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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.

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ihren Berichten, die grausamsten Strafen gegen die Lüstlinge anwenden; wenn man aber liest (Waitz 4, 478), wie der gefangene Inka Manko Capak, Atahualpas Bruder, die Spanier flehentlich bat, dass man ihn doch wenigstens nicht zum Feuertod verurtheilen oder den Hunden vorwerfen, sondern nur aufhängen möge, so wirft das auf jene Strafen ein ganz eigenthümliches Licht. Auch beweisen die Zeugnisse bei Waitz 4, 417, dass auch in Peru solche Laster, Ehebruch oder gar Päderastie, durchaus nicht verbreitet waren, sondern nur vereinzelt vorkamen, wofür wiederum die strengen Strafen, welche die einheimischen Landesgesetze gegen derartiges verhängten, sprechen.

In Nordamerika war, wie bei den eben besprochenen Völkern, Polygamie erlaubt, keineswegs aber sehr ausgedehnt (Waitz 3, 109). Weibertausch kommt vor, als Freundschaftszeichen unter Familien (Hearne 128), ebenso auch Prostitution aus Gastfreundschaft. Keuschheit der Mädchen war überhaupt etwas, auf das man bei vielen Völkern und namentlich bei den roheren, keinen Werth setzte (Waitz 3, 111). Schlimmere Dinge und namentlich Blutschande erwähnt als gewöhnlich bei den Athapasken Hearne 128, der auch sonst den Anwohnerinnen der Hudsonsbai arge Ausschweifungen Schuld gibt (126-27). Unnatürliche Laster werden vielfach bei den Völkern Nordamerikas erwähnt und Männer in Weiberkleidern finden sich freilich an vielen Orten, so bei den Illinois, in Florida, bei den Mandans, den Osagen, den Kansas u. s. w. (Waitz 3, 113); auch bei den Bewohnern Nutkas wird Aehnliches erwähnt (eb. 133), obgleich sie sowohl wie die Koluschen im ganzen keusch leben, anders wie die Chinook (am Columbia), bei denen Prostitution und sinnliche Ausschweifungen verbreitet waren (eb. 337). Strenger sind die Völker vom Oregongebiete. Uebrigens ist das nicht immer ein Zeichen von unnatürlichen Lastern, wenn Männer Weiberkleider tragen; denn einmal scheint manche abergläubische Vorstellung (eb. 113) damit verbunden zu sein, in anderen Fällen war es wenigstens eine symbolische, wie z. B. die Delawares von den Irokesen "zu Weibern gemacht", d.h., gezwungen wurden, als sie gänzlich besiegt waren, den Weiberrock anzuziehen (Waitz 3, 23. b, 158) und auch bei den Chibchas in Neu-Granada Feiglinge mit einem Weiberrock bekleidet wurden (4, 361). Bei den Illinois standen die so gekleideten Männer in besonderem Ansehen (3, 113) und ganz ähnlich war es bei den nördlichen Patagoniern (3, 506), wo die Zauberpriester, deren einen jede Familie hatte, Weiberkleider trugen. Auch was Combes (Hist. de las islas de Mindanao Madrid 1667 p. 55) erzählt, dass es bei den Subanos auf Mindanao Männer gäbe, welche unverheirathet blieben, Weiberkleider trügen, aber geehrt wären und keusch lebten, zugleich aber auch physisch ein weibliches Aussehen hätten, werde hier als merkwürdige Parallele erwähnt.

ihren Berichten, die grausamsten Strafen gegen die Lüstlinge anwenden; wenn man aber liest (Waitz 4, 478), wie der gefangene Inka Manko Capak, Atahualpas Bruder, die Spanier flehentlich bat, dass man ihn doch wenigstens nicht zum Feuertod verurtheilen oder den Hunden vorwerfen, sondern nur aufhängen möge, so wirft das auf jene Strafen ein ganz eigenthümliches Licht. Auch beweisen die Zeugnisse bei Waitz 4, 417, dass auch in Peru solche Laster, Ehebruch oder gar Päderastie, durchaus nicht verbreitet waren, sondern nur vereinzelt vorkamen, wofür wiederum die strengen Strafen, welche die einheimischen Landesgesetze gegen derartiges verhängten, sprechen.

