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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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aber im übrigen Abends gantz glücklich nach Asti, welche Stadt noch
einige aber gantz antique Fortification und enge Gaßen, iedoch
hin und wieder recht hübsche massiv große Häuser hat. Ein Ge-
witter mit Donnern, Blitzen und starcken Regen zeigete
uns den Unterschied unsers und des hiesigen Climatis und
ein Hauffen zusammen gelauffen Volck, welches vor einem
unsern Fenstern gegen überstehenden marien-Bilde, ge-
wiße litaneyen auf der Straße absung, gaben uns einen Vor-
geschmack von der Italiänischen devotion. Quartier, Bette und
Eßen waren recht besonders gut; indeßen setzten wir

Den 7 November

mit dem allerfrühesten unserm ietzigen Beruf nach die Reise
weiter fort, und passireten gegen Mittag Alessandria an den
Fluß Taner in einer sumpfigten Gegend gelegen. Kayser
Friedrich der 1ste soll diese Stadt etliche Monath belagert haben, ietzi-
ger Zeit aber würde eine Belagerung noch mehr Mühe kosten,
weil die Citadelle in form eines ovalen 6ecks auf das vor-
treflichste fortificiret ist, und an Erweiterung derer Wercke
noch täglich auf das eifrigste gearbeitet wird. Die Fortification
der Stadt ist zwar eben nicht sonderlich, wird aber von ge-
dachter Citadelle defendiret. Die Gaßen sind keinesweges wie
von manchen vorgegeben wird, nach der Schnur gezogen, auch
die Gebäude zwar massiv, aber weder groß noch schön. Wir
hatten zwar an den hiesigen Gouverneur Marquis de Carage
ein Recommendation-Schreiben bey uns. Weil aber außer der
Citadelle nichts sehenswürdiges ist, und wir bey der Einfarth durch
dieselbe ohnedis hindurch passireten, das mißliche Wetter und der
schlimme Weg uns auch die Eilfertigkeit auf alle Weise anriethe,
so ließen wir uns an dem was wir en passant gesehen be-
gnügen, setzten bald hinter der Stadt auf einer fliegenden Brücke
über den Fluß Brumida und legten in ein paar Stunden
das Piemontesische und Montseratische zurück, welches Land in
der Fläche, welche wir bisher durchreiset, einen vortrefflichen frucht-
baren Korn-Boden auch so viel Wein-Bau hat, daß die mit Wein
beladene und nach Turin gehende Ochsen-Wagen uns an vielen
Orten auf der Land-Straße, ihrer Menge wegen, embarrassiret
haben. Das Nacht-Quatier nahmen wir zu Novi, welches
von dieser Seite die erste Genuesische Stadt, aber weder be-
sonders groß noch schön ist, doch hat der Genuesische Adel hier
einige feine Häuser. Auf dem Platz vor unserm Fenster
hatte ein alter Mann einen kleinen Kram mit pater nosteri
aufgeschlagen, welche Waare er denen umstehenden durch sei-
nen mit der Violine accompagnirten Gesang anzupreisen

aber im übrigen Abends gantz glücklich nach Asti, welche Stadt noch
einige aber gantz antique Fortification und enge Gaßen, iedoch
hin und wieder recht hübsche massiv große Häuser hat. Ein Ge-
witter mit Donnern, Blitzen und starcken Regen zeigete
uns den Unterschied unsers und des hiesigen Climatis und
ein Hauffen zusammen gelauffen Volck, welches vor einem
unsern Fenstern gegen überstehenden marien-Bilde, ge-
wiße litaneyen auf der Straße absung, gaben uns einen Vor-
geschmack von der Italiänischen devotion. Quartier, Bette und
Eßen waren recht besonders gut; indeßen setzten wir

