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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.

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Feuer zu nahe gelegt und dergl. (Grey 2, 250-251). Dies Wandern führt auch Darwin (2, 213) als Grund der Sterblichkeit unter den Kindern an, und es ist beachtenswerth, was er zusetzt: "Wie die Schwierigkeit, sagt er, sich Nahrung zu verschaffen, wächst, so wächst ihre wandernde Lebensweise und darum wird die Bevölkerung ohne eigentlichen Hungerstod auf eine so ausnehmend gewaltsame Weise zurückgehalten, im Vergleich mit civilisirten Ländern, wo der Vater seine Arbeit mehren kann, ohne den Sprössling zu vernichten". Dazu wird ihnen auch noch die Nahrung dadurch verkürzt, dass auch hier die Weiber vielfach junge Thiere, Hunde, säugen (Grey 2, 279) und gewiss oft nur aus Noth: denn ein Hund ist jetzt um so mehr, als die Jagdthiere immer scheuer und seltener werden, ein grosser Schatz für den jagenden Eingeborenen und die Nahrung für die jungen Thiere ist gewiss oft genug selten.

Kurz aber mit allem Nachdruck müssen wir hier erwähnen, dass auch das Tattuiren, was in ganz Polynesien häufig betrieben wird, häufig den Tod nach sich zieht (Ellis 1, 266); und da man nur eben heranwachsende dieser Operation unterwirft, so wird der Jugend auch durch sie ein nicht zu unterschätzender Abbruch gethan.

Wichtiger freilich, weil eine Sache von grösstem Einfluss auf das leibliche Gedeihen der Naturvölker, ist die oft über alle Begriffe schlechte Behandlung der Weiber. So vor allen Dingen in Neuholland. Die armen Weiber müssen, schwanger oder nicht, mit allem Gepäck und oft noch mit 1-2 Kindern beladen, dem Manne, der nur das Jagdgeräth trägt, folgen; sie müssen, kaum angekommen, alle Arbeit für den Haushalt besorgen, die Hütte aufschlagen, Feuer machen, Wurzeln, Muscheln erst suchen, dann kochen, für den Mann, die Kinder alles Nöthige bereiten, und dann, wenn sie bei alle dem oft aufs brutalste behandelt sind, dem Manne Nachts geschlechtlich zu Willen sein. Die beste Nahrung, die sie finden, ist für den Mann und ihre Söhne; sie dürfen erst essen, was diese übrig lassen und wenn sie fertig sind. So ist ihr Loos Tag für Tag: denn von dem, was sie noch ausser diesem gewöhnlichen Elend besonderes Schlimmes trifft (z. B. die Art, wie sie von den Männern zur Ehe geraubt werden), brauchen wir hier nicht zu reden. Ein wichtiger Umstand ist ferner, dass ihre Pubertät schon mit 11 oder 12 Jahren beginnt und sie schon mit diesen Jahren verheirathet werden. Nimmt man zu alle dem nun noch hinzu, dass sie ihre Kinder sehr lange säugen, oft bis 3 Jahre (Grey 2, 248-250) ja länger (4-6 Jahre nach Salvado 311), so wird man sich nicht wundern, dass die Lebensdauer dieser Unglücklichen, die nichts desto weniger oft ganz fröhlich sind und ihren Männern mit Liebe anhangen, nicht allzulang ist und dass es weniger Weiber als Männer gibt, im Verhältniss wie 1:3 nach Grey, nach anderen wie 2:3 -- ein Umstand indess, der wahrscheinlich mit be-

Feuer zu nahe gelegt und dergl. (Grey 2, 250-251). Dies Wandern führt auch Darwin (2, 213) als Grund der Sterblichkeit unter den Kindern an, und es ist beachtenswerth, was er zusetzt: »Wie die Schwierigkeit, sagt er, sich Nahrung zu verschaffen, wächst, so wächst ihre wandernde Lebensweise und darum wird die Bevölkerung ohne eigentlichen Hungerstod auf eine so ausnehmend gewaltsame Weise zurückgehalten, im Vergleich mit civilisirten Ländern, wo der Vater seine Arbeit mehren kann, ohne den Sprössling zu vernichten«. Dazu wird ihnen auch noch die Nahrung dadurch verkürzt, dass auch hier die Weiber vielfach junge Thiere, Hunde, säugen (Grey 2, 279) und gewiss oft nur aus Noth: denn ein Hund ist jetzt um so mehr, als die Jagdthiere immer scheuer und seltener werden, ein grosser Schatz für den jagenden Eingeborenen und die Nahrung für die jungen Thiere ist gewiss oft genug selten.

