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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Einleitung.

Die flüssigen Körper werden gewöhnlich in vollkommen und unvollkommen
flüssige
eingetheilt. Erstere heissen diejenigen, deren Theile unter einander vollkommen
beweglich sind, als das Wasser, das Quecksilber, die Luft, die Dämpfe und alle Gasarten;
unvollkommen flüssig hingegen sind jene Körper, deren Theile einen gewissen Zusammen-
hang, welchen man Zähigkeit nennt, besitzen. Beispiele hievon sehen wir bei meh-
reren Körpern, welche, durch Wärme flüssig gemacht, sich wieder abkühlen, als bei
dem Wachse und Harze, dem Oehle und den Metallen.

§. 2.

Die flüssigen Körper können noch in zusammendrückbare oder elastische, und in
unpressbare oder unelastische eingetheilt werden. Die ersteren, nämlich die elasti-
schen
Flüssigkeiten, haben eben so wie die elastischen festen Körper (Siehe §. 235, I. Bd.)
die Eigenschaft, dass sie durch Einwirkung äusserer Kräfte ausgedehnt, oder auch in einen
kleineren Raum zusammengepresst werden können. Diese Eigenschaft besitzen aber die
elastisch flüssigen Körper in einem so hohen Grade, dass sie ihr Volumen nur durch die
Fortdauer einer gleichförmig auf sie einwirkenden äusseren Kraft behalten; wenn diese
vermindert wird, sogleich ihren Raum vergrössern, und wenn sie ganz aufhört, sich bis
in's Unendliche ausbreiten. Diess ist bei der atmosphärischen Luft, den Gasarten und
den Wasserdämpfen der Fall.

Unpressbare oder unelastische Flüssigkeiten hat man im Gegentheile die-
jenigen genannt, welche sich weder zusammenpressen lassen, noch ausgedehnt werden
können. Hierher werden alle tropfbar flüssigen Körper und vorzüglich das Wasser ge-
rechnet. Im verflossenen Jahrhunderte haben die Akademiker zu Florenz Wasser in
hohle Kugeln von Gold einschliessen und dem Drucke einer sehr starken Presse unter-
legen lassen und gefunden, dass hierdurch keine merkliche Verminderung des Volu-
mens, sondern nur ein Durchschwitzen des Wassers durch die unsichtbaren Oeffnungen
dieses äusserst dichten Metalles bewirkt werden konnte; diess gab die eigentliche Ver-
anlassung zu der angeführten Eintheilung der Flüssigkeiten. In neueren Zeiten hat
man durch Anwendung hoher Quecksilbersäulen zur Zusammendrückung des Wassers in
gläsernen Gefässen gefunden, dass das Maass des Volumens des zusammengedrückten
Wassers kleiner sei, als das Maass der Ausdehnung des Gefässes, in welchem das ge-
drückte Wasser enthalten war; auf diese Art ist demnach eine Zusammendrückung des
Wassers sichtbar dargestellt worden, und somit entfiel auch der Grund der obigen Ein-
theilung. Zum Beweise der Elastizität des Wassers dient übrigens noch die bekannte
Erfahrung, dass der Mittelpunkt einer hinter einem Teiche aufgestellten Zielscheibe
von einer bleiernen, gegen das Bild auf der Oberfläche des Wassers abgeschossenen
Flintenkugel um so genauer getroffen werde, je genauer die Mitte dieses auf der Teich-
oberfläche sichtbaren Bildes der Scheibe erzielt wird; es muss demnach die bleierne
Kugel, der man die vollkommene Elastizität nicht beimessen kann, wegen der elasti-
schen Kraft des Wassers von der Oberfläche des letzteren eben so wie die Lichtstrah-
len unter gleichem Winkel reflectirt werden. Da jedoch der Spielraum der Zusam-
mendrückung des Wassers äusserst gering ist, so wird hierauf in allen Fällen, wo der
Druck desselben und der übrigen tropfbar flüssigen Körper in Anschlag kommt, keine

Einleitung.

