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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Folgerungen aus den Versuchen.
§. 441.

Die angeführten tabellarischen Uebersichten führen zu folgenden Betrachtungen:

Die Reibung ist verschieden, wenn die Materien verschieden, wenn die Kör-
per im Zustande der Ruhe oder in jenem der Bewegung begriffen, und wenn die
Oberflächen derselben eingeschmiert sind, oder sich trocken auf einander bewegen.
Vorzüglich bei Hölzern ist es der Fall, dass sie im Zustande der Bewegung einer weit
geringeren Kraft bedürfen, als wenn sie aus dem Zustande der Ruhe in jenen der Be-
wegung versetzt werden sollen. Coulomb fand, dass man durch einen kleinen Stoss
an den zu bewegenden Körper oder durch eine andere kleine Erschütterung die Be-
wegung weit leichter bewirken könne, als ohne denselben. Dagegen ist bei Metallen
kein merklicher Unterschied, ob sie aus dem Zustande der Ruhe in den der Bewe-
gung versetzt werden oder nur ihre Bewegung fortsetzen.

Werden zweckmässige Schmieren zwischen polirte Flächen gelegt, oder vielmehr
diese Schmieren in die Körper eingerieben, so wird der Widerstand der Reibung bedeu-
tend vermindert, indem die Schmiere die Höhlungen der polirten Flächen ausfüllt, und
diese Flächen gleichsam in einiger Entfernung von einander hält, wodurch dann das wech-
selseitige Eingreifen der hervorragenden Theilchen beider Flächen in einander vermin-
dert wird. Hiebei ist zu bemerken, dass ein vollkommen polirter Körper, wenn er
frisch eingeschmirt wird, einen grössern Widerstand der Reibung äussert, als wenn die-
se Schmiere durch einen stärkern Druck eingerieben und diese Operation mehrmals wie-
derholt wird. Werden polirte Holzflächen unter einem beträchtlichen senkrech-
ten Drucke auf einander bewegt, so braucht man zur Verminderung des Reibungswider-
standes die sogenannten harten Schmieren, als: Unschlitt, Seife ....., weil das
Holz vom Oehle aufquillt, und daher die Erhöhungen und Vertiefungen statt sie zu be-
decken, vielmehr grösser macht. Bei Metallen hingegen ist die anwendbarste Schmiere
zur Verminderung des Widerstandes der Reibung das Oehl, jedoch muss diess ganz rein
und frisch, und nicht ranzig oder oxydirt seyn, weil es sonst die Metalle angreift und
diese rosten. Das Einschmieren der Hölzer und Metalle geschieht übrigens am vortheil-
haftesten unter einem grossen Drucke und bei geschwinder Bewegung, weil in diesem
Falle die Schmiere viel leichter eindringt. Wird eine sehr schmale oder schneidige
Fläche auf einer andern Fläche fortgeschoben, so nützt die Schmiere weit weniger, als
wenn die reibenden Flächen breit sind. Der vortheilhafteste Fall findet dann statt, wenn
sich die Schmiere immer wieder erneuert, wie z. B. bei einem Wagenrade, wo die feste
Achse bei der Umdrehung der Büchse fortwährend einen andern Punkt derselben berührt.

Da der Reibungswiderstand bei gleichartigen Körpern nach Aus-
weis der obigen Tabellen grösser ist, als wenn ungleichartige Körper
sich auf einander bewegen
, so wird von diesem Umstande ein vortheilhafter
Gebrauch bei Maschinen gemacht, indem wir z. B. statt eiserne Zapfen in eisernen
Lagern umdrehen zu lassen, zu den Lagern lieber Messing oder eine andere Metall-
komposition verwenden. Laufen stählerne Zapfen in kupfernen Pfannen, so ist die Rei-
bung geringer, als wenn die Pfannen auch aus Stahl bestehen. Bei Kupfer auf Eisen
ist der Reibungscoefficient bei der drehenden Reibung 2/23; läuft aber Eisen auf einem

Folgerungen aus den Versuchen.
§. 441.

