[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740.Deposition. schicklichkeit, ist keine Tugend, sondern ein Laster,das seines Besitzers Schwäche verräth. 18. So lange ihr einem Herrn serviren müsset, so versichert euch, ihr werdet euer wahres Jnteresse nicht anders befördern können, als wenn ihr eures Herrn Jnterresse befördert. 19. Daher haltet es für eine Unart, wenn der Ge- selle durch seine Arbeit den Herrn nicht reich machen will, und sich dadurch selbst schadet, auch GOttes Seegen entziehet. 20. Bringet euch GOtt in den Herrn-Stand, so vergesset nicht, wer ihr gewesen seyd, und lasset euch das Aufnehmen der Kunst mehr, als eue- ren eigenen Nutzen, angelegen seyn. Jst der Lehrmeister mit seinen Regeln fertig, so ein
Depoſition. ſchicklichkeit, iſt keine Tugend, ſondern ein Laſter,das ſeines Beſitzers Schwaͤche verraͤth. 18. So lange ihr einem Herrn ſerviren muͤſſet, ſo verſichert euch, ihr werdet euer wahres Jntereſſe nicht anders befoͤrdern koͤnnen, als wenn ihr eures Herrn Jnterreſſe befoͤrdert. 19. Daher haltet es fuͤr eine Unart, wenn der Ge- ſelle durch ſeine Arbeit den Herrn nicht reich machen will, und ſich dadurch ſelbſt ſchadet, auch GOttes Seegen entziehet. 20. Bringet euch GOtt in den Herrn-Stand, ſo vergeſſet nicht, wer ihr geweſen ſeyd, und laſſet euch das Aufnehmen der Kunſt mehr, als eue- ren eigenen Nutzen, angelegen ſeyn. Jſt der Lehrmeiſter mit ſeinen Regeln fertig, ſo ein
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Depoſition.
ſchicklichkeit, iſt keine Tugend, ſondern ein Laſter,
das ſeines Beſitzers Schwaͤche verraͤth.
18. So lange ihr einem Herrn ſerviren muͤſſet, ſo
verſichert euch, ihr werdet euer wahres Jntereſſe
nicht anders befoͤrdern koͤnnen, als wenn ihr
eures Herrn Jnterreſſe befoͤrdert.
19. Daher haltet es fuͤr eine Unart, wenn der Ge-
ſelle durch ſeine Arbeit den Herrn nicht reich
machen will, und ſich dadurch ſelbſt ſchadet, auch
GOttes Seegen entziehet.
20. Bringet euch GOtt in den Herrn-Stand, ſo
vergeſſet nicht, wer ihr geweſen ſeyd, und laſſet
euch das Aufnehmen der Kunſt mehr, als eue-
ren eigenen Nutzen, angelegen ſeyn.
Jſt der Lehrmeiſter mit ſeinen Regeln fertig, ſo
verlangt er von den Zeugen zu wiſſen, was vor ei-
nen Denckſpruch ſie ihm geben wollen, da ſie ihm
alsdenn nach ihrem Gefallen einen ſagen. Z. E.
Omnia conando docilis ſolertia vincit, ora & la-
bora, oder auch teutſch, z. E. Du haſt gefehlet bis
hieher, geh, beßre dich und thus nicht mehr. Hat
dieſen der Lehrmeiſter vernommen, ſo ſetzet er als-
denn dem Cornuten einen Crantz auf und beſtaͤtiget
ihn im Namen einer gantzen loͤblichen Geſellſchaft
zu einen ehrlichen Geſellen, und meldet ihm zugleich
vorerwehnten Denckſpruch. So bald dieſes ge-
ſchehen, treten die Zeugen herzu und uͤberreichen
dem neuen Geſellen ihre Geſchencke, wuͤnſchen ihm
zu ſeinem neuen Stand alles Gluͤck und Heyl, und
hiemit endiget ſich die gantze Depoſition. Nichts
iſt mehr uͤbrig, als daß der Nachredner nunmehr
auftritt und eine kurtze Rede haͤlt. Man bindet
ſich abermals an keine gewiſſe Formul, ſondern
ein
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