Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 3. Leipzig, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

des Wörterbuchs.
feuchten. Alleine ich will sie in der Liebe ertragen, weil
vernünftige Leser und geschickte Männer mein Wörter-
buch nicht nur gut geheisen, sondern sich desselbigen in ih-
ren öffentlichen Schriften bereits bedienet haben. Man
schlage nur des berühmten Hrn. Prof. Schwartzens
primaria documenta de origine Typogr. und des
bescheidenen und hochgelehrten Herrn Past. Lessers
Typogr. Jubil. nach, so wird man Zeugnisse davon
finden. Jch bleibe dahero bey meinem Vorsatz und
liefere gegenwärtig abermals einen Zusatz zu meinem
Wörterbuch. Der Einwurf schrecket mich gar nicht
ab, weil man vorgiebt: Es wären ja lauter bekannte
Sachen? Gesetzt sie sind den Kunstgliedern bekannt,
so sind sie ja deßwegen nicht andern Leuten auch be-
kannt. Einen Buchdrucker darf ich freylich nicht leh-
ren, was bey ihnen eine Hochzeit, oder Leichen
machen
heise; Jch darf ihnen ferner nicht sagen,
was sauer Kraut machen, ingleichen was Zwibel-
fische
bedeuten; Jch darf ihnen auch nicht sagen was
der Ballenknecht, und Bengel sey, und was der-
gleichen viele Wörter mehr sind; Alleine wenn ich ge-
lehrte, oder andere Leute wegen der angeführten
Kunstwörter fragen sollte, so bin ich gewiß überzeugt,
daß es die wenigsten wissen werden, zu mal, wenn sie
sich nicht sonderlich in Buchdruckereyen umgesehen
haben. Jch kan nicht läugnen, daß ich etliche Jahre
beständig in Druckereyen zu thun gehabt und gleich-
wohl nicht gewust habe, was die Redensart bedeutet:
Die Columnen sind verschossen. So viel wuste
ich wohl, daß die Columnen nicht an rechtem Orte
stunden, wie aber dieses zugieng war mir verborgen.
Was ein Schwamm heißt, ist freylich allen Leuten
bekannt, worzu ihn aber der Vuchdrucker braucht

wis-
E e 4

des Woͤrterbuchs.
feuchten. Alleine ich will ſie in der Liebe ertragen, weil
vernuͤnftige Leſer und geſchickte Maͤnner mein Woͤrter-
buch nicht nur gut geheiſen, ſondern ſich deſſelbigen in ih-
ren oͤffentlichen Schriften bereits bedienet haben. Man
ſchlage nur des beruͤhmten Hrn. Prof. Schwartzens
primaria documenta de origine Typogr. und des
beſcheidenen und hochgelehrten Herrn Paſt. Leſſers
Typogr. Jubil. nach, ſo wird man Zeugniſſe davon
finden. Jch bleibe dahero bey meinem Vorſatz und
liefere gegenwaͤrtig abermals einen Zuſatz zu meinem
Woͤrterbuch. Der Einwurf ſchrecket mich gar nicht
ab, weil man vorgiebt: Es waͤren ja lauter bekannte
Sachen? Geſetzt ſie ſind den Kunſtgliedern bekannt,
ſo ſind ſie ja deßwegen nicht andern Leuten auch be-
kannt. Einen Buchdrucker darf ich freylich nicht leh-
ren, was bey ihnen eine Hochzeit, oder Leichen
machen
heiſe; Jch darf ihnen ferner nicht ſagen,
was ſauer Kraut machen, ingleichen was Zwibel-
fiſche
bedeuten; Jch darf ihnen auch nicht ſagen was
der Ballenknecht, und Bengel ſey, und was der-
gleichen viele Woͤrter mehr ſind; Alleine wenn ich ge-
lehrte, oder andere Leute wegen der angefuͤhrten
Kunſtwoͤrter fragen ſollte, ſo bin ich gewiß uͤberzeugt,
daß es die wenigſten wiſſen werden, zu mal, wenn ſie
ſich nicht ſonderlich in Buchdruckereyen umgeſehen
haben. Jch kan nicht laͤugnen, daß ich etliche Jahre
beſtaͤndig in Druckereyen zu thun gehabt und gleich-
wohl nicht gewuſt habe, was die Redensart bedeutet:
Die Columnen ſind verſchoſſen. So viel wuſte
ich wohl, daß die Columnen nicht an rechtem Orte
ſtunden, wie aber dieſes zugieng war mir verborgen.
Was ein Schwamm heißt, iſt freylich allen Leuten
bekannt, worzu ihn aber der Vuchdrucker braucht

