Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.anderen Völkern bespricht, zwar nicht für schädlich, nützlich aber ist es auch nicht, sondern nur hungervertreibend. Auch in Australien (Grey 2, 263-264) findet es sich; doch wird hier die Erde mit einer geriebenen Wurzel gemischt. In Australien ist zwar nach Grey 2, 259-261 der Nahrungsmangel nicht so gross, als man gewöhnlich annimmt und vieles was uns nur aus äusserstem Elend gewählt scheint, ist ihnen eine willkommene Leckerei; indess sagt Grey doch selbst, 261 ff., dass jede Gegend des Continents ihre besondere Nahrung habe, die man aber erst kennen und aufsuchen müsse. Und das scheint keine leichte Sache, wenigstens war er selbst, obwohl von einem nicht unbefähigten Eingeborenen begleitet, auf seinem unfreiwilligen Zug die Westküste des Kontinentes entlang in der äussersten Lebensgefahr durch Hunger. Ein fauler Walfisch ist den Neuholländern, während sie sonst sehr ekel gegen angegangenes Fleisch sind, grösster Genuss und je stinkender die Speise, desto willkommener wird sie, wie auch die Thakallis, ein Stamm der Athapasken in Nordamerika, faules Fleisch vorzüglich gern essen (Waitz b, 90). Und wie nun diese Völker essen! "Die Botokuden geniessen die meisten Nahrungsmittel, besonders das Fleisch in halbgarem Zustande. Es wird über das Feuer gehalten, bis die äussersten Schichten etwas angebrannt sind und dann verzehrt. Die Gefrässigkeit dieser Indianer ist fast sprichwörtlich geworden. -- --Wenn ein glücklicher Jagdzug reichliche Beute gewährt, so wird sie gierig verzehrt und da das Fleisch rasch in Fäulniss übergeht, um ja nichts zu verlieren, der Magen so lange vollgestopft, als eine physische Möglichkeit dazu vorhanden ist. Dann folgt eine lange behäbige Verdauungsruhe und dieser oft wochenlang äusserst spärliche Mahlzeiten. Völker und Individuen, die ausschliesslich auf Fleischnahrung angewiesen sind, haben eine rasche Verdauung und es äussert sich bei ihnen Heisshunger viel heftiger als bei jenen, die an eine vegetabilische oder gemischte Nahrung gewöhnt sind. Sie können sich aber auch mit einer sehr geringen Quantität ihrer gewohnten Fleischnahrung lange kräftig erhalten, leiden dabei aber stets an Hunger. Bei jeder sich darbietenden Gelegenheit suchen die Botokuden ihren steten Hunger durch übermenschliches Fressen zu stillen und verschlingen mit der Gier eines Raubthieres die ekelhaftesten Gegenstände ohne Wahl mit gleichem Heisshunger". Was Tschudi (2, 278-279) uns so von den Botokuden erzählt, das kann mit denselben Worten von allen Naturvölkern Amerikas, von den Feuerländern bis zu den Eskimos, das kann von den Hottentotten, von denen es allwärts bekannt ist (von den Buschmännern bezeugt es z. B. Lichtenstein 2, 355), und trotz ihrer mehr gemischten Nahrung von den Neuholländern, den meisten Melanesiern, und auch, obwohl bei diesen meist die vegetabilische Nahrung vorwiegt, von vielen Polynesiern gesagt werden, von den roheren gewiss, doch zu anderen Völkern bespricht, zwar nicht für schädlich, nützlich aber ist es auch nicht, sondern nur hungervertreibend. Auch in Australien (Grey 2, 263-264) findet es sich; doch wird hier die Erde mit einer geriebenen Wurzel gemischt. In Australien ist zwar nach Grey 2, 259-261 der Nahrungsmangel nicht so gross, als man gewöhnlich annimmt und vieles was uns nur aus äusserstem Elend gewählt scheint, ist ihnen eine willkommene Leckerei; indess sagt Grey doch selbst, 261 ff., dass jede Gegend des Continents ihre besondere Nahrung habe, die man aber erst kennen und aufsuchen müsse. Und das scheint keine leichte Sache, wenigstens war er selbst, obwohl von einem nicht unbefähigten Eingeborenen begleitet, auf seinem unfreiwilligen Zug die Westküste des Kontinentes entlang in der äussersten Lebensgefahr durch Hunger. Ein fauler Walfisch ist den Neuholländern, während sie sonst sehr ekel gegen angegangenes Fleisch sind, grösster Genuss und je stinkender die Speise, desto willkommener wird sie, wie auch die Thakallis, ein Stamm der Athapasken in Nordamerika, faules Fleisch vorzüglich gern essen (Waitz b, 90). Und wie nun diese Völker essen! »Die Botokuden geniessen die meisten Nahrungsmittel, besonders das Fleisch in halbgarem Zustande. Es wird über das Feuer