Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Festigkeit der Körper in Hinsicht auf Biegung.
Abhandlungen über die Festigkeit der Körper, ersehen jedoch aus ihrer Vergleichung, dass
sie selbst bei gleichen Materien sehr verschiedene Resultate geliefert haben.

Fig.
24.
Tab.
15.
Setzen wir nun in dieser Gleichung y = T B = E und u = A T = U, so ist
[Formel 1] U oder [Formel 2] .
Wird aber der Stab auf zwei Unterlagen gelegt, und in der Mitte mit 2 p = G belastet, so
muss statt E die halbe Entfernung zwischen den Auflagspunkten, nämlich 1/2 gesetzt werden; wir
erhalten daher [Formel 3] . Hieraus folgt
[Formel 4] d. h. es verhält sich die Biegung des Stabes in der Mitte oder der soge-
nannte Pfeil (U) der krummen Linie zur Ausdehnung (a') des zur Vergleichung angenommenen Sta-
bes, wie die Grössen [Formel 5] .
Aus dieser Proportion ergeben sich nachstehende Folgerungen:
1tens. Wenn der Stab, welcher zur Vergleichung angenommen wurde, auf zwei Unterlagen gelegt
und in der Mitte mit derselben Last Q, welche ihn vorher ausgedehnt hat, beschwert wird, so ist
l = L, b = B, h = H und G = Q, demnach verhält sich [Formel 6] , d. h.
bei einem jeden vollkommen elastischen Körper verhält sich die Bie-
gung zur Längenausdehnung, wie das Quadrat der halben Länge zum Qua-
drate der Höhe desselben Stabes
. Da nun bekannt ist, dass alle Körper, so lange
ihre Biegungen sehr klein bleiben, als vollkommen elastisch betrachtet werden können, so lässt sich
auch unter solchen Umständen für alle Körper die Ausdehnung, die sie durch eine bestimmte Last Q
erleiden, aus jener Biegung berechnen, welche dieselbe Last (Q) bei diesem Körper verursacht hat.
Diese Methode gewährt vorzüglich in dem Falle einen grossen Vortheil, wenn die Längenausdeh-
nung der Körper zu klein ist, um sie unmittelbar messen zu können, weil die Biegung, da
[Formel 7] grösser als h2 ist, eine hinreichende Grösse hat. Umgekehrt kann man bei einem Körper, dessen
Ausdehnung gegeben ist, die Biegung finden, welche dasselbe Gewicht verursacht.
Beispiel. Ein Stab sey 2 Fuss lang und 1 Zoll hoch, so ist U : a' = 144 : 1 oder die Biegung in der
Mitte ist 144mal grösser als die Längenausdehnung, wenn die Belastungen in beiden Fällen gleich
sind.
2tens. In der obigen Gleichung [Formel 8] kommt sowohl U als a' in der ersten
Potenz vor; wenn also alle übrigen Grössen dieselben sind, so ist U dem a' proportional. Hier-
aus sehen wir, dass sich bei der Biegung dieselben Gesetze finden müssen, die bei der Ausdehnung
statt finden. Diess wird durch alle über diesen Gegenstand angestellten Versuche bestätigt.
3tens. Wenn es sich nur um die Biegung allein handelt, welche zwei Körper von derselben Materie
aber ungleichen Dimensionen bei verschiedenen Belastungen erfahren, so fällt in diesem Falle der
Coefficient, welcher den zur Vergleichung angenommenen Stab betrifft, nämlich [Formel 9] weg, und
wir erhalten für die zwei Körper die Proportion [Formel 10] oder
[Formel 11] welches dieselbe Proportion ist, die oben (wo Q statt P steht) bloss durch
elementare Betrachtungen abgeleitet wurde.

Festigkeit der Körper in Hinsicht auf Biegung.
Abhandlungen über die Festigkeit der Körper, ersehen jedoch aus ihrer Vergleichung, dass
sie selbst bei gleichen Materien sehr verschiedene Resultate geliefert haben.