Die flüssigen Körper werden gewöhnlich in vollkommen und unvollkommen
flüssige
eingetheilt. Erstere heissen diejenigen, deren Theile unter einander vollkommen
beweglich sind, als das Wasser, das Quecksilber, die Luft, die Dämpfe und alle Gasarten;
unvollkommen flüssig hingegen sind jene Körper, deren Theile einen gewissen Zusammen-
hang, welchen man Zähigkeit nennt, besitzen. Beispiele hievon sehen wir bei meh-
reren Körpern, welche, durch Wärme flüssig gemacht, sich wieder abkühlen, als bei
dem Wachse und Harze, dem Oehle und den Metallen.

§. 2.

Die flüssigen Körper können noch in zusammendrückbare oder elastische, und in
unpressbare oder unelastische eingetheilt werden. Die ersteren, nämlich die elasti-
schen
Flüssigkeiten, haben eben so wie die elastischen festen Körper (Siehe §. 235, I. Bd.)
die Eigenschaft, dass sie durch Einwirkung äusserer Kräfte ausgedehnt, oder auch in einen
kleineren Raum zusammengepresst werden können. Diese Eigenschaft besitzen aber die
elastisch flüssigen Körper in einem so hohen Grade, dass sie ihr Volumen nur durch die
Fortdauer einer gleichförmig auf sie einwirkenden äusseren Kraft behalten; wenn diese
vermindert wird, sogleich ihren Raum vergrössern, und wenn sie ganz aufhört, sich bis
in’s Unendliche ausbreiten. Diess ist bei der atmosphärischen Luft, den Gasarten und
den Wasserdämpfen der Fall.

Unpressbare oder unelastische Flüssigkeiten hat man im Gegentheile die-
jenigen genannt, welche sich weder zusammenpressen lassen, noch ausgedehnt werden
können. Hierher werden alle tropfbar flüssigen Körper und vorzüglich das Wasser ge-
rechnet. Im verflossenen Jahrhunderte haben die Akademiker zu Florenz Wasser in
hohle Kugeln von Gold einschliessen und dem Drucke einer sehr starken Presse unter-
legen lassen und gefunden, dass hierdurch keine merkliche Verminderung des Volu-
mens, sondern nur ein Durchschwitzen des Wassers durch die unsichtbaren Oeffnungen
dieses äusserst dichten Metalles bewirkt werden konnte; diess gab die eigentliche Ver-
anlassung zu der angeführten Eintheilung der Flüssigkeiten. In neueren Zeiten hat
man durch Anwendung hoher Quecksilbersäulen zur Zusammendrückung des Wassers in
gläsernen Gefässen gefunden, dass das Maass des Volumens des zusammengedrückten
Wassers kleiner sei, als das Maass der Ausdehnung des Gefässes, in welchem das ge-
drückte Wasser enthalten war; auf diese Art ist demnach eine Zusammendrückung des
Wassers sichtbar dargestellt worden, und somit entfiel auch der Grund der obigen Ein-
theilung. Zum Beweise der Elastizität des Wassers dient übrigens noch die bekannte
Erfahrung, dass der Mittelpunkt einer hinter einem Teiche aufgestellten Zielscheibe
von einer bleiernen, gegen das Bild auf der Oberfläche des Wassers abgeschossenen
Flintenkugel um so genauer getroffen werde, je genauer die Mitte dieses auf der Teich-
oberfläche sichtbaren Bildes der Scheibe erzielt wird; es muss demnach die bleierne
Kugel, der man die vollkommene Elastizität nicht beimessen kann, wegen der elasti-
schen Kraft des Wassers von der Oberfläche des letzteren eben so wie die Lichtstrah-
len unter gleichem Winkel reflectirt werden. Da jedoch der Spielraum der Zusam-
mendrückung des Wassers äusserst gering ist, so wird hierauf in allen Fällen, wo der
Druck desselben und der übrigen tropfbar flüssigen Körper in Anschlag kommt, keine

