des Wagens auf der Hülse befestigt ist, so erwartete man, dass die Stösse, welche bei den Zu- sammenfügungen der Schienen oder durch Steine an die Räder und Achsen verursacht werden, durch das flüssige jedoch zähe Oehl, welches die Achse umgibt, vermindert, und nur in einem geringern Grade der Hülse und dadurch dem Gestelle des Wagens mitgetheilt werden. Der Zweck dieser Einrichtung war die Erreichung derselben Vortheile, welche die Federn gewähren, deren Gebrauch aber in England mit einer Taxe belegt ist.
§. 560.
Da unserer bisherigen Beschreibung zufolge bei den englischen Bahnen immer zwei Räder an einer Achse fest sind, und sich gemeinschaftlich mit derselben bewegen, so muss nothwendig der Widerstand der Reibung an den Bahnschienen in Krümmungen be- deutend werden, indem die Räder in der äussern Bahn einen grössern Raum, jene in der innern Bahn aber einen kleinern Raum in derselben Zeit zurückzulegen haben, demnach nebst der rollenden Bewegung ein ähnliches Schleifen auf der Bahn entstehen muss, wie wir es bereits §. 543 bei den konischen Rädern gezeigt haben. Um diese Reibung, so weit es möglich ist, zu verhindern, sind folgende Einrichtungen bei den englischen Eisen- Fig. 1, 11 und 12. Tab. 32.bahnen vorhanden: 1tens der Kranz des Rades ist wie Fig. 12, Tab. 32 konisch geformt und die Schienen wie Fig. 1 und 11 an ihrer Oberfläche abgerundet, demnach läuft der harte Radkranz eigentlich nur mit einer sehr schmalen Fläche auf den Schienen und kann daher sehr leicht von denselben herabgleiten oder hinaufgehen. Da die Verjüngung der Räder auf 30 Zoll Höhe gewöhnlich 1/2 Zoll beträgt, so wollen wir Beispiels halber nur annehmen, dass das Rad in der innern Bahn auf dem Durchmesser 291/2 + 1/8 = 29 5/8 Zoll und jenes in der äussern Bahn auf einem um 1/4 Zoll grössern Durchmesser oder mit 29 7/8 Zoll sich forbewege. Demnach werden sich die Durchmesser wie 237 : 239 verhalten und in diesem Verhältnisse können auch die Halbmesser der krummen Bahnen stehen. Nennen wir den Halbmesser der innern Bahn x und setzen die Geleiseweite = 4,5 Fuss, so haben wir x : x + 4,5 = 237 : 239, woraus x = 533,25 Fuss folgt. Für diesen Krüm- mungshalbmesser wird daher wegen der angenommenen konischen Gestalt der Räder keine besondere Reibung auf der Bahn entstehen. 2tens Um das Abgleiten der Wägen von der äussern Bahn in die innere bei der Bewegung in Krümmungen möglichst zu erleichtern, werden die Schienen an der Aussenseite der Krümmungen immer höher als an der innern Seite gelegt. Diese Erhöhung beträgt bei den schärfsten Krümmungen, deren Halbmesser beiläufig 40 Klafter ist, für die Geleiseweite von 4,5 Fuss vier bis fünf Zoll. Der Wagen befindet sich daher in jeder Krümmung in einer geneigten Lage und be- gegnet dadurch der Wirkung der Schwungkraft, welche ihn vorzüglich bei grossen Geschwindigkeiten auswärts treiben oder vom Mittelpunkte der Krümmung entfernen würde. 3tens Um das Wenden der Wägen in den Krümmungen zu erleichtern, beträgt die Entfernung der Radachsen bei den englischen Bahnwägen gewöhnlich nur 3 Fuss 3 Zoll, während die Geleiseweite im Lichten der Schienen 4 Fuss 6 Zoll misst; es kann also eine Verrückung des Wagens innerhalb der Bahn mit vieler Leichtigkeit geschehen, wogegen diess bei jedem andern Wagen, dessen Geleiseweite kleiner als die Entfernung der Radachsen ist, nicht ohne bedeutenden Kraftaufwand verrichtet wer- den kann. Alle englischen Bahnwägen sind in dieser Hinsicht sehr kurz, und wenden sich daher leicht bei dem daselbst vorhandenen Verhältnisse der Geleiseweite.