Fig.
24.
Tab.
15.
Setzen wir nun in dieser Gleichung y = T B = E und u = A T = U, so ist
[Formel 1] U oder [Formel 2] .
Wird aber der Stab auf zwei Unterlagen gelegt, und in der Mitte mit 2 p = G belastet, so
muss statt E die halbe Entfernung zwischen den Auflagspunkten, nämlich ½ gesetzt werden; wir
erhalten daher [Formel 3] . Hieraus folgt
[Formel 4] d. h. es verhält sich die Biegung des Stabes in der Mitte oder der soge-
nannte Pfeil (U) der krummen Linie zur Ausdehnung (α') des zur Vergleichung angenommenen Sta-
bes, wie die Grössen [Formel 5] .
Aus dieser Proportion ergeben sich nachstehende Folgerungen:
1tens. Wenn der Stab, welcher zur Vergleichung angenommen wurde, auf zwei Unterlagen gelegt
und in der Mitte mit derselben Last Q, welche ihn vorher ausgedehnt hat, beschwert wird, so ist
l = L, b = B, h = H und G = Q, demnach verhält sich [Formel 6] , d. h.
bei einem jeden vollkommen elastischen Körper verhält sich die Bie-
gung zur Längenausdehnung, wie das Quadrat der halben Länge zum Qua-
drate der Höhe desselben Stabes
. Da nun bekannt ist, dass alle Körper, so lange
ihre Biegungen sehr klein bleiben, als vollkommen elastisch betrachtet werden können, so lässt sich
auch unter solchen Umständen für alle Körper die Ausdehnung, die sie durch eine bestimmte Last Q
erleiden, aus jener Biegung berechnen, welche dieselbe Last (Q) bei diesem Körper verursacht hat.
Diese Methode gewährt vorzüglich in dem Falle einen grossen Vortheil, wenn die Längenausdeh-
nung der Körper zu klein ist, um sie unmittelbar messen zu können, weil die Biegung, da
[Formel 7] grösser als h2 ist, eine hinreichende Grösse hat. Umgekehrt kann man bei einem Körper, dessen
Ausdehnung gegeben ist, die Biegung finden, welche dasselbe Gewicht verursacht.
Beispiel. Ein Stab sey 2 Fuss lang und 1 Zoll hoch, so ist U : α' = 144 : 1 oder die Biegung in der
Mitte ist 144mal grösser als die Längenausdehnung, wenn die Belastungen in beiden Fällen gleich
sind.
2tens. In der obigen Gleichung [Formel 8] kommt sowohl U als α' in der ersten
Potenz vor; wenn also alle übrigen Grössen dieselben sind, so ist U dem α' proportional. Hier-
aus sehen wir, dass sich bei der Biegung dieselben Gesetze finden müssen, die bei der Ausdehnung
statt finden. Diess wird durch alle über diesen Gegenstand angestellten Versuche bestätigt.