gehalten, bis die äussersten Schichten etwas angebrannt sind und dann verzehrt. Die Gefrässigkeit dieser Indianer ist fast sprichwörtlich geworden. — —Wenn ein glücklicher Jagdzug reichliche Beute gewährt, so wird sie gierig verzehrt und da das Fleisch rasch in Fäulniss übergeht, um ja nichts zu verlieren, der Magen so lange vollgestopft, als eine physische Möglichkeit dazu vorhanden ist. Dann folgt eine lange behäbige Verdauungsruhe und dieser oft wochenlang äusserst spärliche Mahlzeiten. Völker und Individuen, die ausschliesslich auf Fleischnahrung angewiesen sind, haben eine rasche Verdauung und es äussert sich bei ihnen Heisshunger viel heftiger als bei jenen, die an eine vegetabilische oder gemischte Nahrung gewöhnt sind. Sie können sich aber auch mit einer sehr geringen Quantität ihrer gewohnten Fleischnahrung lange kräftig erhalten, leiden dabei aber stets an Hunger. Bei jeder sich darbietenden Gelegenheit suchen die Botokuden ihren steten Hunger durch übermenschliches Fressen zu stillen und verschlingen mit der Gier eines Raubthieres die ekelhaftesten Gegenstände ohne Wahl mit gleichem Heisshunger«. Was Tschudi (2, 278-279) uns so von den Botokuden erzählt, das kann mit denselben Worten von allen Naturvölkern Amerikas, von den Feuerländern bis zu den Eskimos, das kann von den Hottentotten, von denen es allwärts bekannt ist (von den Buschmännern bezeugt es z. B. Lichtenstein 2, 355), und trotz ihrer mehr gemischten Nahrung von den Neuholländern, den meisten Melanesiern, und auch, obwohl bei diesen meist die vegetabilische Nahrung vorwiegt, von vielen Polynesiern gesagt werden, von den roheren gewiss, doch zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0044"/> anderen Völkern bespricht, zwar nicht für schädlich, nützlich aber ist es auch nicht, sondern nur hungervertreibend. 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Ein fauler Walfisch ist den Neuholländern, während sie sonst sehr ekel gegen angegangenes Fleisch sind, grösster Genuss und je stinkender die Speise, desto willkommener wird sie, wie auch die Thakallis, ein Stamm der Athapasken in Nordamerika, faules Fleisch vorzüglich gern essen (Waitz b, 90). Und wie nun diese Völker essen! »Die Botokuden geniessen die meisten Nahrungsmittel, besonders das Fleisch in halbgarem Zustande. Es wird über das Feuer gehalten, bis die äussersten Schichten etwas angebrannt sind und dann verzehrt. Die Gefrässigkeit dieser Indianer ist fast sprichwörtlich geworden. — —Wenn ein glücklicher Jagdzug reichliche Beute gewährt, so wird sie gierig verzehrt und da das Fleisch rasch in Fäulniss übergeht, um ja nichts zu verlieren, der Magen so lange vollgestopft, als eine physische Möglichkeit dazu vorhanden ist. Dann folgt eine lange behäbige Verdauungsruhe und dieser oft wochenlang äusserst spärliche Mahlzeiten. Völker und Individuen, die ausschliesslich auf Fleischnahrung angewiesen sind, haben eine rasche Verdauung und es äussert sich bei ihnen Heisshunger viel heftiger als bei jenen, die an eine vegetabilische oder gemischte Nahrung gewöhnt sind. Sie können sich aber auch mit einer sehr geringen Quantität ihrer gewohnten Fleischnahrung lange kräftig erhalten, leiden dabei aber stets an Hunger. Bei jeder sich darbietenden Gelegenheit suchen die Botokuden ihren steten Hunger durch übermenschliches Fressen zu stillen und verschlingen mit der Gier eines Raubthieres die ekelhaftesten Gegenstände ohne Wahl mit gleichem Heisshunger«. Was Tschudi (2, 278-279) uns so von den Botokuden erzählt, das kann mit denselben Worten von allen Naturvölkern Amerikas, von den Feuerländern bis zu den Eskimos, das kann von den Hottentotten, von denen es allwärts bekannt ist (von den Buschmännern bezeugt es z. B. Lichtenstein 2, 355), und trotz ihrer mehr gemischten Nahrung von den Neuholländern, den meisten Melanesiern, und auch, obwohl bei diesen meist die vegetabilische Nahrung vorwiegt, von vielen Polynesiern gesagt werden, von den roheren gewiss, doch zu </p> </div> </body> </text> </TEI> [0044]
anderen Völkern bespricht, zwar nicht für schädlich, nützlich aber ist es auch nicht, sondern nur hungervertreibend. Auch in Australien (Grey 2, 263-264) findet es sich; doch wird hier die Erde mit einer geriebenen Wurzel gemischt.
