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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.

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brach liegen liessen und stets nur frisches Land bebauten, da sie ferner aus dem gleichen Grund lieber Viehzucht als Ackerbau trieben, sehr viel Land. Die Hottentotten, welche zu Sklaven zu machen das Gesetz verbot, machten sie zu ihren Knechten, die, weil man sie nicht verkaufen konnte, viel schlechter gehalten wurden als Sklaven (Waitz 2, 331). Als freilich die Engländer 1796 in Besitz des Caps kamen, zeigten sie sich aus Nationaleitelkeit anfangs zwar sehr empört über das Benehmen der Holländer; allein gar bald thaten sie es ihnen in Allem nach (ebd. 332). Wie man mit "dem schwarzen Vieh", den Hottentotten, verfuhr, zeigt sich z. B. in folgendem Fall, den Sparmann erzählt. Ein Holländer hatte einen hottentottischen Knecht, der im Fieber lag und dessen Krankheit durch eine auf des Herrn Bitte von Sparmann unternommene Kur sehr verschlimmert wurde; Sparmann suchte den sehr niedergeschlagenen Boer zu trösten: allein jener fuhr auf: er kümmere sich den Teufel um den Hottentotten und seine Seele, wenn er nur einen anderen Ochsenführer, um seine Butter zu verkaufen, fände (Sparmann 273). Dies war aber kein vereinzelter Fall, sondern allgemeine Ansicht und so werden wir uns über die Einrichtung der sogenannten Commandos gegen die Eingeborenen, welche 1774 etwa zuerst aufkamen, nicht sehr wundern können. Der Bericht eines Offiziers über solch ein Commando bei Waitz lautet (2, 333-34):

"27. Sept. 1792 der erste Kraal angegriffen, 75 Buschmänner getödtet, 21 gefangen.

15. Oktober ein anderer Kraal entdeckt, 85 getödtet, 23 gefangen.

20. Okt. ein dritter entdeckt, 7 getödtet, 3 gefangen."

"Man wird einigermassen, fährt Waitz fort, die Ausdehnung ermessen können, in welcher diese Vertilgung besonders der Buschmänner betrieben wurde, wenn man bedenkt, dass Coblins (1809) einen sonst respektablen Mann erzählen hörte, er habe binnen 6 Jahren mit seinen Leuten zusammen 3200 Buschmänner getödtet und gefangen, wogegen ein anderer mittheilte, dass die Commandos, an denen er sich betheiligte, 2700 Buschmännern das Leben gekostet hätten. Thompson kannte einen Kolonisten, der in 30 Jahren 32 solcher Raubzüge mitgemacht hatte, auf deren einem 200 Buschmänner umgebracht seien. Mit dem Eintritt der englischen Herrschaft am Cap hatte zwar das Commandosystem aufhören sollen, aber die Boers waren so sehr an dasselbe gewöhnt, dass es unmöglich war, es auf einmal zu beseitigen. Von 1797-1823, d.h. bis zur Okkupation des Landes der Buschmänner, werden 53 Commandos offiziell angegeben; es ist unzweifelhaft, dass das System 1823 nach einigen Unterbrechungen wieder in voller Blüthe war und es scheint den Buschmännern unter der englischen Herrschaft noch trauriger gegangen zu sein, als unter der holländischen. Dass die Hottentotten-

brach liegen liessen und stets nur frisches Land bebauten, da sie ferner aus dem gleichen Grund lieber Viehzucht als Ackerbau trieben, sehr viel Land. Die Hottentotten, welche zu Sklaven zu machen das Gesetz verbot, machten sie zu ihren Knechten, die, weil man sie nicht verkaufen konnte, viel schlechter gehalten wurden als Sklaven (Waitz 2, 331). Als freilich die Engländer 1796 in Besitz des Caps kamen, zeigten sie sich aus Nationaleitelkeit anfangs zwar sehr empört über das Benehmen der Holländer; allein gar bald thaten sie es ihnen in Allem nach (ebd. 332). Wie man mit »dem schwarzen Vieh«, den Hottentotten, verfuhr, zeigt sich z. B. in folgendem Fall, den Sparmann erzählt. Ein Holländer hatte einen hottentottischen Knecht, der im Fieber lag und dessen Krankheit durch eine auf des Herrn Bitte von Sparmann unternommene Kur sehr verschlimmert wurde; Sparmann suchte den sehr niedergeschlagenen Boer zu trösten: allein jener fuhr auf: er kümmere sich den Teufel um den Hottentotten und seine Seele, wenn er nur einen anderen Ochsenführer, um seine Butter zu verkaufen, fände (Sparmann 273). Dies war aber kein vereinzelter Fall, sondern allgemeine Ansicht und so werden wir uns über die Einrichtung der sogenannten Commandos gegen die Eingeborenen, welche 1774 etwa zuerst aufkamen, nicht sehr wundern können. Der Bericht eines Offiziers über solch ein Commando bei Waitz lautet (2, 333-34):

»27. Sept. 1792 der erste Kraal angegriffen, 75 Buschmänner getödtet, 21 gefangen.

