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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Antichambre, und ließ sich von der weitern Begleitung endlichdurch viele
Bitten zurückhalten. Der Herr von Wind fuhr zwar zu gleichem Zweck mit
uns noch zum Venetianischen Ambassadeur, weil wir denselben
aber nicht zu Hause antrafen, muste es auf dismal dabey bewen-
den. Nachdem wir uns also mit gehöriger Dancksagung von ihm ge-
trennet, und noch eine Tour zum Besuch der Madame Montbrun gethan,
dieselbe aber großer Schwachheit wegen, nicht sprechen können, wurde
auf der Beschluß beym Duc de Gesvres gemacht, den das bon mot der
Breßlauischen Dames vom König in Preußen sehr divertirete,
als wir ihm solches aus unsern Briefen vorlasen.

Den 21 Februar

Früh gaben wir dem Herrn von Werneck und dem Herrn von Brummer die schuldigen
Gegen-Visiten und wendeten den Nachmittag zu Besichtigung des
hiesigen großen Chartreuse an, welche von Ludovico 5cte ao 125[unleserliches Material]
gestiftet worden und 2 große Höfe hat, ehe man zur eigentlichen
Clausur gelanget. Diese letztere formiret ein sehr großes Qua-
drat, das rund umher mit einem Creutz Gang umgeben ist und
den Kirchhof in der Mitte einschließet, dahingegen aus besagtem
Creutz-Gange die Thüren in die Zellen oder vielmehr kleine Häu-
ser der Mönche hineingehen. Die Kirche ist zwar gantz hinf[unleserliches Material]
aber mit einer unvergleichlichen geschnitzten Boiserie, daran
ein Frater dieses Closters 30 Jahre gearbeitet, ausgesetzet und der
über dieser Boiserie stehende Gemählde von Biebelischen Historien
sind von denen grösten Meistern gemahlet als: Boulogue, Jouve[unleserliches Material]
Champagne, Coipel perge In dem Capitel stehet das von Champagne
unvergleichlich gemachte Crucifix, welches dieser Mahler selbst
vor sein bestes Stück gehalten und diesem Kloster im Testament
vermacht hat. Die allermerckwürdigsten und kostbaresten Ge-
mählde dieses Klosters aber sind 22 auf Holtz gemahlte und
in dem Creutz-Gange des sogenannten kleinen Klosters befindliche
Stücke, welche das Leben des Ordens-Stifters Brunoius vorstellen
und von dem beruhmten le Sueur verfertiget, durch eine neidische
Hand aber hin und wider gekratzet sind. Wie denn die Ja-
lousie anderer Mahler gegen diesen großen Künstler so starck
gewesen, daß davor gehalten wird, es sey demselben von ihnen
Gift beygebracht worden, weil er in 30sten Jahr seines Alters
gantz schnell gestorben. Wir besahen eine von denen Mönchs-
Zellen, welche aus 8 größern und kleinern Zimmern bestund
und mit schönen Kupfer-Stichen gezieret waren. In dem Haupt
Zimmer war ein Camin, in der Bibliothec aber ein eiserner
kleiner Wind-Ofen, und der kleine Garten, in welchen
man a plein pied gehen konte hatte wegen derer regulair
angelegten Rabatten und Rasen-Plätze ein recht [unleserliches Material]angenehmes Aus-
sehen. Der Einwohner dieser Zelle war ein Advocat gewesen
und befand sich 12 Jahr in diesem Orden, bezeigte auch mit seiner

Antichambre, und ließ sich von der weitern Begleitung endlichdurch viele
Bitten zurückhalten. Der Herr von Wind fuhr zwar zu gleichem Zweck mit
uns noch zum Venetianischen Ambassadeur, weil wir denselben
aber nicht zu Hause antrafen, muste es auf dismal dabey bewen-
den. Nachdem wir uns also mit gehöriger Dancksagung von ihm ge-
trennet, und noch eine Tour zum Besuch der Madame Montbrun gethan,
dieselbe aber großer Schwachheit wegen, nicht sprechen können, wurde
auf der Beschluß beym Duc de Gesvres gemacht, den das bon mot der
Breßlauischen Dames vom König in Preußen sehr divertirete,
als wir ihm solches aus unsern Briefen vorlasen.

