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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Den 8ten August

Dieser Tag unserer Ankunft in Marseille brachten wir zu förderst mit schlafen, und so
dann mit schreiben zu, und weil wir benachrichtiget wurden, daß weder der Bischof,
noch der Intendant, an welche beyde uns der Marquis de Montbrun Briefe mit
gegeben, dermalen hier gegenwärtig, so addressirten wir uns an den Marquis
de Bernage
, Capitaine des Galeres, dem sein Bruder in Montpellier unsert-
wegen geschrieben hatte. Es fand sich derselbe den

9ten August

Nach der Mittags Mahlzeit in unserm Quartier bey uns ein, und wir besichtigten in sei-
ner Gesellschaft 1.) das große Arsenal, darinn die provision, munition und alle übri-
ge Nothdurften und Zubehörungen derer Königlichen Galeren im Überfluß auf behalten -
werden. Die Sale - d'armes, welche aus 4 ins Creutz gebaueten galerien bestehet, ist
mit Flinten, Säbeln, Bajonetten, Endter-Beilen und anderer kleinen armatur auf m/40 Mann
versehen, und überaus propre und artig, auch dergestalt rangiret, daß iedwede Königliche Galere ihre eigne repositoria hat, über welchen der Nahme solcher Galere an-
geschrieben stehet. In dem einen Platz des arsenals ist der Ort, wo die Galeren ge-
hauet werden, welches ein mit höltzernen Dach=Werck hoch überbauetes bassin ist, das
mit dem Hafen connexion hat, und folglich das Waßer hinein und heraus gelaßen werden
kan.
2.) Den Hafen. Es hat derselbe die Form eines länglichen Vierecks, und ist auf denen
zwey langen, und der einen schmalen Seite theils mit publiquen, theils mit privat Häu-
sern bebauet, die 4te schmale Seite ist die Ausfahrt in das Mitteländische Meer, welche
an iedwedens Ufer durch eine vortrefliche Citadelle defendiret wird. Das alte Fort, so
Franciscus I. erbauet, und etwas von dem Hafen entfernet lieget, wird nicht mehr ge-
brauchet. Die schönsten Kaufarthey-Schife aus aller Welt Ende sind hier vorhanden, und
occupiren die eine Seite, dahingegen auf der anderen die Königlichen Galeren und die Fischer=
Schiffe liegen. Das Waßer im Hafen ist sehr schwartz und unrein, und die Einfahrt,
wegen eines vorliegenden Felsen=Gebirges und nicht genungsamer Tiefe, ziemlich beschwer-
lich. Wie denn auch aus dieser letzten Uhrsach hier kein Krieges=Schiff einlauffen kan;
doch ist das Waßer zu Last=Schiffen von 19 bis m/20. Centnern hinlänglich. Wir fuhren
in einer mit einem pavillon bedeckten Barque bis vor den Hafen hinaus, und sa-
hen fast am Ende deßelben das Bureau de Sante, welches nach der Waßer Seite
zu offen, und mit einer eisernen Balustrade umgeben ist. Die Gesundheits Comissa-
rien
halten sich darinn den gantzen Tag über, bis der Hafen mit der Ketten geschloßen
wird, auf, und müßen die ankommenden Schiffe eine Barque vor obgedachtes Gitter
abschicken, und die Gesundheits Zeugniße hindurch reichen laßen. Die quarantaine wird
draußen vor dem Hafen gehalten, woselbst auch zu Auslüftung derer Waaren ein be-
sonders großes Gebäude mit einer doppelten Ring=Mauer angeleget ist. Über
haupt.

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Den 8ten August

Dieser Tag unserer Ankunft in Marseille brachten wir zu förderst mit schlafen, und so
dann mit schreiben zu, und weil wir benachrichtiget wurden, daß weder der Bischof,
noch der Intendant, an welche beyde uns der Marquis de Montbrun Briefe mit
gegeben, dermalen hier gegenwärtig, so addressirten wir uns an den Marquis
de Bernage
, Capitaine des Galeres, dem sein Bruder in Montpellier unsert-
wegen geschrieben hatte. Es fand sich derselbe den

