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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Vaterlande zu seyn pfleget, wie denn auch die Gesellschaft en
corps weder auf, noch abziehet, sondern ieder nach seiner
Gelegenheit sich einfindet und wieder nach Hause gehet. Nach
aufgehobner Tafel wurde das Schießen fortgesetzet, wir
aber retirireten uns mit unserm Chevalier und sahen en
passant das dem Schieß-Hause gegen über an der Saonne
auf einem Felsen gelegene Castell Pierre en scise ge-
nannt, welches eine Staats-Prison ist und einen eignen
Gouverneur hat. Abends soupireten wir auf geschehene
Einladung bey dem Commendanten und fanden daselbst
den Duc de Saint Aignan, welcher 10 Jahr als frantzösischer Ambassadeur
zu Rom gestanden, nunmehro aber rappelliret, und auf
der retour nach Paris begriffen ist. Er siehet des Hertzogs
zu Saalfeld
Durchlaucht sehr ähnlich, und hat den heiligen Geist Orden.
Wir wurden von dem Commendanten an ihn praesentiret,
und erfuhren von seinem Sohne dem Marquis de Beauviller,
daß sie vor 3 Tagen bey Passirung des Montsenis noch keinen
Schnee angetroffen. Die übrige Gesellschaft war die Inten-
dantin
, eine Abbesse aus einem adelichen Stift in der Nach-
barschaft und Madame de Rochebaron selbst, welche letztere
vor 10 bis 12 Jahren in denen Wochen so contract worden,
daß sie nicht gehen kan, sondern beständig auf einem
Stuhl getragen wird. Von andern auch mit gegenwärti-
gen Cavaliers und Dames sind die Nahmen nicht zu be-
halten gewesen. Der vornehmste Nutzen dieses Abend-
Eßens war in Ansehung unsrer manche gute Nachricht, die
wir zum Behuf unsrer Italiänischen Reise von dem
Duc und seinem Sohn einziehen konten. Noch ist zu ge-
dencken daß Illustrissimus heute von dem Commendanten und dem
ancien Prevot des Marchands die Gegen-Visite empfangen.

Den 4 September

Der Vormittag wurde zu Ablegung folgender Visiten ange-
wendet 1) bey dem Duc de Saint Aignan, den wir nicht
zu Hause antrafen, seinen Sohn aber den Marquis
vor dem Hause auf der Promenade fanden, und mit
ihm die Conferentz über die Italiänische Reise fortsetzten.
2) zu dem Commendanten, der uns von ietzigen Zeit-Läufften
abermal sehr angenehm entretenirte und überaus gut
Preußisch gesinnet war. Nachmittags besahen wir die

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Vaterlande zu seyn pfleget, wie denn auch die Gesellschaft en
corps weder auf, noch abziehet, sondern ieder nach seiner
Gelegenheit sich einfindet und wieder nach Hause gehet. Nach
aufgehobner Tafel wurde das Schießen fortgesetzet, wir
aber retirireten uns mit unserm Chevalier und sahen en
passant das dem Schieß-Hause gegen über an der Saonne
auf einem Felsen gelegene Castell Pierre en scise ge-
nannt, welches eine Staats-Prison ist und einen eignen
Gouverneur hat. Abends soupireten wir auf geschehene
Einladung bey dem Commendanten und fanden daselbst
den Duc de Saint Aignan, welcher 10 Jahr als frantzösischer Ambassadeur
zu Rom gestanden, nunmehro aber rappelliret, und auf
der retour nach Paris begriffen ist. Er siehet des Hertzogs
zu Saalfeld
Durchlaucht sehr ähnlich, und hat den heiligen Geist Orden.
Wir wurden von dem Commendanten an ihn praesentiret,
und erfuhren von seinem Sohne dem Marquis de Beauviller,
daß sie vor 3 Tagen bey Passirung des Montsenis noch keinen
Schnee angetroffen. Die übrige Gesellschaft war die Inten-
dantin
, eine Abbesse aus einem adelichen Stift in der Nach-
barschaft und Madame de Rochebaron selbst, welche letztere
vor 10 bis 12 Jahren in denen Wochen so contract worden,
daß sie nicht gehen kan, sondern beständig auf einem
Stuhl getragen wird. Von andern auch mit gegenwärti-
gen Cavaliers und Dames sind die Nahmen nicht zu be-
halten gewesen. Der vornehmste Nutzen dieses Abend-
Eßens war in Ansehung unsrer manche gute Nachricht, die
wir zum Behuf unsrer Italiänischen Reise von dem
Duc und seinem Sohn einziehen konten. Noch ist zu ge-
dencken daß Illustrissimus heute von dem Commendanten und dem
ancien Prevôt des Marchands die Gegen-Visite empfangen.