3tens. Wenn es sich nur um die Biegung allein handelt, welche zwei Körper von derselben Materie
aber ungleichen Dimensionen bei verschiedenen Belastungen erfahren, so fällt in diesem Falle der
Coefficient, welcher den zur Vergleichung angenommenen Stab betrifft, nämlich [Formel 9] weg, und
wir erhalten für die zwei Körper die Proportion [Formel 10] oder
[Formel 11] welches dieselbe Proportion ist, die oben (wo Q statt P steht) bloss durch
elementare Betrachtungen abgeleitet wurde.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0356" n="326"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Festigkeit der Körper in Hinsicht auf Biegung</hi>.</fw><lb/>
Abhandlungen über die Festigkeit der Körper, ersehen jedoch aus ihrer Vergleichung, dass<lb/>
sie selbst bei gleichen Materien sehr verschiedene Resultate geliefert haben.</p><lb/>
              <note xml:id="note-0356" prev="#note-0355" place="foot" n="*)"><note place="left">Fig.<lb/>
24.<lb/>
Tab.<lb/>
15.</note>Setzen wir nun in dieser Gleichung y = T B = E und u = A T = U, so ist<lb/><formula/> U oder <formula/>.<lb/>
Wird aber der Stab auf zwei Unterlagen gelegt, und in der Mitte mit 2 p = G belastet, so<lb/>
muss statt E die halbe Entfernung zwischen den Auflagspunkten, nämlich ½ gesetzt werden; wir<lb/>
erhalten daher <formula/>. Hieraus folgt<lb/><formula/> d. h. es verhält sich die Biegung des Stabes in der Mitte oder der soge-<lb/>
nannte Pfeil (U) der krummen Linie zur Ausdehnung (&#x03B1;') des zur Vergleichung angenommenen Sta-<lb/>
bes, wie die Grössen <formula/>.<lb/>
Aus dieser Proportion ergeben sich nachstehende Folgerungen:<lb/><list><item><hi rendition="#g">1tens</hi>. Wenn der Stab, welcher zur Vergleichung angenommen wurde, auf zwei Unterlagen gelegt<lb/>
und in der Mitte mit derselben Last Q, welche ihn vorher ausgedehnt hat, beschwert wird, so ist<lb/>
l = L, b = B, h = H und G = Q, demnach verhält sich <formula/>, d. h.<lb/><hi rendition="#g">bei einem jeden vollkommen elastischen Körper verhält sich die Bie-<lb/>
gung zur Längenausdehnung, wie das Quadrat der halben Länge zum Qua-<lb/>
drate der Höhe desselben Stabes</hi>. Da nun bekannt ist, dass alle Körper, so lange<lb/>
ihre Biegungen sehr klein bleiben, als vollkommen elastisch betrachtet werden können, so lässt sich<lb/>
auch unter solchen Umständen für alle Körper die Ausdehnung, die sie durch eine bestimmte Last Q<lb/>
erleiden, aus jener Biegung berechnen, welche dieselbe Last (Q) bei diesem Körper verursacht hat.<lb/>
Diese Methode gewährt vorzüglich in dem Falle einen grossen Vortheil, wenn die Längenausdeh-<lb/>
nung der Körper zu klein ist, um sie unmittelbar messen zu können, weil die Biegung, da<lb/><formula/> grösser als h<hi rendition="#sup">2</hi> ist, eine hinreichende Grösse hat. Umgekehrt kann man bei einem Körper, dessen<lb/>
Ausdehnung gegeben ist, die Biegung finden, welche dasselbe Gewicht verursacht.</item><lb/><item><hi rendition="#g">Beispiel</hi>. Ein Stab sey 2 Fuss lang und 1 Zoll hoch, so ist U : &#x03B1;' = 144 : 1 oder die Biegung in der<lb/>
Mitte ist 144mal grösser als die Längenausdehnung, wenn die Belastungen in beiden Fällen gleich<lb/>
sind.</item><lb/><item><hi rendition="#g">2tens</hi>. In der obigen Gleichung <formula/> kommt sowohl U als &#x03B1;' in der ersten<lb/>
Potenz vor; wenn also alle übrigen Grössen dieselben sind, so ist U dem &#x03B1;' proportional. Hier-<lb/>
aus sehen wir, dass sich bei der Biegung dieselben Gesetze finden müssen, die bei der Ausdehnung<lb/>
statt finden. Diess wird durch alle über diesen Gegenstand angestellten Versuche bestätigt.</item><lb/><item><hi rendition="#g">3tens</hi>. Wenn es sich nur um die Biegung allein handelt, welche zwei Körper von derselben Materie<lb/>
