Die Hydrostatik begreift die Lehre vom Druck und Gegendruck der flüssigen Körper sowohl unter sich, als mit andern damit in Berührung gesetzten Körpern.
Aus dem Begriffe, welchen wir §. 1. von flüssigen Körpern gegeben haben, folgt, dass ihre Theile nicht anders zusammengehalten und aufbewahrt werden können, als wenn man selbe in die hohlen Räume anderer fester Körper oder in Gefässe einschliesst; das Wasser z. B. kann nur in Gefässen von Metall, ...... aufbewahrt, und so von einem Orte zum andern gebracht werden.
Wir wollen nun zuerst die Eigenschaften betrachten, welche aus der Beweglich- keit der Theile in einer von allen Seiten umschlossenen Flüssigkeit folgen, die wir uns zuerst ohne alle Schwere denken. Nehmen wir an, dass ein Theilchen irgend woher einen Druck erfährt, so wird sich die Flüssigkeit nur dann im Zustande der Ruhe befinden können, wenn auch alle übrigen Theile derselben nach jeder Seite einen gleichen Druck ausüben und erleiden. Denn erfährt z. B. das Theil- Fig. 1. Tab. 41.chen a irgend einen Druck, so hat es vermöge der vollkommenen Beweglichkeit der umgebenden Theile die Fähigkeit nach allen Seiten auszuweichen, und sich dorthin zu bewegen, woher es einen geringern Gegendruck erfährt; bleibt aber das Theilchen a in Ruhe, so wird es auch alle neben ihm liegenden Theilchen mit derselben Kraft aus- einander treiben, oder drücken, mit welcher es irgend woher gedrückt wird. Demnach erfahren alle Theile um a einen gleichen Druck; dasselbe muss aber auch bei b Statt finden; denn würde z. B. der Theil b nach der Richtung c b stärker als nach der Rich- tung a b gedrückt, so würde er vermöge seiner Beweglichkeit dem stärkeren Drucke folgen; es müsste daher eine Bewegung eintreten, was dem angenommenen Gleichge- wichte oder der Ruhe der Flüssigkeit widerspricht. Was sich aber von a und b be- weisen lässt, kann auch von c, d, e ...... erwiesen werden und demnach ergibt sich, dass bei einer aus vollkommen beweglichen, nicht schweren Thei- len zusammengesetzten Flüssigkeit im Zustande der Ruhe in allen diesen Theilen nach allen Richtungen ein gleicher Druck vorhan- den seyn müsse.
§. 5.
Hieraus ergibt sich offenbar, dass der Druck der Flüssigkeiten auf un- Fig. 2.gleiche Flächen sich wie diese Flächen selbst verhalte oder diesen Flächen proporzional sey. Es sey nämlich Fig. 2 ein Gefäss, welches mit einer
I. Kapitel. Hydrostatik.
§. 4.
Die Hydrostatik begreift die Lehre vom Druck und Gegendruck der flüssigen Körper sowohl unter sich, als mit andern damit in Berührung gesetzten Körpern.
Aus dem Begriffe, welchen wir §. 1. von flüssigen Körpern gegeben haben, folgt, dass ihre Theile nicht anders zusammengehalten und aufbewahrt werden können, als wenn man selbe in die hohlen Räume anderer fester Körper oder in Gefässe einschliesst; das Wasser z. B. kann nur in Gefässen von Metall, ...... aufbewahrt, und so von einem Orte zum andern gebracht werden.