Die angeführten tabellarischen Uebersichten führen zu folgenden Betrachtungen:

Die Reibung ist verschieden, wenn die Materien verschieden, wenn die Kör-
per im Zustande der Ruhe oder in jenem der Bewegung begriffen, und wenn die
Oberflächen derselben eingeschmiert sind, oder sich trocken auf einander bewegen.
Vorzüglich bei Hölzern ist es der Fall, dass sie im Zustande der Bewegung einer weit
geringeren Kraft bedürfen, als wenn sie aus dem Zustande der Ruhe in jenen der Be-
wegung versetzt werden sollen. Coulomb fand, dass man durch einen kleinen Stoss
an den zu bewegenden Körper oder durch eine andere kleine Erschütterung die Be-
wegung weit leichter bewirken könne, als ohne denselben. Dagegen ist bei Metallen
kein merklicher Unterschied, ob sie aus dem Zustande der Ruhe in den der Bewe-
gung versetzt werden oder nur ihre Bewegung fortsetzen.

Werden zweckmässige Schmieren zwischen polirte Flächen gelegt, oder vielmehr
diese Schmieren in die Körper eingerieben, so wird der Widerstand der Reibung bedeu-
tend vermindert, indem die Schmiere die Höhlungen der polirten Flächen ausfüllt, und
diese Flächen gleichsam in einiger Entfernung von einander hält, wodurch dann das wech-
selseitige Eingreifen der hervorragenden Theilchen beider Flächen in einander vermin-
dert wird. Hiebei ist zu bemerken, dass ein vollkommen polirter Körper, wenn er
frisch eingeschmirt wird, einen grössern Widerstand der Reibung äussert, als wenn die-
se Schmiere durch einen stärkern Druck eingerieben und diese Operation mehrmals wie-
derholt wird. Werden polirte Holzflächen unter einem beträchtlichen senkrech-
ten Drucke auf einander bewegt, so braucht man zur Verminderung des Reibungswider-
standes die sogenannten harten Schmieren, als: Unschlitt, Seife ....., weil das
Holz vom Oehle aufquillt, und daher die Erhöhungen und Vertiefungen statt sie zu be-
decken, vielmehr grösser macht. Bei Metallen hingegen ist die anwendbarste Schmiere
zur Verminderung des Widerstandes der Reibung das Oehl, jedoch muss diess ganz rein
und frisch, und nicht ranzig oder oxydirt seyn, weil es sonst die Metalle angreift und
diese rosten. Das Einschmieren der Hölzer und Metalle geschieht übrigens am vortheil-
haftesten unter einem grossen Drucke und bei geschwinder Bewegung, weil in diesem
Falle die Schmiere viel leichter eindringt. Wird eine sehr schmale oder schneidige
Fläche auf einer andern Fläche fortgeschoben, so nützt die Schmiere weit weniger, als
wenn die reibenden Flächen breit sind. Der vortheilhafteste Fall findet dann statt, wenn
sich die Schmiere immer wieder erneuert, wie z. B. bei einem Wagenrade, wo die feste
Achse bei der Umdrehung der Büchse fortwährend einen andern Punkt derselben berührt.

Da der Reibungswiderstand bei gleichartigen Körpern nach Aus-
weis der obigen Tabellen grösser ist, als wenn ungleichartige Körper
sich auf einander bewegen
, so wird von diesem Umstande ein vortheilhafter
Gebrauch bei Maschinen gemacht, indem wir z. B. statt eiserne Zapfen in eisernen
Lagern umdrehen zu lassen, zu den Lagern lieber Messing oder eine andere Metall-
komposition verwenden. Laufen stählerne Zapfen in kupfernen Pfannen, so ist die Rei-
bung geringer, als wenn die Pfannen auch aus Stahl bestehen. Bei Kupfer auf Eisen
ist der Reibungscoefficient bei der drehenden Reibung 2/23; läuft aber Eisen auf einem

