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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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der öftern Wiederholung etwas beschwerlich ist. Ist man zu Fuß, und der
König passiret bey Hofe oder anderwärts vorbey, so bleibet man nicht, wie
anderwärts gewöhnlich, steiff stehen, sondern machet einen tieffen reverentz.
Bey ietzigem Wittwer Stande des Königs siehet man bey Hofe keine Dame, und
ist weder cercle noch einige ander dergleichen Anstalt vor die Müßiggänger ietzo
gangbar. Außer denen Ober-charges, als grand Chambellan, grand Ecuyer perge
sind die übrigen Hof-Cavaliers entweder premiers gentils-hommes de la chambre
oder Ecuyers. Jene haben keine gesetzte Zahl: dieser letztern aber sind 8, nehmlich
4 premiers und 4 Seconds. Die beyden Orden, welche der König ausgiebt, sind
bekantermaßen 1) de l' annonciade und 2) de Saint Maurice. Der de l'annonciade
ist der vornehmste, und wird niemalen an einem Bande, sondern allezeit
an einer um den Hals hengenden goldnen Kette auf der Brust getragen.
Die Kette ist ohngefehr einen Zoll breit, und bestehet iedwedes Gelencke der-
selben aus denen in Mönchs-Schrifft durchbrochen gearbeiteten 4 Buchstaben
FERT. Unten an dieser Ordens-Kette, wo sie auf der Brust etwas spitz zu-
sammen gehet, hanget an etlichen kleinen Kettgen die gewöhnliche Vorstellung
von der Verkündigung Mariä, gleichfals von durchbrochener Arbeit. Eben
diese Geschichte ist auch in die innerste Rundung des Sterns mit Gold auf Sil-
ber Grund gestickt, und stehen abermal die gedachten 4 Buchstaben herum,
die Rundung aber ist mit einem gewundenen Crantz von Silber, und
endlich der Crantz mit Pfingst-Flammen von Gold gestickt umgeben. Schon
bemeldten 4 Buchstaben sind die alte devise des Hauses Savoyen und
bedeuten: Fortitudo Eius Rhodum Tenuit, davon die Veranlaßung aus der
Historie bekannt ist. Die Ritter dieses Ordens haben alle das praedicat Ex-
cellentz. Der ander Orden von Saint Maurice hat mit dem vom Maltha
einige Gleichheit, weil er commanderien hat, und 3 Galeren wieder die
Türcken halten muß, die Ritter auch zwar sich verheirathen, aber
keine Wittwe nehmen, auch nicht zur andern Ehe schreiten dürffen,
wegen welcher beyden puncte iedoch die dispersation gemachet in
Rom um ein geringes Geld zu haben ist. Das Ordens-Zeichen
ist ein grün emaillirt Creutz mit weißer Einfaßung, und
henget in einem grünem Bande entweder auf der Brust, oder
durch ein Knopf-Loch des camisols heraus. Wer zum großen
Örden gelangen will, muß erst durch diesen kleinern hindurch
passiren, und sodann byde Orden zugleich fort tragen, wiewohl
die wenigsten Ritter des großen Ordens dieses beobachten. Die
Lebens-Art in der Stadt ist meist a la Parisienne, nur mit
dem Unterschied 1) daß, sonderlich die chapeaux viel zu
Fuße gehen, und ihre Wagen oder portechaises, welche hier sehr
en vogue sind, leer hinter sich folgen laßen; 2) daß alle
Gast-Gebote Mittags ausgerichtet werden, und iedweder in
der Stille vor sich soupiret; 3.) daß man sich weit mehr um
die Frembden empressiret; daß zwar 4) in allen Häusern ge-
spielet, auch so gar die Bassette hier starck getrieben, Niemand
aber im geringsten zum Spiel genöthiget, oder wegen
deßen Unterlaßung übel angesehen wird.

der öftern Wiederholung etwas beschwerlich ist. Ist man zu Fuß, und der
König passiret bey Hofe oder anderwärts vorbey, so bleibet man nicht, wie
anderwärts gewöhnlich, steiff stehen, sondern machet einen tieffen reverentz.
Bey ietzigem Wittwer Stande des Königs siehet man bey Hofe keine Dame, und
ist weder cercle noch einige ander dergleichen Anstalt vor die Müßiggänger ietzo
gangbar. Außer denen Ober-charges, als grand Chambellan, grand Ecuyer perge
sind die übrigen Hof-Cavaliers entweder premiers gentils-hommes de la chambre
oder Ecuyers. Jene haben keine gesetzte Zahl: dieser letztern aber sind 8, nehmlich
4 premiers und 4 Seconds. Die beyden Orden, welche der König ausgiebt, sind
bekantermaßen 1) de l' annonciade und 2) de Saint Maurice. Der de l'annonciade
ist der vornehmste, und wird niemalen an einem Bande, sondern allezeit
an einer um den Hals hengenden goldnen Kette auf der Brust getragen.
