Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.einigten Staaten ein förmliches Projekt zur Vertilgung der Indianer vorgelegt wurde? Und wie man sie vertilgte! "Die Engländer, versichert Trumbull bei Waitz 3, 248, hatten damals (im 17. Jahrhundert) und später viel Zweifel darüber, ob es sich mit dem Christenthum und der Menschlichkeit vertrage, die Feinde lebendig zu verbrennen." Die Weissen haben, wie schon hieraus hervorgeht und auch sonst überall, oft sogar mit dem grössten Rühmen, bezeugt wird, den Krieg mit derselben und oft noch viel ärgerer Grausamkeit geführt, als die Indianer selbst (ebd. 258. 260); noch 1830 haben sie, wie früher öfter, unter den Pani das Blattergift verbreitet (ebd. 259). Wie man nun die Völker um ihr Land geprellt, wie man sie später immer weiter nach Westen und schliesslich über den Missisippi hinübergedrängt hat, ohne Rücksicht auf die bedeutend aufblühende Kultur der Cherokees, welche durch diese Verpflanzung einen schweren Stoss erlitt, das mag man bei Waitz 3 bis 299 und b, 26-60 nachlesen: wir wollen nur noch bemerken, dass die Natchez, die Schawanoes, die Delawares, Potowatomies, Seminolen, Kaskaskias und andere einst mächtige Völker von den Weissen vernichtet oder so gut wie vernichtet sind (Waitz 1, 166). In Südamerika traten die Europäer womöglich noch scheusslicher auf. "Benzoni, sagt Waitz 3, 399-100 in Beziehung auf Guyana, hat als Augenzeuge ein schauerliches Bild davon entworfen, wie die Spanier in diesen Ländern hausten. Das Verbot, Sklaven zu machen, war kein Verbot, Sklaven zu halten. Die gewöhnliche Formel, mit welcher letzteres erlaubt wurde, lautete: ihr sollt als Sklaven halten dürfen die von den eingeborenen Herren des Landes als solche gehalten und euch verkauft werden. Das gewöhnliche Verfahren, welches namentlich in Maracapana oft zur Ausführung gekommen ist, bestand daher darin, dass man einen Häuptling einfing, der gezwungen wurde, sich durch den Verkauf seiner Leute als Sklaven die Freiheit zu erwerben, und dass man die so gewonnenen Sklaven dann von der Behörde für rechtmässig erklären liess. Unterwarf sich aber ein Häuptling freiwillig, so fiel man mit ihm über seine Feinde her, um diese zu versklaven oder suchte Streit mit ihm selbst. Nasen- und Ohrenabschneiden war eine gewöhnliche und nicht selten ausgeführte Drohung der Spanier gegen Indianer, die sich ungefügig zeigten, und da das Gesetz verbot, die Lastthiere zu überbürden, damit sie sich reichlich vermehren könnten, diente auch dies als Vorwand, die Eingeborenen selbst als Lastthiere zu gebrauchen. Nächst der Minenarbeit und persönlichen Dienstbarkeit überhaupt hat vorzüglich auch die Entführung vieler Weiber ihre Zahl verringert. Natürlich liessen sich das die streitbaren Indianer nicht ohne Weiteres anthun und man kann denken, welche fürchterlichen Kämpfe eine solche Behandlung hervorrufen musste und wie diese Kämpfe selbst, obwohl zum Theil glücklich für sie, die India- einigten Staaten ein förmliches Projekt zur Vertilgung der Indianer vorgelegt wurde? Und wie man sie vertilgte! »Die Engländer, versichert Trumbull bei Waitz 3, 248, hatten damals (im 17. Jahrhundert) und später viel Zweifel darüber, ob es sich mit dem Christenthum und der Menschlichkeit vertrage, die Feinde lebendig zu verbrennen.« Die Weissen haben, wie schon hieraus hervorgeht und auch sonst überall, oft sogar mit dem grössten Rühmen, bezeugt wird, den Krieg mit derselben und oft noch viel ärgerer Grausamkeit geführt, als die Indianer selbst (ebd. 258. 