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[4/0022] Einleitung. Die flüssigen Körper werden gewöhnlich in vollkommen und unvollkommen flüssige eingetheilt. Erstere heissen diejenigen, deren Theile unter einander vollkommen beweglich sind, als das Wasser, das Quecksilber, die Luft, die Dämpfe und alle Gasarten; unvollkommen flüssig hingegen sind jene Körper, deren Theile einen gewissen Zusammen- hang, welchen man Zähigkeit nennt, besitzen. Beispiele hievon sehen wir bei meh- reren Körpern, welche, durch Wärme flüssig gemacht, sich wieder abkühlen, als bei dem Wachse und Harze, dem Oehle und den Metallen. §. 2. Die flüssigen Körper können noch in zusammendrückbare oder elastische, und in unpressbare oder unelastische eingetheilt werden. Die ersteren, nämlich die elasti- schen Flüssigkeiten, haben eben so wie die elastischen festen Körper (Siehe §. 235, I. Bd.) die Eigenschaft, dass sie durch Einwirkung äusserer Kräfte ausgedehnt, oder auch in einen kleineren Raum zusammengepresst werden können. Diese Eigenschaft besitzen aber die elastisch flüssigen Körper in einem so hohen Grade, dass sie ihr Volumen nur durch die Fortdauer einer gleichförmig auf sie einwirkenden äusseren Kraft behalten; wenn diese vermindert wird, sogleich ihren Raum vergrössern, und wenn sie ganz aufhört, sich bis in’s Unendliche ausbreiten. Diess ist bei der atmosphärischen Luft, den Gasarten und den Wasserdämpfen der Fall. Unpressbare oder unelastische Flüssigkeiten hat man im Gegentheile die- jenigen genannt, welche sich weder zusammenpressen lassen, noch ausgedehnt werden können. Hierher werden alle tropfbar flüssigen Körper und vorzüglich das Wasser ge- rechnet. Im verflossenen Jahrhunderte haben die Akademiker zu Florenz Wasser in hohle Kugeln von Gold einschliessen und dem Drucke einer sehr starken Presse unter- legen lassen und gefunden, dass hierdurch keine merkliche Verminderung des Volu- mens, sondern nur ein Durchschwitzen des Wassers durch die unsichtbaren Oeffnungen dieses äusserst dichten Metalles bewirkt werden konnte; diess gab die eigentliche Ver- anlassung zu der angeführten Eintheilung der Flüssigkeiten. In neueren Zeiten hat man durch Anwendung hoher Quecksilbersäulen zur Zusammendrückung des Wassers in gläsernen Gefässen gefunden, dass das Maass des Volumens des zusammengedrückten Wassers kleiner sei, als das Maass der Ausdehnung des Gefässes, in welchem das ge- drückte Wasser enthalten war; auf diese Art ist demnach eine Zusammendrückung des Wassers sichtbar dargestellt worden, und somit entfiel auch der Grund der obigen Ein- theilung. Zum Beweise der Elastizität des Wassers dient übrigens noch die bekannte Erfahrung, dass der Mittelpunkt einer hinter einem Teiche aufgestellten Zielscheibe von einer bleiernen, gegen das Bild auf der Oberfläche des Wassers abgeschossenen Flintenkugel um so genauer getroffen werde, je genauer die Mitte dieses auf der Teich- oberfläche sichtbaren Bildes der Scheibe erzielt wird; es muss demnach die bleierne Kugel, der man die vollkommene Elastizität nicht beimessen kann, wegen der elasti- schen Kraft des Wassers von der Oberfläche des letzteren eben so wie die Lichtstrah- len unter gleichem Winkel reflectirt werden. Da jedoch der Spielraum der Zusam- mendrückung des Wassers äusserst gering ist, so wird hierauf in allen Fällen, wo der Druck desselben und der übrigen tropfbar flüssigen Körper in Anschlag kommt, keine

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/22>, abgerufen am 21.11.2024.