Die Kette ist ohngefehr einen Zoll breit, und bestehet iedwedes Gelencke der-
selben aus denen in Mönchs-Schrifft durchbrochen gearbeiteten 4 Buchstaben
FERT. Unten an dieser Ordens-Kette, wo sie auf der Brust etwas spitz zu-
sammen gehet, hanget an etlichen kleinen Kettgen die gewöhnliche Vorstellung
von der Verkündigung Mariä, gleichfals von durchbrochener Arbeit. Eben
diese Geschichte ist auch in die innerste Rundung des Sterns mit Gold auf Sil-
ber Grund gestickt, und stehen abermal die gedachten 4 Buchstaben herum,
die Rundung aber ist mit einem gewundenen Crantz von Silber, und
endlich der Crantz mit Pfingst-Flammen von Gold gestickt umgeben. Schon
bemeldten 4 Buchstaben sind die alte devise des Hauses Savoyen und
bedeuten: Fortitudo Eius Rhodum Tenuit, davon die Veranlaßung aus der
Historie bekannt ist. Die Ritter dieses Ordens haben alle das praedicat Ex-
cellentz. Der ander Orden von Saint Maurice hat mit dem vom Maltha
einige Gleichheit, weil er commanderien hat, und 3 Galeren wieder die
Türcken halten muß, die Ritter auch zwar sich verheirathen, aber
keine Wittwe nehmen, auch nicht zur andern Ehe schreiten dürffen,
wegen welcher beyden puncte iedoch die dispersation gemachet in
Rom um ein geringes Geld zu haben ist. Das Ordens-Zeichen
ist ein grün emaillirt Creutz mit weißer Einfaßung, und
henget in einem grünem Bande entweder auf der Brust, oder
durch ein Knopf-Loch des camisols heraus. Wer zum großen
Ørden gelangen will, muß erst durch diesen kleinern hindurch
passiren, und sodann byde Orden zugleich fort tragen, wiewohl
die wenigsten Ritter des großen Ordens dieses beobachten. Die
Lebens-Art in der Stadt ist meist à la Parisienne, nur mit
dem Unterschied 1) daß, sonderlich die chapeaux viel zu
Fuße gehen, und ihre Wagen oder portechaises, welche hier sehr
en vogue sind, leer hinter sich folgen laßen; 2) daß alle
Gast-Gebote Mittags ausgerichtet werden, und iedweder in
der Stille vor sich soupiret; 3.) daß man sich weit mehr um
die Frembden empressiret; daß zwar 4) in allen Häusern ge-
spielet, auch so gar die Bassette hier starck getrieben, Niemand
aber im geringsten zum Spiel genöthiget, oder wegen
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[0481] der öftern Wiederholung etwas beschwerlich ist. Ist man zu Fuß, und der König passiret bey Hofe oder anderwärts vorbey, so bleibet man nicht, wie anderwärts gewöhnlich, steiff stehen, sondern machet einen tieffen reverentz. Bey ietzigem Wittwer Stande des Königs siehet man bey Hofe keine Dame, und ist weder cercle noch einige ander dergln Anstalt vor die Müßiggänger ietzo gangbar. Außer denen Ober-charges, als grand Chambellan, grand Ecuyer p. sind die übrigen Hof-Cavaliers entweder premiers gentils-hommes de la chambre oder Ecuyers. Jene haben keine gesetzte Zahl: dieser letztern aber sind 8, nehml: 4 premiers und 4 Seconds. Die beyden Orden, welche der König ausgiebt, sind bekantermaßen 1) de l' annonciade u 2) de St. Maurice. Der de l'annonciade ist der vornehmste, und wird niemalen an einem Bande, sondern allezeit an einer um den Hals hengenden goldnen Kette auf der Brust getragen. Die Kette ist ohngefehr einen Zoll breit, und bestehet iedwedes Gelencke der- selben aus denen in Mönchs-Schrifft durchbrochen gearbeiteten 4 Buchstaben FERT. Unten an dieser Ordens-Kette, wo sie auf der Brust etwas spitz zu- sammen gehet, hanget an etlichen kleinen Kettgen die gewöhnliche Vorstellung von der Verkündigung Mariä, gleichfals von durchbrochener Arbeit. Eben diese Geschichte ist auch in die innerste Rundung des Sterns mit Gold auf Sil- ber Grund gestickt, und stehen abermal die gedachten 4 Buchstaben herum, die Rundung aber ist mit einem gewundenen Crantz von Silber, und endlich der Crantz mit Pfingst-Flammen von Gold gestickt umgeben. Schon bemeldten 4 Buchstaben sind die alte devise des Hauses Savoyen und bedeuten: Fortitudo Eius Rhodum Tenuit, davon die Veranlaßung aus der Historie bekannt ist. Die Ritter dieses Ordens haben alle das praedicat Ex- cellentz. Der ander Orden von St. Maurice hat mit dem vom Maltha einige Gleichheit, weil er commanderien hat, und 3 Galeren wieder die Türcken halten muß, die Ritter auch zwar sich verheirathen, aber keine Wittwe nehmen, auch nicht zur andern Ehe schreiten dürffen, wegen welcher beyden puncte iedoch die dispersation in Rom um ein geringes Geld zu haben ist. Das Ordens-Zeichen ist ein grün emaillirt Creutz mit weißer Einfaßung, und henget in einem grünem Bande entweder auf der Brust, oder durch ein Knopf-Loch des camisols heraus. Wer zum großen Ørden gelangen will, muß erst durch diesen kleinern hindurch passiren, und sodann byde Orden zugleich fort tragen, wiewohl die wenigsten Ritter des großen Ordens dieses beobachten. Die Lebens-Art in der Stadt ist meist à la Parisienne, nur mit dem Unterschied 1) daß, sonderlich die chapeaux viel zu Fuße gehen, und ihre Wagen oder portechaises, welche hier sehr en vogue sind, leer hinter sich folgen laßen; 2) daß alle Gast-Gebote Mittags ausgerichtet werden, und iedweder in der Stille vor sich soupiret; 3.) daß man sich weit mehr um die Frembden empressiret; daß zwar 4) in allen Häusern ge- spielet, auch so gar die Bassette hier starck getrieben, Niemand aber im geringsten zum Spiel genöthiget, oder wegen deßen Unterlaßung übel angesehen wird.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/481>, abgerufen am 25.11.2024.