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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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verschmachtenden und alle Augenblick des Todes gewärtigen
Leuten geholffen werden solle. Welche Erzehlung denn
gar füglich als eine Straf-Predigt wider den auf der Tafel
vorhandenen Uberfluß hätte angesehen werden können. Sonst
ist Monsieur de Rieux zwar höflich, aber gar nicht gesprächig, außer
wenn man auf die Kostbarkeiten seines Hauses zu reden
kommt, sein Exterieur auch so beschaffen, daß er mehr einem
reichen Kauffmann, als einem Parlaments-Presidenten ähnlich
siehet. Bey einbrechendem Abend begaben wir uns wider in
unser Hotel, nachdem wir en passant beym Printzen von
Schwartzburg
und dem Duc de Bouillon angefraget, keinen
von beyden aber zu Hause gefunden.

Den 28 December

Der Printz von Schwartzburg nebst dem Herrn von Hertenberg besuchte
Illustrissimum gegen mittag, und wir fuhren darauf mit ihnen
zum Cardinal de Polignac, um sie daselbst zu praesentiren,
musten aber, weil der Cardinal diese Nacht mit Husten
und Schnuppen überfallen worden, unverrichteter Sachen, nach
unserm Quartier zurück kehren und unsre Gäste mit
mancherley nützlichen Discoursen entreteniren. Wir
erfuhren bey dieser Gelegenheit, daß zwar dem Erb-Printzen
von Darmstadt
die Praesentation im Cabinet des Königs
bewilliget, denen beyden jüngern aber abgeschlagen, und
ihnen das Schlaf-Zimmer des Königs, in welchem auch Illustrissimum
praesentiret worden, zu dieser Ceremonie angewiesen sey,
bey welcher Bewandniß denn auch der Printz von Rudol-
stadt
sich mit diesem Ceremoniel, allem Ansehen nach,
wird begnügen laßen müßen, zumalen der mit dem
neuen Jahrs-Tage seinen halbjährigen Dienst antretende
Introducteur Monsieur de Verneuille in dieser Materie sehr
delicat und eigensinnig seyn soll. Von dem Fürsten von
Lichtenstein
war zu vernehmen, daß er nunmehro zu dem
hiesigen [unleserliches Material]Houfe kein so vollkommenes Vertrauen mehr habe,
nachdem des Preußische Vornehmen gegen Schlesien so gar
indifferent angesehen würde, ohnerachtet der letzte zwischen
Franckreich und dem verstorbenen Kayser geschloßene Frieden
ein gantz anders erfordere: doch hat er den Cardinal entschuldiget

verschmachtenden und alle Augenblick des Todes gewärtigen
Leuten geholffen werden solle. Welche Erzehlung denn
gar füglich als eine Straf-Predigt wider den auf der Tafel
vorhandenen Uberfluß hätte angesehen werden können. Sonst
ist Monsieur de Rieux zwar höflich, aber gar nicht gesprächig, außer
wenn man auf die Kostbarkeiten seines Hauses zu reden
kommt, sein Exterieur auch so beschaffen, daß er mehr einem
reichen Kauffmann, als einem Parlaments-Presidenten ähnlich
siehet. Bey einbrechendem Abend begaben wir uns wider in
unser Hôtel, nachdem wir en passant beym Printzen von
Schwartzburg
und dem Duc de Bouillon angefraget, keinen
von beyden aber zu Hause gefunden.

Den 28 December

Der Printz von Schwartzburg nebst dem Herrn von Hertenberg besuchte
Illustrissimum gegen mittag, und wir fuhren darauf mit ihnen
zum Cardinal de Polignac, um sie daselbst zu praesentiren,
musten aber, weil der Cardinal diese Nacht mit Husten
und Schnuppen überfallen worden, unverrichteter Sachen, nach
unserm Quartier zurück kehren und unsre Gäste mit
mancherley nützlichen Discoursen entreteniren. Wir
erfuhren bey dieser Gelegenheit, daß zwar dem Erb-Printzen
von Darmstadt
die Praesentation im Cabinet des Königs
bewilliget, denen beyden jüngern aber abgeschlagen, und
ihnen das Schlaf-Zimmer des Königs, in welchem auch Illustrissimum
praesentiret worden, zu dieser Ceremonie angewiesen sey,
bey welcher Bewandniß denn auch der Printz von Rudol-
stadt
sich mit diesem Ceremoniel, allem Ansehen nach,
wird begnügen laßen müßen, zumalen der mit dem
neuen Jahrs-Tage seinen halbjährigen Dienst antretende
Introducteur Monsieur de Verneuille in dieser Materie sehr
delicat und eigensinnig seyn soll. Von dem Fürsten von
Lichtenstein
war zu vernehmen, daß er nunmehro zu dem
hiesigen [unleserliches Material]Houfe kein so vollkommenes Vertrauen mehr habe,
nachdem des Preußische Vornehmen gegen Schlesien so gar
indifferent angesehen würde, ohnerachtet der letzte zwischen
Franckreich und dem verstorbenen Kayser geschloßene Frieden
ein gantz anders erfordere: doch hat er den Cardinal entschuldiget

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/101>, abgerufen am 29.11.2024.