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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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also nur, zu Besichtigung dieses Manns nächstens einen Tag zu be-
stimmen, gaben aber doch zu erkennen, daß wir ietziger Zeit Gottes
Wort vor die eigentliche recht sichere Richtschnur derer Glaubens-Lehre
hielten, weil dergleichen facta, welche als Wunder angeführet würden
unzählichen Ungewißheiten unterworffen wären, und eben diese
Gott ohne Zweifel bewogen hätte, uns die credenda und agenda
aufschreiben zu laßen. Nach einer promenade au jardin de
Palais Royal
, besuchten wir den Marquis de Montbrun, deßen
Gemahlin spatzieren gefahren war; indeßen occupirte uns
der um ihr Bette hangende reliquien-Vorrath, worunter das vor-
nehmste Stück ist, ein mit des Monsieur Paris eigner Hand geschrie-
benes frantzösisches Gebet, in einen verguldeten Rahm gefast, mit
Glaß überzogen, und mit Zwantzig Läpgen von der garderobe
dieses guten Mannes untersetzt. Vom Innhalt dieses Gebets
wird ietzo nichts gemeldet, weil man es künftig gantz zu
communicieren hoffet. Der Marquis tractirete diesen Schatz
seiner Gemahlin gantz cavalierement, iedoch ohne eine dela[unleserliches Material]-
bation zu erkennen zu geben, und ließ sich endlich, nachdem
er die Monacoische Historie nochmals erzehlet, von uns
zu dem Duc de Gesvres fuhren, da wir uns von ihm separa-
ten, und unsern Weg nach dem Marechal d'Asfeld fort
setzten. Wir trafen bey demselben eine ziemliche starcke
Gesellschaft von Officiers, ihn selbst aber mit 2 Dames
über dem Spiel an, welches er iedoch bald quitirte, und
uns von allerhand materien sehr freundlich unterhielt, sonderlich
aber uns von denen Vorzügen und Rechten derer Marechal
de France umständlich instruirete Zum Exempel daß ihnen bey Passirung
einer frantzösischen Vestung die Canonen gelöset würden, die
gantze Garnison ins Gewehr trete, und ihnen eine gantze
Compagnie zur Wache gegeben werden müße, item: daß
sie nicht nur in Campagne, sondern auch als offi[unleserliches Material]cirers
de la Couronne, in Friedens-Zeiten einen distingirten
Rang hätten; daß eine eigene Compagnie Garde zu Pferde
welche ehemals dem Connetable de France zugehöret, ihnen
zu Gebot stehe; der sonst auch schon bekanten Jurisdiction
über die gens de qualite pour les querelles d'honneur zu
geschweigen, welches alles denn uns ziemlichermaßen
nach der Ichheit zu schmecken schiene. Sein Bruder, der Abbe
war nicht zu Hause, dahero wir uns wieder auf den Weg
machten, und, nachdem wir bey dem Holländischen Ambassadeur,
dem Päbstlichen Nuncio, dem Duc de Castro Pignano und dem Herrn von
Waßnaer vergeblich angefraget, endlich: bey dem prince de
Turenne
unsern Abtritt nahmen. Wir trafen den Printzen
ohnerachtet es schon 7 Uhr war, noch mit seinem Informatore