wiſ-
E e 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0546" n="439"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Wo&#x0364;rterbuchs.</hi></fw><lb/>
feuchten. Alleine ich will &#x017F;ie in der Liebe ertragen, weil<lb/>
vernu&#x0364;nftige Le&#x017F;er und ge&#x017F;chickte Ma&#x0364;nner mein Wo&#x0364;rter-<lb/>
buch nicht nur gut gehei&#x017F;en, &#x017F;ondern &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;elbigen in ih-<lb/>
ren o&#x0364;ffentlichen Schriften bereits bedienet haben. Man<lb/>
&#x017F;chlage nur des beru&#x0364;hmten Hrn. Prof. <hi rendition="#fr">Schwartzens</hi><lb/><hi rendition="#aq">primaria documenta de origine Typogr.</hi> und des<lb/>
be&#x017F;cheidenen und hochgelehrten Herrn Pa&#x017F;t. <hi rendition="#fr">Le&#x017F;&#x017F;ers</hi><lb/><hi rendition="#aq">Typogr. Jubil.</hi> nach, &#x017F;o wird man Zeugni&#x017F;&#x017F;e davon<lb/>
finden. Jch bleibe dahero bey meinem Vor&#x017F;atz und<lb/>
liefere gegenwa&#x0364;rtig abermals einen Zu&#x017F;atz zu meinem<lb/>
Wo&#x0364;rterbuch. Der Einwurf &#x017F;chrecket mich gar nicht<lb/>
ab, weil man vorgiebt: Es wa&#x0364;ren ja lauter bekannte<lb/>
Sachen? Ge&#x017F;etzt &#x017F;ie &#x017F;ind den Kun&#x017F;tgliedern bekannt,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie ja deßwegen nicht andern Leuten auch be-<lb/>
kannt. Einen Buchdrucker darf ich freylich nicht leh-<lb/>
ren, was bey ihnen <hi rendition="#fr">eine Hochzeit,</hi> oder <hi rendition="#fr">Leichen<lb/>
machen</hi> hei&#x017F;e; Jch darf ihnen ferner nicht &#x017F;agen,<lb/>
was <hi rendition="#fr">&#x017F;auer Kraut machen,</hi> ingleichen was <hi rendition="#fr">Zwibel-<lb/>
fi&#x017F;che</hi> bedeuten; Jch darf ihnen auch nicht &#x017F;agen was<lb/>
der <hi rendition="#fr">Ballenknecht,</hi> und <hi rendition="#fr">Bengel</hi> &#x017F;ey, und was der-<lb/>
gleichen viele Wo&#x0364;rter mehr &#x017F;ind; Alleine wenn ich ge-<lb/>
lehrte, oder andere Leute wegen der angefu&#x0364;hrten<lb/>
Kun&#x017F;two&#x0364;rter fragen &#x017F;ollte, &#x017F;o bin ich gewiß u&#x0364;berzeugt,<lb/>
daß es die wenig&#x017F;ten wi&#x017F;&#x017F;en werden, zu mal, wenn &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich nicht &#x017F;onderlich in Buchdruckereyen umge&#x017F;ehen<lb/>
haben. Jch kan nicht la&#x0364;ugnen, daß ich etliche Jahre<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndig in Druckereyen zu thun gehabt und gleich-<lb/>
wohl nicht gewu&#x017F;t habe, was die Redensart bedeutet:<lb/><hi rendition="#fr">Die Columnen &#x017F;ind ver&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en.</hi> So viel wu&#x017F;te<lb/>
ich wohl, daß die Columnen nicht an rechtem Orte<lb/>
&#x017F;tunden, wie aber die&#x017F;es zugieng war mir verborgen.<lb/>
Was ein <hi rendition="#fr">Schwamm</hi> heißt, i&#x017F;t freylich allen Leuten<lb/>
bekannt, worzu ihn aber der Vuchdrucker braucht<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E e 4</fw><fw place="bottom" type="catch">wi&#x017F;-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[439/0546] des Woͤrterbuchs. feuchten. Alleine ich will ſie in der Liebe ertragen, weil vernuͤnftige Leſer und geſchickte Maͤnner mein Woͤrter- buch nicht nur gut geheiſen, ſondern ſich deſſelbigen in ih- ren oͤffentlichen Schriften bereits bedienet haben. Man ſchlage nur des beruͤhmten Hrn. Prof. Schwartzens primaria documenta de origine Typogr. und des beſcheidenen und hochgelehrten Herrn Paſt. Leſſers Typogr. Jubil. nach, ſo wird man Zeugniſſe davon finden. Jch bleibe dahero bey meinem Vorſatz und liefere gegenwaͤrtig abermals einen Zuſatz zu meinem Woͤrterbuch. Der Einwurf ſchrecket mich gar nicht ab, weil man vorgiebt: Es waͤren ja lauter bekannte Sachen? Geſetzt ſie ſind den Kunſtgliedern bekannt, ſo ſind ſie ja deßwegen nicht andern Leuten auch be- kannt. Einen Buchdrucker darf ich freylich nicht leh- ren, was bey ihnen eine Hochzeit, oder Leichen machen heiſe; Jch darf ihnen ferner nicht ſagen, was ſauer Kraut machen, ingleichen was Zwibel- fiſche bedeuten; Jch darf ihnen auch nicht ſagen was der Ballenknecht, und Bengel ſey, und was der- gleichen viele Woͤrter mehr ſind; Alleine wenn ich ge- lehrte, oder andere Leute wegen der angefuͤhrten Kunſtwoͤrter fragen ſollte, ſo bin ich gewiß uͤberzeugt, daß es die wenigſten wiſſen werden, zu mal, wenn ſie ſich nicht ſonderlich in Buchdruckereyen umgeſehen haben. Jch kan nicht laͤugnen, daß ich etliche Jahre beſtaͤndig in Druckereyen zu thun gehabt und gleich- wohl nicht gewuſt habe, was die Redensart bedeutet: Die Columnen ſind verſchoſſen. So viel wuſte ich wohl, daß die Columnen nicht an rechtem Orte ſtunden, wie aber dieſes zugieng war mir verborgen. Was ein Schwamm heißt, iſt freylich allen Leuten bekannt, worzu ihn aber der Vuchdrucker braucht wiſ- E e 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst03_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst03_1741/546
Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 3. Leipzig, 1741, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst03_1741/546>, abgerufen am 22.11.2024.