260); noch 1830 haben sie, wie früher öfter, unter den Pani das Blattergift verbreitet (ebd. 259). Wie man nun die Völker um ihr Land geprellt, wie man sie später immer weiter nach Westen und schliesslich über den Missisippi hinübergedrängt hat, ohne Rücksicht auf die bedeutend aufblühende Kultur der Cherokees, welche durch diese Verpflanzung einen schweren Stoss erlitt, das mag man bei Waitz 3 bis 299 und b, 26-60 nachlesen: wir wollen nur noch bemerken, dass die Natchez, die Schawanoes, die Delawares, Potowatomies, Seminolen, Kaskaskias und andere einst mächtige Völker von den Weissen vernichtet oder so gut wie vernichtet sind (Waitz 1, 166). In Südamerika traten die Europäer womöglich noch scheusslicher auf. »Benzoni, sagt Waitz 3, 399-100 in Beziehung auf Guyana, hat als Augenzeuge ein schauerliches Bild davon entworfen, wie die Spanier in diesen Ländern hausten. Das Verbot, Sklaven zu machen, war kein Verbot, Sklaven zu halten. Die gewöhnliche Formel, mit welcher letzteres erlaubt wurde, lautete: ihr sollt als Sklaven halten dürfen die von den eingeborenen Herren des Landes als solche gehalten und euch verkauft werden. Das gewöhnliche Verfahren, welches namentlich in Maracapana oft zur Ausführung gekommen ist, bestand daher darin, dass man einen Häuptling einfing, der gezwungen wurde, sich durch den Verkauf seiner Leute als Sklaven die Freiheit zu erwerben, und dass man die so gewonnenen Sklaven dann von der Behörde für rechtmässig erklären liess. Unterwarf sich aber ein Häuptling freiwillig, so fiel man mit ihm über seine Feinde her, um diese zu versklaven oder suchte Streit mit ihm selbst. Nasen- und Ohrenabschneiden war eine gewöhnliche und nicht selten ausgeführte Drohung der Spanier gegen Indianer, die sich ungefügig zeigten, und da das Gesetz verbot, die Lastthiere zu überbürden, damit sie sich reichlich vermehren könnten, diente auch dies als Vorwand, die Eingeborenen selbst als Lastthiere zu gebrauchen. Nächst der Minenarbeit und persönlichen Dienstbarkeit überhaupt hat vorzüglich auch die Entführung vieler Weiber ihre Zahl verringert. Natürlich liessen sich das die streitbaren Indianer nicht ohne Weiteres anthun und man kann denken, welche fürchterlichen Kämpfe eine solche Behandlung hervorrufen musste und wie diese Kämpfe selbst, obwohl zum Theil glücklich für sie, die India- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0113"/> einigten Staaten ein förmliches Projekt zur Vertilgung der Indianer vorgelegt wurde? Und wie man sie vertilgte! »Die Engländer, versichert Trumbull bei Waitz 3, 248, hatten damals (im 17. Jahrhundert) und später viel Zweifel darüber, ob es sich mit dem Christenthum und der Menschlichkeit vertrage, die Feinde lebendig zu verbrennen.« Die Weissen haben, wie schon hieraus hervorgeht und auch sonst überall, oft sogar mit dem grössten Rühmen, bezeugt wird, den Krieg mit derselben und oft noch viel ärgerer Grausamkeit geführt, als die Indianer selbst (ebd. 258. 260); noch 1830 haben sie, wie früher öfter, unter den Pani das Blattergift verbreitet (ebd. 259). Wie man nun die Völker um ihr Land geprellt, wie man sie später immer weiter nach Westen und schliesslich über den Missisippi hinübergedrängt hat, ohne Rücksicht auf die bedeutend aufblühende Kultur der Cherokees, welche durch diese Verpflanzung einen schweren Stoss erlitt, das mag man bei Waitz 3 bis 299 und b, 26-60 nachlesen: wir wollen nur noch bemerken, dass die Natchez, die Schawanoes, die Delawares, Potowatomies, Seminolen, Kaskaskias und andere einst mächtige Völker von den Weissen vernichtet oder so gut wie vernichtet sind (Waitz 1, 166).</p> <p>In Südamerika traten die Europäer womöglich noch scheusslicher auf. »Benzoni, sagt Waitz 3, 399-100 in Beziehung auf Guyana, hat als Augenzeuge ein schauerliches Bild davon entworfen, wie die Spanier in diesen Ländern hausten. Das Verbot, Sklaven zu machen, war kein Verbot, Sklaven zu halten. Die gewöhnliche Formel, mit welcher letzteres erlaubt wurde, lautete: ihr sollt als Sklaven halten dürfen die von den eingeborenen Herren des Landes als solche gehalten und euch verkauft werden. Das gewöhnliche Verfahren, welches namentlich in Maracapana oft zur Ausführung gekommen ist, bestand daher darin, dass man einen Häuptling einfing, der gezwungen wurde, sich durch den Verkauf seiner Leute als Sklaven die Freiheit zu erwerben, und