Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Reibung der Seile um Cylinder.
berechnen: Es sey a e ein kleines Stück der Peripherie, um welche das Seil geschlun-Fig.
21.
Tab.
27.

gen ist; die Last Q hänge in a senkrecht herab, und die Kraft P wirke in der Rich-
tung der Tangente zu e. Verlängern wir die Richtung der Kraft und Last, und set-
zen b a = Q, so ist b e = P und diese zwei Kräfte, welche bei b einen Winkel mit-
sammen bilden, lassen sich mittelst des Parallelogrammes a b e d in die mittlere Kraft
b d vereinigen, die den gesammten Druck auf den Cylinder vorstellt.

Wegen der Aehnlichkeit der Dreiecke b o a und o c a haben wir b o : b a = o a : a c
und [Formel 1] , also ist der ganze Druck auf die Peripherie des Cy-
linders [Formel 2] . Liegen die Punkte a und e nahe an einander, so
fällt die Sehne a o e mit dem Bogen a n e zusammen, und es ist daher der Druck auf die
Peripherie des Cylinders [Formel 3] , wenn wir den Bogen, an welchem das Seil anliegt,
mit s bezeichnen. Die Kraft in e, welche ohne Reibung = Q gewesen wäre, wird
demnach wegen der Reibung ebendaselbst, [Formel 4] seyn.

Nehmen wir nun einen zweiten Bogen e f von gleicher Länge wie a e an, so ist
P für den Punkt e als Last zu betrachten, und wir haben die erforderliche Kraft in
der Richtung der Tangente zu f, nämlich [Formel 5] , und wenn substituirt
wird, [Formel 6] . Für einen dritten Bogen von gleicher Länge erhalten
wir die am Ende desselben erforderliche Kraft [Formel 7] u. s. w. Hier-
aus ersehen wir bereits das Gesetz, nach welchem die zur Bewegung des Seiles er-
forderliche Kraft zunimmt *).

*) Genauer wird obige Rechnung auf folgende Art gemacht: Es sey der Bogen m a = s und a e = d s,Fig.
22.

der Winkel m c a = ph und a c e = d ph; die Kraft, welche zur Bewegung des Seiles in a erfordert
wird, sey P und jene in e sey P'. Aus der im Texte angeführten Zerlegung der Kräfte folgt
[Formel 8] , weil aber [Formel 9] , so ist auch P' = P (1 + m . d ph). Der Unter-
schied der Kraft, welche in den Punkten a und e erfordert wird, ist daher P' -- P = P . m . d ph
und diess muss = d P seyn. Diess gibt [Formel 10]
Das Integrale hievon ist nat. log. P = m . ph + Const. Ist ph = 0, so ist P = Q, also
nat. log. Q = 0 + Const, und daher nat. log. P -- nat. log. Q = m . ph oder
nat. log. [Formel 11] = m . ph . nat. log. e, hieraus folgt e [Formel 12] und P = Q . e m . ph.
Ist nun ph = 0, so ist P = Q. Für den Viertel Kreis ist [Formel 13] , also [Formel 14] ; für
den halben Kreis ist ph = p, also [Formel 15] ; für drei Viertheile des Kreises ist ph = 1,5 p
also [Formel 16] u. s. w. Setzt man p = 3,14159, so erhalten wir für das im Texte aufgelösste
Beispiel jedesmal die erforderliche Kraft, wenn
das Seil 1 Peripherie umschlingt = Q . 2,193, wenn das Seil 3 Peripherien umschlingt = Q . 10,551,
" " 2 " " = Q . 4,810, " " 4 " " = Q . 23,141.
Diese Werthe stimmen mit den obigen nahe überein.

