Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].88 habe sie zu kennen, so habe dennoch Don Quixchotte steif und fest daraufbeharret, daß er auch unbekanter weise sie nothwendig vor die schönste Princessin erkennen solte und müste. Nach diesen principiis hielt der Herr von Waßnaer denen Hamburgern sehr vor übel, daß sie den be- rühmten Portugiesischen Juden Tapera nicht leiden wollen, sondern ihn mit einem Vermögen von etlichen Millionen nach Holland ziehen laßen. Er erzehlte auch bey dieser Gelegenheit von einem in Engelland noch lebenden Portugiesischen Juden Nahmens Lopetz, der ihm seine Gelder in London fourniret habe, folgende Geschichte. Es habe dieser Jude, um sein Commercium treiben zu können, in Lissabon äußerlich als ein Catholick gelebet, sey aber doch als ein des Judenthums ver- dächtiger in die Inquisition gezogen worden. Ohnerachtet ihn nun die- selbe vor unschuldig erkannt, so sey doch nach 13 Jahren neuer Verdacht auf ihn gefallen, da denn derselbe nicht rathsam gefunden, eine abermalige Untersuchung abzuwarten, sondern einem im [unleserliches Material]Hafen liegenden Englischen Capitain 5000 Stück Portugiesische Gold-Müntzen, davon iedes 12 Florentiner am Werth betrage, geboten habe, wenn er sogleich die Segel aufspannen, und ihn nach Engelland überführen wolle. Ob nun schon der Inquisitor davon Wind bekommen und den König veranlaßet, den Englischen Gesandten, ohne Benennung einer Ursache, zu ersuchen, gedachtem Capitain das Auslauffen zu verbieten, der Englische Gesandte auch solches würcklich gethan, so habe dennoch der Capitain, um die wichtigen RecompenEnglischee zu verdienen, sich nicht abhalten laßen, sondern sey mit dem Juden welcher eine Baar- schaft von 100/m solchen Gold-Stücken bey sich gehabt, glücklich nach Engelland davon gefahren. Da er zwar, auf erhobene Klage des Portugiesischen Hofs, seiner Charge entsetzet worden, durch das verdiente Schif-Lohn aber schon genugsam indemnisiret gewesen. Den 3 Martii Heute haben wir an folgenden Orten unsre zur Conver- 2.) Beym Duc de Gesvres, welcher Illmum über den bereits empfan- 88 habe sie zu kennen, so habe dennoch Don Quixchotte steif und fest daraufbeharret, daß er auch unbekanter weise sie nothwendig vor die schönste Princessin erkennen solte und müste. Nach diesen principiis hielt der Herr von Waßnaer denen Hamburgern sehr vor übel, daß sie den be- rühmten Portugiesischen Juden Tapera nicht leiden wollen, sondern ihn mit einem Vermögen von etlichen Millionen nach Holland ziehen laßen. Er erzehlte auch bey dieser Gelegenheit von einem in Engelland noch lebenden Portugiesischen Juden Nahmens Lopetz, der ihm seine Gelder in London fourniret habe, folgende Geschichte. Es habe dieser Jude, um sein Commercium treiben zu können, in Lissabon äußerlich als ein Catholick gelebet, sey aber doch als ein des Judenthums ver- dächtiger in die Inquisition gezogen worden. Ohnerachtet ihn nun die- selbe vor unschuldig erkannt, so sey doch nach 13 Jahren neuer Verdacht auf ihn gefallen, da denn derselbe nicht rathsam gefunden, eine abermalige Untersuchung abzuwarten, sondern einem im [unleserliches Material]Hafen liegenden Englischen Capitain 5000 Stück Portugiesische Gold-Müntzen, davon iedes 12 Florentiner am Werth betrage, geboten habe, wenn er sogleich die Segel aufspannen, und ihn nach Engelland überführen wolle. Ob nun schon der Inquisitor davon Wind bekommen und den König veranlaßet, den Englischen Gesandten, ohne Benennung einer Ursache, zu ersuchen, gedachtem Capitain das Auslauffen zu verbieten, der Englische Gesandte auch solches würcklich gethan, so habe dennoch der Capitain, um die wichtigen RecompenEnglischee zu verdienen, sich nicht abhalten laßen, sondern sey mit dem Juden welcher eine Baar- schaft von 100/m solchen Gold-Stücken bey sich gehabt, glücklich nach Engelland davon gefahren. Da er zwar, auf erhobene Klage des Portugiesischen Hofs, seiner Charge entsetzet worden, durch das verdiente Schif-Lohn aber schon genugsam indemnisiret gewesen. Den 3 Martii Heute haben wir an folgenden Orten unsre zur Conver- 2.) 