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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.

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der schwierigen Negerfrage in dem Verschwinden der farbigen Race in den nächsten 50 Jahren voraussagten". "In den Gebieten, wo sie während des Krieges in grösster Sicherheit lebten, wo man annehmen kann, dass sie massenhaft vorhanden sind, und wo die grössten Beiträge zusammengebracht wurden, um sie vor Hungersnoth zu schützen, sind sie in Abnahme begriffen. In dem kältern Klima der Nordstaaten starben die farbigen Familien nach einer oder zwei Generationen aus." Die Schilderung ist, wie wir sie hier vor uns haben, entschieden parteiisch gefärbt. Wir betrachten daher nur die Thatsache, dass die emancipirten Neger moralisch und physisch sich verschlechtern, ja geradezu verkommen. Diese Erscheinung ist allemal da beobachtet, wo Neger emancipirt wurden, und sie machte auch der Republik Liberia anfangs viel zu schaffen; allein sie tritt bei jeder Sklavenemancipation naturgemäss jedesmal ein, mögen die Sklaven nun Neger oder nicht sein. Sie haben nicht gelernt, selbständig zu leben, für sich zu sorgen, für sich zu arbeiten; jede Arbeit ist ihnen, in Erinnerung an ihr früheres Loos, eine Last zugleich und eine Entwürdigung. Durch den langen Zustand der Unfreiheit haben sie die Fähigkeit, der Natur gegenüber sich zu behaupten, welche sie in ihrer Heimath besassen, verlernt; sie sind auch geistig herabgedrückt und dass sie lasterhaft werden, ist die Folge des Beispiels, was ihnen allzuoft ihre eigenen Herren gaben, sowie des Mangels an Selbstachtung, zu dem sie als Sklaven verurtheilt waren. In Nordamerika ist ihnen ferner jede Emancipation noch durch die entschiedene und rücksichtslose Feindseligkeit unendlich erschwert, mit der die "gute Gesellschaft", die Weissen, sich vor jedem Farbigen strenge verschliesst, für den sie nichts als die bitterste Verachtung hat. Klimatisches mag sich gleichfalls geltend machen; jedenfalls ist hier nichts, was unserer Betrachtung irgend ein neues Moment zufügen oder eine nähere Erklärung noch erheischen könnte.



§ 22. Folgerungen aus der Art, wie die Naturvölker von den Kulturvölkern behandelt sind.

Ehe wir unsere Betrachtungen schliessen, ist es nöthig, auch einen Blick auf die Kulturvölker zu thun, welche mit den Naturvölkern in Berührung kamen; denn ein solcher wird ethnologisch nicht ohne Ausbeute sein. Zunächst ist zu constatiren, dass alle Kulturvölker sich ganz auf dieselbe Weise grausam, rücksichtslos und unmenschlich gegen die Naturvölker betragen haben, die mit ihnen in Berührung kamen: die Spanier, die Portugiesen, die Holländer, die Engländer und die Franzosen. Die Engländer und Holländer

der schwierigen Negerfrage in dem Verschwinden der farbigen Raçe in den nächsten 50 Jahren voraussagten«. »In den Gebieten, wo sie während des Krieges in grösster Sicherheit lebten, wo man annehmen kann, dass sie massenhaft vorhanden sind, und wo die grössten Beiträge zusammengebracht wurden, um sie vor Hungersnoth zu schützen, sind sie in Abnahme begriffen. In dem kältern Klima der Nordstaaten starben die farbigen Familien nach einer oder zwei Generationen aus.« Die Schilderung ist, wie wir sie hier vor uns haben, entschieden parteiisch gefärbt. Wir betrachten daher nur die Thatsache, dass die emancipirten Neger moralisch und physisch sich verschlechtern, ja geradezu verkommen. Diese Erscheinung ist allemal da beobachtet, wo Neger emancipirt wurden, und sie machte auch der Republik Liberia anfangs viel zu schaffen; allein sie tritt bei jeder Sklavenemancipation naturgemäss jedesmal ein, mögen die Sklaven nun Neger oder nicht sein. Sie haben nicht gelernt, selbständig zu leben, für sich zu sorgen, für sich zu arbeiten; jede Arbeit ist ihnen, in Erinnerung an ihr früheres Loos, eine Last zugleich und eine Entwürdigung. Durch den langen Zustand der Unfreiheit haben sie die Fähigkeit, der Natur gegenüber sich zu behaupten, welche sie in ihrer Heimath besassen, verlernt; sie sind auch geistig herabgedrückt und dass sie lasterhaft werden, ist die Folge des Beispiels, was ihnen allzuoft ihre eigenen Herren gaben, sowie des Mangels an Selbstachtung, zu dem sie als Sklaven verurtheilt waren. In Nordamerika ist ihnen ferner jede Emancipation noch durch die entschiedene und rücksichtslose Feindseligkeit unendlich erschwert, mit der die »gute Gesellschaft«, die Weissen, sich vor jedem Farbigen strenge verschliesst, für den sie nichts als die bitterste Verachtung hat. Klimatisches mag sich gleichfalls geltend machen; jedenfalls ist hier nichts, was unserer Betrachtung irgend ein neues Moment zufügen oder eine nähere Erklärung noch erheischen könnte.



§ 22. Folgerungen aus der Art, wie die Naturvölker von den Kulturvölkern behandelt sind.