dass man die so gewonnenen Sklaven dann von der Behörde für rechtmässig erklären liess. Unterwarf sich aber ein Häuptling freiwillig, so fiel man mit ihm über seine Feinde her, um diese zu versklaven oder suchte Streit mit ihm selbst. Nasen- und Ohrenabschneiden war eine gewöhnliche und nicht selten ausgeführte Drohung der Spanier gegen Indianer, die sich ungefügig zeigten, und da das Gesetz verbot, die Lastthiere zu überbürden, damit sie sich reichlich vermehren könnten, diente auch dies als Vorwand, die Eingeborenen selbst als Lastthiere zu gebrauchen. Nächst der Minenarbeit und persönlichen Dienstbarkeit überhaupt hat vorzüglich auch die Entführung vieler Weiber ihre Zahl verringert. Natürlich liessen sich das die streitbaren Indianer nicht ohne Weiteres anthun und man kann denken, welche fürchterlichen Kämpfe eine solche Behandlung hervorrufen musste und wie diese Kämpfe selbst, obwohl zum Theil glücklich für sie, die India- </p> </div> </body> </text> </TEI> [0113]
einigten Staaten ein förmliches Projekt zur Vertilgung der Indianer vorgelegt wurde? Und wie man sie vertilgte! »Die Engländer, versichert Trumbull bei Waitz 3, 248, hatten damals (im 17. Jahrhundert) und später viel Zweifel darüber, ob es sich mit dem Christenthum und der Menschlichkeit vertrage, die Feinde lebendig zu verbrennen.« Die Weissen haben, wie schon hieraus hervorgeht und auch sonst überall, oft sogar mit dem grössten Rühmen, bezeugt wird, den Krieg mit derselben und oft noch viel ärgerer Grausamkeit geführt, als die Indianer selbst (ebd. 258. 260); noch 1830 haben sie, wie früher öfter, unter den Pani das Blattergift verbreitet (ebd. 259). Wie man nun die Völker um ihr Land geprellt, wie man sie später immer weiter nach Westen und schliesslich über den Missisippi hinübergedrängt hat, ohne Rücksicht auf die bedeutend aufblühende Kultur der Cherokees, welche durch diese Verpflanzung einen schweren Stoss erlitt, das mag man bei Waitz 3 bis 299 und b, 26-60 nachlesen: wir wollen nur noch bemerken, dass die Natchez, die Schawanoes, die Delawares, Potowatomies, Seminolen, Kaskaskias und andere einst mächtige Völker von den Weissen vernichtet oder so gut wie vernichtet sind (Waitz 1, 166).
In Südamerika traten die Europäer womöglich noch scheusslicher auf. »Benzoni, sagt Waitz 3, 399-100 in Beziehung auf Guyana, hat als Augenzeuge ein schauerliches Bild davon entworfen, wie die Spanier in diesen Ländern hausten. Das Verbot, Sklaven zu machen, war kein Verbot, Sklaven zu halten. Die gewöhnliche Formel, mit welcher letzteres erlaubt wurde, lautete: ihr sollt als Sklaven halten dürfen die von den eingeborenen Herren des Landes als solche gehalten und euch verkauft werden. Das gewöhnliche Verfahren, welches namentlich in Maracapana oft zur Ausführung gekommen ist, bestand daher darin, dass man einen Häuptling einfing, der gezwungen wurde, sich durch den Verkauf seiner Leute als Sklaven die Freiheit zu erwerben, und dass man die so gewonnenen Sklaven dann von der Behörde für rechtmässig erklären liess. Unterwarf sich aber ein Häuptling freiwillig, so fiel man mit ihm über seine Feinde her, um diese zu versklaven oder suchte Streit mit ihm selbst. Nasen- und Ohrenabschneiden war eine gewöhnliche und nicht selten ausgeführte Drohung der Spanier gegen Indianer, die sich ungefügig zeigten, und da das Gesetz verbot, die Lastthiere zu überbürden, damit sie sich reichlich vermehren könnten, diente auch dies als Vorwand, die Eingeborenen selbst als Lastthiere zu gebrauchen. Nächst der Minenarbeit und persönlichen Dienstbarkeit überhaupt hat vorzüglich auch die Entführung vieler Weiber ihre Zahl verringert. Natürlich liessen sich das die streitbaren Indianer nicht ohne Weiteres anthun und man kann denken, welche fürchterlichen Kämpfe eine solche Behandlung hervorrufen musste und wie diese Kämpfe selbst, obwohl zum Theil glücklich für sie, die India-
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