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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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Zweiter Abschnitt.
soll sich nach dem deutschen Bundesrechte1 wie nach
dem Rechte der einzelnen Verfassungen2 die Vertretung
des Staatswillens in dem Willen des Monarchen auf den
ganzen und ungetheilten Umfang der Staatsgewalt er-
strecken. Was also der Potenz nach die Staatsgewalt
selbst rechtlich vermag, das ist auch der Inhalt des
Willensrechts des Monarchen, und gelangt in seinem
Willen zur wirklichen Erscheinung; sowie das Herr-
schaftsrecht des Staats sich in seiner Hand zum persön-
lichen Herrschaftsrechte gestaltet, so wird die Pflicht
der Staatsbürger gegen den Staat zur persönlichen
Treuverpflichtung gegen den Monarchen. Diese Ver-

1 Wiener Schlussacte Art. 57.: "Da der deutsche Bund, mit
Ausnahme der freien Städte, aus souverainen Fürsten besteht, so
muss, dem hierdurch (?) gegebenen Grundbegriffe zufolge, die
gesammte Staatsgewalt in dem Oberhaupte des Staats vereinigt
bleiben, und der Souverain kann durch eine landständische Ver-
fassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwir-
kung der Stände gebunden werden." Also keine Theilung der Ge-
walten, und keine Mitherrschaft des Parlaments! Die deutsche
Monarchie soll also eine Wahrheit sein; diess bleibt sie in der con-
stitutionellen Monarchie, so lange darunter nicht ein politisches
System verstanden wird, das die constitutionellen Institute zu
einem Apparate ausbildet, bei dem der Monarch zu einer parla-
mentarischen Figur herabsinkt.
2 Bayerische Verfassungsurkunde II. §. 1.: "Der König ist
das Oberhaupt des Staats, vereinigt in sich alle Rechte der Staats-
gewalt, und übt sie unter den von ihm gegebenen, in der -- Ver-
fassungsurkunde festgesetzten Bestimmungen aus." Sächsische
Verfassungsurkunde §. 4. Hannoversche Verfassungsurkunde §. 5.
Württembergische Verfassungsurkunde §. 4. Abweichend scheint
die Preussische Verfassungsurkunde, welche §. 45. dem Könige
nur die vollziehende Gewalt zuschreibt und ihm im §. 62. bei der
gesetzgebenden Gewalt nur einen Antheil neben den Kammern
gewährt. Siehe aber v. Rönne, Preussisches Staatsrecht I.
Seite 118.

Zweiter Abschnitt.
soll sich nach dem deutschen Bundesrechte1 wie nach
dem Rechte der einzelnen Verfassungen2 die Vertretung
des Staatswillens in dem Willen des Monarchen auf den
ganzen und ungetheilten Umfang der Staatsgewalt er-
strecken. Was also der Potenz nach die Staatsgewalt
selbst rechtlich vermag, das ist auch der Inhalt des
Willensrechts des Monarchen, und gelangt in seinem
Willen zur wirklichen Erscheinung; sowie das Herr-
schaftsrecht des Staats sich in seiner Hand zum persön-
lichen Herrschaftsrechte gestaltet, so wird die Pflicht
der Staatsbürger gegen den Staat zur persönlichen
Treuverpflichtung gegen den Monarchen. Diese Ver-

1 Wiener Schlussacte Art. 57.: „Da der deutsche Bund, mit
Ausnahme der freien Städte, aus souverainen Fürsten besteht, so
muss, dem hierdurch (?) gegebenen Grundbegriffe zufolge, die
gesammte Staatsgewalt in dem Oberhaupte des Staats vereinigt
bleiben, und der Souverain kann durch eine landständische Ver-
fassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwir-
kung der Stände gebunden werden.“ Also keine Theilung der Ge-
walten, und keine Mitherrschaft des Parlaments! Die deutsche
Monarchie soll also eine Wahrheit sein; diess bleibt sie in der con-
stitutionellen Monarchie, so lange darunter nicht ein politisches
System verstanden wird, das die constitutionellen Institute zu
einem Apparate ausbildet, bei dem der Monarch zu einer parla-
mentarischen Figur herabsinkt.
2 Bayerische Verfassungsurkunde II. §. 1.: „Der König ist
das Oberhaupt des Staats, vereinigt in sich alle Rechte der Staats-
gewalt, und übt sie unter den von ihm gegebenen, in der — Ver-
fassungsurkunde festgesetzten Bestimmungen aus.“ Sächsische
Verfassungsurkunde §. 4. Hannoversche Verfassungsurkunde §. 5.
Württembergische Verfassungsurkunde §. 4. Abweichend scheint
die Preussische Verfassungsurkunde, welche §. 45. dem Könige
nur die vollziehende Gewalt zuschreibt und ihm im §. 62. bei der
gesetzgebenden Gewalt nur einen Antheil neben den Kammern
gewährt. Siehe aber v. Rönne, Preussisches Staatsrecht I.
Seite 118.
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[72/0090] Zweiter Abschnitt. soll sich nach dem deutschen Bundesrechte 1 wie nach dem Rechte der einzelnen Verfassungen 2 die Vertretung des Staatswillens in dem Willen des Monarchen auf den ganzen und ungetheilten Umfang der Staatsgewalt er- strecken. Was also der Potenz nach die Staatsgewalt selbst rechtlich vermag, das ist auch der Inhalt des Willensrechts des Monarchen, und gelangt in seinem Willen zur wirklichen Erscheinung; sowie das Herr- schaftsrecht des Staats sich in seiner Hand zum persön- lichen Herrschaftsrechte gestaltet, so wird die Pflicht der Staatsbürger gegen den Staat zur persönlichen Treuverpflichtung gegen den Monarchen. Diese Ver- 1 Wiener Schlussacte Art. 57.: „Da der deutsche Bund, mit Ausnahme der freien Städte, aus souverainen Fürsten besteht, so muss, dem hierdurch (?) gegebenen Grundbegriffe zufolge, die gesammte Staatsgewalt in dem Oberhaupte des Staats vereinigt bleiben, und der Souverain kann durch eine landständische Ver- fassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwir- kung der Stände gebunden werden.“ Also keine Theilung der Ge- walten, und keine Mitherrschaft des Parlaments! Die deutsche Monarchie soll also eine Wahrheit sein; diess bleibt sie in der con- stitutionellen Monarchie, so lange darunter nicht ein politisches System verstanden wird, das die constitutionellen Institute zu einem Apparate ausbildet, bei dem der Monarch zu einer parla- mentarischen Figur herabsinkt. 2 Bayerische Verfassungsurkunde II. §. 1.: „Der König ist das Oberhaupt des Staats, vereinigt in sich alle Rechte der Staats- gewalt, und übt sie unter den von ihm gegebenen, in der — Ver- fassungsurkunde festgesetzten Bestimmungen aus.“ Sächsische Verfassungsurkunde §. 4. Hannoversche Verfassungsurkunde §. 5. Württembergische Verfassungsurkunde §. 4. Abweichend scheint die Preussische Verfassungsurkunde, welche §. 45. dem Könige nur die vollziehende Gewalt zuschreibt und ihm im §. 62. bei der gesetzgebenden Gewalt nur einen Antheil neben den Kammern gewährt. Siehe aber v. Rönne, Preussisches Staatsrecht I. Seite 118.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/90>, abgerufen am 04.12.2024.