Reibung der Seile um Cylinder.
berechnen: Es sey a e ein kleines Stück der Peripherie, um welche das Seil geschlun-Fig.
21.
Tab.
27.

gen ist; die Last Q hänge in a senkrecht herab, und die Kraft P wirke in der Rich-
tung der Tangente zu e. Verlängern wir die Richtung der Kraft und Last, und set-
zen b a = Q, so ist b e = P und diese zwei Kräfte, welche bei b einen Winkel mit-
sammen bilden, lassen sich mittelst des Parallelogrammes a b e d in die mittlere Kraft
b d vereinigen, die den gesammten Druck auf den Cylinder vorstellt.

Wegen der Aehnlichkeit der Dreiecke b o a und o c a haben wir b o : b a = o a : a c
und [Formel 1] , also ist der ganze Druck auf die Peripherie des Cy-
linders [Formel 2] . Liegen die Punkte a und e nahe an einander, so
fällt die Sehne a o e mit dem Bogen a n e zusammen, und es ist daher der Druck auf die
Peripherie des Cylinders [Formel 3] , wenn wir den Bogen, an welchem das Seil anliegt,
mit s bezeichnen. Die Kraft in e, welche ohne Reibung = Q gewesen wäre, wird
demnach wegen der Reibung ebendaselbst, [Formel 4] seyn.

Nehmen wir nun einen zweiten Bogen e f von gleicher Länge wie a e an, so ist
P für den Punkt e als Last zu betrachten, und wir haben die erforderliche Kraft in
der Richtung der Tangente zu f, nämlich [Formel 5] , und wenn substituirt
wird, [Formel 6] . Für einen dritten Bogen von gleicher Länge erhalten
wir die am Ende desselben erforderliche Kraft [Formel 7] u. s. w. Hier-
aus ersehen wir bereits das Gesetz, nach welchem die zur Bewegung des Seiles er-
forderliche Kraft zunimmt *).

*) Genauer wird obige Rechnung auf folgende Art gemacht: Es sey der Bogen m a = s und a e = d s,Fig.
22.

