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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Nummer 46.
Den 20 September Turin

Wolten wir zwar mit Verfolgung unsers eigentlichen Zwecks
den Anfang machen. Weil aber der Ober Hofmeister des Cron-
Printzen
, Marquis de Breuil, an den wir die Haupt-addresse
haben, uns auf morgen bestellen ließ, und die Marquise
d' Entraive, an welche uns ihr Bruder der Duc d'Avre aus
Paris einen Brief mit gegeben, seit 9 Tagen mit einem
jungen Sohn in den Wochen war: so wurde die Schrei-
berey fortgesetzet, und fuhren wir nur nach unsern Kauf-
leuten
, sodann aber auf den cours, stiegen auch bey dem
Königlichen Lust-Hause, le Valentin genannt, ab, und machten
in dem angenehmen Garten deßelben, an dem Ufer
des Po Flußes eine promenade. Das Haus ist von der
Hertzogin Christine, welche eine Frantzösische Princessin,
und als Wittib Landes-Regentin gewesen, ohngefähr
vor 100 Jahren gebauet und a l'antique recht schöne, aber
nicht völlig fertig. Ein Portrait von gestäubter Arbeit
verdienet darinn angemercket zu werden, weil es
einem Gemählde vollkommen ähnlich siehet; item ein
großer Spiegel, welcher den davor tretenden in einer
gewißen distantz gantz breit zusammen gedrückt und
bucklich praesentiret.

Den 21 September

Früh gegen 10 Uhr fuhren wir au chateau, welches die
Wohnung des Duc de Savoye oder Cron-Printzen ist, und
überreichten dem Marquis de Breuil den von seinem
Bruder, dem Sardinischen Ambassadeur zu Paris, uns mit
gegebenen Brief. Er ist General Lieutenant und Ritter des
hiesigen großen Ördens de l'annonciade. Der Empfang
geschahe in denen Zimmern des Printzen, in welchen er
mit wohnet und schläfet, seine Familie aber in der untern
Etage des Schloßes wohnen hat. Seine Höfligkeit be-
stund nicht sowol in Worten und Reverentzen, als
in der realitaet, indem er, nach gemachter Entschuldigung,
daß seine genante function ihm nicht zulaße, Illustrissimum
selbst aller Orten zu introduciren, uns seinen jüngsten
Sohn, den Chevalier de Breuil, welcher Maltheser-Ritter
ist, zum Führer verordnete, auch so fort die praesentation
beym Könige noch auf diesen Vormittag, die bey dem Cron-
Printzen

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Nummer 46.
Den 20 September Turin

Wolten wir zwar mit Verfolgung unsers eigentlichen Zwecks
den Anfang machen. Weil aber der Ober Hofmeister des Cron-
Printzen
, Marquis de Breuil, an den wir die Haupt-addresse
haben, uns auf morgen bestellen ließ, und die Marquise
d' Entraive, an welche uns ihr Bruder der Duc d'Avre aus
Paris einen Brief mit gegeben, seit 9 Tagen mit einem
jungen Sohn in den Wochen war: so wurde die Schrei-
berey fortgesetzet, und fuhren wir nur nach unsern Kauf-
leuten
, sodann aber auf den cours, stiegen auch bey dem
Königlichen Lust-Hause, le Valentin genannt, ab, und machten
in dem angenehmen Garten deßelben, an dem Ufer
des Po Flußes eine promenade. Das Haus ist von der
Hertzogin Christine, welche eine Frantzösische Princessin,
und als Wittib Landes-Regentin gewesen, ohngefähr
vor 100 Jahren gebauet und à l'antique recht schöne, aber
nicht völlig fertig. Ein Portrait von gestäubter Arbeit
verdienet darinn angemercket zu werden, weil es
einem Gemählde vollkommen ähnlich siehet; item ein
großer Spiegel, welcher den davor tretenden in einer
gewißen distantz gantz breit zusammen gedrückt und
bucklich praesentiret.

Den 21 September

Früh gegen 10 Uhr fuhren wir au chateau, welches die
Wohnung des Duc de Savoye oder Cron-Printzen ist, und
überreichten dem Marquis de Breuil den von seinem
Bruder, dem Sardinischen Ambassadeur zu Paris, uns mit
gegebenen Brief. Er ist General Lieutenant und Ritter des
hiesigen großen Ørdens de l'annonciade. Der Empfang
geschahe in denen Zimmern des Printzen, in welchen er
mit wohnet und schläfet, seine Familie aber in der untern
Etage des Schloßes wohnen hat. Seine Höfligkeit be-
stund nicht sowol in Worten und Reverentzen, als
in der realitaet, indem er, nach gemachter Entschuldigung,
daß seine genante function ihm nicht zulaße, Illustrissimum
selbst aller Orten zu introduciren, uns seinen jüngsten
Sohn, den Chevalier de Breuil, welcher Maltheser-Ritter
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Printzen

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[0454] 220 No 46. Den 20 Sept: Turin Wolten wir zwar mit Verfolgung unsers eigentlichen Zwecks den Anfang machen. Weil aber der Ober Hofmeister des Cron- Printzen, Marquis de Breuil, an den wir die Haupt-addresse haben, uns auf morgen bestellen ließ, und die Marquise d' Entraive, an welche uns ihr Bruder der Duc d'Avre aus Paris einen Brief mit gegeben, seit 9 Tagen mit einem jungen Sohn in den Wochen war: so wurde die Schrei- berey fortgesetzet, und fuhren wir nur nach unsern Kauf- leuten, sodann aber auf den cours, stiegen auch bey dem Königl: Lust-Hause, le Valentin genannt, ab, und machten in dem angenehmen Garten deßelben, an dem Ufer des Po Flußes eine promenade. Das Haus ist von der Hertzogin Christine, welche eine Frantzösische Princessin, und als Wittib Landes-Regentin gewesen, ohngefähr vor 100 Jahren gebauet und à l'antique recht schöne, aber nicht völlig fertig. Ein Portrait von gestäubter Arbeit verdienet darinn angemercket zu werden, weil es einem Gemählde vollkommen ähnlich siehet; item ein großer Spiegel, welcher den davor tretenden in einer gewißen distantz gantz breit zusammen gedrückt und bucklich praesentiret. Den 21 Se. Früh gegen 10 Uhr fuhren wir au chateau, welches die Wohnung des Duc de Savoye oder Cron-Printzen ist, und überreichten dem Marquis de Breuil den von seinem Bruder, dem Sardinischen Ambassadeur zu Paris, uns mit gegebenen Brief. Er ist General Lieutenant und Ritter des hiesigen großen Ørdens de l'annonciade. Der Empfang geschahe in denen Zimmern des Printzen, in welchen er mit wohnet und schläfet, seine Familie aber in der untern Etage des Schloßes wohnen hat. Seine Höfligkeit be- stund nicht sowol in Worten und Reverentzen, als in der realitaet, indem er, nach gemachter Entschuldigung, daß seine genante function ihm nicht zulaße, Illmum selbst aller Orten zu introduciren, uns seinen jüngsten Sohn, den Chevalier de Breuil, welcher Maltheser-Ritter ist, zum Führer verordnete, auch so fort die praesentation beym Könige noch auf diesen Vormittag, die bey dem Cron- Printzen

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/454>, abgerufen am 27.11.2024.