aber ungleichen Dimensionen bei verschiedenen Belastungen erfahren, so fällt in diesem Falle der<lb/>
Coefficient, welcher den zur Vergleichung angenommenen Stab betrifft, nämlich <formula/> weg, und<lb/>
wir erhalten für die zwei Körper die Proportion <formula/> oder<lb/><formula/> welches dieselbe Proportion ist, die oben (wo Q statt P steht) bloss durch<lb/>
elementare Betrachtungen abgeleitet wurde.</item></list></note><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[326/0356] Festigkeit der Körper in Hinsicht auf Biegung. Abhandlungen über die Festigkeit der Körper, ersehen jedoch aus ihrer Vergleichung, dass sie selbst bei gleichen Materien sehr verschiedene Resultate geliefert haben. *) *) Setzen wir nun in dieser Gleichung y = T B = E und u = A T = U, so ist [FORMEL] U oder [FORMEL]. Wird aber der Stab auf zwei Unterlagen gelegt, und in der Mitte mit 2 p = G belastet, so muss statt E die halbe Entfernung zwischen den Auflagspunkten, nämlich ½ gesetzt werden; wir erhalten daher [FORMEL]. Hieraus folgt [FORMEL] d. h. es verhält sich die Biegung des Stabes in der Mitte oder der soge- nannte Pfeil (U) der krummen Linie zur Ausdehnung (α') des zur Vergleichung angenommenen Sta- bes, wie die Grössen [FORMEL]. Aus dieser Proportion ergeben sich nachstehende Folgerungen: 1tens. Wenn der Stab, welcher zur Vergleichung angenommen wurde, auf zwei Unterlagen gelegt und in der Mitte mit derselben Last Q, welche ihn vorher ausgedehnt hat, beschwert wird, so ist l = L, b = B, h = H und G = Q, demnach verhält sich [FORMEL], d. h. bei einem jeden vollkommen elastischen Körper verhält sich die Bie- gung zur Längenausdehnung, wie das Quadrat der halben Länge zum Qua- drate der Höhe desselben Stabes. Da nun bekannt ist, dass alle Körper, so lange ihre Biegungen sehr klein bleiben, als vollkommen elastisch betrachtet werden können, so lässt sich auch unter solchen Umständen für alle Körper die Ausdehnung, die sie durch eine bestimmte Last Q erleiden, aus jener Biegung berechnen, welche dieselbe Last (Q) bei diesem Körper verursacht hat. Diese Methode gewährt vorzüglich in dem Falle einen grossen Vortheil, wenn die Längenausdeh- nung der Körper zu klein ist, um sie unmittelbar messen zu können, weil die Biegung, da [FORMEL] grösser als h2 ist, eine hinreichende Grösse hat. Umgekehrt kann man bei einem Körper, dessen Ausdehnung gegeben ist, die Biegung finden, welche dasselbe Gewicht verursacht. Beispiel. Ein Stab sey 2 Fuss lang und 1 Zoll hoch, so ist U : α' = 144 : 1 oder die Biegung in der Mitte ist 144mal grösser als die Längenausdehnung, wenn die Belastungen in beiden Fällen gleich sind. 2tens. In der obigen Gleichung [FORMEL] kommt sowohl U als α' in der ersten Potenz vor; wenn also alle übrigen Grössen dieselben sind, so ist U dem α' proportional. Hier- aus sehen wir, dass sich bei der Biegung dieselben Gesetze finden müssen, die bei der Ausdehnung statt finden. Diess wird durch alle über diesen Gegenstand angestellten Versuche bestätigt. 3tens. Wenn es sich nur um die Biegung allein handelt, welche zwei Körper von derselben Materie aber ungleichen Dimensionen bei verschiedenen Belastungen erfahren, so fällt in diesem Falle der Coefficient, welcher den zur Vergleichung angenommenen Stab betrifft, nämlich [FORMEL] weg, und wir erhalten für die zwei Körper die Proportion [FORMEL] oder [FORMEL] welches dieselbe Proportion ist, die oben (wo Q statt P steht) bloss durch elementare Betrachtungen abgeleitet wurde.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/356
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/356>, abgerufen am 21.11.2024.