In Nordamerika war, wie bei den eben besprochenen Völkern, Polygamie erlaubt, keineswegs aber sehr ausgedehnt (Waitz 3, 109). Weibertausch kommt vor, als Freundschaftszeichen unter Familien (Hearne 128), ebenso auch Prostitution aus Gastfreundschaft. Keuschheit der Mädchen war überhaupt etwas, auf das man bei vielen Völkern und namentlich bei den roheren, keinen Werth setzte (Waitz 3, 111). Schlimmere Dinge und namentlich Blutschande erwähnt als gewöhnlich bei den Athapasken Hearne 128, der auch sonst den Anwohnerinnen der Hudsonsbai arge Ausschweifungen Schuld gibt (126-27). Unnatürliche Laster werden vielfach bei den Völkern Nordamerikas erwähnt und Männer in Weiberkleidern finden sich freilich an vielen Orten, so bei den Illinois, in Florida, bei den Mandans, den Osagen, den Kansas u. s. w. (Waitz 3, 113); auch bei den Bewohnern Nutkas wird Aehnliches erwähnt (eb. 133), obgleich sie sowohl wie die Koluschen im ganzen keusch leben, anders wie die Chinook (am Columbia), bei denen Prostitution und sinnliche Ausschweifungen verbreitet waren (eb. 337). Strenger sind die Völker vom Oregongebiete. Uebrigens ist das nicht immer ein Zeichen von unnatürlichen Lastern, wenn Männer Weiberkleider tragen; denn einmal scheint manche abergläubische Vorstellung (eb. 113) damit verbunden zu sein, in anderen Fällen war es wenigstens eine symbolische, wie z. B. die Delawares von den Irokesen »zu Weibern gemacht«, d.h., gezwungen wurden, als sie gänzlich besiegt waren, den Weiberrock anzuziehen (Waitz 3, 23. b, 158) und auch bei den Chibchas in Neu-Granada Feiglinge mit einem Weiberrock bekleidet wurden (4, 361). Bei den Illinois standen die so gekleideten Männer in besonderem Ansehen (3, 113) und ganz ähnlich war es bei den nördlichen Patagoniern (3, 506), wo die Zauberpriester, deren einen jede Familie hatte, Weiberkleider trugen. Auch was Combes (Hist. de las islas de Mindanao Madrid 1667 p. 55) erzählt, dass es bei den Subanos auf Mindanao Männer gäbe, welche unverheirathet blieben, Weiberkleider trügen, aber geehrt wären und keusch lebten, zugleich aber auch physisch ein weibliches Aussehen hätten, werde hier als merkwürdige Parallele erwähnt.