Bahnwägen in Krümmungen.
des Wagens auf der Hülse befestigt ist, so erwartete man, dass die Stösse, welche bei den Zu- sammenfügungen der Schienen oder durch Steine an die Räder und Achsen verursacht werden, durch das flüssige jedoch zähe Oehl, welches die Achse umgibt, vermindert, und nur in einem geringern Grade der Hülse und dadurch dem Gestelle des Wagens mitgetheilt werden. Der Zweck dieser Einrichtung war die Erreichung derselben Vortheile, welche die Federn gewähren, deren Gebrauch aber in England mit einer Taxe belegt ist.
§. 560.
Da unserer bisherigen Beschreibung zufolge bei den englischen Bahnen immer zwei Räder an einer Achse fest sind, und sich gemeinschaftlich mit derselben bewegen, so muss nothwendig der Widerstand der Reibung an den Bahnschienen in Krümmungen be- deutend werden, indem die Räder in der äussern Bahn einen grössern Raum, jene in der innern Bahn aber einen kleinern Raum in derselben Zeit zurückzulegen haben, demnach nebst der rollenden Bewegung ein ähnliches Schleifen auf der Bahn entstehen muss, wie wir es bereits §. 543 bei den konischen Rädern gezeigt haben. Um diese Reibung, so weit es möglich ist, zu verhindern, sind folgende Einrichtungen bei den englischen Eisen- Fig. 1, 11 und 12. Tab. 32.bahnen vorhanden: 1tens der Kranz des Rades ist wie Fig. 12, Tab. 32 konisch geformt und die Schienen wie Fig. 1 und 11 an ihrer Oberfläche abgerundet, demnach läuft der harte Radkranz eigentlich nur mit einer sehr schmalen Fläche auf den Schienen und kann daher sehr leicht von denselben herabgleiten oder hinaufgehen. Da die Verjüngung der Räder auf 30 Zoll Höhe gewöhnlich ½ Zoll beträgt, so wollen wir Beispiels halber nur annehmen, dass das Rad in der innern Bahn auf dem Durchmesser 29½ + ⅛ = 29⅝ Zoll und jenes in der äussern Bahn auf einem um ¼ Zoll grössern Durchmesser oder mit 29⅞ Zoll sich forbewege. Demnach werden sich die Durchmesser wie 237 : 239 verhalten und in diesem Verhältnisse können auch die Halbmesser der krummen Bahnen stehen. Nennen wir den Halbmesser der innern Bahn x und setzen die Geleiseweite = 4,5 Fuss, so haben wir x : x + 4,5 = 237 : 239, woraus x = 533,25 Fuss folgt. Für diesen Krüm- mungshalbmesser wird daher wegen der angenommenen konischen Gestalt der Räder keine besondere Reibung auf der Bahn entstehen. 2tens Um das Abgleiten der Wägen von der äussern Bahn in die innere bei der Bewegung in Krümmungen möglichst zu erleichtern, werden die Schienen an der Aussenseite der Krümmungen immer höher als an der innern Seite gelegt. Diese Erhöhung beträgt bei den schärfsten Krümmungen, deren Halbmesser beiläufig 40 Klafter ist, für die Geleiseweite von 4,5 Fuss vier bis fünf Zoll. Der Wagen befindet sich daher in jeder Krümmung in einer geneigten Lage und be- gegnet dadurch der Wirkung der Schwungkraft, welche ihn vorzüglich bei grossen Geschwindigkeiten auswärts treiben oder vom Mittelpunkte der Krümmung entfernen würde. 3tens Um das Wenden der Wägen in den Krümmungen zu erleichtern, beträgt die Entfernung der Radachsen bei den englischen Bahnwägen gewöhnlich nur 3 Fuss 3 Zoll, während die Geleiseweite im Lichten der Schienen 4 Fuss 6 Zoll misst; es kann also eine Verrückung des Wagens innerhalb der Bahn mit vieler Leichtigkeit geschehen, wogegen diess bei jedem andern Wagen, dessen Geleiseweite kleiner als die Entfernung der Radachsen ist, nicht ohne bedeutenden Kraftaufwand verrichtet wer- den kann. Alle englischen Bahnwägen sind in dieser Hinsicht sehr kurz, und wenden sich daher leicht bei dem daselbst vorhandenen Verhältnisse der Geleiseweite.
