Weil wir aber in dieser Rechnung die Kraft als ein Gewicht angenommen haben, welches in allen Punkten seiner Bewegung dieselbe Wirkung äussert, so versteht es sich von selbst, dass man diese Rechnung nur als eine Annäherung zur bessern Er- klärung dieses Gegenstandes betrachten könne.
In dieser Hinsicht kommt es vorzüglich auf die obige Grösse
[Formel 1]
an. Man sieht, dass eine Beschleunigung erfolgt, wenn das statische Moment der Kraft P . a grösser als das Moment der Last Q . b, und im Gegentheile erfolgt eine Verzögerung, wenn Q . b grösser als P . a ist. Eine ganz gleichförmige Bewegung ist nur zu erhalten, wenn diese zwei Momente einander gleich sind. Man muss daher in allen Fällen darauf sehen, diese Momente einander gleich zu machen; ist diess aber nicht möglich, so wird die Ungleichheit in der Bewegung durch die Grös- se des Nenners vermindert. Da eine Vermehrung von P . a2 und Q . b2 in mancher Hinsicht nicht wohl geschehen kann, so kommt es vorzüglich auf das Moment M . f2 an, d. h. das Schwungrad muss schwer seyn und was noch besser ist, die schwe- ren Theile des Schwungrades müssen auf einer möglichst grossen Entfernung von der Achse angebracht werden.
Auf diese Weise wird in allen Fällen, wo die Kraft oder die Widerstände un- gleichförmig wirken, eine möglichst gleichförmige Bewegung hervorgebracht. Hieraus erhellet aber auch, dass in jenen Fällen, wo sowohl die Kraft, als auch die Wider- stände einander gleichförmig entgegenwirken, z. B. bei einem Pferdezuge das Anbrin- gen eines Schwungrades sehr unschicklich seyn würde, weil diess der Kraft nichts nützen, nur die Reibung und die Hindernisse der Bewegung vermehren, und dem Ef- fekte vielmehr nachtheilig seyn würde.
§. 524.
Will man auf den Widerstand der Reibung Rücksicht nehmen, so ist die Geschwin- digkeit
[Formel 2]
und der Raum
[Formel 3]
.
Beispiel. Es sey die Last Q = 100 Lb, die Kraft P = 30 Lb, das Gewicht des Schwungrades R = 200 Lb, und das Gewicht der Maschine M = 240 Lb. Der Reibungscoeffizient m = 1/8 , der Halbmesser des Zapfens e = 1 Zoll, der Halb- messer der Welle b = 3 Zoll, und der Halbmesser der Kraft a = 12 Zoll, so ist:
[Formel 4]
, oder
[Formel 5]
.
Wenn nun der Halbmesser des Schwungrades oder der Halbmesser derjenigen Pe- ripherie, in welcher das Gewicht aller Bestandtheile des Schwungrades vereinigt gedacht werden kann, f = 36 Zoll, so ist
[Formel 6]
; wäre aber f doppelt so gross oder
Gerstners Mechanik. Band I. 71
Uiberwucht bei dem Rade an der Welle.
Weil wir aber in dieser Rechnung die Kraft als ein Gewicht angenommen haben, welches in allen Punkten seiner Bewegung dieselbe Wirkung äussert, so versteht es sich von selbst, dass man diese Rechnung nur als eine Annäherung zur bessern Er- klärung dieses Gegenstandes betrachten könne.
In dieser Hinsicht kommt es vorzüglich auf die obige Grösse
[Formel 1]
an. Man sieht, dass eine Beschleunigung erfolgt, wenn das statische Moment der Kraft P . a grösser als das Moment der Last Q . b, und im Gegentheile erfolgt eine Verzögerung, wenn Q . b grösser als P . a ist. Eine ganz gleichförmige Bewegung ist nur zu erhalten, wenn diese zwei Momente einander gleich sind. Man muss daher in allen Fällen darauf sehen, diese Momente einander gleich zu machen; ist diess aber nicht möglich, so wird die Ungleichheit in der Bewegung durch die Grös- se des Nenners vermindert. Da eine Vermehrung von P . a2 und Q . b2 in mancher Hinsicht nicht wohl geschehen kann, so kommt es vorzüglich auf das Moment M . f2 an, d. h. das Schwungrad muss schwer seyn und was noch besser ist, die schwe- ren Theile des Schwungrades müssen auf einer möglichst grossen Entfernung von der Achse angebracht werden.
