Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite
1. Kapitel. Die Vorläufer der jetzigen Torpedos bis zum amerik. Bürgerkriege.

Auch Bushnell, verstimmt über versagte Anerkennung, wandte
seinem Vaterlande den Rücken, kehrte indeß später als Dr. Bush
zurück, wurde Lehrer, dann ein berühmter Arzt und starb 1826 als
reicher Mann.

Das Jahr 1797 brachte die ersten Unterwassergeschütze, welche
indessen, da sie keine Erfolge aufzuweisen hatten, übergangen sein
mögen. Die Erfinder waren die Franzosen Reveroni St. Cyr, Vater
und Sohn. Bereits 1450 soll nach Angaben eines Herrn de Clairmont
vor Cherbourg eine Unterwasserbatterie errichtet worden sein. Die
Geschütze waren bei Ebbe eingegraben worden und sollten bei Fluth,
wenn der Gegner über sie hinfuhr, abgefeuert werden. Nähere An-
gaben fehlen.

Das Jahr 1797 brachte indessen auch die Versuche Fultons,
welcher auf dem Gebiete der Unterwasser-Kriegführung außerordentlich
fruchtbar war. Fulton war es auch, welcher zuerst den Namen
"Torpedo" (Zitterrochen) einführte.

Fulton konstruirte verankerte Torpedos, also die ersten See-
minen. Es waren dies Hohlgefäße, die mit Pulver gefüllt und mit
einer Kontaktzündung versehen waren. Die Schlepptorpedos Fultons
sollten durch Boote an den Feind gebracht werden. Seine Treib-
torpedos bestanden aus einem Minengefäß, von welchem ausgehend
eine Stange bis über die Wasseroberfläche ragte und hier den Kontakt-
zündapparat trug. Seine Harpunentorpedos beruhten auf folgender
Idee: Eine Harpune wird abgeschossen und hakt sich an dem feind-
lichen Schiffe fest. An der Leine der Harpune ist das Sprenggefäß
befestigt. Sobald nun das Schiff Fahrt macht, oder im Strome,
muß die Leine und damit das Minengefäß längseit treiben. Dadurch
soll ein Kontakt und in weiterer Folge die Explosion und die
Schädigung oder Vernichtung des Gegners bewirkt werden.

Fulton konstruirte auch die ersten Spierentorpedos. Von dem
Bug eines Bootes oder Schiffes ragt eine Spiere, an deren äußerster
Spitze ein Minengefäß mit Kontaktzündung angebracht ist, weit voraus.
Mit dieser Spiere sollte der Gegner getroffen werden. Spieren-
torpedos sind späterhin oft zur Anwendung gekommen.

Es muß noch erwähnt werden, daß Fulton auch Pläne für
Unterwassergeschütze fertiggestellt hatte und mit mehreren Unterwasser-
booten manchen Erfolg -- wenn auch nicht im Kriege -- erreichte.

1. Kapitel. Die Vorläufer der jetzigen Torpedos bis zum amerik. Bürgerkriege.

Auch Buſhnell, verſtimmt über verſagte Anerkennung, wandte
ſeinem Vaterlande den Rücken, kehrte indeß ſpäter als Dr. Buſh
zurück, wurde Lehrer, dann ein berühmter Arzt und ſtarb 1826 als
reicher Mann.

Das Jahr 1797 brachte die erſten Unterwaſſergeſchütze, welche
indeſſen, da ſie keine Erfolge aufzuweiſen hatten, übergangen ſein
mögen. Die Erfinder waren die Franzoſen Reveroni St. Cyr, Vater
und Sohn. Bereits 1450 ſoll nach Angaben eines Herrn de Clairmont
vor Cherbourg eine Unterwaſſerbatterie errichtet worden ſein. Die
Geſchütze waren bei Ebbe eingegraben worden und ſollten bei Fluth,
wenn der Gegner über ſie hinfuhr, abgefeuert werden. Nähere An-
gaben fehlen.

Das Jahr 1797 brachte indeſſen auch die Verſuche Fultons,
welcher auf dem Gebiete der Unterwaſſer-Kriegführung außerordentlich
fruchtbar war. Fulton war es auch, welcher zuerſt den Namen
„Torpedo“ (Zitterrochen) einführte.