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 die Lüstlinge anwenden; wenn man aber liest (Waitz 4, 478),
 wie der gefangene Inka Manko Capak, Atahualpas Bruder, die Spanier
 flehentlich bat, dass man ihn doch wenigstens nicht zum Feuertod
 verurtheilen oder den Hunden vorwerfen, sondern nur aufhängen
 möge, so wirft das auf jene Strafen ein ganz
 eigenthümliches Licht. Auch beweisen die Zeugnisse bei Waitz
 4, 417, dass auch in Peru solche Laster, Ehebruch oder gar
 Päderastie, durchaus nicht verbreitet waren, sondern nur
 vereinzelt vorkamen, wofür wiederum die strengen Strafen,
 welche die einheimischen Landesgesetze gegen derartiges
 verhängten, sprechen.</p>
        <p>In Nordamerika war, wie bei den eben besprochenen Völkern,
 Polygamie erlaubt, keineswegs aber sehr ausgedehnt (Waitz 3, 109).
 Weibertausch kommt vor, als Freundschaftszeichen unter Familien
 (Hearne 128), ebenso auch Prostitution aus Gastfreundschaft.
 Keuschheit der Mädchen war überhaupt etwas, auf das man
 bei vielen Völkern und namentlich bei den roheren, keinen
 Werth setzte (Waitz 3, 111). Schlimmere Dinge und namentlich
 Blutschande erwähnt als gewöhnlich bei den Athapasken
 Hearne 128, der auch sonst den Anwohnerinnen der Hudsonsbai arge
 Ausschweifungen Schuld gibt (126-27). Unnatürliche Laster
 werden vielfach bei den Völkern Nordamerikas erwähnt und
 Männer in Weiberkleidern finden sich freilich an vielen Orten,
 so bei den Illinois, in Florida, bei den Mandans, den Osagen, den
 Kansas u. s. w. (Waitz 3, 113); auch bei den Bewohnern Nutkas wird
 Aehnliches erwähnt (eb. 133), obgleich sie sowohl wie die
 Koluschen im ganzen keusch leben, anders wie die Chinook (am
 Columbia), bei denen Prostitution und sinnliche Ausschweifungen
 verbreitet waren (eb. 337). Strenger sind die Völker vom
 Oregongebiete. Uebrigens ist das nicht immer ein Zeichen von
 unnatürlichen Lastern, wenn Männer Weiberkleider tragen;
 denn einmal scheint manche abergläubische Vorstellung (eb.
 113) damit verbunden zu sein, in anderen Fällen war es
 wenigstens eine symbolische, wie z. B. die Delawares von den
 Irokesen »zu Weibern gemacht«, d.h., gezwungen wurden,
 als sie gänzlich besiegt waren, den Weiberrock anzuziehen
 (Waitz 3, 23. b, 158) und auch bei den Chibchas in Neu-Granada
 Feiglinge mit einem Weiberrock bekleidet wurden (4, 361). Bei den
 Illinois standen die so gekleideten Männer in besonderem
 Ansehen (3, 113) und ganz ähnlich war es bei den
 nördlichen Patagoniern (3, 506), wo die Zauberpriester, deren
 einen jede Familie hatte, Weiberkleider trugen. Auch was Combes
 (Hist. de las islas de Mindanao Madrid 1667 p. 55) erzählt,
 dass es bei den Subanos auf Mindanao Männer gäbe, welche
 unverheirathet blieben, Weiberkleider trügen, aber geehrt
 wären und keusch lebten, zugleich aber auch physisch ein
 weibliches Aussehen hätten, werde hier als merkwürdige
 Parallele erwähnt.</p>
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[0052] ihren Berichten, die grausamsten Strafen gegen die Lüstlinge anwenden; wenn man aber liest (Waitz 4, 478), wie der gefangene Inka Manko Capak, Atahualpas Bruder, die Spanier flehentlich bat, dass man ihn doch wenigstens nicht zum Feuertod verurtheilen oder den Hunden vorwerfen, sondern nur aufhängen möge, so wirft das auf jene Strafen ein ganz eigenthümliches Licht. Auch beweisen die Zeugnisse bei Waitz 4, 417, dass auch in Peru solche Laster, Ehebruch oder gar Päderastie, durchaus nicht verbreitet waren, sondern nur vereinzelt vorkamen, wofür wiederum die strengen Strafen, welche die einheimischen Landesgesetze gegen derartiges verhängten, sprechen. In Nordamerika war, wie bei den eben besprochenen Völkern, Polygamie erlaubt, keineswegs aber sehr ausgedehnt (Waitz 3, 109). Weibertausch kommt vor, als Freundschaftszeichen unter Familien (Hearne 128), ebenso auch Prostitution aus Gastfreundschaft. Keuschheit der Mädchen war überhaupt etwas, auf das man bei vielen Völkern und namentlich bei den roheren, keinen Werth setzte (Waitz 3, 111). Schlimmere Dinge und namentlich Blutschande erwähnt als gewöhnlich bei den Athapasken Hearne 128, der auch sonst den Anwohnerinnen der Hudsonsbai arge Ausschweifungen Schuld gibt (126-27). Unnatürliche Laster werden vielfach bei den Völkern Nordamerikas erwähnt und Männer in Weiberkleidern finden sich freilich an vielen Orten, so bei den Illinois, in Florida, bei den Mandans, den Osagen, den Kansas u. s. w. (Waitz 3, 113); auch bei den Bewohnern Nutkas wird Aehnliches erwähnt (eb. 133), obgleich sie sowohl wie die Koluschen im ganzen keusch leben, anders wie die Chinook (am Columbia), bei denen Prostitution und sinnliche Ausschweifungen verbreitet waren (eb. 337). Strenger sind die Völker vom Oregongebiete. Uebrigens ist das nicht immer ein Zeichen von unnatürlichen Lastern, wenn Männer Weiberkleider tragen; denn einmal scheint manche abergläubische Vorstellung (eb. 113) damit verbunden zu sein, in anderen Fällen war es wenigstens eine symbolische, wie z. B. die Delawares von den Irokesen »zu Weibern gemacht«, d.h., gezwungen wurden, als sie gänzlich besiegt waren, den Weiberrock anzuziehen (Waitz 3, 23. b, 158) und auch bei den Chibchas in Neu-Granada Feiglinge mit einem Weiberrock bekleidet wurden (4, 361). Bei den Illinois standen die so gekleideten Männer in besonderem Ansehen (3, 113) und ganz ähnlich war es bei den nördlichen Patagoniern (3, 506), wo die Zauberpriester, deren einen jede Familie hatte, Weiberkleider trugen. Auch was Combes (Hist. de las islas de Mindanao Madrid 1667 p. 55) erzählt, dass es bei den Subanos auf Mindanao Männer gäbe, welche unverheirathet blieben, Weiberkleider trügen, aber geehrt wären und keusch lebten, zugleich aber auch physisch ein weibliches Aussehen hätten, werde hier als merkwürdige Parallele erwähnt.

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Zitationshilfe: Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/52>, abgerufen am 21.11.2024.