Kurz aber mit allem Nachdruck müssen wir hier erwähnen, dass auch das Tattuiren, was in ganz Polynesien häufig betrieben wird, häufig den Tod nach sich zieht (Ellis 1, 266); und da man nur eben heranwachsende dieser Operation unterwirft, so wird der Jugend auch durch sie ein nicht zu unterschätzender Abbruch gethan.

Wichtiger freilich, weil eine Sache von grösstem Einfluss auf das leibliche Gedeihen der Naturvölker, ist die oft über alle Begriffe schlechte Behandlung der Weiber. So vor allen Dingen in Neuholland. Die armen Weiber müssen, schwanger oder nicht, mit allem Gepäck und oft noch mit 1-2 Kindern beladen, dem Manne, der nur das Jagdgeräth trägt, folgen; sie müssen, kaum angekommen, alle Arbeit für den Haushalt besorgen, die Hütte aufschlagen, Feuer machen, Wurzeln, Muscheln erst suchen, dann kochen, für den Mann, die Kinder alles Nöthige bereiten, und dann, wenn sie bei alle dem oft aufs brutalste behandelt sind, dem Manne Nachts geschlechtlich zu Willen sein. Die beste Nahrung, die sie finden, ist für den Mann und ihre Söhne; sie dürfen erst essen, was diese übrig lassen und wenn sie fertig sind. So ist ihr Loos Tag für Tag: denn von dem, was sie noch ausser diesem gewöhnlichen Elend besonderes Schlimmes trifft (z. B. die Art, wie sie von den Männern zur Ehe geraubt werden), brauchen wir hier nicht zu reden. Ein wichtiger Umstand ist ferner, dass ihre Pubertät schon mit 11 oder 12 Jahren beginnt und sie schon mit diesen Jahren verheirathet werden. Nimmt man zu alle dem nun noch hinzu, dass sie ihre Kinder sehr lange säugen, oft bis 3 Jahre (Grey 2, 248-250) ja länger (4-6 Jahre nach Salvado 311), so wird man sich nicht wundern, dass die Lebensdauer dieser Unglücklichen, die nichts desto weniger oft ganz fröhlich sind und ihren Männern mit Liebe anhangen, nicht allzulang ist und dass es weniger Weiber als Männer gibt, im Verhältniss wie 1:3 nach Grey, nach anderen wie 2:3 — ein Umstand indess, der wahrscheinlich mit be-