Fulton konſtruirte verankerte Torpedos, alſo die erſten See-
minen. Es waren dies Hohlgefäße, die mit Pulver gefüllt und mit
einer Kontaktzündung verſehen waren. Die Schlepptorpedos Fultons
ſollten durch Boote an den Feind gebracht werden. Seine Treib-
torpedos beſtanden aus einem Minengefäß, von welchem ausgehend
eine Stange bis über die Waſſeroberfläche ragte und hier den Kontakt-
zündapparat trug. Seine Harpunentorpedos beruhten auf folgender
Idee: Eine Harpune wird abgeſchoſſen und hakt ſich an dem feind-
lichen Schiffe feſt. An der Leine der Harpune iſt das Sprenggefäß
befeſtigt. Sobald nun das Schiff Fahrt macht, oder im Strome,
muß die Leine und damit das Minengefäß längſeit treiben. Dadurch
ſoll ein Kontakt und in weiterer Folge die Exploſion und die
Schädigung oder Vernichtung des Gegners bewirkt werden.

Fulton konſtruirte auch die erſten Spierentorpedos. Von dem
Bug eines Bootes oder Schiffes ragt eine Spiere, an deren äußerſter
Spitze ein Minengefäß mit Kontaktzündung angebracht iſt, weit voraus.
Mit dieſer Spiere ſollte der Gegner getroffen werden. Spieren-
torpedos ſind ſpäterhin oft zur Anwendung gekommen.

