders erworben werden muss. 4 Gothaer Uebereinkunft deutscher Regierungen vom 15. Juli 1851. — Eine Ersitzung des Staatsbürgerrechts ist nur sehr ver- einzelt anerkannt worden (Zöpfl, Staatsrecht, §. 295. Note 7). 5 Bald wird das Ueberschreiten der Landesgränze, bald die erhaltene Entlassung, bald schon die der Staatsregierung abge- gebene Erklärung der Auswanderungsabsicht als der Moment des 1 halten, gewährt unser Staat seinen Rechtsschutz. Eigenthümliche Behandlung der Forensen in manchen Staaten, wo sie als theil- weise Unterthanen angesehen werden. Pözl, Bayerisches Ver- fassungsrecht §. 24. — Der in den meisten Staaten sowohl für die neu aufgenommenen als für die gebornen Staatsbürger vorge- schriebene Huldigungseid ist nur eine Gewissensbestärkung des schon an und für sich rechtlich Bestehenden.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/71>, abgerufen am 16.05.2024.