Den 4 September

Der Vormittag wurde zu Ablegung folgender Visiten ange-
wendet 1) bey dem Duc de Saint Aignan, den wir nicht
zu Hause antrafen, seinen Sohn aber den Marquis
vor dem Hause auf der Promenade fanden, und mit
ihm die Conferentz über die Italiänische Reise fortsetzten.
2) zu dem Commendanten, der uns von ietzigen Zeit-Läufften
abermal sehr angenehm entretenirte und überaus gut
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[0428] 207 Vaterlande zu seyn pfleget, wie denn auch die Gesellschaft en corps weder auf, noch abziehet, sondern ieder nach seiner Gelegenheit sich einfindet und wieder nach Hause gehet. Nach aufgehobner Tafel wurde das Schießen fortgesetzet, wir aber retirireten uns mit unserm Chevalier und sahen en passant das dem Schieß-Hause gegen über an der Saonne auf einem Felsen gelegene Castell Pierre en scise ge- nannt, welches eine Staats-Prison ist und einen eignen Gouverneur hat. Abends soupireten wir auf geschehene Einladung bey dem Commendanten und fanden daselbst den Duc de Saint Aignan, welcher 10 Jahr als franzöl: Ambassadeur zu Rom gestanden, nunmehro aber rappelliret, und auf der retour nach Paris begriffen ist. Er siehet des Hertzogs zu Saalfeld Durchl: sehr ähnlich, und hat den heil. Geist Orden. Wir wurden von dem Commendanten an ihn praesentiret, und erfuhren von seinem Sohne dem Marquis de Beauviller, daß sie vor 3 Tagen bey Passirung des Montsenis noch keinen Schnee angetroffen. Die übrige Gesellschaft war die Inten- dantin, eine Abbesse aus einem adelichen Stift in der Nach- barschaft und Mad. de Rochebaron selbst, welche letztere vor 10 bis 12 Jahren in denen Wochen so contract worden, daß sie nicht gehen kan, sondern beständig auf einem Stuhl getragen wird. Von andern auch mit gegenwärti- gen Cavaliers und Dames sind die Nahmen nicht zu be- halten gewesen. Der vornehmste Nutzen dieses Abend- Eßens war in Ansehung unsrer manche gute Nachricht, die wir zum Behuf unsrer Italiänischen Reise von dem Duc und seinem Sohn einziehen konten. Noch ist zu ge- dencken daß Illmus heute von dem Commendanten und dem ancien Prevôt des Marchands die Gegen-Visite empfangen. Den 4 Sept: Der Vormittag wurde zu Ablegung folgender Visiten ange- wendet 1) bey dem Duc de Saint Aignan, den wir nicht zu Hause antrafen, seinen Sohn aber den Marquis vor dem Hause auf der Promenade fanden, und mit ihm die Conferentz über die Italiänische Reise fortsetzten. 2) zu dem Commendanten, der uns von ietzigen Zeit-Läufften abermal sehr angenehm entretenirte und überaus gut Preußisch gesinnet war. Nachmittags besahen wir die

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/428>, abgerufen am 26.11.2024.