Den 7 November

mit dem allerfrühesten unserm ietzigen Beruf nach die Reise
weiter fort, und passireten gegen Mittag Alessandria an den
Fluß Taner in einer sumpfigten Gegend gelegen. Kayser
Friedrich der 1ste soll diese Stadt etliche Monath belagert haben, ietzi-
ger Zeit aber würde eine Belagerung noch mehr Mühe kosten,
weil die Citadelle in form eines ovalen 6ecks auf das vor-
treflichste fortificiret ist, und an Erweiterung derer Wercke
noch täglich auf das eifrigste gearbeitet wird. Die Fortification
der Stadt ist zwar eben nicht sonderlich, wird aber von ge-
dachter Citadelle defendiret. Die Gaßen sind keinesweges wie
von manchen vorgegeben wird, nach der Schnur gezogen, auch
die Gebäude zwar massiv, aber weder groß noch schön. Wir
hatten zwar an den hiesigen Gouverneur Marquis de Carage
ein Recommendation-Schreiben bey uns. Weil aber außer der
Citadelle nichts sehenswürdiges ist, und wir bey der Einfarth durch
dieselbe ohnedis hindurch passireten, das mißliche Wetter und der
schlimme Weg uns auch die Eilfertigkeit auf alle Weise anriethe,
so ließen wir uns an dem was wir en passant gesehen be-
gnügen, setzten bald hinter der Stadt auf einer fliegenden Brücke
über den Fluß Brumida und legten in ein paar Stunden
das Piemontesische und Montseratische zurück, welches Land in
der Fläche, welche wir bisher durchreiset, einen vortrefflichen frucht-
baren Korn-Boden auch so viel Wein-Bau hat, daß die mit Wein
beladene und nach Turin gehende Ochsen-Wagen uns an vielen
Orten auf der Land-Straße, ihrer Menge wegen, embarrassiret
haben. Das Nacht-Quatier nahmen wir zu Novi, welches
von dieser Seite die erste Genuesische Stadt, aber weder be-
sonders groß noch schön ist, doch hat der Genuesische Adel hier
einige feine Häuser. Auf dem Platz vor unserm Fenster
hatte ein alter Mann einen kleinen Kram mit pater nosteri
aufgeschlagen, welche Waare er denen umstehenden durch sei-
nen mit der Violine accompagnirten Gesang anzupreisen

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[0501] aber im übrigen Abends gantz glückl: nach Asti, welche Stadt noch einige aber gantz antique Fortification und enge Gaßen, iedoch hin und wieder recht hübsche massiv große Häuser hat. Ein Ge- witter mit Donnern, Blitzen und starcken Regen zeigete uns den Unterschied unsers und des hiesigen Climatis und ein Hauffen zusammen gelauffen Volck, welches vor einem unsern Fenstern gegen überstehenden marien-Bilde, ge- wiße litaneyen auf der Straße absung, gaben uns einen Vor- geschmack von der Italiänil: devotion. Quartier, Bette und Eßen waren recht besonders gut; indeßen setzten wir Den 7 Nov: mit dem allerfrühesten unserm ietzigen Beruf nach die Reise weiter fort, und passireten gegen Mittag Alessandria an den Fluß Taner in einer sumpfigten Gegend gelegen. Kayser Friedrich der 1ste soll diese Stadt etl: Monath belagert haben, ietzi- ger Zeit aber würde eine Belagerung noch mehr Mühe kosten, weil die Citadelle in form eines ovalen 6ecks auf das vor- treflichste fortificiret ist, und an Erweiterung derer Wercke noch tägl: auf das eifrigste gearbeitet wird. Die Fortification der Stadt ist zwar eben nicht sonderlich, wird aber von ge- dachter Citadelle defendiret. Die Gaßen sind keinesweges wie von manchen vorgegeben wird, nach der Schnur gezogen, auch die Gebäude zwar massiv, aber weder groß noch schön. Wir hatten zwar an den hiesigen Gouverneur Marquis de Carage ein Recommendation-Schreiben bey uns. Weil aber außer der Citadelle nichts sehenswürdiges ist, und wir bey der Einfarth durch dieselbe ohnedis hindurch passireten, das mißliche Wetter und der schlimme Weg uns auch die Eilfertigkeit auf alle Weise anriethe, so ließen wir uns an dem was wir en passant gesehen be- gnügen, setzten bald hinter der Stadt auf einer fliegenden Brücke über den Fluß Brumida und legten in ein paar Stunden das Piemontesische und Montseratische zurück, welches Land in der Fläche, welche wir bisher durchreiset, einen vortrefl: frucht- baren Korn-Boden auch so viel Wein-Bau hat, daß die mit Wein beladene und nach Turin gehende Ochsen-Wagen uns an vielen Orten auf der Land-Straße, ihrer Menge wegen, embarrassiret haben. Das Nacht-Quatier nahmen wir zu Novi, welches von dieser Seite die erste Genuesische Stadt, aber weder be- sonders groß noch schön ist, doch hat der Genuesische Adel hier einige feine Häuser. Auf dem Platz vor unserm Fenster hatte ein alter Mann einen kleinen Kram mit pater nosteri aufgeschlagen, welche Waare er denen umstehenden durch sei- nen mit der Violine accompagnirten Gesang anzupreisen

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/501>, abgerufen am 23.11.2024.