Auf diese Weise wird in allen Fällen, wo die Kraft oder die Widerstände un- gleichförmig wirken, eine möglichst gleichförmige Bewegung hervorgebracht. Hieraus erhellet aber auch, dass in jenen Fällen, wo sowohl die Kraft, als auch die Wider- stände einander gleichförmig entgegenwirken, z. B. bei einem Pferdezuge das Anbrin- gen eines Schwungrades sehr unschicklich seyn würde, weil diess der Kraft nichts nützen, nur die Reibung und die Hindernisse der Bewegung vermehren, und dem Ef- fekte vielmehr nachtheilig seyn würde.
§. 524.
Will man auf den Widerstand der Reibung Rücksicht nehmen, so ist die Geschwin- digkeit
[Formel 2]
und der Raum
[Formel 3]
.
Beispiel. Es sey die Last Q = 100 ℔, die Kraft P = 30 ℔, das Gewicht des Schwungrades R = 200 ℔, und das Gewicht der Maschine M = 240 ℔. Der Reibungscoeffizient m = ⅛, der Halbmesser des Zapfens e = 1 Zoll, der Halb- messer der Welle b = 3 Zoll, und der Halbmesser der Kraft a = 12 Zoll, so ist:
[Formel 4]
, oder
[Formel 5]
.
Wenn nun der Halbmesser des Schwungrades oder der Halbmesser derjenigen Pe- ripherie, in welcher das Gewicht aller Bestandtheile des Schwungrades vereinigt gedacht werden kann, f = 36 Zoll, so ist
[Formel 6]
; wäre aber f doppelt so gross oder
Gerstners Mechanik. Band I. 71
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0593"n="561"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#i">Uiberwucht bei dem Rade an der Welle</hi>.</fw><lb/><p>Weil wir aber in dieser Rechnung die Kraft <hirendition="#g">als ein Gewicht</hi> angenommen haben,<lb/>
welches in allen Punkten seiner Bewegung <hirendition="#g">dieselbe Wirkung</hi> äussert, so versteht<lb/>
es sich von selbst, dass man diese Rechnung nur als eine Annäherung zur bessern Er-<lb/>
klärung dieses Gegenstandes betrachten könne.</p><lb/><p>In dieser Hinsicht kommt es vorzüglich auf die obige Grösse <formula/><lb/>
an. Man sieht, dass eine Beschleunigung erfolgt, wenn das statische Moment der<lb/>
Kraft P . a grösser als das Moment der Last Q . b, und im Gegentheile erfolgt eine<lb/>
Verzögerung, wenn Q . b grösser als P . a ist. Eine ganz gleichförmige Bewegung ist<lb/>
nur zu erhalten, wenn diese zwei Momente einander gleich sind. Man muss daher<lb/>
in allen Fällen darauf sehen, diese Momente einander gleich zu machen; ist diess<lb/>
aber nicht möglich, so wird die Ungleichheit in der Bewegung durch die Grös-<lb/>
se des Nenners vermindert. Da eine Vermehrung von P . a<hirendition="#sup">2</hi> und Q . b<hirendition="#sup">2</hi> in mancher Hinsicht<lb/>
nicht wohl geschehen kann, so kommt es vorzüglich auf das Moment M . f<hirendition="#sup">2</hi> an, d. h.<lb/><hirendition="#g">das Schwungrad muss schwer seyn</hi> und was noch besser ist, <hirendition="#g">die schwe-<lb/>
ren Theile des Schwungrades müssen auf einer möglichst grossen<lb/>
Entfernung von der Achse angebracht werden</hi>.</p><lb/><p>Auf diese Weise wird in allen Fällen, wo die Kraft oder die Widerstände un-<lb/>
gleichförmig wirken, eine möglichst gleichförmige Bewegung hervorgebracht. Hieraus<lb/>
erhellet aber auch, dass in jenen Fällen, wo sowohl die Kraft, als auch die Wider-<lb/>
stände einander gleichförmig entgegenwirken, z. B. bei einem Pferdezuge das Anbrin-<lb/>
gen eines Schwungrades sehr unschicklich seyn würde, weil diess der Kraft nichts<lb/>
nützen, nur die Reibung und die Hindernisse der Bewegung vermehren, und dem Ef-<lb/>
fekte vielmehr nachtheilig seyn würde.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 524.</head><lb/><p>Will man auf den Widerstand der Reibung Rücksicht nehmen, so ist die Geschwin-<lb/>
digkeit <formula/> und der Raum<lb/><formula/>.</p><lb/><list><item><hirendition="#g">Beispiel</hi>. Es sey die Last Q = 100 ℔, die Kraft P = 30 ℔, das Gewicht des<lb/>
Schwungrades R = 200 ℔, und das Gewicht der Maschine M = 240 ℔. Der<lb/>
Reibungscoeffizient m = ⅛, der Halbmesser des Zapfens e = 1 Zoll, der Halb-<lb/>
messer der Welle b = 3 Zoll, und der Halbmesser der Kraft a = 12 Zoll, so ist:<lb/><formula/>, oder<lb/><formula/>.</item></list><lb/><p>Wenn nun der Halbmesser des Schwungrades oder der Halbmesser derjenigen Pe-<lb/>
ripherie, in welcher das Gewicht aller Bestandtheile des Schwungrades vereinigt gedacht<lb/>
werden kann, f = 36 Zoll, so ist <formula/>; wäre aber f doppelt so gross oder<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Gerstners Mechanik. Band I. 71</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[561/0593]
Uiberwucht bei dem Rade an der Welle.
