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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Widerstand bei Bretsägen.

Hierbei wäre aber noch zu bemerken, dass die Wirkung der oberschlächtigen Rä-
der noch dadurch vermehrt werden kann, wenn das Schützenwerk für den Einfluss des
Wassers so gestellt wird, dass die Räder unterhalb nach derselben Richtung wie das
abfliessende Wasser sich bewegen, folglich das Freyhängen erspart wird. Diese Be-
trachtung führt uns zu den sogenannten Kropfrädern. Bevor wir jedoch diesel-
ben abhandeln, wollen wir, so wie es bereits bei unterschlächtigen Rädern hinsichtlich
der Getreide-Mahlmühlen der Fall war, auch hier eine vorzügliche Anwendung der
oberschlächtigen Räder, nämlich zur Betreibung der Bretsägen kennen lernen.

§. 312.

Einige Mühlenbaumeister waren der Meinung, dass der Widerstand, den das Holz
der Säge entgegen setzt, nebst der Festigkeit oder Zähigheit des Holzes und den Ab-
messungen des Sägeschnittes nach seiner Länge, Breite und Tiefe, auch noch von der
Geschwindigkeit, womit die Säge geführt wird, abhängig sey, so zwar, dass der Wider-
stand um so kleiner seyn soll, je grösser die Geschwindigkeit der Säge ist. Als Grund
dieser Meinung hat man nicht nur die allgemeine Erfahrung angeführt, dass bei einem
geschwindern Gang die Säge weiter vordringt, sondern sich auch noch auf das Bei-
spiel der Kanonen- und Flintenkugeln beruffen, welche um so tiefer eindringen, je
grösser ihre Geschwindigkeit ist. Dagegen ist aber zu bemerken, dass zur Hervor-
bringung einer grössern Geschwindigkeit der Kugel und der Säge auch eine grössere
Kraft erforderlich sey; folglich der Kraft, welche die Säge treibt, hierdurch kein Vor-
theil zukommen kann.

Das Zerschneiden des Holzes mit einer Säge hat die grösste Aehnlichkeit mit der
Reibung. Bei der letztern werden nämlich die hervorstehenden Theile abgerissen oder
zurückgedrückt, welches auch bei dem Zerschneiden des Holzes mit der Säge Statt
findet. Von der Reibung haben aber Musschenbroek, Coulomb und andere Physiker durch
Versuche, die bei dem Drucke einiger Pfunde bis zu 25 Zentner angestellt worden sind,
umständlich erwiesen, dass die Reibung nur dem gegenseitigen Druck der sich reiben-
den Flächen proporzional ist und durch die grössere oder geringere Geschwindigkeit,
womit die Körper auf einander fortrücken, weder vermehrt noch vermindert werde.

An und für sich leuchtet wohl von selbst ein, dass die Säge nur diejenige Kraft
zu gewältigen habe, womit die abzureissenden Sägespäne mit dem Sägeblock zusam-
menhängen; aber diese Kraft ist offenbar nur in der innern Beschaffenheit des Holzes
zu suchen, und kann durch Anbringung einer äussern Kraft, welche diesen Zusammen-
hang zerstören will, weder vermehrt noch vermindert werden. In Betrachtung dieser
Gründe dürfte der Satz, dass der Widerstand der Säge nur dem kubischen
Inhalte
oder der Breite, Dicke und Länge des Sägeschnittes proporzional
sey
, keinem Widerspruche unterliegen. Hieraus folgt, dass zur Bewirkung einer grös-
sern durchzuschneidenden Länge, nebst der Höhe des Schnittes oder Stärke des Säge-
blocks auch die Breite der Sägebahn oder die Weite der sogenannten Schränkung der
Säge entgegenstehe. Das letzte wird durch unzählige Beispiele bestättiget, indem nicht
nur geschärfte Messer leichter eindringen, sondern auch die härtesten Steine durch

Widerstand bei Bretsägen.

Hierbei wäre aber noch zu bemerken, dass die Wirkung der oberschlächtigen Rä-
der noch dadurch vermehrt werden kann, wenn das Schützenwerk für den Einfluss des
Wassers so gestellt wird, dass die Räder unterhalb nach derselben Richtung wie das
abfliessende Wasser sich bewegen, folglich das Freyhängen erspart wird. Diese Be-
trachtung führt uns zu den sogenannten Kropfrädern. Bevor wir jedoch diesel-
ben abhandeln, wollen wir, so wie es bereits bei unterschlächtigen Rädern hinsichtlich
der Getreide-Mahlmühlen der Fall war, auch hier eine vorzügliche Anwendung der
oberschlächtigen Räder, nämlich zur Betreibung der Bretsägen kennen lernen.

§. 312.

Einige Mühlenbaumeister waren der Meinung, dass der Widerstand, den das Holz
der Säge entgegen setzt, nebst der Festigkeit oder Zähigheit des Holzes und den Ab-
messungen des Sägeschnittes nach seiner Länge, Breite und Tiefe, auch noch von der
Geschwindigkeit, womit die Säge geführt wird, abhängig sey, so zwar, dass der Wider-
stand um so kleiner seyn soll, je grösser die Geschwindigkeit der Säge ist. Als Grund
dieser Meinung hat man nicht nur die allgemeine Erfahrung angeführt, dass bei einem
geschwindern Gang die Säge weiter vordringt, sondern sich auch noch auf das Bei-
spiel der Kanonen- und Flintenkugeln beruffen, welche um so tiefer eindringen, je
grösser ihre Geschwindigkeit ist. Dagegen ist aber zu bemerken, dass zur Hervor-
bringung einer grössern Geschwindigkeit der Kugel und der Säge auch eine grössere
Kraft erforderlich sey; folglich der Kraft, welche die Säge treibt, hierdurch kein Vor-
theil zukommen kann.