der Winkel m c a = φ und a c e = d φ; die Kraft, welche zur Bewegung des Seiles in a erfordert
wird, sey P und jene in e sey P'. Aus der im Texte angeführten Zerlegung der Kräfte folgt
[Formel 8] , weil aber [Formel 9] , so ist auch P' = P (1 + m . d φ). Der Unter-
schied der Kraft, welche in den Punkten a und e erfordert wird, ist daher P' — P = P . m . d φ
und diess muss = d P seyn. Diess gibt [Formel 10]
Das Integrale hievon ist nat. log. P = m . φ + Const. Ist φ = 0, so ist P = Q, also
nat. log. Q = 0 + Const, und daher nat. log. P — nat. log. Q = m . φ oder
nat. log. [Formel 11] = m . φ . nat. log. e, hieraus folgt e [Formel 12] und P = Q . e m . φ.
Ist nun φ = 0, so ist P = Q. Für den Viertel Kreis ist [Formel 13] , also [Formel 14] ; für
den halben Kreis ist φ = π, also [Formel 15] ; für drei Viertheile des Kreises ist φ = 1,5 π
also [Formel 16] u. s. w. Setzt man π = 3,14159, so erhalten wir für das im Texte aufgelösste
Beispiel jedesmal die erforderliche Kraft, wenn
das Seil 1 Peripherie umschlingt = Q . 2,193, wenn das Seil 3 Peripherien umschlingt = Q . 10,551,
„ „ 2 „ „ = Q . 4,810, „ „ 4 „ „ = Q . 23,141.
Diese Werthe stimmen mit den obigen nahe überein.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0549" n="517"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Reibung der Seile um Cylinder</hi>.</fw><lb/>
berechnen: Es sey a e ein kleines Stück der Peripherie, um welche das Seil geschlun-<note place="right">Fig.<lb/>
21.<lb/>
Tab.<lb/>
27.</note><lb/>
gen ist; die Last Q hänge in a senkrecht herab, und die Kraft P wirke in der Rich-<lb/>
tung der Tangente zu e. Verlängern wir die Richtung der Kraft und Last, und set-<lb/>
zen b a = Q, so ist b e = P und diese zwei Kräfte, welche bei b einen Winkel mit-<lb/>
sammen bilden, lassen sich mittelst des Parallelogrammes a b e d in die mittlere Kraft<lb/>
b d vereinigen, die den gesammten Druck auf den Cylinder vorstellt.</p><lb/>
            <p>Wegen der Aehnlichkeit der Dreiecke b o a und o c a haben wir b o : b a = o a : a c<lb/>
und <formula/>, also ist der ganze Druck auf die Peripherie des Cy-<lb/>
linders <formula/>. Liegen die Punkte a und e nahe an einander, so<lb/>
fällt die Sehne a o e mit dem Bogen a n e zusammen, und es ist daher der Druck auf die<lb/>
Peripherie des Cylinders <formula/>, wenn wir den Bogen, an welchem das Seil anliegt,<lb/>
mit s bezeichnen. Die Kraft in e, welche ohne Reibung = Q gewesen wäre, wird<lb/>
demnach wegen der Reibung ebendaselbst, <formula/> seyn.</p><lb/>
            <p>Nehmen wir nun einen zweiten Bogen e f von gleicher Länge wie a e an, so ist<lb/>
P für den Punkt e als Last zu betrachten, und wir haben die erforderliche Kraft in<lb/>
der Richtung der Tangente zu f, nämlich <formula/>, und wenn substituirt<lb/>
wird, <formula/>. Für einen dritten Bogen von gleicher Länge erhalten<lb/>
wir die am Ende desselben erforderliche Kraft <formula/> u. s. w. Hier-<lb/>
aus ersehen wir bereits das Gesetz, nach welchem die zur Bewegung des Seiles er-<lb/>
forderliche Kraft zunimmt <note place="foot" n="*)">Genauer wird obige Rechnung auf folgende Art gemacht: Es sey der Bogen m a = s und a e = d s,<note place="right">Fig.<lb/>
22.</note><lb/>
der Winkel m c a = &#x03C6; und a c e = d &#x03C6;; die Kraft, welche zur Bewegung des Seiles in a erfordert<lb/>
wird, sey P und jene in e sey P'. Aus der im Texte angeführten Zerlegung der Kräfte folgt<lb/><formula/>, weil aber <formula/>, so ist auch P' = P (1 + m . d &#x03C6;). Der Unter-<lb/>
schied der Kraft, welche in den Punkten a und e erfordert wird, ist daher P' &#x2014; P = P . m . d &#x03C6;<lb/>
und diess muss = d P seyn. Diess gibt <formula/><lb/>
Das Integrale hievon ist nat. log. P = m . &#x03C6; + Const. Ist &#x03C6; = 0, so ist P = Q, also<lb/>
nat. log. Q = 0 + Const, und daher nat. log. P &#x2014; nat. log. Q = m . &#x03C6; oder<lb/>