Weil wir aber in dieser Rechnung die Kraft als ein Gewicht angenommen haben,
welches in allen Punkten seiner Bewegung dieselbe Wirkung äussert, so versteht
es sich von selbst, dass man diese Rechnung nur als eine Annäherung zur bessern Er-
klärung dieses Gegenstandes betrachten könne.
In dieser Hinsicht kommt es vorzüglich auf die obige Grösse [FORMEL]
an. Man sieht, dass eine Beschleunigung erfolgt, wenn das statische Moment der
Kraft P . a grösser als das Moment der Last Q . b, und im Gegentheile erfolgt eine
Verzögerung, wenn Q . b grösser als P . a ist. Eine ganz gleichförmige Bewegung ist
nur zu erhalten, wenn diese zwei Momente einander gleich sind. Man muss daher
in allen Fällen darauf sehen, diese Momente einander gleich zu machen; ist diess
aber nicht möglich, so wird die Ungleichheit in der Bewegung durch die Grös-
se des Nenners vermindert. Da eine Vermehrung von P . a2 und Q . b2 in mancher Hinsicht
nicht wohl geschehen kann, so kommt es vorzüglich auf das Moment M . f2 an, d. h.
das Schwungrad muss schwer seyn und was noch besser ist, die schwe-
ren Theile des Schwungrades müssen auf einer möglichst grossen
Entfernung von der Achse angebracht werden.
Auf diese Weise wird in allen Fällen, wo die Kraft oder die Widerstände un-
gleichförmig wirken, eine möglichst gleichförmige Bewegung hervorgebracht. Hieraus
erhellet aber auch, dass in jenen Fällen, wo sowohl die Kraft, als auch die Wider-
stände einander gleichförmig entgegenwirken, z. B. bei einem Pferdezuge das Anbrin-
gen eines Schwungrades sehr unschicklich seyn würde, weil diess der Kraft nichts
nützen, nur die Reibung und die Hindernisse der Bewegung vermehren, und dem Ef-
fekte vielmehr nachtheilig seyn würde.
§. 524.
Will man auf den Widerstand der Reibung Rücksicht nehmen, so ist die Geschwin-
digkeit [FORMEL] und der Raum
[FORMEL].
Beispiel. Es sey die Last Q = 100 ℔, die Kraft P = 30 ℔, das Gewicht des
Schwungrades R = 200 ℔, und das Gewicht der Maschine M = 240 ℔. Der
Reibungscoeffizient m = ⅛, der Halbmesser des Zapfens e = 1 Zoll, der Halb-
messer der Welle b = 3 Zoll, und der Halbmesser der Kraft a = 12 Zoll, so ist:
[FORMEL], oder
[FORMEL].
Wenn nun der Halbmesser des Schwungrades oder der Halbmesser derjenigen Pe-
ripherie, in welcher das Gewicht aller Bestandtheile des Schwungrades vereinigt gedacht
werden kann, f = 36 Zoll, so ist [FORMEL]; wäre aber f doppelt so gross oder
Gerstners Mechanik. Band I. 71
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/593>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.