9ten August

Nach der Mittags Mahlzeit in unserm Quartier bey uns ein, und wir besichtigten in sei-
ner Gesellschaft 1.) das große Arsenal, darinn die provision, munition und alle übri-
ge Nothdurften und Zubehörungen derer Königlichen Galeren im Überfluß auf behalten -
werden. Die Sale – d‘armes, welche aus 4 ins Creutz gebaueten galerien bestehet, ist
mit Flinten, Säbeln, Bajonetten, Endter-Beilen und anderer kleinen armatur auf m/40 Mann
versehen, und überaus propre und artig, auch dergestalt rangiret, daß iedwede Königliche Galere ihre eigne repositoria hat, über welchen der Nahme solcher Galere an-
geschrieben stehet. In dem einen Platz des arsenals ist der Ort, wo die Galeren ge-
hauet werden, welches ein mit höltzernen Dach=Werck hoch überbauetes bassin ist, das
mit dem Hafen connexion hat, und folglich das Waßer hinein und heraus gelaßen werden
kan.
2.) Den Hafen. Es hat derselbe die Form eines länglichen Vierecks, und ist auf denen
zwey langen, und der einen schmalen Seite theils mit publiquen, theils mit privat Häu-
sern bebauet, die 4te schmale Seite ist die Ausfahrt in das Mitteländische Meer, welche
an iedwedens Ufer durch eine vortrefliche Citadelle defendiret wird. Das alte Fort, so
Franciscus I. erbauet, und etwas von dem Hafen entfernet lieget, wird nicht mehr ge-
brauchet. Die schönsten Kaufarthey-Schife aus aller Welt Ende sind hier vorhanden, und
occupiren die eine Seite, dahingegen auf der anderen die Königlichen Galeren und die Fischer=
Schiffe liegen. Das Waßer im Hafen ist sehr schwartz und unrein, und die Einfahrt,
wegen eines vorliegenden Felsen=Gebirges und nicht genungsamer Tiefe, ziemlich beschwer-
lich. Wie denn auch aus dieser letzten Uhrsach hier kein Krieges=Schiff einlauffen kan;
doch ist das Waßer zu Last=Schiffen von 19 bis m/20. Centnern hinlänglich. Wir fuhren
in einer mit einem pavillon bedeckten Barque bis vor den Hafen hinaus, und sa-
hen fast am Ende deßelben das Bureau de Santé, welches nach der Waßer Seite
zu offen, und mit einer eisernen Balustrade umgeben ist. Die Gesundheits Comissa-
rien
halten sich darinn den gantzen Tag über, bis der Hafen mit der Ketten geschloßen
wird, auf, und müßen die ankommenden Schiffe eine Barque vor obgedachtes Gitter
abschicken, und die Gesundheits Zeugniße hindurch reichen laßen. Die quarantaine wird
draußen vor dem Hafen gehalten, woselbst auch zu Auslüftung derer Waaren ein be-
sonders großes Gebäude mit einer doppelten Ring=Mauer angeleget ist. Über
haupt.

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[0404] 195 No: 42. Den 8ten Augl. Dieser Tag unserer Ankunft in Marseille brachten wir zu förderst mit schlafen, und so dann mit schreiben zu, und weil wir benachrichtiget wurden, daß weder der Bischof, noch der Intendant, an welche beyde uns der Marquis de Montbrun Briefe mit gegeben, dermalen hier gegenwärtig, so addressirten wir uns an den Marquis de Bernage, Capitaine des Galeres, dem sein Bruder in Montpellier unsert- wegen geschrieben hatte. Es fand sich derselbe den 9ten Auglii. Nach der Mittags Mahlzeit in unserm Quartier bey uns ein, und wir besichtigten in sei- ner Gesellschaft 1.) das große Arsenal, darinn die provision, munition und alle übri- ge Nothdurften und Zubehörungen derer Königlii. Galeren im Überfluß auf behalten - werden. Die Sale – d‘armes, welche aus 4 ins Creutz gebaueten galerien bestehet, ist mit Flinten, Säbeln, Bajonetten, Endter-Beilen und anderer kleinen armatur auf m/40 Mann versehen, und überaus propre und artig, auch dergestalt rangiret, daß iedwede Kö- nigli. Galere ihre eigne repositoria hat, über welchen der Nahme solcher Galere an- geschrieben stehet. In dem einen Platz des arsenals ist der Ort, wo die Galeren ge- hauet werden, welches ein mit höltzernen Dach=Werck hoch überbauetes bassin ist, das mit dem Hafen connexion hat, und folglich das Waßer hinein und heraus gelaßen werden kan. 2.) Den Hafen. Es hat derselbe die Form eines länglichen Vierecks, und ist auf denen zwey langen, und der einen schmalen Seite theils mit publiquen, theils mit privat Häu- sern bebauet, die 4te schmale Seite ist die Ausfahrt in das Mitteländische Meer, welche an iedwedens Ufer durch eine vortrefliche Citadelle defendiret wird. Das alte Fort, so Franciscus I. erbauet, und etwas von dem Hafen entfernet lieget, wird nicht mehr ge- brauchet. Die schönsten Kaufarthey-Schife aus aller Welt Ende sind hier vorhanden, und occupiren die eine Seite, dahingegen auf der anderen die Königli. Galeren und die Fischer= Schiffe liegen. Das Waßer im Hafen ist sehr schwartz und unrein, und die Einfahrt, wegen eines vorliegenden Felsen=Gebirges und nicht genungsamer Tiefe, ziemlich beschwer- lich. Wie denn auch aus dieser letzten Uhrsach hier kein Krieges=Schiff einlauffen kan; doch ist das Waßer zu Last=Schiffen von 19 bis m/20. Centnern hinlänglich. Wir fuhren in einer mit einem pavillon bedeckten Barque bis vor den Hafen hinaus, und sa- hen fast am Ende deßelben das Bureau de Santé, welches nach der Waßer Seite zu offen, und mit einer eisernen Balustrade umgeben ist. Die Gesundheits Comissa- rien halten sich darinn den gantzen Tag über, bis der Hafen mit der Ketten geschloßen wird, auf, und müßen die ankommenden Schiffe eine Barque vor obgedachtes Gitter abschicken, und die Gesundheits Zeugniße hindurch reichen laßen. Die quarantaine wird draußen vor dem Hafen gehalten, woselbst auch zu Auslüftung derer Waaren ein be- sonders großes Gebäude mit einer doppelten Ring=Mauer angeleget ist. Über haupt.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/404>, abgerufen am 24.11.2024.