Den 21 Februar

Früh gaben wir dem Herrn von Werneck und dem Herrn von Brummer die schuldigen
Gegen-Visiten und wendeten den Nachmittag zu Besichtigung des
hiesigen großen Chartreuse an, welche von Ludovico 5cte ao 125[unleserliches Material]
gestiftet worden und 2 große Höfe hat, ehe man zur eigentlichen
Clausur gelanget. Diese letztere formiret ein sehr großes Qua-
drat, das rund umher mit einem Creutz Gang umgeben ist und
den Kirchhof in der Mitte einschließet, dahingegen aus besagtem
Creutz-Gange die Thüren in die Zellen oder vielmehr kleine Häu-
ser der Mönche hineingehen. Die Kirche ist zwar gantz hinf[unleserliches Material]
aber mit einer unvergleichlichen geschnitzten Boiserie, daran
ein Frater dieses Closters 30 Jahre gearbeitet, ausgesetzet und der
über dieser Boiserie stehende Gemählde von Biebelischen Historien
sind von denen grösten Meistern gemahlet als: Boulogue, Jouve[unleserliches Material]
Champagne, Coipel perge  In dem Capitel stehet das von Champagne
unvergleichlich gemachte Crucifix, welches dieser Mahler selbst
vor sein bestes Stück gehalten und diesem Kloster im Testament
vermacht hat. Die allermerckwürdigsten und kostbaresten Ge-
mählde dieses Klosters aber sind 22 auf Holtz gemahlte und
in dem Creutz-Gange des sogenannten kleinen Klosters befindliche
Stücke, welche das Leben des Ordens-Stifters Brunoius vorstellen
und von dem beruhmten le Sueur verfertiget, durch eine neidische
Hand aber hin und wider gekratzet sind. Wie denn die Ja-
lousie anderer Mahler gegen diesen großen Künstler so starck
gewesen, daß davor gehalten wird, es sey demselben von ihnen
Gift beygebracht worden, weil er in 30sten Jahr seines Alters
gantz schnell gestorben. Wir besahen eine von denen Mönchs-
Zellen, welche aus 8 größern und kleinern Zimmern bestund
und mit schönen Kupfer-Stichen gezieret waren. In dem Haupt
Zimmer war ein Camin, in der Bibliothec aber ein eiserner
kleiner Wind-Ofen, und der kleine Garten, in welchen
man a plein pied gehen konte hatte wegen derer regulair
angelegten Rabatten und Rasen-Plätze ein recht [unleserliches Material]angenehmes Aus-
sehen. Der Einwohner dieser Zelle war ein Advocat gewesen
und befand sich 12 Jahr in diesem Orden, bezeigte auch mit seiner

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[0177] Antichambre, und ließ sich von der weitern Begleitung endl:durch viele Bitten zurückhalten. DHl. v. Wind fuhr zwar zu gleichem Zweck mit uns noch zum Venetianischen Ambassadeur, weil wir denselben aber nicht zu Hause antrafen, muste es auf dismal dabey bewen- den. Nachdem wir uns also mit gehöriger Dancksagung von ihm ge- trennet, u. noch eine Tour zum Besuch der Mad: Montbrun gethan, dieselbe aber großer Schwachheit wegen, nicht sprechen können, wurde der Beschluß beym Duc de Gesvres gemacht, den das bon mot der Breßlauischen Dames vom König in Preußen sehr divertirete, als wir ihm solches aus unsern Briefen vorlasen. Den 21 Febr: Früh gaben wir dH. v. Werneck u. dH. v. Brummer die schuldigen Gegen-Visiten und wendeten den Nachmittag zu Besichtigung des hiesigen großen Chartreuse an, welche von Ludovico 5cte ao 125_ gestiftet worden und 2 große Höfe hat, ehe man zur eigentlichen Clausur gelanget. Diese letztere formiret ein sehr großes Qua- drat, das rund umher mit einem Creutz Gang umgeben ist und den Kirchhof in der Mitte einschließet, dahingegen aus besagtem Creutz-Gange die Thüren in die Zellen oder vielmehr kleine Häu- ser der Mönche hineingehen. Die Kirche ist zwar gantz hinf_ aber mit einer unvergleichlichen geschnitzten Boiserie, daran ein Frater dieses Closters 30 Jahre gearbeitet, ausgesetzet u. der über dieser Boiserie stehende Gemählde von Bieblischen Historien sind von denen grösten Meistern gemahlet als: Boulogue, Jouve_ Champagne, Coipel p  In dem Capitel stehet das von Champagne unvergleichlich gemachte Crucifix, welches dieser Mahler selbst vor sein bestes Stück gehalten u. diesem Kloster im Testament vermacht hat. Die allermerckwürdigsten und kostbaresten Ge- mählde dieses Klosters aber sind 22 auf Holtz gemahlte und in dem Creutz-Gange des sogenannten kleinen Klosters befindliche Stücke, welche das Leben des Ordens-Stifters Brunoius vorstellen und von dem beruhmten le Sueur verfertiget, durch eine neidische Hand aber hin und wider gekratzet sind. Wie denn die Ja- lousie anderer Mahler gegen diesen großen Künstler so starck gewesen, daß davor gehalten wird, es sey demselben von ihnen Gift beygebracht worden, weil er in 30sten Jahr seines Alters gantz schnell gestorben. Wir besahen eine von denen Mönchs- Zellen, welche aus 8 größern und kleinern Zimmern bestund und mit schönen Kupfer-Stichen gezieret waren. In dem Haupt Zimmer war ein Camin, in der Bibliothec aber ein eiserner kleiner Wind-Ofen, und der kleine Garten, in welchen man a plein pied gehen konte hatte wegen derer regulair angelegten Rabatten und Rasen-Plätze ein recht angenehmes Aus- sehen. Der Einwohner dieser Zelle war ein Advocat gewesen und befand sich 12 Jahr in diesem Orden, bezeigte auch mit seiner

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/177>, abgerufen am 23.11.2024.