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[614/0646]
Bahnwägen in Krümmungen.
des Wagens auf der Hülse befestigt ist, so erwartete man, dass die Stösse, welche bei den Zu-
sammenfügungen der Schienen oder durch Steine an die Räder und Achsen verursacht
werden, durch das flüssige jedoch zähe Oehl, welches die Achse umgibt, vermindert, und
nur in einem geringern Grade der Hülse und dadurch dem Gestelle des Wagens mitgetheilt
werden. Der Zweck dieser Einrichtung war die Erreichung derselben Vortheile, welche
die Federn gewähren, deren Gebrauch aber in England mit einer Taxe belegt ist.
§. 560.
Da unserer bisherigen Beschreibung zufolge bei den englischen Bahnen immer zwei
Räder an einer Achse fest sind, und sich gemeinschaftlich mit derselben bewegen, so
muss nothwendig der Widerstand der Reibung an den Bahnschienen in Krümmungen be-
deutend werden, indem die Räder in der äussern Bahn einen grössern Raum, jene in der
innern Bahn aber einen kleinern Raum in derselben Zeit zurückzulegen haben, demnach
nebst der rollenden Bewegung ein ähnliches Schleifen auf der Bahn entstehen muss, wie
wir es bereits §. 543 bei den konischen Rädern gezeigt haben. Um diese Reibung, so weit
es möglich ist, zu verhindern, sind folgende Einrichtungen bei den englischen Eisen-
bahnen vorhanden: 1tens der Kranz des Rades ist wie Fig. 12, Tab. 32 konisch geformt
und die Schienen wie Fig. 1 und 11 an ihrer Oberfläche abgerundet, demnach läuft der
harte Radkranz eigentlich nur mit einer sehr schmalen Fläche auf den Schienen und
kann daher sehr leicht von denselben herabgleiten oder hinaufgehen. Da die Verjüngung
der Räder auf 30 Zoll Höhe gewöhnlich ½ Zoll beträgt, so wollen wir Beispiels halber
nur annehmen, dass das Rad in der innern Bahn auf dem Durchmesser 29½ + ⅛ = 29⅝
Zoll und jenes in der äussern Bahn auf einem um ¼ Zoll grössern Durchmesser oder mit
29⅞ Zoll sich forbewege. Demnach werden sich die Durchmesser wie 237 : 239 verhalten
und in diesem Verhältnisse können auch die Halbmesser der krummen Bahnen stehen.
Nennen wir den Halbmesser der innern Bahn x und setzen die Geleiseweite = 4,5 Fuss,
so haben wir x : x + 4,5 = 237 : 239, woraus x = 533,25 Fuss folgt. Für diesen Krüm-
mungshalbmesser wird daher wegen der angenommenen konischen Gestalt der Räder keine
besondere Reibung auf der Bahn entstehen. 2tens Um das Abgleiten der Wägen von der
äussern Bahn in die innere bei der Bewegung in Krümmungen möglichst zu erleichtern,
werden die Schienen an der Aussenseite der Krümmungen immer höher als an der
innern Seite gelegt. Diese Erhöhung beträgt bei den schärfsten Krümmungen, deren
Halbmesser beiläufig 40 Klafter ist, für die Geleiseweite von 4,5 Fuss vier bis fünf Zoll.
Der Wagen befindet sich daher in jeder Krümmung in einer geneigten Lage und be-
gegnet dadurch der Wirkung der Schwungkraft, welche ihn vorzüglich bei grossen
Geschwindigkeiten auswärts treiben oder vom Mittelpunkte der Krümmung entfernen
würde. 3tens Um das Wenden der Wägen in den Krümmungen zu erleichtern,
beträgt die Entfernung der Radachsen bei den englischen Bahnwägen gewöhnlich nur
3 Fuss 3 Zoll, während die Geleiseweite im Lichten der Schienen 4 Fuss 6 Zoll misst;
es kann also eine Verrückung des Wagens innerhalb der Bahn mit vieler Leichtigkeit
geschehen, wogegen diess bei jedem andern Wagen, dessen Geleiseweite kleiner als
die Entfernung der Radachsen ist, nicht ohne bedeutenden Kraftaufwand verrichtet wer-
den kann. Alle englischen Bahnwägen sind in dieser Hinsicht sehr kurz, und wenden
sich daher leicht bei dem daselbst vorhandenen Verhältnisse der Geleiseweite.
Fig.
1, 11
und
12.
Tab.
32.
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/646>, abgerufen am 22.11.2024.
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