[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740.Vernünftige Gedancken nen lernen. Zu unsern Zeiten werden öfters die schlech-testen Helden darzu genommen. Es ist dieses keine neue Klage, sondern der berühmte Arnold Menge- ring hat schon Ursache gehabt, solche von sich hören zu lassen. "Es wollen die Verleger und Buchdru- &q;cker, schreibt er, * oftmals nicht etwas spendiren &q;und aufwenden, daß sie einen verständigen und ge- &q;lehrten Corrector in den Druckereyen hätten, und &q;hielten, der die Materie cum iudicio revidirte und &q;corrigirte, sondern Hümpler und Stümpler, halb- &q;wächsige Studenten, Penäle und Pedanten, die neh- &q;men quid pro quo, und schauen aus Unverstand oben &q;hin, daß oft die Correctur eben so lang, als das Werck &q;selbst, so gedruckt worden." Und ich bedauere, daß man dieser Klage noch nicht gäntzlich abhelfen will, da doch auf die Geschicklichkeit und Aufmercksamkeit die- ser Leute ungemein viel ankommt. Ehe man noch die Buchdruckerey erfunden hatte, war man weit sorgfäl- tiger, daß ja kein Schreibfehler unterlaufen mögte. Jch beruffe mich deßwegen auf den alten Kirchenlehrer Jrenäum. Dieser hat am Ende seines Buches de octava ** folgendes NB vor die Abschreiber angehänget: "Jch beschwöre dich, der du dieses Buch abschreibest, &q;bey unsern HErrn JEsum Christum, und bey seiner &q;glorreichen Zukunft zum jüngsten Gericht, da er die &q;Lebendigen und Todten richten wird, daß du das abge- &q;schriebene Exemplar auf das sorgfältigste gegen dasje- &q;nige, wovon du es abgeschrieben, halten, auf das fleis- &q;sigste verbessern, und zugleich diese theuere Warnung &q;mit * Welche Worte Zeltner l. c. p. 40. aus dessen Scrutinio Conscientiae angeführet. ** Jch habe diesen Eyd aus S. Hieronymi Catalogo Script.
Eccl. c. XXXV. p. 51. Edit. E. S. Cypriani, Franckf. 1722. 4. genommen. Vernuͤnftige Gedancken nen lernen. Zu unſern Zeiten werden oͤfters die ſchlech-teſten Helden darzu genommen. Es iſt dieſes keine neue Klage, ſondern der beruͤhmte Arnold Menge- ring hat ſchon Urſache gehabt, ſolche von ſich hoͤren zu laſſen. „Es wollen die Verleger und Buchdru- &q;cker, ſchreibt er, * oftmals nicht etwas ſpendiren &q;und aufwenden, daß ſie einen verſtaͤndigen und ge- &q;lehrten Corrector in den Druckereyen haͤtten, und &q;hielten, der die Materie cum iudicio revidirte und &q;corrigirte, ſondern Huͤmpler und Stuͤmpler, halb- &q;waͤchſige Studenten, Penaͤle und Pedanten, die neh- &q;men quid pro quo, und ſchauen aus Unverſtand oben &q;hin, daß oft die Correctur eben ſo lang, als das Werck &q;ſelbſt, ſo gedruckt worden.“ Und ich bedauere, daß man dieſer Klage noch nicht gaͤntzlich abhelfen will, da doch auf die Geſchicklichkeit und Aufmerckſamkeit die- ſer Leute ungemein viel ankommt. Ehe man noch die Buchdruckerey erfunden hatte, war man weit ſorgfaͤl- tiger, daß ja kein Schreibfehler unterlaufen moͤgte. Jch beruffe mich deßwegen auf den alten Kirchenlehrer Jrenaͤum. Dieſer hat am Ende ſeines Buches de octava ** folgendes NB vor die Abſchreiber angehaͤnget: „Jch beſchwoͤre dich, der du dieſes Buch abſchreibeſt, &q;bey unſern HErrn JEſum Chriſtum, und bey ſeiner &q;glorreichen Zukunft zum juͤngſten Gericht, da er die &q;Lebendigen und Todten richten wird, daß du das abge- &q;ſchriebene Exemplar auf das ſorgfaͤltigſte gegen dasje- &q;nige, wovon du es abgeſchrieben, halten, auf das fleiſ- &q;ſigſte verbeſſern, und zugleich dieſe theuere Warnung &q;mit * Welche Worte Zeltner l. c. p. 40. aus deſſen Scrutinio Conſcientiæ angefuͤhret. ** Jch habe dieſen Eyd aus S. Hieronymi Catalogo Script.
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Vernuͤnftige Gedancken
nen lernen. Zu unſern Zeiten werden oͤfters die ſchlech-
teſten Helden darzu genommen. Es iſt dieſes keine
neue Klage, ſondern der beruͤhmte Arnold Menge-
ring hat ſchon Urſache gehabt, ſolche von ſich hoͤren
zu laſſen. „Es wollen die Verleger und Buchdru-
&q;cker, ſchreibt er, * oftmals nicht etwas ſpendiren
&q;und aufwenden, daß ſie einen verſtaͤndigen und ge-
&q;lehrten Corrector in den Druckereyen haͤtten, und
&q;hielten, der die Materie cum iudicio revidirte und
&q;corrigirte, ſondern Huͤmpler und Stuͤmpler, halb-
&q;waͤchſige Studenten, Penaͤle und Pedanten, die neh-
&q;men quid pro quo, und ſchauen aus Unverſtand oben
&q;hin, daß oft die Correctur eben ſo lang, als das Werck
&q;ſelbſt, ſo gedruckt worden.“ Und ich bedauere, daß
man dieſer Klage noch nicht gaͤntzlich abhelfen will, da
doch auf die Geſchicklichkeit und Aufmerckſamkeit die-
ſer Leute ungemein viel ankommt. Ehe man noch die
Buchdruckerey erfunden hatte, war man weit ſorgfaͤl-
tiger, daß ja kein Schreibfehler unterlaufen moͤgte.
Jch beruffe mich deßwegen auf den alten Kirchenlehrer
Jrenaͤum. Dieſer hat am Ende ſeines Buches de
octava ** folgendes NB vor die Abſchreiber angehaͤnget:
„Jch beſchwoͤre dich, der du dieſes Buch abſchreibeſt,
&q;bey unſern HErrn JEſum Chriſtum, und bey ſeiner
&q;glorreichen Zukunft zum juͤngſten Gericht, da er die
&q;Lebendigen und Todten richten wird, daß du das abge-
&q;ſchriebene Exemplar auf das ſorgfaͤltigſte gegen dasje-
&q;nige, wovon du es abgeſchrieben, halten, auf das fleiſ-
&q;ſigſte verbeſſern, und zugleich dieſe theuere Warnung
&q;mit
* Welche Worte Zeltner l. c. p. 40. aus deſſen Scrutinio
Conſcientiæ angefuͤhret.
** Jch habe dieſen Eyd aus S. Hieronymi Catalogo Script.
Eccl. c. XXXV. p. 51. Edit. E. S. Cypriani, Franckf.
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