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[495/0527] Folgerungen aus den Versuchen. §. 441. Die angeführten tabellarischen Uebersichten führen zu folgenden Betrachtungen: Die Reibung ist verschieden, wenn die Materien verschieden, wenn die Kör- per im Zustande der Ruhe oder in jenem der Bewegung begriffen, und wenn die Oberflächen derselben eingeschmiert sind, oder sich trocken auf einander bewegen. Vorzüglich bei Hölzern ist es der Fall, dass sie im Zustande der Bewegung einer weit geringeren Kraft bedürfen, als wenn sie aus dem Zustande der Ruhe in jenen der Be- wegung versetzt werden sollen. Coulomb fand, dass man durch einen kleinen Stoss an den zu bewegenden Körper oder durch eine andere kleine Erschütterung die Be- wegung weit leichter bewirken könne, als ohne denselben. Dagegen ist bei Metallen kein merklicher Unterschied, ob sie aus dem Zustande der Ruhe in den der Bewe- gung versetzt werden oder nur ihre Bewegung fortsetzen. Werden zweckmässige Schmieren zwischen polirte Flächen gelegt, oder vielmehr diese Schmieren in die Körper eingerieben, so wird der Widerstand der Reibung bedeu- tend vermindert, indem die Schmiere die Höhlungen der polirten Flächen ausfüllt, und diese Flächen gleichsam in einiger Entfernung von einander hält, wodurch dann das wech- selseitige Eingreifen der hervorragenden Theilchen beider Flächen in einander vermin- dert wird. Hiebei ist zu bemerken, dass ein vollkommen polirter Körper, wenn er frisch eingeschmirt wird, einen grössern Widerstand der Reibung äussert, als wenn die- se Schmiere durch einen stärkern Druck eingerieben und diese Operation mehrmals wie- derholt wird. Werden polirte Holzflächen unter einem beträchtlichen senkrech- ten Drucke auf einander bewegt, so braucht man zur Verminderung des Reibungswider- standes die sogenannten harten Schmieren, als: Unschlitt, Seife ....., weil das Holz vom Oehle aufquillt, und daher die Erhöhungen und Vertiefungen statt sie zu be- decken, vielmehr grösser macht. Bei Metallen hingegen ist die anwendbarste Schmiere zur Verminderung des Widerstandes der Reibung das Oehl, jedoch muss diess ganz rein und frisch, und nicht ranzig oder oxydirt seyn, weil es sonst die Metalle angreift und diese rosten. Das Einschmieren der Hölzer und Metalle geschieht übrigens am vortheil- haftesten unter einem grossen Drucke und bei geschwinder Bewegung, weil in diesem Falle die Schmiere viel leichter eindringt. Wird eine sehr schmale oder schneidige Fläche auf einer andern Fläche fortgeschoben, so nützt die Schmiere weit weniger, als wenn die reibenden Flächen breit sind. Der vortheilhafteste Fall findet dann statt, wenn sich die Schmiere immer wieder erneuert, wie z. B. bei einem Wagenrade, wo die feste Achse bei der Umdrehung der Büchse fortwährend einen andern Punkt derselben berührt. Da der Reibungswiderstand bei gleichartigen Körpern nach Aus- weis der obigen Tabellen grösser ist, als wenn ungleichartige Körper sich auf einander bewegen, so wird von diesem Umstande ein vortheilhafter Gebrauch bei Maschinen gemacht, indem wir z. B. statt eiserne Zapfen in eisernen Lagern umdrehen zu lassen, zu den Lagern lieber Messing oder eine andere Metall- komposition verwenden. Laufen stählerne Zapfen in kupfernen Pfannen, so ist die Rei- bung geringer, als wenn die Pfannen auch aus Stahl bestehen. Bei Kupfer auf Eisen ist der Reibungscoefficient bei der drehenden Reibung 2/23; läuft aber Eisen auf einem

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/527>, abgerufen am 24.11.2024.