also nur, zu Besichtigung dieses Manns nächstens einen Tag zu be-
stimmen, gaben aber doch zu erkennen, daß wir ietziger Zeit Gottes
Wort vor die eigentliche recht sichere Richtschnur derer Glaubens-Lehre
hielten, weil dergleichen facta, welche als Wunder angeführet würden
unzählichen Ungewißheiten unterworffen wären, und eben diese
Gott ohne Zweifel bewogen hätte, uns die credenda und agenda
aufschreiben zu laßen. Nach einer promenade au jardin de
Palais Royal
, besuchten wir den Marquis de Montbrun, deßen
Gemahlin spatzieren gefahren war; indeßen occupirte uns
der um ihr Bette hangende reliquien-Vorrath, worunter das vor-
nehmste Stück ist, ein mit des Monsieur Paris eigner Hand geschrie-
benes frantzösisches Gebet, in einen verguldeten Rahm gefast, mit
Glaß überzogen, und mit Zwantzig Läpgen von der garderobe
dieses guten Mannes untersetzt. Vom Innhalt dieses Gebets
wird ietzo nichts gemeldet, weil man es künftig gantz zu
communicieren hoffet. Der Marquis tractirete diesen Schatz
seiner Gemahlin gantz cavalierement, iedoch ohne eine dela[unleserliches Material]-
bation zu erkennen zu geben, und ließ sich endlich, nachdem
er die Monacoische Historie nochmals erzehlet, von uns
zu dem Duc de Gesvres fuhren, da wir uns von ihm separa-
ten, und unsern Weg nach dem Marechal d’Asfeld fort
setzten. Wir trafen bey demselben eine ziemliche starcke
Gesellschaft von Officiers, ihn selbst aber mit 2 Dames
über dem Spiel an, welches er iedoch bald quitirte, und
uns von allerhand materien sehr freundlich unterhielt, sonderlich
aber uns von denen Vorzügen und Rechten derer Marechal
de France umständlich instruirete Zum Exempel daß ihnen bey Passirung
einer frantzösischen Vestung die Canonen gelöset würden, die
gantze Garnison ins Gewehr trete, und ihnen eine gantze
Compagnie zur Wache gegeben werden müße, item: daß
sie nicht nur in Campagne, sondern auch als offi[unleserliches Material]cirers
de la Couronne, in Friedens-Zeiten einen distingirten
Rang hätten; daß eine eigene Compagnie Garde zu Pferde
welche ehemals dem Connetable de France zugehöret, ihnen
zu Gebot stehe; der sonst auch schon bekanten Jurisdiction
über die gens de qualité pour les querelles d’honneur zu
geschweigen, welches alles denn uns ziemlichermaßen
nach der Ichheit zu schmecken schiene. Sein Bruder, der Abbé
war nicht zu Hause, dahero wir uns wieder auf den Weg
machten, und, nachdem wir bey dem Holländischen Ambassadeur,
dem Päbstlichen Nuncio, dem Duc de Castro Pignano und dem Herrn von
Waßnaer vergeblich angefraget, endlich: bey dem prince de
Turenne
unsern Abtritt nahmen. Wir trafen den Printzen
ohnerachtet es schon 7 Uhr war, noch mit seinem Informatore

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[0215] also nur, zu Besichtigung dieses Manns nächstens einen Tag zu be- stimmen, gaben aber doch zu erkennen, daß wir ietziger Zeit Gottes Wort vor die eigentliche recht sichere Richtschnur derer Glaubens-Lehre hielten, weil dergl: facta, welche als Wunder angeführet würden unzählichen Ungewißheiten unterworffen wären, und eben diese Gott ohne Zweifel bewogen hätte, uns die credenda und agenda aufschreiben zu laßen. Nach einer promenade au jardin de Palais Royal, besuchten wir den Marquis de Montbrun, deßen Gemahlin spatzieren gefahren war; indeßen occupirte uns der um ihr Bette hangende reliquien-Vorrath, worunter das vor- nehmste Stück ist, ein mit des Mr. Paris eigner Hand geschrie- benes frantzöl: Gebet, in einen verguldeten Rahm gefast, mit Glaß überzogen, und mit Zwantzig Läpgen von der garderobe dieses guten Mannes untersetzt. Vom Innhalt dieses Gebets wird ietzo nichts gemeldet, weil man es künftig gantz zu communicieren hoffet. Der Marquis tractirete diesen Schatz seiner Gemahlin gantz cavalierement, iedoch ohne eine dela_ - bation zu erkennen zu geben, und ließ sich endlich, nachdem er die Monacoische Historie nochmals erzehlet, von uns zu dem Duc de Gesvres fuhren, da wir uns von ihm separa- ten, und unsern Weg nach dem Marechal d’Asfeld fort setzten. Wir trafen bey demselben eine ziemliche starcke Gesellschaft von Officiers, ihn selbst aber mit 2 Dames über dem Spiel an, welches er iedoch bald quitirte, und uns von allerhand materien sehr freundlich unterhielt, sonderlich aber uns von denen Vorzügen und Rechten derer Marechal de France umständlich instruirete Z.E. daß ihnen bey Passirung einer frantzöl: Vestung die Canonen gelöset würden, die gantze Garnison ins Gewehr trete, und ihnen eine gantze Compagnie zur Wache gegeben werden müße, item: daß sie nicht nur in Campagne, sondern auch als officirers de la Couronne, in Friedens-Zeiten einen distingirten Rang hätten; daß eine eigene Compagnie Garde zu Pferde welche ehemals dem Connetable de France zugehöret, ihnen zu Gebot stehe; der sonst auch schon bekanten Jurisdiction über die gens de qualité pour les querelles d’honneur zu geschweigen, welches alles denn uns ziemlichermaßen nach der Ichheit zu schmecken schiene. Sein Bruder, der Abbé war nicht zu Hause, dahero wir uns wieder auf den Weg machten, und, nachdem wir bey dem Holländl: Ambassadeur, dem Päbstl: Nuncio, dem Duc de Castro Pignano und dHl. von Waßnaer vergeblich angefraget, endl: bey dem prince de Turenne unsern Abtritt nahmen. Wir trafen den Printzen ohnerachtet es schon 7 Uhr war, noch mit seinem Informatore

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/215>, abgerufen am 21.11.2024.