Es muß noch erwähnt werden, daß Fulton auch Pläne für
Unterwaſſergeſchütze fertiggeſtellt hatte und mit mehreren Unterwaſſer-
booten manchen Erfolg — wenn auch nicht im Kriege — erreichte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0019" n="5"/>
          <fw place="top" type="header">1. Kapitel. Die Vorläufer der jetzigen Torpedos bis zum amerik. Bürgerkriege.</fw><lb/>
          <p>Auch Bu&#x017F;hnell, ver&#x017F;timmt über ver&#x017F;agte Anerkennung, wandte<lb/>
&#x017F;einem Vaterlande den Rücken, kehrte indeß &#x017F;päter als <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Bu&#x017F;h<lb/>
zurück, wurde Lehrer, dann ein berühmter Arzt und &#x017F;tarb 1826 als<lb/>
reicher Mann.</p><lb/>
          <p>Das Jahr 1797 brachte die er&#x017F;ten Unterwa&#x017F;&#x017F;erge&#x017F;chütze, welche<lb/>
inde&#x017F;&#x017F;en, da &#x017F;ie keine Erfolge aufzuwei&#x017F;en hatten, übergangen &#x017F;ein<lb/>
mögen. Die Erfinder waren die Franzo&#x017F;en Reveroni St. Cyr, Vater<lb/>
und Sohn. Bereits 1450 &#x017F;oll nach Angaben eines Herrn de Clairmont<lb/>
vor Cherbourg eine Unterwa&#x017F;&#x017F;erbatterie errichtet worden &#x017F;ein. Die<lb/>
Ge&#x017F;chütze waren bei Ebbe eingegraben worden und &#x017F;ollten bei Fluth,<lb/>
wenn der Gegner über &#x017F;ie hinfuhr, abgefeuert werden. Nähere An-<lb/>
gaben fehlen.</p><lb/>
          <p>Das Jahr 1797 brachte inde&#x017F;&#x017F;en auch die Ver&#x017F;uche Fultons,<lb/>
welcher auf dem Gebiete der Unterwa&#x017F;&#x017F;er-Kriegführung außerordentlich<lb/>
fruchtbar war. Fulton war es auch, welcher zuer&#x017F;t den Namen<lb/>
&#x201E;Torpedo&#x201C; (Zitterrochen) einführte.</p><lb/>
          <p>Fulton kon&#x017F;truirte verankerte Torpedos, al&#x017F;o die er&#x017F;ten See-<lb/>
minen. Es waren dies Hohlgefäße, die mit Pulver gefüllt und mit<lb/>
einer Kontaktzündung ver&#x017F;ehen waren. Die Schlepptorpedos Fultons<lb/>
&#x017F;ollten durch Boote an den Feind gebracht werden. Seine Treib-<lb/>
torpedos be&#x017F;tanden aus einem Minengefäß, von welchem ausgehend<lb/>
eine Stange bis über die Wa&#x017F;&#x017F;eroberfläche ragte und hier den Kontakt-<lb/>
zündapparat trug. Seine Harpunentorpedos beruhten auf folgender<lb/>
Idee: Eine Harpune wird abge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en und hakt &#x017F;ich an dem feind-<lb/>
lichen Schiffe fe&#x017F;t. An der Leine der Harpune i&#x017F;t das Sprenggefäß<lb/>
befe&#x017F;tigt. Sobald nun das Schiff Fahrt macht, oder im Strome,<lb/>
muß die Leine und damit das Minengefäß läng&#x017F;eit treiben. Dadurch<lb/>
&#x017F;oll ein Kontakt und in weiterer Folge die Explo&#x017F;ion und die<lb/>
Schädigung oder Vernichtung des Gegners bewirkt werden.</p><lb/>
          <p>Fulton kon&#x017F;truirte auch die er&#x017F;ten Spierentorpedos. Von dem<lb/>
Bug eines Bootes oder Schiffes ragt eine Spiere, an deren äußer&#x017F;ter<lb/>
Spitze ein Minengefäß mit Kontaktzündung angebracht i&#x017F;t, weit voraus.<lb/>
Mit die&#x017F;er Spiere &#x017F;ollte der Gegner getroffen werden. Spieren-<lb/>
torpedos &#x017F;ind &#x017F;päterhin oft zur Anwendung gekommen.</p><lb/>
          <p>Es muß noch erwähnt werden, daß Fulton auch Pläne für<lb/>
Unterwa&#x017F;&#x017F;erge&#x017F;chütze fertigge&#x017F;tellt hatte und mit mehreren Unterwa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
booten manchen Erfolg &#x2014; wenn auch nicht im Kriege &#x2014; erreichte.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0019] 1. Kapitel. Die Vorläufer der jetzigen Torpedos bis zum amerik. Bürgerkriege. Auch Buſhnell, verſtimmt über verſagte Anerkennung, wandte ſeinem Vaterlande den Rücken, kehrte indeß ſpäter als Dr. Buſh zurück, wurde Lehrer, dann ein berühmter Arzt und ſtarb 1826 als reicher Mann. Das Jahr 1797 brachte die erſten Unterwaſſergeſchütze, welche indeſſen, da ſie keine Erfolge aufzuweiſen hatten, übergangen ſein mögen. Die Erfinder waren die Franzoſen Reveroni St. Cyr, Vater und Sohn. Bereits 1450 ſoll nach Angaben eines Herrn de Clairmont vor Cherbourg eine Unterwaſſerbatterie errichtet worden ſein. Die Geſchütze waren bei Ebbe eingegraben worden und ſollten bei Fluth, wenn der Gegner über ſie hinfuhr, abgefeuert werden. Nähere An- gaben fehlen. Das Jahr 1797 brachte indeſſen auch die Verſuche Fultons, welcher auf dem Gebiete der Unterwaſſer-Kriegführung außerordentlich fruchtbar war. Fulton war es auch, welcher zuerſt den Namen „Torpedo“ (Zitterrochen) einführte. Fulton konſtruirte verankerte Torpedos, alſo die erſten See- minen. Es waren dies Hohlgefäße, die mit Pulver gefüllt und mit einer Kontaktzündung verſehen waren. Die Schlepptorpedos Fultons ſollten durch Boote an den Feind gebracht werden. Seine Treib- torpedos beſtanden aus einem Minengefäß, von welchem ausgehend eine Stange bis über die Waſſeroberfläche ragte und hier den Kontakt- zündapparat trug. Seine Harpunentorpedos beruhten auf folgender Idee: Eine Harpune wird abgeſchoſſen und hakt ſich an dem feind- lichen Schiffe feſt. An der Leine der Harpune iſt das Sprenggefäß befeſtigt. Sobald nun das Schiff Fahrt macht, oder im Strome, muß die Leine und damit das Minengefäß längſeit treiben. Dadurch ſoll ein Kontakt und in weiterer Folge die Exploſion und die Schädigung oder Vernichtung des Gegners bewirkt werden. Fulton konſtruirte auch die erſten Spierentorpedos. Von dem Bug eines Bootes oder Schiffes ragt eine Spiere, an deren äußerſter Spitze ein Minengefäß mit Kontaktzündung angebracht iſt, weit voraus. Mit dieſer Spiere ſollte der Gegner getroffen werden. Spieren- torpedos ſind ſpäterhin oft zur Anwendung gekommen. Es muß noch erwähnt werden, daß Fulton auch Pläne für Unterwaſſergeſchütze fertiggeſtellt hatte und mit mehreren Unterwaſſer- booten manchen Erfolg — wenn auch nicht im Kriege — erreichte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/19
Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/19>, abgerufen am 21.11.2024.