Gessert, Ferdinand: Ueber den Begriff und die Wichtigkeit der Schulzucht besonders für die Volksschulen. Münster, 1826.Faulheit geneigt. Der Unterricht kann das nur 2
Faulheit geneigt. Der Unterricht kann das nur 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025" n="17"/> Faulheit geneigt. Der Unterricht kann das nur<lb/> mittelbar, alſo wenig wehren; ja indem er den Ge-<lb/> ſchickten immer Beifall verſchafft, wendet ſich ſein<lb/> guter Zweck wol bei ihnen zu boͤſem Erfolg. Oder<lb/> ob der Lehrer dies nicht erfaͤhrt: darf er ſich genuͤgen<lb/> laſſen, daß er den Samen der Lehre ausſtreut, ohne<lb/> Sicherheit zu haben und zu geben, daß jener auf<lb/> guten, gereinigten Boden faͤllt und nicht auf wuͤſten<lb/> Grund? Wie wuͤrde er ſeinen Zoͤglingen wenig nuͤtzen!<lb/> Wie geringen Dank verdiente er fuͤr ſeine Arbeit!<lb/> Denn was iſt Verſtand und Gedaͤchtniß ohne redliche<lb/> Geſinnung? Was hilft es dem Einzelnen und der<lb/> menſchlichen Geſellſchaft auch nur zu einiger Wohl-<lb/> fahrt? Der Lehrer muß daher bei ſeinen Schuͤlern<lb/> auch darauf ſehen, daß er ihr Herz beſſert, ihre Triebe<lb/> reinigt, ihren Willen ordnet, ihren Charakter befeſtigt,<lb/> und was darin der Unterricht nicht vermag, das muß<lb/> durch die Diſciplin bewirkt werden. Nur dann iſt<lb/> fuͤr ihre Bildung etwas ganzes gethan. — Andere<lb/> Schuͤler zeigen ſich unvermoͤgend an Verſtand, ſei<lb/> es, daß ſie von Natur ſchwach ſind oder durch Nach-<lb/> laͤſſigkeit und Mißhandlung verdumpft; ſie bringen<lb/> es im Lernen nicht weit und hindern oft den Unter-<lb/> richt gar ſehr. Soll dennoch der Lehrer darauf allein<lb/> dringen bei ihnen und ſich alſo vergeblich aͤngſtigen,<lb/> ſie ohne Erfolg quaͤlen? Oder ſoll er ſie vernachlaͤſſi-<lb/> gen, die ſo ſchon meiſt ein trauriges Gefuͤhl ihrer<lb/> Schwachheit in ſich tragen? Wie ſehr wuͤrde er ſich<lb/> verſuͤndigen an eben dieſer Schwachheit, oder an der<lb/> Tugend, mit welcher dieſe Schuͤler vielleicht vor den<lb/> faͤhigen begabt ſind! Und wie viel kann er doch fuͤr<lb/> <fw place="bottom" type="sig">2</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [17/0025]
Faulheit geneigt. Der Unterricht kann das nur
mittelbar, alſo wenig wehren; ja indem er den Ge-
ſchickten immer Beifall verſchafft, wendet ſich ſein
guter Zweck wol bei ihnen zu boͤſem Erfolg. Oder
ob der Lehrer dies nicht erfaͤhrt: darf er ſich genuͤgen
laſſen, daß er den Samen der Lehre ausſtreut, ohne
Sicherheit zu haben und zu geben, daß jener auf
guten, gereinigten Boden faͤllt und nicht auf wuͤſten
Grund? Wie wuͤrde er ſeinen Zoͤglingen wenig nuͤtzen!
Wie geringen Dank verdiente er fuͤr ſeine Arbeit!
Denn was iſt Verſtand und Gedaͤchtniß ohne redliche
Geſinnung? Was hilft es dem Einzelnen und der
menſchlichen Geſellſchaft auch nur zu einiger Wohl-
fahrt? Der Lehrer muß daher bei ſeinen Schuͤlern
auch darauf ſehen, daß er ihr Herz beſſert, ihre Triebe
reinigt, ihren Willen ordnet, ihren Charakter befeſtigt,
und was darin der Unterricht nicht vermag, das muß
durch die Diſciplin bewirkt werden. Nur dann iſt
fuͤr ihre Bildung etwas ganzes gethan. — Andere
Schuͤler zeigen ſich unvermoͤgend an Verſtand, ſei
es, daß ſie von Natur ſchwach ſind oder durch Nach-
laͤſſigkeit und Mißhandlung verdumpft; ſie bringen
es im Lernen nicht weit und hindern oft den Unter-
richt gar ſehr. Soll dennoch der Lehrer darauf allein
dringen bei ihnen und ſich alſo vergeblich aͤngſtigen,
ſie ohne Erfolg quaͤlen? Oder ſoll er ſie vernachlaͤſſi-
gen, die ſo ſchon meiſt ein trauriges Gefuͤhl ihrer
Schwachheit in ſich tragen? Wie ſehr wuͤrde er ſich
verſuͤndigen an eben dieſer Schwachheit, oder an der
Tugend, mit welcher dieſe Schuͤler vielleicht vor den
faͤhigen begabt ſind! Und wie viel kann er doch fuͤr
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