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[Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 2. Leipzig, 1740.

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zogene und elende Leute bey der edlen Kunst werden müßen,
die weder von ehrlicher Aufrichtigkeit etwas verständiges wis-
sen, noch rechtschaffene Kunst-Gebräuche lernen, noch weniger
sich der Höflichkeit und Bescheidenheit bedienen, und nicht wis-
sen wie sie sich gegen ihre Vorgesetzten, und andern bezeigen sol-
len; denn wo soll er solches erlernet haben, da er sich nach sei-
ner Auslernung nicht auswärts begeben hat? sondern nur glau-
bet was sein Eigensinn erdencket, und ihm beybringet, in Mey-
nung: diß sey die üble Gewohnheit und dünckt sich also mehr
zu wißen als ein anderes wohlversuchtes Kunstglied.

Bey solchen berührten Umständen kan nichts anders erfol-
gen, als daß durch solches unzuläßiges, und wider die aller-
höchsten Befehle, ersonnenes Wesen in zukunfft noch gröbere
Unrichtigkeiten und Mißbräuche sich äußern müßen, besonders
da durch die Vielheit der Jungen Lernung mehrere Gesellen, und
letzlich die Buchdruckereyen so gar an solchen Orten, wo we-
der Landes-Regierung, angestellte Hofhaltungen, noch Univer-
sitäten und Gymnasia vorhanden, sich häuffen müßen, wie man
bereits schon wahrgenommen hat.

Diesen ietztgedachten Mißbräuchen zu steuren, und die gu-
ten Gebräuche wieder aufzuhelffen hat Herr Werther in seiner
Historischen Nachricht von der Buchdruckerkunst einige Vor-
schläge gethan, weil aber viele solches Buch nicht in Händen
haben, so hat man selbige nicht vorbey laßen wollen, als:

Daß an solchen Orten, wo eine eintzelne Druckerey, und
nicht Jahr aus und ein, zum wenigsten ein redlicher
Geselle gestanden, oder gefördert worden, kein Junge
weder zu Aufding-noch Lossprechung gelitten, es sey
dann, daß den ehedessen aufgerichteten Gebrauch nach,
von fremden Orten rechtschaffene Kunst-Glieder aus ei-
ner tüchtigen Druckerey, um die erfordernde Gebühr, da-
zu eingeladen und abgeholet worden; oder wenn ja der
Buch drucker vor sich so viel Gesellen in seiner Buchdrucke-
rey hat, als nöthig sind zur Aufding-oder Lossprechung;
so hat er doch iederzeit, um zu erfahren obs redlich darbey
zugegangen oder nicht? bey der ihm am nächsten liegen-
den Gesellschafft solches zu melden sich verbindlich ge-
macht, und ist ie und allezeit steiff und feste darüber ge-
halten worden.

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d 5

zogene und elende Leute bey der edlen Kunſt werden muͤßen,
die weder von ehrlicher Aufrichtigkeit etwas verſtaͤndiges wiſ-
ſen, noch rechtſchaffene Kunſt-Gebraͤuche lernen, noch weniger
ſich der Hoͤflichkeit und Beſcheidenheit bedienen, und nicht wiſ-
ſen wie ſie ſich gegen ihre Vorgeſetzten, und andern bezeigen ſol-
len; denn wo ſoll er ſolches erlernet haben, da er ſich nach ſei-
ner Auslernung nicht auswaͤrts begeben hat? ſondern nur glau-
bet was ſein Eigenſinn erdencket, und ihm beybringet, in Mey-
nung: diß ſey die uͤble Gewohnheit und duͤnckt ſich alſo mehr
zu wißen als ein anderes wohlverſuchtes Kunſtglied.

Bey ſolchen beruͤhrten Umſtaͤnden kan nichts anders erfol-
gen, als daß durch ſolches unzulaͤßiges, und wider die aller-
hoͤchſten Befehle, erſonnenes Weſen in zukunfft noch groͤbere
Unrichtigkeiten und Mißbraͤuche ſich aͤußern muͤßen, beſonders
da durch die Vielheit der Jungen Lernung mehrere Geſellen, und
letzlich die Buchdruckereyen ſo gar an ſolchen Orten, wo we-
der Landes-Regierung, angeſtellte Hofhaltungen, noch Univer-
ſitaͤten und Gymnaſia vorhanden, ſich haͤuffen muͤßen, wie man
bereits ſchon wahrgenommen hat.

Dieſen ietztgedachten Mißbraͤuchen zu ſteuren, und die gu-
ten Gebraͤuche wieder aufzuhelffen hat Herr Werther in ſeiner
Hiſtoriſchen Nachricht von der Buchdruckerkunſt einige Vor-
ſchlaͤge gethan, weil aber viele ſolches Buch nicht in Haͤnden
haben, ſo hat man ſelbige nicht vorbey laßen wollen, als:

Daß an ſolchen Orten, wo eine eintzelne Druckerey, und
nicht Jahr aus und ein, zum wenigſten ein redlicher
Geſelle geſtanden, oder gefoͤrdert worden, kein Junge
weder zu Aufding-noch Losſprechung gelitten, es ſey
dann, daß den ehedeſſen aufgerichteten Gebrauch nach,
von fremden Orten rechtſchaffene Kunſt-Glieder aus ei-
ner tuͤchtigen Druckerey, um die erfordernde Gebuͤhr, da-
zu eingeladen und abgeholet worden; oder wenn ja der
Buch drucker vor ſich ſo viel Geſellen in ſeiner Buchdrucke-
rey hat, als noͤthig ſind zur Aufding-oder Losſprechung;
ſo hat er doch iederzeit, um zu erfahren obs redlich darbey
zugegangen oder nicht? bey der ihm am naͤchſten liegen-
den Geſellſchafft ſolches zu melden ſich verbindlich ge-
macht, und iſt ie und allezeit ſteiff und feſte daruͤber ge-
halten worden.

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Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 2. Leipzig, 1740, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst02_1740/373>, abgerufen am 03.06.2024.