nat. log. <formula/> = m . &#x03C6; . nat. log. e, hieraus folgt e <formula/> und P = Q . e <hi rendition="#sup">m . &#x03C6;.</hi><lb/>
Ist nun &#x03C6; = 0, so ist P = Q. Für den Viertel Kreis ist <formula/>, also <formula/>; für<lb/>
den halben Kreis ist &#x03C6; = &#x03C0;, also <formula/>; für drei Viertheile des Kreises ist &#x03C6; = 1,<hi rendition="#sub">5</hi> &#x03C0;<lb/>
also <formula/> u. s. w. Setzt man &#x03C0; = 3,<hi rendition="#sub">14159</hi>, so erhalten wir für das im Texte aufgelösste<lb/><list><item><hi rendition="#g">Beispiel</hi> jedesmal die erforderliche Kraft, wenn<lb/>
das Seil 1 Peripherie umschlingt = Q . 2,<hi rendition="#sub">193</hi>, wenn das Seil 3 Peripherien umschlingt = Q . 10,<hi rendition="#sub">551</hi>,<lb/>
&#x201E; &#x201E; 2 &#x201E; &#x201E; = Q . 4,<hi rendition="#sub">810</hi>, &#x201E; &#x201E; 4 &#x201E; &#x201E; = Q . 23,<hi rendition="#sub">141</hi>.</item></list><lb/>
Diese Werthe stimmen mit den obigen nahe überein.</note>.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[517/0549] Reibung der Seile um Cylinder. berechnen: Es sey a e ein kleines Stück der Peripherie, um welche das Seil geschlun- gen ist; die Last Q hänge in a senkrecht herab, und die Kraft P wirke in der Rich- tung der Tangente zu e. Verlängern wir die Richtung der Kraft und Last, und set- zen b a = Q, so ist b e = P und diese zwei Kräfte, welche bei b einen Winkel mit- sammen bilden, lassen sich mittelst des Parallelogrammes a b e d in die mittlere Kraft b d vereinigen, die den gesammten Druck auf den Cylinder vorstellt. Fig. 21. Tab. 27. Wegen der Aehnlichkeit der Dreiecke b o a und o c a haben wir b o : b a = o a : a c und [FORMEL], also ist der ganze Druck auf die Peripherie des Cy- linders [FORMEL]. Liegen die Punkte a und e nahe an einander, so fällt die Sehne a o e mit dem Bogen a n e zusammen, und es ist daher der Druck auf die Peripherie des Cylinders [FORMEL], wenn wir den Bogen, an welchem das Seil anliegt, mit s bezeichnen. Die Kraft in e, welche ohne Reibung = Q gewesen wäre, wird demnach wegen der Reibung ebendaselbst, [FORMEL] seyn. Nehmen wir nun einen zweiten Bogen e f von gleicher Länge wie a e an, so ist P für den Punkt e als Last zu betrachten, und wir haben die erforderliche Kraft in der Richtung der Tangente zu f, nämlich [FORMEL], und wenn substituirt wird, [FORMEL]. Für einen dritten Bogen von gleicher Länge erhalten wir die am Ende desselben erforderliche Kraft [FORMEL] u. s. w. Hier- aus ersehen wir bereits das Gesetz, nach welchem die zur Bewegung des Seiles er- forderliche Kraft zunimmt *). *) Genauer wird obige Rechnung auf folgende Art gemacht: Es sey der Bogen m a = s und a e = d s, der Winkel m c a = φ und a c e = d φ; die Kraft, welche zur Bewegung des Seiles in a erfordert wird, sey P und jene in e sey P'. Aus der im Texte angeführten Zerlegung der Kräfte folgt [FORMEL], weil aber [FORMEL], so ist auch P' = P (1 + m . d φ). Der Unter- schied der Kraft, welche in den Punkten a und e erfordert wird, ist daher P' — P = P . m . d φ und diess muss = d P seyn. Diess gibt [FORMEL] Das Integrale hievon ist nat. log. P = m . φ + Const. Ist φ = 0, so ist P = Q, also nat. log. Q = 0 + Const, und daher nat. log. P — nat. log. Q = m . φ oder nat. log. [FORMEL] = m . φ . nat. log. e, hieraus folgt e [FORMEL] und P = Q . e m . φ. Ist nun φ = 0, so ist P = Q. Für den Viertel Kreis ist [FORMEL], also [FORMEL]; für den halben Kreis ist φ = π, also [FORMEL]; für drei Viertheile des Kreises ist φ = 1,5 π also [FORMEL] u. s. w. Setzt man π = 3,14159, so erhalten wir für das im Texte aufgelösste Beispiel jedesmal die erforderliche Kraft, wenn das Seil 1 Peripherie umschlingt = Q . 2,193, wenn das Seil 3 Peripherien umschlingt = Q . 10,551, „ „ 2 „ „ = Q . 4,810, „ „ 4 „ „ = Q . 23,141. Diese Werthe stimmen mit den obigen nahe überein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/549
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/549>, abgerufen am 22.11.2024.