In Australien ist zwar nach Grey 2, 259-261 der Nahrungsmangel nicht so gross, als man gewöhnlich annimmt und vieles was uns nur aus äusserstem Elend gewählt scheint, ist ihnen eine willkommene Leckerei; indess sagt Grey doch selbst, 261 ff., dass jede Gegend des Continents ihre besondere Nahrung habe, die man aber erst kennen und aufsuchen müsse. Und das scheint keine leichte Sache, wenigstens war er selbst, obwohl von einem nicht unbefähigten Eingeborenen begleitet, auf seinem unfreiwilligen Zug die Westküste des Kontinentes entlang in der äussersten Lebensgefahr durch Hunger. Ein fauler Walfisch ist den Neuholländern, während sie sonst sehr ekel gegen angegangenes Fleisch sind, grösster Genuss und je stinkender die Speise, desto willkommener wird sie, wie auch die Thakallis, ein Stamm der Athapasken in Nordamerika, faules Fleisch vorzüglich gern essen (Waitz b, 90). Und wie nun diese Völker essen! »Die Botokuden geniessen die meisten Nahrungsmittel, besonders das Fleisch in halbgarem Zustande. Es wird über das Feuer gehalten, bis die äussersten Schichten etwas angebrannt sind und dann verzehrt. Die Gefrässigkeit dieser Indianer ist fast sprichwörtlich geworden. — —Wenn ein glücklicher Jagdzug reichliche Beute gewährt, so wird sie gierig verzehrt und da das Fleisch rasch in Fäulniss übergeht, um ja nichts zu verlieren, der Magen so lange vollgestopft, als eine physische Möglichkeit dazu vorhanden ist. Dann folgt eine lange behäbige Verdauungsruhe und dieser oft wochenlang äusserst spärliche Mahlzeiten. Völker und Individuen, die ausschliesslich auf Fleischnahrung angewiesen sind, haben eine rasche Verdauung und es äussert sich bei ihnen Heisshunger viel heftiger als bei jenen, die an eine vegetabilische oder gemischte Nahrung gewöhnt sind. Sie können sich aber auch mit einer sehr geringen Quantität ihrer gewohnten Fleischnahrung lange kräftig erhalten, leiden dabei aber stets an Hunger. Bei jeder sich darbietenden Gelegenheit suchen die Botokuden ihren steten Hunger durch übermenschliches Fressen zu stillen und verschlingen mit der Gier eines Raubthieres die ekelhaftesten Gegenstände ohne Wahl mit gleichem Heisshunger«. Was Tschudi (2, 278-279) uns so von den Botokuden erzählt, das kann mit denselben Worten von allen Naturvölkern Amerikas, von den Feuerländern bis zu den Eskimos, das kann von den Hottentotten, von denen es allwärts bekannt ist (von den Buschmännern bezeugt es z. B. Lichtenstein 2, 355), und trotz ihrer mehr gemischten Nahrung von den Neuholländern, den meisten Melanesiern, und auch, obwohl bei diesen meist die vegetabilische Nahrung vorwiegt, von vielen Polynesiern gesagt werden, von den roheren gewiss, doch zu
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