Das Zerschneiden des Holzes mit einer Säge hat die grösste Aehnlichkeit mit der
Reibung. Bei der letztern werden nämlich die hervorstehenden Theile abgerissen oder
zurückgedrückt, welches auch bei dem Zerschneiden des Holzes mit der Säge Statt
findet. Von der Reibung haben aber Musschenbroek, Coulomb und andere Physiker durch
Versuche, die bei dem Drucke einiger Pfunde bis zu 25 Zentner angestellt worden sind,
umständlich erwiesen, dass die Reibung nur dem gegenseitigen Druck der sich reiben-
den Flächen proporzional ist und durch die grössere oder geringere Geschwindigkeit,
womit die Körper auf einander fortrücken, weder vermehrt noch vermindert werde.

An und für sich leuchtet wohl von selbst ein, dass die Säge nur diejenige Kraft
zu gewältigen habe, womit die abzureissenden Sägespäne mit dem Sägeblock zusam-
menhängen; aber diese Kraft ist offenbar nur in der innern Beschaffenheit des Holzes
zu suchen, und kann durch Anbringung einer äussern Kraft, welche diesen Zusammen-
hang zerstören will, weder vermehrt noch vermindert werden. In Betrachtung dieser
Gründe dürfte der Satz, dass der Widerstand der Säge nur dem kubischen
Inhalte
oder der Breite, Dicke und Länge des Sägeschnittes proporzional
sey
, keinem Widerspruche unterliegen. Hieraus folgt, dass zur Bewirkung einer grös-
sern durchzuschneidenden Länge, nebst der Höhe des Schnittes oder Stärke des Säge-
blocks auch die Breite der Sägebahn oder die Weite der sogenannten Schränkung der
Säge entgegenstehe. Das letzte wird durch unzählige Beispiele bestättiget, indem nicht
nur geschärfte Messer leichter eindringen, sondern auch die härtesten Steine durch

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[432/0450] Widerstand bei Bretsägen. Hierbei wäre aber noch zu bemerken, dass die Wirkung der oberschlächtigen Rä- der noch dadurch vermehrt werden kann, wenn das Schützenwerk für den Einfluss des Wassers so gestellt wird, dass die Räder unterhalb nach derselben Richtung wie das abfliessende Wasser sich bewegen, folglich das Freyhängen erspart wird. Diese Be- trachtung führt uns zu den sogenannten Kropfrädern. Bevor wir jedoch diesel- ben abhandeln, wollen wir, so wie es bereits bei unterschlächtigen Rädern hinsichtlich der Getreide-Mahlmühlen der Fall war, auch hier eine vorzügliche Anwendung der oberschlächtigen Räder, nämlich zur Betreibung der Bretsägen kennen lernen. §. 312. Einige Mühlenbaumeister waren der Meinung, dass der Widerstand, den das Holz der Säge entgegen setzt, nebst der Festigkeit oder Zähigheit des Holzes und den Ab- messungen des Sägeschnittes nach seiner Länge, Breite und Tiefe, auch noch von der Geschwindigkeit, womit die Säge geführt wird, abhängig sey, so zwar, dass der Wider- stand um so kleiner seyn soll, je grösser die Geschwindigkeit der Säge ist. Als Grund dieser Meinung hat man nicht nur die allgemeine Erfahrung angeführt, dass bei einem geschwindern Gang die Säge weiter vordringt, sondern sich auch noch auf das Bei- spiel der Kanonen- und Flintenkugeln beruffen, welche um so tiefer eindringen, je grösser ihre Geschwindigkeit ist. Dagegen ist aber zu bemerken, dass zur Hervor- bringung einer grössern Geschwindigkeit der Kugel und der Säge auch eine grössere Kraft erforderlich sey; folglich der Kraft, welche die Säge treibt, hierdurch kein Vor- theil zukommen kann. Das Zerschneiden des Holzes mit einer Säge hat die grösste Aehnlichkeit mit der Reibung. Bei der letztern werden nämlich die hervorstehenden Theile abgerissen oder zurückgedrückt, welches auch bei dem Zerschneiden des Holzes mit der Säge Statt findet. Von der Reibung haben aber Musschenbroek, Coulomb und andere Physiker durch Versuche, die bei dem Drucke einiger Pfunde bis zu 25 Zentner angestellt worden sind, umständlich erwiesen, dass die Reibung nur dem gegenseitigen Druck der sich reiben- den Flächen proporzional ist und durch die grössere oder geringere Geschwindigkeit, womit die Körper auf einander fortrücken, weder vermehrt noch vermindert werde. An und für sich leuchtet wohl von selbst ein, dass die Säge nur diejenige Kraft zu gewältigen habe, womit die abzureissenden Sägespäne mit dem Sägeblock zusam- menhängen; aber diese Kraft ist offenbar nur in der innern Beschaffenheit des Holzes zu suchen, und kann durch Anbringung einer äussern Kraft, welche diesen Zusammen- hang zerstören will, weder vermehrt noch vermindert werden. In Betrachtung dieser Gründe dürfte der Satz, dass der Widerstand der Säge nur dem kubischen Inhalte oder der Breite, Dicke und Länge des Sägeschnittes proporzional sey, keinem Widerspruche unterliegen. Hieraus folgt, dass zur Bewirkung einer grös- sern durchzuschneidenden Länge, nebst der Höhe des Schnittes oder Stärke des Säge- blocks auch die Breite der Sägebahn oder die Weite der sogenannten Schränkung der Säge entgegenstehe. Das letzte wird durch unzählige Beispiele bestättiget, indem nicht nur geschärfte Messer leichter eindringen, sondern auch die härtesten Steine durch

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/450>, abgerufen am 04.12.2024.