Wir wollen nun zuerst die Eigenschaften betrachten, welche aus der Beweglich- keit der Theile in einer von allen Seiten umschlossenen Flüssigkeit folgen, die wir uns zuerst ohne alle Schwere denken. Nehmen wir an, dass ein Theilchen irgend woher einen Druck erfährt, so wird sich die Flüssigkeit nur dann im Zustande der Ruhe befinden können, wenn auch alle übrigen Theile derselben nach jeder Seite einen gleichen Druck ausüben und erleiden. Denn erfährt z. B. das Theil- Fig. 1. Tab. 41.chen a irgend einen Druck, so hat es vermöge der vollkommenen Beweglichkeit der umgebenden Theile die Fähigkeit nach allen Seiten auszuweichen, und sich dorthin zu bewegen, woher es einen geringern Gegendruck erfährt; bleibt aber das Theilchen a in Ruhe, so wird es auch alle neben ihm liegenden Theilchen mit derselben Kraft aus- einander treiben, oder drücken, mit welcher es irgend woher gedrückt wird. Demnach erfahren alle Theile um a einen gleichen Druck; dasselbe muss aber auch bei b Statt finden; denn würde z. B. der Theil b nach der Richtung c b stärker als nach der Rich- tung a b gedrückt, so würde er vermöge seiner Beweglichkeit dem stärkeren Drucke folgen; es müsste daher eine Bewegung eintreten, was dem angenommenen Gleichge- wichte oder der Ruhe der Flüssigkeit widerspricht. Was sich aber von a und b be- weisen lässt, kann auch von c, d, e ...... erwiesen werden und demnach ergibt sich, dass bei einer aus vollkommen beweglichen, nicht schweren Thei- len zusammengesetzten Flüssigkeit im Zustande der Ruhe in allen diesen Theilen nach allen Richtungen ein gleicher Druck vorhan- den seyn müsse.
§. 5.
Hieraus ergibt sich offenbar, dass der Druck der Flüssigkeiten auf un- Fig. 2.gleiche Flächen sich wie diese Flächen selbst verhalte oder diesen Flächen proporzional sey. Es sey nämlich Fig. 2 ein Gefäss, welches mit einer
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I. Kapitel.
Hydrostatik.
§. 4.
Die Hydrostatik begreift die Lehre vom Druck und Gegendruck der flüssigen
Körper sowohl unter sich, als mit andern damit in Berührung gesetzten Körpern.
Aus dem Begriffe, welchen wir §. 1. von flüssigen Körpern gegeben haben, folgt,
dass ihre Theile nicht anders zusammengehalten und aufbewahrt werden können, als
wenn man selbe in die hohlen Räume anderer fester Körper oder in Gefässe einschliesst;
das Wasser z. B. kann nur in Gefässen von Metall, ...... aufbewahrt, und so von einem
Orte zum andern gebracht werden.
Wir wollen nun zuerst die Eigenschaften betrachten, welche aus der Beweglich-
keit der Theile in einer von allen Seiten umschlossenen Flüssigkeit folgen, die wir
uns zuerst ohne alle Schwere denken. Nehmen wir an, dass ein Theilchen irgend
woher einen Druck erfährt, so wird sich die Flüssigkeit nur dann im Zustande der
Ruhe befinden können, wenn auch alle übrigen Theile derselben nach jeder Seite
einen gleichen Druck ausüben und erleiden. Denn erfährt z. B. das Theil-
chen a irgend einen Druck, so hat es vermöge der vollkommenen Beweglichkeit der
umgebenden Theile die Fähigkeit nach allen Seiten auszuweichen, und sich dorthin zu
bewegen, woher es einen geringern Gegendruck erfährt; bleibt aber das Theilchen a
in Ruhe, so wird es auch alle neben ihm liegenden Theilchen mit derselben Kraft aus-
einander treiben, oder drücken, mit welcher es irgend woher gedrückt wird. Demnach
erfahren alle Theile um a einen gleichen Druck; dasselbe muss aber auch bei b Statt
finden; denn würde z. B. der Theil b nach der Richtung c b stärker als nach der Rich-
tung a b gedrückt, so würde er vermöge seiner Beweglichkeit dem stärkeren Drucke
folgen; es müsste daher eine Bewegung eintreten, was dem angenommenen Gleichge-
wichte oder der Ruhe der Flüssigkeit widerspricht. Was sich aber von a und b be-
weisen lässt, kann auch von c, d, e ...... erwiesen werden und demnach ergibt sich,
dass bei einer aus vollkommen beweglichen, nicht schweren Thei-
len zusammengesetzten Flüssigkeit im Zustande der Ruhe in allen
diesen Theilen nach allen Richtungen ein gleicher Druck vorhan-
den seyn müsse.
Fig.
1.
Tab.
41.
§. 5.
Hieraus ergibt sich offenbar, dass der Druck der Flüssigkeiten auf un-
gleiche Flächen sich wie diese Flächen selbst verhalte oder diesen
Flächen proporzional sey. Es sey nämlich Fig. 2 ein Gefäss, welches mit einer
Fig.
2.
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/24>, abgerufen am 21.11.2024.
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