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Feuer zu nahe gelegt und dergl. (Grey 2, 250-251).
 Dies Wandern führt auch Darwin (2, 213) als Grund der
 Sterblichkeit unter den Kindern an, und es ist beachtenswerth, was
 er zusetzt: »Wie die Schwierigkeit, sagt er, sich Nahrung zu
 verschaffen, wächst, so wächst ihre wandernde Lebensweise
 und darum wird die Bevölkerung ohne eigentlichen Hungerstod
 auf eine so ausnehmend gewaltsame Weise zurückgehalten, im
 Vergleich mit civilisirten Ländern, wo der Vater seine Arbeit
 mehren kann, ohne den Sprössling zu vernichten«. Dazu
 wird ihnen auch noch die Nahrung dadurch verkürzt, dass auch
 hier die Weiber vielfach junge Thiere, Hunde, säugen (Grey 2,
 279) und gewiss oft nur aus Noth: denn ein Hund ist jetzt um so
 mehr, als die Jagdthiere immer scheuer und seltener werden, ein
 grosser Schatz für den jagenden Eingeborenen und die Nahrung
 für die jungen Thiere ist gewiss oft genug selten.</p>
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 häufig betrieben wird, häufig den Tod nach sich zieht
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 unterwirft, so wird der Jugend auch durch sie ein nicht zu
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        <p>Wichtiger freilich, weil eine Sache von grösstem Einfluss
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 über alle Begriffe schlechte Behandlung der Weiber. So vor
 allen Dingen in Neuholland. Die armen Weiber müssen, schwanger
 oder nicht, mit allem Gepäck und oft noch mit 1-2 Kindern
 beladen, dem Manne, der nur das Jagdgeräth trägt, folgen;
 sie müssen, kaum angekommen, alle Arbeit für den Haushalt
 besorgen, die Hütte aufschlagen, Feuer machen, Wurzeln,
 Muscheln erst suchen, dann kochen, für den Mann, die Kinder
 alles Nöthige bereiten, und dann, wenn sie bei alle dem oft
 aufs brutalste behandelt sind, dem Manne Nachts geschlechtlich zu
 Willen sein. Die beste Nahrung, die sie finden, ist für den
 Mann und ihre Söhne; sie dürfen erst essen, was diese
 übrig lassen und wenn sie fertig sind. So ist ihr Loos Tag
 für Tag: denn von dem, was sie noch ausser diesem
 gewöhnlichen Elend besonderes Schlimmes trifft (z. B. die Art,
 wie sie von den Männern zur Ehe geraubt werden), brauchen wir
 hier nicht zu reden. Ein wichtiger Umstand ist ferner, dass ihre
 Pubertät schon mit 11 oder 12 Jahren beginnt und sie schon mit
 diesen Jahren verheirathet werden. Nimmt man zu alle dem nun noch
 hinzu, dass sie ihre Kinder sehr lange säugen, oft bis 3 Jahre
 (Grey 2, 248-250) ja länger (4-6 Jahre nach Salvado 311), so
 wird man sich nicht wundern, dass die Lebensdauer dieser
 Unglücklichen, die nichts desto weniger oft ganz fröhlich
 sind und ihren Männern mit Liebe anhangen, nicht allzulang ist
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[0039] Feuer zu nahe gelegt und dergl. (Grey 2, 250-251). Dies Wandern führt auch Darwin (2, 213) als Grund der Sterblichkeit unter den Kindern an, und es ist beachtenswerth, was er zusetzt: »Wie die Schwierigkeit, sagt er, sich Nahrung zu verschaffen, wächst, so wächst ihre wandernde Lebensweise und darum wird die Bevölkerung ohne eigentlichen Hungerstod auf eine so ausnehmend gewaltsame Weise zurückgehalten, im Vergleich mit civilisirten Ländern, wo der Vater seine Arbeit mehren kann, ohne den Sprössling zu vernichten«. Dazu wird ihnen auch noch die Nahrung dadurch verkürzt, dass auch hier die Weiber vielfach junge Thiere, Hunde, säugen (Grey 2, 279) und gewiss oft nur aus Noth: denn ein Hund ist jetzt um so mehr, als die Jagdthiere immer scheuer und seltener werden, ein grosser Schatz für den jagenden Eingeborenen und die Nahrung für die jungen Thiere ist gewiss oft genug selten. Kurz aber mit allem Nachdruck müssen wir hier erwähnen, dass auch das Tattuiren, was in ganz Polynesien häufig betrieben wird, häufig den Tod nach sich zieht (Ellis 1, 266); und da man nur eben heranwachsende dieser Operation unterwirft, so wird der Jugend auch durch sie ein nicht zu unterschätzender Abbruch gethan. Wichtiger freilich, weil eine Sache von grösstem Einfluss auf das leibliche Gedeihen der Naturvölker, ist die oft über alle Begriffe schlechte Behandlung der Weiber. So vor allen Dingen in Neuholland. Die armen Weiber müssen, schwanger oder nicht, mit allem Gepäck und oft noch mit 1-2 Kindern beladen, dem Manne, der nur das Jagdgeräth trägt, folgen; sie müssen, kaum angekommen, alle Arbeit für den Haushalt besorgen, die Hütte aufschlagen, Feuer machen, Wurzeln, Muscheln erst suchen, dann kochen, für den Mann, die Kinder alles Nöthige bereiten, und dann, wenn sie bei alle dem oft aufs brutalste behandelt sind, dem Manne Nachts geschlechtlich zu Willen sein. Die beste Nahrung, die sie finden, ist für den Mann und ihre Söhne; sie dürfen erst essen, was diese übrig lassen und wenn sie fertig sind. So ist ihr Loos Tag für Tag: denn von dem, was sie noch ausser diesem gewöhnlichen Elend besonderes Schlimmes trifft (z. B. die Art, wie sie von den Männern zur Ehe geraubt werden), brauchen wir hier nicht zu reden. Ein wichtiger Umstand ist ferner, dass ihre Pubertät schon mit 11 oder 12 Jahren beginnt und sie schon mit diesen Jahren verheirathet werden. Nimmt man zu alle dem nun noch hinzu, dass sie ihre Kinder sehr lange säugen, oft bis 3 Jahre (Grey 2, 248-250) ja länger (4-6 Jahre nach Salvado 311), so wird man sich nicht wundern, dass die Lebensdauer dieser Unglücklichen, die nichts desto weniger oft ganz fröhlich sind und ihren Männern mit Liebe anhangen, nicht allzulang ist und dass es weniger Weiber als Männer gibt, im Verhältniss wie 1:3 nach Grey, nach anderen wie 2:3 — ein Umstand indess, der wahrscheinlich mit be-

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Zitationshilfe: Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/39>, abgerufen am 24.11.2024.