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88
habe sie zu kennen, so habe dennoch Don Quixchotte steif und fest darauf
beharret, daß er auch unbekanter weise sie nothwendig vor die schönste
Princessin erkennen solte und müste. Nach diesen principiis hielt
dH. v. Waßnaer denen Hamburgern sehr vor übel, daß sie den be-
rühmten Portugiesischen Juden Tapera nicht leiden wollen, sondern
ihn mit einem Vermögen von etl: Millionen nach Holland ziehen
laßen. Er erzehlte auch bey dieser Gelegenheit von einem in Engelland
noch lebenden Portugiesischen Juden Nahmens Lopetz, der ihm seine
Gelder in London fourniret habe, folgende Geschichte. Es habe dieser
Jude, um sein Commercium treiben zu können, in Lissabon äußerlich
als ein Catholick gelebet, sey aber doch als ein des Judenthums ver-
dächtiger in die Inquisition gezogen worden. Ohnerachtet ihn nun die-
selbe vor unschuldig erkannt, so sey doch nach 13 Jahren neuer Verdacht
auf ihn gefallen, da denn derselbe nicht rathsam gefunden, eine
abermalige Untersuchung abzuwarten, sondern einem im Hafen
liegenden Engl: Capitain 5000 Stück Portugiesische Gold-Müntzen,
davon iedes 12 Fl: am Werth betrage, geboten habe, wenn er sogleich
die Segel aufspannen, und ihn nach Engelland überführen wolle.
Ob nun schon der Inquisitor davon Wind bekommen und den König
veranlaßet, den Engl: Gesandten, ohne Benennung einer Ursache,
zu ersuchen, gedachtem Capitain das Auslauffen zu verbieten,
der Engl: Gesandte auch solches würcklich gethan, so habe dennoch der
Capitain, um die wichtigen Recompence zu verdienen, sich nicht
abhalten laßen, sondern sey mit dem Juden welcher eine Baar-
schaft von 100/m solchen Gold-Stücken bey sich gehabt, glückl: nach
Engelland davon gefahren. Da er zwar, auf erhobene Klage des
Portugiesischen Hofs, seiner Charge entsetzet worden, durch das
verdiente Schif-Lohn aber schon genugsam indemnisiret gewesen.
Den 3 Mart:
Heute haben wir an folgenden Orten unsre zur Conver-
sation destinirte Zeit hingebracht 1) bey denen Printzen
von Heßen-Darmstadt, welche nebst allen ihrigen sehr
gnädig und freundlich waren, und uns auf morgen Mittag zu
ihrer hiesigen letzten Mahlzeit einluden. Sie wiesen uns den
goldenen Degen, welchen der Introducteur Mr. Verneuil vor
die Praesentation des Erb-Printzen im Cabinet, bekommen soll,
und kostet derselbe 1200 Livres. Der Sous-Introducteur de la
Tournelle bekomt eine goldene Tabattiere.
2.) Beym Duc de Gesvres, welcher Illmum über den bereits empfan-
genen und zum Aufrollen eingerichteten großen Plan von
Paris, noch mit einem Buch in Regal-Folio beschenckte, darinn
die eintzeln Stücke eben dieses Plans nebst einem Grund-Riß
zusammen gebunden sind, auch machte er von seinem eigenen
und des Comte de Maurepas in Kupfer gestochenen Portraits
ihnen und und ein Present. Der Duc d’Olaune aus dem Hause
Montmorency, der Abbé de Vaubrun Bruder der Duchesse
d’Etrees, der Bischof von Beauvais u. andre Standes-Personen
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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