15. Oktober ein anderer Kraal entdeckt, 85 getödtet, 23 gefangen.

20. Okt. ein dritter entdeckt, 7 getödtet, 3 gefangen.«

»Man wird einigermassen, fährt Waitz fort, die Ausdehnung ermessen können, in welcher diese Vertilgung besonders der Buschmänner betrieben wurde, wenn man bedenkt, dass Coblins (1809) einen sonst respektablen Mann erzählen hörte, er habe binnen 6 Jahren mit seinen Leuten zusammen 3200 Buschmänner getödtet und gefangen, wogegen ein anderer mittheilte, dass die Commandos, an denen er sich betheiligte, 2700 Buschmännern das Leben gekostet hätten. Thompson kannte einen Kolonisten, der in 30 Jahren 32 solcher Raubzüge mitgemacht hatte, auf deren einem 200 Buschmänner umgebracht seien. Mit dem Eintritt der englischen Herrschaft am Cap hatte zwar das Commandosystem aufhören sollen, aber die Boers waren so sehr an dasselbe gewöhnt, dass es unmöglich war, es auf einmal zu beseitigen. Von 1797-1823, d.h. bis zur Okkupation des Landes der Buschmänner, werden 53 Commandos offiziell angegeben; es ist unzweifelhaft, dass das System 1823 nach einigen Unterbrechungen wieder in voller Blüthe war und es scheint den Buschmännern unter der englischen Herrschaft noch trauriger gegangen zu sein, als unter der holländischen. Dass die Hottentotten-

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 Land bebauten, da sie ferner aus dem gleichen Grund lieber
 Viehzucht als Ackerbau trieben, sehr viel Land. Die Hottentotten,
 welche zu Sklaven zu machen das Gesetz verbot, machten sie zu ihren
 Knechten, die, weil man sie nicht verkaufen konnte, viel schlechter
 gehalten wurden als Sklaven (Waitz 2, 331). Als freilich die
 Engländer 1796 in Besitz des Caps kamen, zeigten sie sich aus
 Nationaleitelkeit anfangs zwar sehr empört über das
 Benehmen der Holländer; allein gar bald thaten sie es ihnen in
 Allem nach (ebd. 332). Wie man mit »dem schwarzen
 Vieh«, den Hottentotten, verfuhr, zeigt sich z. B. in
 folgendem Fall, den Sparmann erzählt. Ein Holländer hatte
 einen hottentottischen Knecht, der im Fieber lag und dessen
 Krankheit durch eine auf des Herrn Bitte von Sparmann unternommene
 Kur sehr verschlimmert wurde; Sparmann suchte den sehr
 niedergeschlagenen Boer zu trösten: allein jener fuhr auf: er
 kümmere sich den Teufel um den Hottentotten und seine Seele,
 wenn er nur einen anderen Ochsenführer, um seine Butter zu
 verkaufen, fände (Sparmann 273). Dies war aber kein
 vereinzelter Fall, sondern allgemeine Ansicht und so werden wir uns
 über die Einrichtung der sogenannten Commandos gegen die
 Eingeborenen, welche 1774 etwa zuerst aufkamen, nicht sehr wundern
 können. Der Bericht eines Offiziers über solch ein
 Commando bei Waitz lautet (2, 333-34):</p>
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 besonders der Buschmänner betrieben wurde, wenn man bedenkt,
 dass Coblins (1809) einen sonst respektablen Mann erzählen
 hörte, er habe binnen 6 Jahren mit seinen Leuten zusammen 3200
 Buschmänner getödtet und gefangen, wogegen ein anderer
 mittheilte, dass die Commandos, an denen er sich betheiligte, 2700
 Buschmännern das Leben gekostet hätten. Thompson kannte
 einen Kolonisten, der in 30 Jahren 32 solcher Raubzüge
 mitgemacht hatte, auf deren einem 200 Buschmänner umgebracht
 seien. Mit dem Eintritt der englischen Herrschaft am Cap hatte zwar
 das Commandosystem aufhören sollen, aber die Boers waren so
 sehr an dasselbe gewöhnt, dass es unmöglich war, es auf
 einmal zu beseitigen. Von 1797-1823, d.h. bis zur Okkupation des
 Landes der Buschmänner, werden 53 Commandos offiziell
 angegeben; es ist unzweifelhaft, dass das System 1823 nach einigen
 Unterbrechungen wieder in voller Blüthe war und es scheint den
 Buschmännern unter der englischen Herrschaft noch trauriger
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Zitationshilfe: Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/111>, abgerufen am 21.11.2024.