Ehe wir unsere Betrachtungen schliessen, ist es nöthig, auch einen Blick auf die Kulturvölker zu thun, welche mit den Naturvölkern in Berührung kamen; denn ein solcher wird ethnologisch nicht ohne Ausbeute sein. Zunächst ist zu constatiren, dass alle Kulturvölker sich ganz auf dieselbe Weise grausam, rücksichtslos und unmenschlich gegen die Naturvölker betragen haben, die mit ihnen in Berührung kamen: die Spanier, die Portugiesen, die Holländer, die Engländer und die Franzosen. Die Engländer und Holländer

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 voraussagten«. »In den Gebieten, wo sie während
 des Krieges in grösster Sicherheit lebten, wo man annehmen
 kann, dass sie massenhaft vorhanden sind, und wo die grössten
 Beiträge zusammengebracht wurden, um sie vor Hungersnoth zu
 schützen, sind sie in Abnahme begriffen. In dem kältern
 Klima der Nordstaaten starben die farbigen Familien nach einer oder
 zwei Generationen aus.« Die Schilderung ist, wie wir sie hier
 vor uns haben, entschieden parteiisch gefärbt. Wir betrachten
 daher nur die Thatsache, dass die emancipirten Neger moralisch und
 physisch sich verschlechtern, ja geradezu verkommen. Diese
 Erscheinung ist allemal da beobachtet, wo Neger emancipirt wurden,
 und sie machte auch der Republik Liberia anfangs viel zu schaffen;
 allein sie tritt bei jeder Sklavenemancipation naturgemäss
 jedesmal ein, mögen die Sklaven nun Neger oder nicht sein. Sie
 haben nicht gelernt, selbständig zu leben, für sich zu
 sorgen, für sich zu arbeiten; jede Arbeit ist ihnen, in
 Erinnerung an ihr früheres Loos, eine Last zugleich und eine
 Entwürdigung. Durch den langen Zustand der Unfreiheit haben
 sie die Fähigkeit, der Natur gegenüber sich zu behaupten,
 welche sie in ihrer Heimath besassen, verlernt; sie sind auch
 geistig herabgedrückt und dass sie lasterhaft werden, ist die
 Folge des Beispiels, was ihnen allzuoft ihre eigenen Herren gaben,
 sowie des Mangels an Selbstachtung, zu dem sie als Sklaven
 verurtheilt waren. In Nordamerika ist ihnen ferner jede
 Emancipation noch durch die entschiedene und rücksichtslose
 Feindseligkeit unendlich erschwert, mit der die »gute
 Gesellschaft«, die Weissen, sich vor jedem Farbigen strenge
 verschliesst, für den sie nichts als die bitterste Verachtung
 hat. Klimatisches mag sich gleichfalls geltend machen; jedenfalls
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 Weise grausam, rücksichtslos und unmenschlich gegen die
 Naturvölker betragen haben, die mit ihnen in Berührung
 kamen: die Spanier, die Portugiesen, die Holländer, die
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[0146] der schwierigen Negerfrage in dem Verschwinden der farbigen Raçe in den nächsten 50 Jahren voraussagten«. »In den Gebieten, wo sie während des Krieges in grösster Sicherheit lebten, wo man annehmen kann, dass sie massenhaft vorhanden sind, und wo die grössten Beiträge zusammengebracht wurden, um sie vor Hungersnoth zu schützen, sind sie in Abnahme begriffen. In dem kältern Klima der Nordstaaten starben die farbigen Familien nach einer oder zwei Generationen aus.« Die Schilderung ist, wie wir sie hier vor uns haben, entschieden parteiisch gefärbt. Wir betrachten daher nur die Thatsache, dass die emancipirten Neger moralisch und physisch sich verschlechtern, ja geradezu verkommen. Diese Erscheinung ist allemal da beobachtet, wo Neger emancipirt wurden, und sie machte auch der Republik Liberia anfangs viel zu schaffen; allein sie tritt bei jeder Sklavenemancipation naturgemäss jedesmal ein, mögen die Sklaven nun Neger oder nicht sein. Sie haben nicht gelernt, selbständig zu leben, für sich zu sorgen, für sich zu arbeiten; jede Arbeit ist ihnen, in Erinnerung an ihr früheres Loos, eine Last zugleich und eine Entwürdigung. Durch den langen Zustand der Unfreiheit haben sie die Fähigkeit, der Natur gegenüber sich zu behaupten, welche sie in ihrer Heimath besassen, verlernt; sie sind auch geistig herabgedrückt und dass sie lasterhaft werden, ist die Folge des Beispiels, was ihnen allzuoft ihre eigenen Herren gaben, sowie des Mangels an Selbstachtung, zu dem sie als Sklaven verurtheilt waren. In Nordamerika ist ihnen ferner jede Emancipation noch durch die entschiedene und rücksichtslose Feindseligkeit unendlich erschwert, mit der die »gute Gesellschaft«, die Weissen, sich vor jedem Farbigen strenge verschliesst, für den sie nichts als die bitterste Verachtung hat. Klimatisches mag sich gleichfalls geltend machen; jedenfalls ist hier nichts, was unserer Betrachtung irgend ein neues Moment zufügen oder eine nähere Erklärung noch erheischen könnte. § 22. Folgerungen aus der Art, wie die Naturvölker von den Kulturvölkern behandelt sind. Ehe wir unsere Betrachtungen schliessen, ist es nöthig, auch einen Blick auf die Kulturvölker zu thun, welche mit den Naturvölkern in Berührung kamen; denn ein solcher wird ethnologisch nicht ohne Ausbeute sein. Zunächst ist zu constatiren, dass alle Kulturvölker sich ganz auf dieselbe Weise grausam, rücksichtslos und unmenschlich gegen die Naturvölker betragen haben, die mit ihnen in Berührung kamen: die Spanier, die Portugiesen, die Holländer, die Engländer und die Franzosen. Die Engländer und Holländer

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Zitationshilfe: Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/146>, abgerufen am 21.11.2024.